Servus,
nachdem ich zur Verarbeitung schon gesagt und gezeigt habe, was es zu sagen und zeigen gibt geht’s jetzt um den Rest!
Messdaten Old Hickory, Ontario:
Klingenrücken:
Griff: 1,36mm Mitte: 1,36mm Spitze: 1,52mm
1mm über der Wate:
Griff: 0,44mm Mitte: 0,48mm Spitze: 0,60
1cm über der Wate:
Griff: 1,39mm Mitte: 1,37mm Spitze: 1,39mm
Überraschenderweise ist die Schneidfähigkeit gefühlt gar nicht mal soo übel, im Vergleich mit den drei anderen Messern bietet das Old Hickory aber die schwächste Vorstellung! Ist ja auch ein „Butcher-Knife“ und sollte gut geschärft als reines „Protein“ Messer eine durchaus passable Vorstellung abgeben.
Messdaten Kiwi-Brand:
Klingenrücken:
Griff: 0,95mm Mitte: 0,97mm Spitze: 0, 49mm
1mm über der Wate:
Griff: 0,24mm Mitte: 0,34mm Spitze: 0,32mm
1cm über der Wate:
Griff: 1,10mm Mitte: 1,12mm Spitze: 0,85mm
Das Kiwi schneidet den Messwerten entsprechend ganz ordentlich!
Jetzt kommen wir zu den Extremwerten der beiden AB-Klingen:
Das kleine A.B.:
Klingenrücken:
Griff: 1,09mm Mitte: 0,78mm Spitze: 1,02mm
1mm über der Wate:
Griff: 0,27mm Mitte: 0,12mm Spitze 0,18mm
Der Anschliff ist bei beiden A.B.-Klingen nicht sauber aber extrem dünn ausgeschliffen. Bei diesem Messer beträgt die dünnste Stelle an der Schneide, an dem der Messschieber noch so viel halt findet, dass er das Gewicht des Messers tragen kann 0,09mm!
Auf solche Extremwerte kommt in meinem Bestand nur das Herder 1922 Office und das Kamo-To-Santoku. Nur sind diese beiden Messer handwerklich und von der Stahlqualität eine andere Welt.
Vom Preis natürlich auch.
Der Cleaver:
Klingenrücken:
Griff: 1,6mm Mitte: 1,53mm Spitze: 1,43mm
1mm hinter die Wate:
Griff: 0,09mm Mitte: 0,22mm Spitze: 0,08mm
1cm über der Wate:
Griff: 0,93mm Mitte: 0,98mm Spitze: 0,83mm
3cm über der Wate:
Griff: 1,38mm Mitte: 1,45mm Spitze: 1,16mm
Gewicht: 290gr
213mm x 11,3mm = ca. 1,2gr/cm2
Das Gewicht ist für diese Klingenfläche unverschämt niedrig, sollte jemand einen renommierten Hersteller kennen, der mit sauberem F&F und gutem Stahl bei gleichen Abmaßen aber mit deutlich flacherem Profil Cleaver fertigt, der möge mir das bitte sagen! Mir ist keiner bekannt, der Stangenware mit solchen Klingen produziert. Ich schätze nur Jürgen kann da mit seinem „Slim-Konzept" solche Cleaver Aufgrund von Erfahrungswerten bauen. Von daher bin ich chamenos sehr dankbar, ein Gefühl für Gewicht und Größe durch diese Testmöglichkeit bekommen zu haben, ohne mir das Teil selber besorgen zu müssen.
Das Profil hat einen viel zu ausgeprägten Bauch, kaum ein „Sweedspot“ als gerade Fläche, um zu choppen. Gabriel hat schon darauf hingewiesen, ohne Anpassung der Arbeitsweise stellt sich der berüchtigte „Ziehharmonika-Paprika-Effekt“ ein, es wird das Schnittgut nicht vollständig durchtrennt.
Das marode Finish aller Kanten spürt man bei längerem Arbeiten als unangenehme Druckstellen auf der Haut. Zum Finish habe ich schon Stellung bezogen, dem ist nichts hinzuzufügen.
Schleifen:
Ich habe alle vier Messer geschärft. Das flexible Kiwi-Brand hat eine verzogene Klinge und ist nicht plan auf dem Stein zu liegen gekommen, ich musste durch „gegendrücken“ ausgleichen, um es überhaupt schärfen zu können. An diesem Messer ist überhaupt nichts, dass mich zu einem Kauf animieren könnte.
Das Old Hickory eignet sich wohl am besten als Grillmesser für den Sommer und lässt sich ganz passabel schärfen. Mir es es für einen „Indoorgebrauch“ zu rustikal und rudimentär gefertigt. Trotzdem hat es zumindest so etwas wie Charme.
Mein wirkliches Interesse galt aber den A.B. Das kleine Messer wird schnell extrem scharf, kein Wunder bei der dünnen und kurzen Klinge und lässt sich absolut mühelos schärfen. Obwohl es nichts wiegt, schneidet es, über eine Tomate gezogen, wie nix durch das Eigengewicht in die Haut. Nach gezählten 100 Zügen und leichtem Druck mit der Schneide über ein Bambusbrett, bricht die Schnitthaltigkeit etwas ein, getestet hab ich das an einer Tomate.
Der Cleaver war leidlich scharf und hat einen Grundschliff bekommen. Es war schwierig eine einigermaßen gleichmässige Schneidfase hinzubekommen, da oberhalb der Schneide die Klingenflanken nicht plan geschliffen und von unterschiedlicher Stärke sind. Deshalb hat suntravel vor dem Setzen einer Fase zuerst das untere Flankendrittel auf beiden Seiten plan geschliffen um dann eine gleichmässig breite Schneidfase draufzusetzen. Diese Mühe hab ich mir erspart und eine solcher Eingriff in das Finish und die Geometrie hätte auch mit dem Besitzer abgesprochen werden müssen und um ehrlich zu sein, ich fände so einen Aufwand diesem Messer nicht angemessen. Und schleifen ist für mich mehr eine Notwendigkeit als ein Vergnügen, von daher mach ich immer nur das Notwendige und keine Fleissaufgaben. Der Chung ist trotzdem so tauglich scharf geworden, dass man alle Lebensmittel gut schneiden kann. Haare spalten ist nicht meine Welt!
Ich habe mit einem Naniwa Pro 1000 begonnen ( der schwarze Abrieb vom Stahl war beachtlich ) und bin dann auf einen Imanishi 4000 gewechselt. Auf dem Imanishi hatte ich überhaupt kein Feedback also auf einen BBB gewechselt. Beim BBB als Finisher bin ich dann geblieben. Also um das Messer erstmal richtig ordentlich zu schleifen muss man schon etwas Zeit investieren, so in fünf Minuten klappt das zu Beginn nicht. Wenn die „Basis“ aber mal angeschliffen ist, dann geht das in Zukunft viel flotter. Wirkliche Könner und Schärfenfreaks holen da noch mehr raus als meine „lebensmitteltaugliche“ Schärfe, aber eine feine und hohe Schärfe wird sich schnell verbrauchen, also wozu der Aufwand, wenn die Schnitthaltigkeit die Mühe nicht belohnt? Hier empfiehlt sich ein guter Wetzstahl. Das bauchige Profil macht beim Choppen keinen Spaß, also hab ich es gelassen. Beim Zugschnitt gibt es keinen Impact, von daher auch keine Probleme mit umgelegten Schneiden.
Fazit:
Ja, der Stahl lässt sich sehr einfach hochschärfen, aber dazu braucht es einen sauberen Grundschliff und der wird nicht mitgeliefert so wie das aussieht. Also zuerst mal selber eine ordentliche Schneide anschleifen. Über die Schnitthaltigkeit kann ich ehrlicherweise keine klare Aussage machen, da ich in der Testzeit nicht solche Mengen verarbeitet habe, die ein faires und klares Bild zulassen.
Was bleibt sind die Aussagen von suntravel = Hobbykoch:
und nachgemessen auf HRC 58 gehärtet......
und von berko = Berufskoch:
kaum zu glauben, meins war gefühlt auf 52 hrc......
Dem Hobbyisten kann die Standzeit genügen, dem Professionisten nicht, so schaut das aus.
Der Cleaver schneidet wirklich sehr leicht, wesentlich leichter als der kleinere und ungefähr gleich teure Cleaver von Ikea. Der Stinkt gegen den Chung tüchtig ab, keinen funken Chance in Sachen Schneidfähigkeit. Die einzige brauchbare Eigenschaft von dem Ikea-Ding ist die leichte Reinigung/Hygiene und Pflege. Und selbst mein Misono Nr.61, der ein ordentlicher Einstieg in die Welt der gut und sauber gemachten Cleaver ist, hat von der Leichtigkeit des Schnittes her, das nachsehen.
Der Messschieber lügt nicht, diese wild zusammengedengelten Cleaver, sind einfach verdammt schneidfähig, zumindest das Exemplar, dass hier vor mir liegt. Es ist geometrisch nicht perfekt, da wird Potential mit einem groben Schliff verschenkt. Wer sich die Zeit nimmt und den Bauch wegschleift, danach zumindest etwas reprofiliert und den neuen Anschliff gleichmässiger setzt, alle Kanten glättet oder rundet und mit den scheusslichen Flanken leben kann, hat dann zumindest eine dünne Slicer-Klinge mit einem fantastischen gr/cm2 Verhältnis.
Siehe das Projekt von suntravel!
Ich habe mir eine Tofu-Gemüse-Nudelpfanne gemacht, der "Food Release" war nicht besonders auffällig, da hätte ich von den groben Flanken mehr erwartet.
Nur wirklich ansehnlich wird der Chung nach meinem Verständnis auch nach dem Umschleifen, Kantenpolieren und aufhübschen nicht, aber das ist Geschmacksache.
Jetzt sollten noch die hygienischen Standards gehoben werden, also alle Spalten abdichten. Besser wäre es, gleich einen neuen Griff zu montieren. Jetzt steckt da schon einige Arbeit und vielleicht auch Geld drinnen und der Stahl ist immer noch ein möglicher Schwachpunkt. Gut, ein kleiner Haushalt kann damit leben, das Messer möglicherweise vor jeder dritten Mahlzeit zu wetzen, weil die Schärfe rasch verbraucht wird.
Einem gewöhnlichen Haushalt, der mit Messer und herumbasteln nichts am Hut hat, würde ich diese Messer nicht empfehlen. Für kreative Bastler, Messerinteressierte mit geringem Budget und geschickten Händen und Hang zu rustikalem, ja kann man machen, wenn der Käufer genau weiß was er bekommt, wie viel Zeit und Geld er bereit ist da reinzustecken um diese Messer wirklich „Küchenfit“ zu machen, ohne das einem davor graust.
Solche Massnahmen auszulagern und an einen professionellen Dritten zu übergeben, zerschiesst das aus meiner Sicht einzige Kaufargument, den niedrigen Preis und deshalb würde ich das lassen.
Und wenn wir schon beim schnöden Mammon sind, bei A.B. wird immer über das Preis-Leistungsverhältnis argumentiert. Was genau soll die Leistung bei diesen Messern denn sein? Die Verarbeitung ist ein schlechter Witz! Das Finish ist ein schlechter Witz. Die verwendeten Materialien sind ein schlechter Witz. Ich bekomme um wenig Geld wenig Messer mit viel Schneidfähigkeit in lausiger Ausführung angeboten. That’s it!
Hier noch eine Gegenüberstellung mit einem tadellos gefertigten Cleaver. So ein F&F macht mit persönlich am meisten Freude!
Noch nie ist mir ein leichter Schnitt so losgelöst von allen anderen Eigenschaften und Tugenden die ein Messer in seiner Gesamtheit ausmachen untergekommen und obwohl ich dünne Klingen und einen leichten Schnitt ganz weit vorne präferiere, ist mir das hier Gebotene zu wenig um mit solchen Messern Spaß zu haben.
Wer dem
Projekt von suntravel folgen mag, bekommt um sehr wenig Geldeinsatz viel Schneidfähigkeit und muss mit Geschick und Zeiteinsatz alle anderen Eigenschaften die ein Messer ausmachen entweder selbst herstellen und aus diesen roh und grob gemachten Messern rausholen was eben geht, oder mit Unzulänglichkeiten leben. Ich greife lieber in den Goldtopf und lass mir bei Bedarf einen für mich in jeder Hinsicht perfekten Cleaver anfertigen.
Wie heißt’s so schön: Jedem das Seine und mir das Meine!
Gruß, güNef