Wie immer: Ferndiagnosen ohne fundierte Information sind problematisch.
Vielleicht helfen aber einige grundsätzliche Überlegungen weiter.
Möglicherweise liegt das Problem an falschen Erwartungen.
Shirogami ist kein hierzulande unbekanntes Wundermaterial, sondern entspricht in der Legierung ungefähr unseren Stählen 1.1545 oder 1.1654.
Wenn die Angaben bei Dick stimmen, ist der Stahl von Hitachi nicht erschmolzen(???), sondern aus Eisensand reduziert und gesintert- ähnlich wie tamahagane.
Dies würde bedeuten, daß er gegenüber unseren Stählen deutlich legierungsfreier ist. Das nennt man dann aus Reklamegründen "reiner". Das bedeutet nicht, daß der Stahl besser ist als weniger "reiner " Stahl. Er ist auf Grund der fehlenden Legierungselemente umwandlungsfreudiger und muß schärfer abgeschreckt werden, um Martensit zu bilden. Außerdem ist er mit fein verteilten Oxydchen übersäet.
Ob das ein Vorteil ist, sei dahingestellt.
Ist der Stahl erschmolzen, so bestehen keine wesentlichen Unterschiede zu den oben genannten deutschen Stählen.
Die Ansprunghärte bei so kleinen Teilen wie Messerklingen kann in beiden Fällen bei reinen C-Stählen bei 67 HRC und darüber liegen. Gegen einen Einsatz mit 64 HRC wäre nichts einzuwenden.
Die feinkörnigen C-Stähle vertragen auch Schneidenwinkel von unter 30 Grad, bei vernünftigem Einsatz sind auch 20 Grad möglich. Dies und die feinkörnige Struktur ermöglichen höchste Schärfen mit relativ guter Stabilität.
Das ist eigentlich ein ausgestandenes Thema. Wenn man sich die Gefügeaufnahmen in Romans Buch-2. Auflage- anschaut, wird das klar.
Solche Stähle sind also relativ einfach auf die extreme Schärfe zu bringen, die für die Prüfungen: Fallendes Blatt, Stehendes Blatt, frei gehaltenes Haar und feines Nackenhaar erforderlich ist.
Mit der guten Gebrauchsschärfe, die etwa durch die "Abkratzschärfe" für die Unterarme gekennzeichnet ist, hat das nichts zu tun.
Im einen Fall handelt es sich um Schärfen im Bereich um 1 my, im andern Fall wird die Größenordnung um den Faktor 10 höher liegen.
Es muß aber dem Anwender klar sein, daß die extreme Schärfe im 1-my-Bereich empfindlicher ist, als die robuste übliche gute Gebrauchsschärfe.
Es ist auch ein Irrtum zu glauben, die höhere Härte der reinen C-Stähle führe automatisch zu besseren Verschleißfestigkeiten gegenüber hochlegierten Stählen. Die Verschleißfestigkeit ist weit mehr von den nach dem Härten zurückbleibenden Karbiden abhängig, als von der Härte.
Wer also mit einem Messer mit einer robusten Schneide um 40 Grad und "Armkratzschärfe" zufrieden ist, für den gibt es keinen Grund, von den bewährten Stählen 1.4116 oder 1.4034 abzuweichen.
Der Einsatz von ultascharfen Messern ist nicht wirklich notwendig, macht aber Spaß und den sollte man sich gönnen. Dazu gehört allerdings auch der gekonnte Umgang mit so feinen Werkzeugen.
Freundliche Grüße
U. Gerfin