Sinn und Zweck des "nordischen" Anschliffs

linker-blinker

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Hallo Zusammen,

warum haben die meisten Schweden-, Lappen-, Finnenmesser (und wie sie alle heißen mögen) den steilen typischen Anschliff, der dann i.d.R. bis max. zur Hälfte der Klingenbreite hochgezogen ist?

Hat es funktionelle Gründe? -> Stabilität
Oder Fertigungstechn. Gründe? -> Einfacher und damit billiger in der Herstellung
War der Anschliff "schon immer" so?

Ciao, Basti
 
1) Hat es funktionelle Gründe? -> Stabilität
2) Oder Fertigungstechn. Gründe? -> Einfacher und damit billiger in der Herstellung
3) War der Anschliff "schon immer" so?

Ciao, Basti

1-Ja
2-Ja
3- Ich glaube Ja, wobei der Gesamtschliff früher rhombisch war, glaube ich zumindest.

Die geringe Klingenhöhe, und die geringe Stärke erlauben diesen Schliff bei relativ angenehmen Schneideigenschaften.

Gute Stahlauswahl, entsprechende WB vorrausgesetzt.
 
Die "nordischen" Anschliffe die ich bis jetzt gesehen habe haben
keine extra Schneidfase, wie es bei dünn ausgeschliffenen Klingen und
den damit verbundenen kleinen Winkeln (meißtens) nötig ist.

Das erleichtert das Nachschärfen auf dem Bankstein.
Ob das der Grund für diesen Anschliff ist, weiß ich aber nicht...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, interessiert mich auch, ist ne gute Frage.
Denn "theoretisch" müßte eine komplette Flachschliffgeometrie auf volle Höhe schärfer werden können.

Praxis zeigt mir aber:
Eines der schärfsten, mit denen zumindest Holz prima zu schnitzen ist, ist bei uns im Haus ein Frosts Lapplander 115, und Lauri-Klinge

Geometriedaten der Frosts-Klinge:
Klingenlänge gesamt 100mm
Klingenhöhe: 22 mm
Anschliffhöhe: 8 mm
Klingendicke: 3.15 mm

ergibt einen grob gerechneten Klingenwinkel von ca 22.7°


Geometriedaten der Lauri PT :
Klingenlänge gesamt 92 mm
Klingenhöhe: 19 mm
Anschliffhöhe: 9 mm
Klingendicke: 3.3 mm

ergibt einen grob gerechneten Klingenwinkel von ca 21.1°


Bei Ausschleifen auf 0 mm -also ohne Sekundäranschliff- bleibt dieser kleine Winkel genau so erhalten. Ich denke hier liegt der "Trick der Schärfe" bei den nordischen: kleiner Winkel trotz nur halbhohem Anschliff, ohne Sekundärphase.

21-23° - das ein schon einer der kleineren Winkel,
zumindest wenn man das mal mit den üblichen Werten aus Romans Buch vergleicht.
10-25° (C-Stähle) <-- hier am oberen Rand, ist also noch "recht stabil"
25-40° (PM-Stähle)
40-60° (ATS34 und Konsorten)

Aus dem Geometriegesichtspunkt reicht's also aus - solange keine Sekundärphase angeschliffen wird.

Grüße
bwe


edit: hi diesel, ...
...Ihr seid einfach schneller gewesen, als ich nachmessen konnte.

edit: @briesenreiter:
...mir erleichtert's den Anschliff auf Banksteinen nicht gerade, ich kann zwar leichter auflegen, aber im Rundungsbereich der Klinge fühlt sich's bei mir dafür nicht sooo easy an...
 
Zuletzt bearbeitet:
Kannst du das vielleicht etwas näher erläutern? Wieso ist dieser Anschliff deiner Meinung nach besonders fürs Schnitzen geeignet? Sie sind gut geeignet, aber soll das der alleinige Grund sein?
Und die ganzen "nordischen" Messer sind ja nicht ausschließlich Schnitzmesser...

Ciao, Basti
 
Von welchen Klingen ist hier die Rede?
Werden hier die geschmiedeten (echten) Puukko-Klingen gemeint, oder die Industrieklingen?

bert.
 
Zum Schnitzen gehen die Klingen gut, weil sie mehr Spaltwirkung als
dünne Klingen mit ganz hochgezogenem Anschliff haben.

...denke ich...
 
@Bert

Es geht wohl in erster Linie um die Industriell gefertigten. Wobei es von den Skandinavischen Schmieden in der Regel Klingen gibt, die auch diesen `halbhohen`Anschliff haben.

Ausnahmen gibt es sehr wohl.
 
Ich kann das jetzt nicht wissenschaftlich definieren oder in der Knoff-Hoff-Show beweisen, aber in ein hartes Schneidgut wie Holz beisst sich die zero-edge halt gut hinein. Das ist meine Erfahrung und scheinbar auch "Lehrmeinung", die aber auch heftig hinterfragt werden darf.

In WURSCHT oder BROT oder SEIL ist eine sekundär geschliffene Schneide sicher besser.
 
Ich kann das jetzt nicht wissenschaftlich definieren oder in der Knoff-Hoff-Show beweisen, aber in ein hartes Schneidgut wie Holz beisst sich die zero-edge halt gut hinein. Das ist meine Erfahrung und scheinbar auch "Lehrmeinung", die aber auch heftig hinterfragt werden darf.

In WURSCHT oder BROT oder SEIL ist eine sekundär geschliffene Schneide sicher besser.

Ich sehe das nicht so, daß etwas großartig hinterfragt wird.
Leute äußern persönliche Erfahrungen, und tragen somit zum Erfahrungsschatz mehrerer bei, und das ist gut so.

Das was Du übers Schnitzen schreibst ist bestimmt so, was aber nichts daran ändert, daß die Nordländer damit arbeiten.
Brotzeit, Elche abhäuten wurde hier schon erwähnt, sprich traditionell viele Schneidaufgaben mit diesen einfachen Klingen erledigen.

Wenn ich Hunger habe schneide ich damit Wurscht und Brot, das Nutellaglasleeren ist erfahrungsgemäß ein Problem, weil die Klingen zu schmal sind. Das mache ich mit einem Skinner. :D
 
Hauptsächlich ging es mir um die "neueren", meist industriell gefertigten Klingen. Bei den Handgeschmiedeten hatte ich bis jetzt auch den Eindruck, dass die meisten einen nicht sehr hoch gezogenen Anschliff besitzen.
Ich habe mich (der Übersicht halber) etwas auf https://www.brisa.fi/portal/index.php?option=com_oscommerce&osMod=index&cPath=94 orientiert.



Kann einer hier finnisch, bzw. Puukko eins zu eins überstzen? Nur so Interessehalber. Wie sehen die "echten" Puukko-Klingen denn aus, bzw, unterscheiden sich von den Industriemessern?


Schönen Abend noch!
 
[OT] @diesel: jo, nutella. Am besten aus'm Kühlschrank, und dann mit Hammer und Meisel - und Schaufel im Tagebauverfahren abgebaut :p :p [/OT]

Nun zu den Wurscht-erfahrungen
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Wurscht war am letzten Sonntag im Wald beim Picknick auch dabei: Salami geht prima. Die biegt sich beim Scheibenschneiden oben weg, während die Klinge unten schneidet.
Aber wie bei fast allen Lebensmitteln wäre da eine Klinge
wie beim Herder Solinger Dünnschliff blaugepliestet noch besser.
Speziell beim Apfelschneiden "keilen" die 3.15mm Klingendicke doch schon sehr stark und nach 8-9mm auch recht früh. Soll heißen: der Apfel (die Karotte, etc - you name it) platzt oben und in Folge auch unten auseinander, noch bevor die superscharfe Schneide unten das Schneidgut berühren kann - das ist Apfelsprengen, nicht Schneiden - geht aber mit der ca 5mm dicken Schanz-Viper (Flachschliff auf ca 80% der Klingenhöhe) oder dem Fallkniven F1 (leicht ballig auf volle Höhe) genauso gut bzw schlecht. - Die Jagdmessergeometrien sind dafür "wie ich" - - - einfach zu dick.

Was die handgeschmiedeten Klingen angeht, habe ich mir meine kürzlich erstandenen von Paul Strande (3-Lagen CStahl) und Mahikel Eklund (AEB-L) mal
angesehen: Auch hier wieder ein paar Geometriedaten:

M.E.:
Anschliff 7 mm + Sekundärphase (unbekannter Winkel),
Klingenhöhe 22+ mm, Dicke: 3.55mm, Länge 78mm

P.S.:
Anschliff 67 mm + Sekundärphase (unbekannter Winkel),
Klingenhöhe 22+ mm, Dicke: 3.95mm Länge 58mm

Die sind noch nicht verarbeitet, da weiß ich noch nicht, wie die so werden.


Mein bisheriges Fazit: man muß einfach mehrer Messer mit in den Wald nehmen :):):)
(ist doch gut so oder??)

LG
Bernhard
 
Du sagst es, inzwischen guckt man mich verwundert an, wenn ich im Wald nur noch drei Messer dabei habe.
Dabei habe ich mein erstes Selbstgemachtes mit dem Vorsatz gemacht:
"Ich baue jetzt das Eine, da passt alles, und ich brauche kein anderes mehr." Ganz schön naiv gewesen.

Aber stimmt, oftmals spielt der Anschliffwinkel garnicht sooo die große Rolle, die Klingendicke kann da schon entscheidender sein.

Das mit dem Holz schnitzen ist mir auch noch ein bisschen im Kopf geblieben. Könnte es sein, dass es beim Schnitzen sehr auf den Winkel der Fase ankommt? Und der ist bei Nordischen ja recht flach, meist viel flacher als der Winkel der Sekundärfase. Hierbei wird ja Span für Span weggenommen, so dass im Grunde das Material (da sehr dünn) leicht verdrängt wird. Sprich: Wenn die Klinge erst mal gegriffen hat, ist der Rest recht egal.
Beim Apfelschneiden kann das Material nicht so leicht "ausweichen" und der Apfel wird unter größerem Kraftaufwand gespalten.

Nicht grad fachmännisch ausgedrückt, aber ich hoffe doch halbwegs verständlich...

Ciao, Basti
 
Also ich hab u. a. auch ne Karesuendo Klinge (bzw. nen selbstgemachtes damit), die hat ne Sekundärphase und dafür nen flacheren Anschliff...
Hab dabei mal die primärphase testweise ausgeschliffen, musste aber dann feststellen, dass sich dann beim Schnitzen die Schneide wegbiegt...

Ist auch letztlich klar, ich sage hier schliesslich nur allzu bekanntes, wenn ich sage, dass die Sekundärphase einen flacheren Primäranschliff erlaubt, da die Schneide durch die dickere geometrie stärker wird... Die Klingen ohne sekundärphase haben demnach einen kürzeren Anschliff, weil die Phase bis zur Schneide geht...

Demnach kann man davon ausgehen, dass ein Messer ohne Sekundärphase weniger zum durchschneiden benutzt wird, als eines mit flacherem Anschliff und Sekundärphase, während eins ohne andere Vorteile bietet...

Zum einen wäre da die bessere Spaltwirkung, die ich aber nicht für den Grund halte, da dieser Anschliff ja weniger bei Haumessern Verwendung findet, sondern vor allem bei Kleineren.

Ich denke, der Hauptvorteil findet sich beim Schnitzen, da man hierbei, wenn man besonders fein arbeitet, besser dee Schneide im Auge behalten kann...
Hierzu passt auch, dass diese Messer meist an der Schneide selbst meist einen flacheren Schneidwinkel besitzen, als ihre Pendants mit Sekundärphase, so dass sie an der Schneide selbst höllisch scharf sind... (zumindest isses bei meinen so)

So würde ichs mir zumindest erklären, obs wirklich der Grund ist, ka...
 
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