Stahl aufkohlen

Kandelaber

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Ich habe im Netz die Schemazeichnung einer Kohlenesse gefunden in der verschiedene Feuerzonen eingezeichnet sind.
Es sind insgesamt 3 - direkt an der Luftzufuhr "Oxidizing"
- darüber eine "Neutral" Zone und darüber, also am weitesten von der Luftzufuhr weg eine Zone die mit "Carburizing" beschriftet ist.
An andere Stelle hatte ich schoneinmal gelesen das es möglich ist Stahl im Kohlefeuer aufzukohlen also den Stahl mit Kohlenstoff anzureichern.
Unter anderem beschreibt das Michael Bell auf seiner Seite "Dragonfly Forge" für seine Stahlseilschwerter bei denen die Schneide durch den Ausschmiedeprozess aufgekohlt wird und so einen höheren Härtegrad als der Rest der Klinge erlangen kann.
Bisher hatte ich immer angenommen das die hohe Kunst darin liege mit möglichst wenig Hitzen die gewünschte Form zu schmieden um eine zu große Reduzierung des Kohlenstoffanteils im Stahl zu vermeiden.
Ich hatte angenommen das bei jedem Erhitzungsvorgang über eine bestimmt Temperatur der Kohlenstoff im Stahl verbrennt. eventuell bei der Zunderbildung...dabei fällt mir auf das ich eigentlich nicht weiss was Zunder ist.
Andrew Jordan schreibt auf seiner Seite (so ungefähr) das er als Ausgangsmaterial einen Stahl nimmt der etwa 1.2% Kohlenstoffanteil hat. Nach dem Schmieden sollte er auf etwa 0.8% abgefallen sein.
Kann man tatsächlich Kohlenstoff zurück in das Stahlgefüge führen? Wie groß ist die Eindringtiefe und ab welchen Temperaturen verbrennt der Kohlenstoff aus dem Stahl?
Wenn ja geht das mit Holzkohle wie mit Koks (sollte eigentlich kein Unterschied machen oder? Kohlenstoff ist Kohlenstoff ob reinst oder weniger rein)?
Ich meine das die Japaner doch ihren Stahl vor allem gefaltet haben um einen homogenen Kohlenstoffstahl zu erhalten oder ging es da primär auch um Aufkohlung?
Wer kann helfen?

Gruß

Kandelaber
 
Hmmm, das würde mich auch interessieren!
Das mit dem Zunder ist eigentlich klar: Eisenoxyd, durchsetzt mit den Begleit- und Legierungselementen oder ihren Oxyden.
Die Frage ist doch, wie man den Kohlenstoff aus dem Graphitgitter löst und ihn in das Eisen hineindiffundieren lässt. Aus der Werkstofftechnik-Vorlesung weiß ich noch, dass Kohlenstoffatome sich im Stahl nur in Zeitlupe bewegen, da sie recht groß sind. Im Vergleich dazu wandert Wasserstoff zum Beispiel sehr schnell.
Vielleicht wissen die Experten des Forums mehr?!?!

MfG
newtoolsmith
 
Aufkohlen

Kandelaber said:
...An anderer Stelle hatte ich schon einmal gelesen, dass es möglich ist, Stahl im Kohlefeuer aufzukohlen, also den Stahl mit Kohlenstoff anzureichern. ...Bisher hatte ich immer angenommen, dass die hohe Kunst darin liege, mit möglichst wenig Hitzen die gewünschte Form zu schmieden, um eine zu große Reduzierung des Kohlenstoffanteils im Stahl zu vermeiden.
Ich hatte angenommen, dass bei jedem Erhitzungsvorgang über eine bestimmte Temperatur der Kohlenstoff im Stahl verbrennt. ...dabei fällt mir auf, dass ich eigentlich nicht weiß, was Zunder ist.

Ich meine, dass die Japaner doch ihren Stahl vor allem gefaltet haben, um einen homogenen Kohlenstoffstahl zu erhalten, oder ging es da primär auch um Aufkohlung?

Um hinten anzufangen: die zahlreichen Faltvorgänge (bis ca. 20) in der traditionellen Herstellung japanischer Schwerter führten zu einem beabsichtigten Kohlenstoffverlust bei gleichzeitiger Homogenisierung. Dadurch konnten diese Stahlanteile in einem Schwert dazu dienen, die Klinge insgesamt elastisch zu halten. Der Schneidenstahl, der nach meinen Informationen aus nur 12-14 Mal gefaltetem Material hergestellt wurde, hatte einen höheren Kohlenstoffanteil (ca. 0,7 - 1 %) und ließ sich dadurch höher härten. Zusammen mit der differentiellen Härtung (Lehmmantel) ergab dies ein Härtegefälle im Klingenquerschnitt von über HRC 60 an der Schneide bis ca. HRC 45 am Rücken.

Zunder ist Fe3O4 (ich kann hier keine korrekte Schreibweise realisieren), also ein mit Sauerstoff hoch angereichertes Eisenoxid.

Aufkohlen kann man im offenen Feuer sicher nur sehr oberflächlich. Es gibt Essenkonstruktionen, die nicht nur neutral, sondern sogar leicht reduzierend brennen. Dabei ist man aber schon zufrieden, wenn man einen Kohlenstoffverlust verhindert als dass man wirklich aufkohlt. Bei Gasessen kann man das ganz gut regeln.

Richtiges Aufkohlen findet unter Sauerstoffabschluss in einem möglichst dicht verschlossenen Behälter statt, der den aufzukohlenden Stahl sowie Kohlenstoffträger enthält (Holzmehl, Holzkohlepulver und ähnliches, also Materialien, die Kohlenstoff in möglichst reiner Form enthalten). Die "Kiste" wird dann lange erhitzt/geglüht, wobei der Stahl dann im besten Fall spürbare Mengen Kohlenstoff durch Diffusion aufnimmt. Je länger das Verfahren bei ausreichend Kohlenstoff dauert, desto tiefer dringt C ein. Der so erhaltene Stahl muss dann durch Schmieden homogenisiert werden.

Du hast natürlich Recht mit der Annahme, dass beim Schmieden Kohlenstoff aus der Stahloberfläche herausbrennt, und das desto mehr, je höher die Temperaturen sind. Es ist schon wünschenswert, nicht zu warm zu schmieden, aber beim Damastschmieden geht das halt nicht immer; zum Schweißen braucht man die Temperatur, und wenn man zu kalt ausschmiedet, gehen oft die Schichten wieder auseinander (zumindest bei mir!). Ein Balanceakt!

Freundliche Grüße

sanjuro
 
Last edited:
Aufkohlen oder Einsetzen ist eine alte Methode Stahl zu verbessern.Traditionell wurden feine Schneidstähle durch Erhitzen in Holzkohle aufgekohlt. Das war aber ein äußerst zeitaufwendiger Vorgang.Der kohlenstoffarme Stahl wurde zu Stangen ausgeschmiedet und mit Holzkohle in großen Kasten, meist aus Ton verpackt und dann in großen Öfen erhitzt und zwar bis auf etwa 1.15o Grad. Das Aufheizen auf diese Temperatur dauerte etwa eine Woche, eine Woche wurde auf Temperatur gehalten und dann ließ man das Ganze abkühlen. Die Stangen wurden dann zur Homogenisierung miteinander verschweißt und man erhielt den sehr geschätzten Gerbstahl (richtiger eigentlich:Gärbstahl, da er aus Garben zusammengesetzt wurde). Das Verfahren kann wesentlich beschleunigt werden, wenn der Holzkohle ein Katalisator beigefügt wird , traditionell ist das Bariumkarbonat. Aufgekohlt wird bei etwa 9oo Grad. Man rechnet bei dieser Temperatur mit einer Eindringtiefe von etwa 1 mm in 4 Stunden, wobei der Kohlenstoffgehalt der Randschicht o,9 % betragen soll. Die modernen Aufkohltechniken sind in "Wärmebehandlung der Bau- und Werkzeugstähle" Herausgeber Hanns Benninghoff ausführlich beschrieben.
Zum Aufkohlen im Schmiedefeuer kann man folgendes sagen: Ein gut eingestelltes Feuer soll eine möglichst große Hitze bei möglichst wenig Luftzufuhr erreichen. Das ist optimal mit einer tiefen Feuerschüssel mit steilen Seitenwänden aus Schamott, die die Hitze ins Feuer zurückstrahlen, zu bewerkstelligen. In meiner nach dieser Art selbst gebauten Schmiede kann man durchaus aufkohlen. Ich demonstriere das gern an Pfeilspitzen, die ich aus St. 37 schmiede und die nach dem Schmieden glashart gehärtet werden können. Die Leistungsfähigkeit solcher Spitzen mit harter Schale und weichem Kern ist sehr gut. Bei größeren Objekten wäre die aufgekohlte Schicht zu dünn, sodaß sich das Verfahren dafür nicht eignet. Man kann aber zB ein Paket Nägel durch ein hohes Feuer sickern lassen und sie dabei aufkohlen und zusammensintern, sodaß sie anschließend zu einem Block verschweißt werden können. Auch dabei kann bei richtiger Feuerführung eine sogar sehr kräftige Aufkohlung erreicht werden. Ich mache das gelegentlich mit alten Hufnägeln, glaube aber nicht, daß man dadurch einen besonderen Werkstoff erzeugen kann. Es ist mehr eine Spielerei.
Die Diskussionsbeiträge zu den japanischen Schwertern wundern mich etwas. Die von Yoshindo Yoshihara beschriebene Methode geht davon aus, daß von dem in der Tatara erzeugten Stahl das Material , das etwa 1,4 % C aufweist ausgesucht wird und durch etwa 15 faches Falten und Verschweißen homogenisiert und bewußt abgekohlt wird.
Das ist durch Erhitzen in der oxidierenden und neutralen Zone recht gut zu steuern. Der C-Gehalt kann auch am Schleiffunken bestimmt werden. Nach allen mir bekannten Veröffentlichungen liegt der Kohlenstoffgehalt des harten Teils des japanischen Schwerts bei o,5-o,6 %. Auch das beschreibt Yoshihara recht ausführlich.
Ein solcher C- Gehalt ist für ein Schwert ja auch durchaus sinnvoll, auch wenn man bei höherem Anlassen durchaus ein bißchen höher gehen könnte.
 
Gut ich danke für die beiden ausführlichen Antworten!
Bleibt bei mir nur noch die Frage offen um wieviel % sich der Stahl aufkohlen läßt oder besser noch um wieviel % der St37 mit C angereichert wird.
Das sich normaler Baustahl bzw. Nägel so in einer Kohlenesse härten lassen hat mich doch sehr überrascht und zeigt mir mal wieder wie viel Erfahrungswissen gegenüber dem "Literarischen Informationsstatus" wert ist.
Ich hab eine sehr ähnliche Esse wie die von dir beschriebene... aus einem MetallBlumenkorb und Schamottsteinen und habe mir erst neulich einen 50 Kilo Sack Koks zugelegt. Sobald ich meine letzte Prüfung in der Tasche habe und endlich fertiger "Diplomat";-)::-> Diplombiologe bin werd ich mal eigene Versuche zum Aufkohlen unternehmen und dann auch Bilder meiner Schmiedeesse posten.
Kann es kaum noch erwarten endlich vom Theoretiker zum Praktiker zu werden...
Seltsam gerade bzgl der Japanischen Schwerter ist doch sehr viel gegensätzliches Wissen im Umlauf.....auf jeden Fall kommt es mir so vor. Mir egal...soweit soll es bei mir eh nie kommen.

Gruß an alle

Kandelaber
 
Salve
Das Aufkohlen erfolgt wie schon beschrieben: Der kohlenstoffarme Stahl kommt in Kästen mit Holzkohle, Lederkohle, Knochenasche, Pottasche, Blutlaugensalz oder Mischungen davon, bei 750 bis über 1000°C über viele Stunden hinweg.
Die Eindringtiefe liegt bei 0,3 bis 4 mm und bis zu 1,1 %. Dünne Stäbe können auch komplett aufgekohlt werden.
Das Einsatzhärten eignet sich für kohlenstoffarme Stähle, Nickelstahl mit 1,5 % Ni, Ni-Cr Stähle mit 2,5 bis 4,5 % Ni und 0,5 bis 1,1 % Cr.
Wenn du zentnerweise Kohle verheizen willst, eine interessante Methode.

Raphael Richarz
www.die-roemer-online.de
 
Hallo,

@ U.Gerfin Zu deiner richtigen Beschreibung über die Abkohlung des japanischen Klingenstahls ist noch einiges hinzuzufügen. Der im Tatara produzierte Stahl ist in der Regel von sehr inhomogener Qualität und wird nach der Zerkleinerung in diesem Zustand an die einzelnen Schmiede ausgeliefert. In seltenen Fällen wird er auch schon mal nach C Gehalt sortiert, generell aber nicht. Die Schmiede müssen deshalb die zerkleinerten Stahlbrocken anhand der Bruchstellen dem entsprechendem C-Gehalt zuordnen. Wie bereits herausgestellt ist für den Klingenmantel ein Ausgangsgehalt von c.a. 1,5% C erforderlich. Für den Kern sollte der C-Gehalt auf jeden Fall unter 0,5% liegen. Da die erhaltenen Stalstücke aber häufig weit über oder weit unter diesen erforderlichen Ausgangsgehältern liegen, muss sich der Schmied gewissen Techniken bedienen, um den gewünschten Ausgangsgehalt zu produzieren. Er kann natürlich unterschiedliche Stücke verschweissen um die gewünschte Güte zu erhalten. Häufig bedient er sich jedoch zwei verschiedener Methoden, um den C-Gehalt zu erhöhen oder zu senken.
(beide Techniken werden "Oroshigane" genannt)
Um den Stahl aufzukohlen beschickt der Schmied seine Esse mit mehreren Lagen von Holzkohle und Stahl im Wechsel. Durch die nun abbrennende Holzkohle setzt sich der heiße Stahl auf dem Boden der Esse ab und verbindet sich dabei mit dem Kohlenstoff. Ein Stahl mit erhöhtem C-Gehalt entsteht!
Zur Reduzierung des Kohlenstoffs werden die entsprechenden Stahlstücke so um den Einlauf des Blasebalges in der Esse positioniert, dass der Luftstrom genau in den Stahlhaufen hineinbläst. Über diese Anordnung wird Holzkohle geschüttet und zu einem sehr heissen Feuer gebracht.Der nun in den Stahl eingeblasene Sauerstoff verbindet sich mit dem Kohlenstoff im Stahl und entweicht somit als Kohlendioxid. Es entsteht ein Metall mit reduziertem Kohlenstoffgehalt.
Mit diesen Methoden kann der Schmied ein geignetes Ausgangsmaterial erzeugen, welches dann in den eigentlichen Faltungen, auf den für die Klingenteile erforderlichen C-Gehalt, herabreduziert wird.
Übrigens: Yoshindo Yoshihara bevorzugt einen C-Gehalt von 0,7% für den Mantelstahl. Sein Bruder hingegen schwört auf einen Gehalt von 0,6%. Ob man das immer so genau regeln kann??? :confused: :hmpf:

Gruß
Mirco
 
Hallo zusammen.
Klingt jetzt vielleicht blöd, aber hat einer von euch schon mal probiert mit ner Acetylenflamme aufzukohlen?
Von der Theorie her müßte es ja funktionieren, da beim Autogenschweißen mit Acetylenüberschuß von einer Aufkohlung gesprochen wird. Und mit ner reinen Acetylenflamme müßte der Efekt ja extrem versträrkt sein?
Und vorallem wie lang müßte man fürs aufkohlen erwärmen? Ich mein Acetylen is nicht grad billig:hehe: .

Gruß Markus
 
..... hat einer von euch schon mal probier,t mit ner Acetylenflamme aufzukohlen? Von der Theorie her müsste es ja funktionieren, da beim Autogenschweißen mit Acetylenüberschuss von einer Aufkohlung gesprochen wird. Und mit einer reinen Acetylenflamme müsste der Effekt ja extrem verstärkt sein? Und vor allem: wie lange müsste man fürs Aufkohlen erwärmen? Ich meine, Acetylen ist nicht gerade billig.......
Das Aufkohlen funktioniert nur, wenn gleichzeitig der Zutritt von Sauerstoff verhindert werden kann. Dazu müsste man eine Temperatur von wenigstens 900°C eine ganze Weile (Stunden und Tage!) halten, um eine Eindringtiefe von wenigen Zehnteln eines Millimeters zu erzielen.

Mit einer offenen Flamme, selbst wenn sie stark rußt wie bei Acetylen, ist das wohl nicht möglich.

Ulrich Gerfin hat das Thema weiter oben in diesem Thread mit genauen Werten bereichert.

Gruß

sanjuro
 
Last edited:
Wenn man ganz brutal vorgeht, kann man mit der Acetylenflamme, die rauschend, also mit Acetylenüberschuß eingestellt ist, schon aufkohlen. Das setzt aber Temperaturen in der Nähe des Schmelzpunkts voraus. Bei niedrigerer Temperatur würde der Vorgang zu lange dauern und wäre zu wenig wirksam. Das Aufkohlen beim Erhitzen mit der Acetylenflamme ist ein Phänomen, das bei Reparaturschweißungen an Schnellarbeitsstahlwerkzeugen bekannt ist. Haufe -Schnellstähle und ihre Wärmebehandlung- zeigt ein Bild von einem Fräser, bei dem man eine solche Reparatur mit der Flamme vorgenommen hatte. Der Werkzeugteil um die Reparaturstelle war auf ca 2,6 % aufgekohlt und beim Erwärmen zum Härten weggeschmolzen, da der höhere C-Gehalt die Schmelztemperatur erniedrigt.
Ein wirksames Aufkohlen mit dem Acetylenbrenner könnte ich mir vorstellen, wenn man in einem Graphittiegel Stahl bekannter Legierung mit Gasüberschuß einschmilzt. Das so erzeugte Material müßte tüchtig durchgeschmiedet werden und könnte dann verwendbar sein. Da es aber Stahlsorten mit allen denkbaren Legierungen und C-Gehalten gibt und die Leute in den Stahlwerken ihr Handwerk verstehen, wären solche Versuche sicher mehr Spielerei als technisch sinnvoll.
Andererseits-Spielen macht Freude-warum also nicht ein bißchen experimentieren ?
MfG U. Gerfin
 
ich erinnere mich noch gerne, an u.gerfin als er mir vor ein paar jahren, in peppingen versuchte das damastschmieden nahezubringen, ...mit seinem abgesägtem zuschläger..., danke nochmals mein freund, bin heute weiter
 
Hallo Leute,

ich hole diesen Thread mal wieder nach oben und hänge gleich mal wieder eine Paar Fragen an...

Bei meinen Recherchen zu frühmittelalterlichen Blankwaffen bin ich über etwas merkwürdiges gestolpert. In

- Schietzel, Kurt (Hg.): Untersuchungen zur Technologie des Eisens. Berichte über die Ausgrabungen in Haithabu, Bericht 5, Neumünster 1971.

werden metallografische Untersuchungen an einer wikingerzeitlichen Lanzenspitze aus Haithabu dargestellt.

Der damaszierte Kern der Spitze wurde lediglich mikroskopisch untersucht (vermutlich weil die Technik für die Untersuchung einzelner Lagen noch nicht so weit war) und man kam da auf die Verwendung von Stählen mit 0,0% und 0,7% Kohlenstoff.

Die Schneide wurde jedoch chemisch analysiert. "Konventionelle, chemische Naßanalysen konnten nur an Bestandteil 1 (Knebel an der Tülle9), Bestandteil 3 (Tülle) und Bestandteil 7 (Schneide) durchgeführt werden." (Ebd.: S. 74.)

Die Untersuchungsergebnisse der Schneide ergaben einen Kohlenstoffgehalt von 0,0% im Kern der Schneide bis 1,55% in der äußersten Schicht. Der P-Gehalt liegt im Kern bei 0,18-0,19% und reduziert sich nach außen auf ca. 0,1%.

Jetzt meine Frage: Ist es überhaupt möglich die Randschichten eines Stahls bis auf 1,55% Aufzukohlen? Was ich bisher gelesen habe, ist, dass es maximal bis 1,1% möglich ist. Ist es möglich/wahrscheinlich, dass die Analyse fehlerhaft ist?

Gruß Jannis
 
.....In Schietzel, Kurt (Hg.): Untersuchungen zur Technologie des Eisens. Berichte über die Ausgrabungen in Haithabu, Bericht 5, Neumünster 1971.

werden metallografische Untersuchungen an einer wikingerzeitlichen Lanzenspitze aus Haithabu dargestellt.......

Der damaszierte Kern der Spitze wurde lediglich mikroskopisch untersucht (vermutlich weil die Technik für die Untersuchung einzelner Lagen noch nicht so weit war) und man kam da auf die Verwendung von Stählen mit 0,0% und 0,7% Kohlenstoff.....

Die Untersuchungsergebnisse der Schneide ergaben einen Kohlenstoffgehalt von 0,0% im Kern der Schneide bis 1,55% in der äußersten Schicht......
Jetzt meine Frage: Ist es überhaupt möglich, die Randschichten eines Stahls bis auf 1,55% aufzukohlen?.....
Ich bin - wie Du sicher auch - auf Ulrichs Ausführungen gespannt, aber ich melde mal vorsichtige Zweifel an, ob man den Kohlenstoffgehalt eines Stahls durch mikroskopische Untersuchung feststellen kann.

Weiterhin sprichst Du wieder das bekannte Phänomen der harten und weichen Schichten im Damast an. Wenn da nicht die Schichten sehr dick waren und es nur wenige Schweißvorgänge gab, muss man die Angaben wohl mit einem Fragezeichen versehen.

Generell ist eine Aufkohlung bis in den genannten Bereich bei niedrig legierten Stählen wohl möglich, habe ich gelernt.

Gruß

sanjuro
 
Ich hänge da gleich noch eine Frage an: 0,0% C? Dass es heute möglich ist ein entprechend reines Eisen herzustellen weiß ich aber (wie?) war es mit damaligen Methoden und Prozessen überhaupt möglich?
 
Weiterhin sprichst Du wieder das bekannte Phänomen der harten und weichen Schichten im Damast an. Wenn da nicht die Schichten sehr dick waren und es nur wenige Schweißvorgänge gab, muss man die Angaben wohl mit einem Fragezeichen versehen.

Ja, genau, sehr Komisch das ganze. Dass hab ich hier auch nur am Rande erwähnt und ich wollte nicht wieder die ganze Diskussion dazu lostreten. Es gibt übrigens noch ne ganze Reihe an Ungereimtheiten in der Untersuchung. Hatten wir ja schonmal drüber geredet...

@ Goderick: Das kam mir auch erstmal komisch vor. Aber ich hatte gerade erst vor ein paar Tagen eine 15Kg Luppe Phosphorrenneisen in der Hand, die im Kern wirklich 0,0% Kohlenstoff hatte. Die kompakte Luppe wurde in der Mitte durchtrennt und dann an versch. Stellen analysiert und diesen Analysen trau ich;-) Aber wie genau das geht? Keine Ahnung...

Gruß Jannis
 
Man muß ein paar Dinge unterscheiden:
Beim in der Praxis durchgeführten Aufkohlen/Einsetzen geht es darum, Werkstücken eine harte Oberfläche zu verleihen, wobei der Kern weich und zäh bleiben soll.
Man begrenzt dabei aus mehreren Gründen die Aufkohlungstiefe und den Randkohlenstoffgehalt, weil
a) höherer C-Gehalt als ca 0,9 % keinen Härtegewinn mehr bringen würde.
b) größere Härtetiefen dazu führen könnten, daß zwischen Kern und Rand beim Härten zu große Spannungen entstehen könnten mit der Gefahr, daß die Härteschicht ganz oder teilweise abplatzt.
c) für das Erreichen sehr hoher C-Gehalte andere Methoden weitaus wirtschaftlicher sind.
Die industriell genutzten Einsetzmittel sind daher bewußt auf einen Randkohlenstoffgehalt zwischen 0,9 und maximal 1,1 % C eingestellt.

Mit der m ö g l i c h e n Aufkohlung hat das nichts zu tun.
Die Wärmeform des normalen Stahls-Austenit- kann bekanntlich ca 2 % C lösen.
Bei entsprechend hoher Temperatur und langer Aufkohldauer spricht also nichts gegen die theoretische Möglichkeit einer Aufkohlung auf 2 % C. Geht man mit der Temperatur noch höher, nämlich in den Bereich der Schmelze, lassen sich leicht C-Gehalte von ca 4 % erreichen, wie uns das Gußeisen ja demonstriert.
Wenn ich es recht in Erinnerung habe, so haben Rose und Rademacher dünne Plättchen aufgekohlt und dabei -da der Kohlenstoff von zwei Seiten eindringen konnte und nicht nach innen in c-arme Bereiche abfließen konnte- in relativ kurzer Zeit die zu erwartende Aufkohlung auf 2 % erzielt. Ich habe den Bericht darüber kopiert, müßte ihn also bei Interesse mitteilen können.

Auch bei den klassischen Aufkohlmethoden zur Herstellung des Ausgangsmaterials für den Gerbstahl betrug der C-Gehalt außen an den Stäben 1,5 % und darüber. Als Käthe Harnecker ihre Wootz-Versuche machte, ging sie von solchem hochgekohlten Material aus und ließ es bei niedrigen Temperaturen schmieden.

Das Aufkohlen kleiner Gegenstände im Schmiedefeuer habe ich vor 4 Wochen wieder einmal einem "ungläubigen Thomas" demonstriert. Dem Funkenbild nach beträgt der C-Gehalt in der äußersten Schicht deutlich über 1 % -es sprühen mehr Sternchen als bei einer guten Feile.

Die Einstellung eines C-Gehalts von 0,0 % im Rennfeuer ist m.E. eher ein Zufallsprodukt. Es ist aber nicht auszuschließen, daß in Teilen der Luppe sich eine solche Analyse ergibt. Ebenso könnte es beim Puddeln möglich sein, den C-Gehalt vollständig zu beseitigen.
Sehr alte Eisen haben oft einen überraschend hohen Reinheitsgrad. Ich habe mal in Luxemburg ein Stück Dachanker aus einem Haus aus dem 17. Jahrhundert, der erkennbar vorher als Radreifen gedient hatte, analysieren lassen und der C-Gehalt war auch nur 0,05 %.
Auch die Angaben in einem Aufsatz " Der Werkstoff des Schweißeisenzeitalters" bestätigen diese Ergebnisse. Wie man das im Altertum gemacht hat, kann ich allerdings nicht sagen. Bezüglich Rennfeuereisen und ähnlichem haben andere wesentlich mehr Erfahrung und Wissen als ich.

Unterschiedliche C-Gehalte in verschiedenen Schichten sind trotz der Diffusion des Kohlenstoffs bei Schweißen und Schmieden bei niedriger Temperatur, dicken Schichten und nur wenigen Schweißvorgängen nichts Ungewöhnliches. Dreilagenklingen sind dafür der beste praktische Beweis.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Last edited:
Super, vielen Dank;-)

Laut Schietzel wurde die Schneidleiste erst aufgekohlt, als die Lanze schon fertig geschmiedet war. Der Kern der Lanze wurde dabei vor Aufkohlung geschützt.

Die Damaszierung bestand aus zwei Torsionsbändern die jeweils nur aus vier Lagen bestanden. Laut Schietzel zwei "weiche" und zwei "harte" Lagen. Da kann ich mir durchaus vorstellen, dass der Kohlenstoff noch nicht vollständig ausgeglichen ist. Aber ob es wirklich 0,0% und 0,7% sind?

Gruß Jannis
 
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