Stahl duch schmieden verdichten, geht das?

Hallo Andreas !
In Büchern von 1940 und jünger wirst Du über die Idee der "Verdichtung" durch Schmieden sicher nichts mehr finden. Zu dieser Zeit war Stahl ein wirklich gut erforschtes Material und über die Idee der Erhöhung des spezifischen Gewichts durch Schmieden hätte man nicht mal mehr gelacht. Ich habe derartige Vorstellungen zuletzt in einem Buch "Practical Blacksmithing" gefunden, in dem nach Themen zusammengestellt praktische Schmiedeprobleme besprochen wurden. Dabei wurden einfach Beiträge zu den entsprechenden Themen gesammelt und ohne Kommentar wiedergegeben. Es handelte sich um Beiträge aus der Zeit ab 1850 bis 1900.
Die praktischen Ratschläge waren oft vorzüglich-beispielsweise fanden sich etwa 10 Rezepturen für Schweißmittel für das Verschweißen von Stahl und Eisen- die theoretischen Erörterungen dafür umso abenteuerlicher. Das Härten wurde beispielsweise so erklärt, daß das Abschrecken wie ein gewaltiger Hammerschlag wirkt, der den Stahl zuusammenpresst und dadurch hart macht. Stahl war nach der damals herrschenden Vorstellung aus Fasern aufgebaut und durfte deshalb nicht gestaucht werden, weil sich sonst das Fasergeflecht auflöste.
Die Vorstellung von der Verdichtung des Gefüges rührt daher, daß bei extrem schlackenhaltigem Material durch das Auspressen der Schlacke tatsächlich das spezifische Gewicht erhöht wurde. Auch der von englischen Schmieden gebrauchte Begriff "hammer-packing", der nur die Verfeinerung des Gefüges beschreibt, führt bei wörtlicher Übersetzung möglicherweise zu der falschen Vorstellung.
Weshalb solche Sachen immer wieder in die Diskussion eingeführt werden ? Ich denke, böser Wille ist in den seltensten Fällen der Grund. Viele Menschen begnügen sich aber mit einem Halb-(oder weniger) Wissen und haben das Bedürfnis nach Geheimnisvollem, ja geradezu Zauberhaftem.So kommt alle paar Jahre wieder die Geschichte von dem altenSchmied auf,der mit seinen Messern Äxte zerteilen konnte, leider aber das Geheimnis seiner Härtemethode mit in das Grab genommen hat. Auch die Diskussion um die Verdichtung des Stahls durch Schmieden wird wieder aufkommen. Da werden wir gar nicht lange warten müssen.
MfG U. Gerfin
 
Danke Uli :)

Dass sollte auch nicht als böse Unterstellung verstanden werden, das "Raufholen" dieser alten Geschichte ist wahrscheinlich ähnlich dem Prinzip "jeden Morgen steht ein Dummer auf" anzusehen - man sieht und hört es ja regelmäßig in den allseits beliebten und bekannten Fernsehreportagen aufs Neue...

Aber dass das "Verdichten" schon soviel länger kein ernsthaftes Thema mehr ist, hätte ich jetzt nicht erwartet - das "am Besten von vor 1913" war eigentlich nur als eine spontan aus dem Ärmel geschüttelte Jahreszahl gemeint :) Es ist dann wohl analog zur Faser-/Walzrichtung immer unterschwellig im Hinterkopf "mitgeschleppt" worden.

Wenn es nur als Veranschaulichung oder Plausibilitätshilfe mit den technischen/technologischen Hintergründen (Reinigen/Entfernen von Einschlüssen etc.) gemacht würde, und auch so gekennzeichnet wäre, könnte man damit mit Abstrichen ganz gut leben.

Gruß Andreas
 
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