Stahl härter als Keramik?

FrankMMX

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Hallo,

auf der Suche nach der optimalen Schärfmethode für Kai Shun Santoku besitzende Grobmotoriker bin ich auf die Seite essenschneiden.de gekommen. Die Seite sieht ganz kompetent aus, man kann auch Fragen stellen. So hab ich gefragt, ob man das Santoku mit dem Sharpmaker schärfen/scharf halten kann. Nur die Antwort befriedigt mich nicht wirklich:

Sehr geehrter Herr :) ,

wir empfehlen immer den entsprechenden Schleifstein für die jeweilige
Messerserie, da dieser optimal abgestimmt ist.

Die Gefahr das Kai Shun Santoku mit dem Sharpmaker zu schärfen besteht
darin, dass dieser den Shun Messern nicht gewachsen ist und defekt gehen
könnte, da die Messer eine Rockwellhärte von HCR 62 haben.

Mit freundlichen Grüßen
Zitat Ende.

Was sagen die Profis dazu?

Gruß
Franky
 
@ frank,
ich würd dem herrn zurückschreiben das mir die messer zwar gefallen würden, aber wenn die den crockstick zerstören dann machen die ja wohl alles kaputt und alle woche ne neue schneidunterlage zu kaufen wär mir einfach zu teuer :haemisch: :haemisch: sorry, selten so gelacht....
 
FrankMMX schrieb:
Die Seite sieht ganz kompetent aus, man kann auch Fragen stellen.

Jo, dann frag bitte mal was das bedeutet:

" Die Klingen der KASUMI Kochmesser bestehen aus V-Gold No. 10 Karbonstahl, der speziell für diese Messer produziert wird. Dieser nichtrostende INOX-Damast hat 32 Lagen, die durch Falten und Tordieren entstehen. Die Klingen werden eisgehärtet bei 59-60 Grad Rockwell und von Hand geschärft"

Was ist INOX Damast? Ist der jetzt aus Karbonstahl oder nicht-rostend? Haben die jetzt 62 oder 59-60 HRC? Und egal wie hart, Keramik ist immmer um Größenordnungen härter - nebenbei wird auf der Seite selbst ein Keramik Schärfsystem abgeboten, nämlich so ein Klingenschonender Keramikschrubber ;)

Ob ein Sharpmaker geeignet ist, ist eine andere Frage. Und bei >60HRC wirds vielleicht a bisserl zäh. Aber defekt geht das gar nix, ausser Du schmeisst ihn runter.

dazu noch

" Die traditionelle japanische Technik der Schwertherstellung wurde von Generation zu Generation bis zum heutigen Tage weitergegeben. Diese Techniken werden heute noch bei der Kasumi Messer Produktion angewandt und die Klingen erhalten dadurch eine exzellente Schneidequalität bei hoher Stabilität."

Schön. Den traditionellen rostfreien Stahl hätte ich gerne gesehen. Japan Voodoo Stories auf Dummenfang.

Nix gegen die Messer, die können durchaus was taugen. Aber nachfragen würde ich dort eher nichts ;)

Grüße
Pitter
 
Bin zwar kein Werkstoffprofi, und die guten Herren vor mir haben schon fast alles zum Thema geschrieben... Hier aber auch meine 2 Cents.

Den Sharpmaker habe ich im ständigen (OK, so oft brauche ich es nicht zu tun, allerdings) Gebrauch für mein Benchmade 710HS - nach BM Angaben 60-62 HRC.

Dem Sharpmaker geht es gut, mit dem Messer spalte ich ab und zu aus Langeweile ;) die Haare - auch, wenn das Schleifen ein Bißchen länger dauert, als dasselbe für z.B. 154CM, oder sogar D2.

Also - keine Angst, würde ich sagen.

Und die Antwort war auch IMO genau das, was pitter schon geschrieben hat.


PS. natürlich besteht auch eine solche Möglichkeit, daß diese 60-62 HRC von Benchmade reine Angeberei sind und meine 2 Cent daher - falsch ;)
 
Könnte das Gerücht dadurch entstanden sein, dass in der Vorstellung der neuen kai shun messer im messermagazin eine Härte von 92 Rc genannt ist?
Kann wohl nicht sein oder ? eher ein vertipper oder doch?? Als Material wurde ein Kobaltlegierter VG 10 Stahl als Schneidlage genannt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Michael L. schrieb:
Könnte das Gerücht dadurch entstanden sein, dass in der Vorstellung der neuen kai shun messer im messermagazin eine Härte von 92 Rc genannt ist?
Kann wohl nicht sein oder ? eher ein vertipper oder doch?? Als Material wurde ein Kobaltlegierter VG 10 Stahl als Schneidlage genannt.

JA, ein Vertipper, es sollte heißen 192 RC ; )
 
Michael L. schrieb:
Kann wohl nicht sein oder ? eher ein vertipper oder doch?? Als Material wurde ein Kobaltlegierter VG 10 Stahl als Schneidlage genannt.

Kommt darauf an, wo Du misst. Wenn man ein einzelnes Karbid misst ;) - frag Roman, der weiss wie hart die sind. 92HRC iss a bissi viel, aber deutlich härter wie der Stahl = das haltende Gefüge sind die schon. IIRC hat die Pyramide bei der Rockwellprüfung 0.2mm Radius, da wird gemessen.

Ich kenne keinen Messerstahl der auf >65 HRC gehärtet wird. Das ist aber dann schon deutlich grenzwertig und ganz sicher nicht für ein 0815 Küchenmesser geeignet. Wie weit bei Stahl man gehen kann, keine Ahnung. Irgendwelche Prüfspitzen oder sowas könnte ich mir noch härter vorstellen, aber keine Messer: Roooman, Heeeerbert ???? :)

Grüße
Pitter
 
Ich kenn da auch keinen so harten Messerstahl. Die Aussage der essenschneiden.de war ja auch dann ausdrücklich die Messer mit 62 HRC würden die Keramikstäbe ruinieren. Kann ich mir nichtvorstellen.
Schon vorstellen kann ich mir, dass es da mit Abziehstählen Probeme gibt. Die hab aber ich auch teilweise schon mit niedrigeren Härten. Aber auch nicht in der Art, dass der Abziehstahl kaputt geht, sondern dass das Abziehen an sich nix bringt. Is aber glaub ich auch kein Geheimnis.

Nochmal zu den 92 HRC. es war schon so geschrieben, dass man's nicht auf einzelne Karbide sondern auf das normierte Rockwellprüfverfahren mit der Diamantpyramide und der entsprechenden Eindringtiefe beziehen muß. Und eben Kobaltlegiert.

Gruß Michael
 
Zuletzt bearbeitet:
Die HRC-Methode wird mit einem Kegel gemessen.
Was die Absolutwerte angeht, so hege ich meine Zweifel. Mitsche und Maurer haben an gehärteten Stählen mit unterschiedlichen Kohlenstoffgehalten die Härten "normal", nach Tiefkühlen und an einzelnen Martensitnadeln gemessen. Dabei kommt man auf Maximale Werte von 67,7 HRC des reinen Martensit. Hier ist das Zitat.

Mitsche, R; Maurer, K.L.: Vielkristall-Makrohärte der Abschreckgefüge unlegierter Stähle und die Einkristall-Mikrohärte des Matensits, Archiv für das Eisenhüttenwesen 25 (1955) S. 563-565.

Verwertbare Maximalhärten von 65 HRC nimmt man für Wetzstähle und Feilen, vielleicht auch noch für andere Sachen, weiß ich aber nicht.

Wir reden hier von dem härtetragenden Bestandteil einer technischen Legierung. Einzelne Karbide sind natürlich wesentlich härter. Bei Messerstählen ist die Hartphase eben Martensit. Im Idealfalle, und wir reden zur Zeit von C-Stählen. Kobaltlegiert hin und her, Kobalt bildet keine Karbide.
Wenns denn was hochlegiertes ist, und man im Sekundärhärtemaximum anläßt, dann kriegt man auch Härten um die 66, bei manchen Stählen jedenfalls. Für einen VG 10 jedoch kaum zu erwarten. Und wenn man im SHM anlassen will, was soll dann die Eishärterei. Sieht so aus, als ob man alles was sich Klasse anhört in diese Messer gepackt hätte. Man hat nur noch vergessen, das Einschmieden der Seele des Meisters zu erwähnen.....
Diese Rockwellangaben sind manchmal etwas seltsam. Man muß nur sicher sein, dass wirklich HRC gemeint ist. Es gibt noch andere Methoden der Rockwellhärtebestimmung (HR 15 N, da entsprechen 92 etwa 62 HRC).

92 HRC ist jedenfalls zumindest fragwürdig, wenn Ihr mich fragt.
Und eine gut hergestellte Keramik lacht sich scheckig über das bisschen Härte von Stahl.
 
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Servus Herbert,

Du hast recht. HRC = Kegelförmiger Prüfdiamant.
Pyramide ist die Vickershärte.
Werd mir jetz doch den Dubbel usw unters Kopfkissenschieben :lechz:
Gruß Michael
 
sorry, Michael, wollte nicht oberlehrerhaft sein. Hab gerade meinen Beitrag noch etwas überarbeitet. Nochn paar Infos.
 
herbert schrieb:
sorry, Michael, wollte nicht oberlehrerhaft sein. Hab gerade meinen Beitrag noch etwas überarbeitet. Nochn paar Infos.
Nene, sonst laufen wir den Rest unseres Lebens mit Irrtümern im Kopf rum.
Schau mal rauf zu Pitters Beitrag, da hab ich erst mal die Pyramide her.

Gruß Michael
 
Ein qualitativ hochwertiger Keramikwetzstab wird sicher nicht durch ein Messer mit 62 HRC angegriffen oder gar zerstört- ein guter hartverchromter Wetzstahl übrigens auch nicht.
Bei den erreichbaren und sinnvoll einsetzbaren Härten sollte man Vor- und Nachteile abwägen. Entscheidend wird der Einsatzzweck der Klibge sein. Für feines Schneiden von Gemüse und Fleisch kann man deutlich höhere Härten wählen, als für derbere Einsatzzwecke.
Höhere Härte muß durchaus nicht gleichbedeutend mit geringerer Zähigkeit sein. Gerade im Bereich feiner Schneiden spielt die Feinkörnigkeit von Matrix und eventuell vorhandener Karbide eine große Rolle. Über die erreichbare Härte gibt es auch unklare Vorstellungen:
Bei den Kohlenstoffstählen oder leicht legierten Stählen bleibt man auch bei überperlitischen Stählen bei einer Härtetemperatur, die an sich einem Stahl mit o,8 % C entsprechen würde, weil bei normaler Durchführung des Härtevorgangs mit Restaustenit und damit eher mit einer Härteeinbuße zu rechnen wäre. Gelingt es, das Korn extrem fein zu halten und einen Anlaßeffekt aus der Masse des Härteguts zu vermeiden, sind wesentlich höhere Härten zu erreichen, als sie etwa im Stahlschlüssel angegeben sind. Solche Verfahren werden bei der Induktionshärtung der Zahnspitzen von Sägen angewendet und führen bei sehr einfach legierten Stählen- meist reinen C- Stählen mit geringen Nickelanteilen - zu Härten bis zu 72 HRC. Auch Schnellstähle mit angehobenem C- Gehalt- etwa M 4- werden mit 68 HRC eingesetzt.
Bei hochlegierten Stählen ist zu beachten, daß sie eine "Mischhärte" haben, die sich aus der Härte der Matrix und der restlichen Karbide ergibt. Die Karbidhärte ist unterschiedlich. Für das reine Eisenkarbid liegt sie bei etwa 9oo HV, die Sonderkarbide sind teilweise wesentlich härter. Als härtestes auftretendes Karbid erreicht das Vanadinkarbid etwa 2.8oo HV. Hoch vanadinhaltige Stähle sind daher schwer schleifbar, da die Karbidhärte schon der des Schleifkorns entspricht oder sie sogar überschreiten kann. Da die Sonderkarbide in der Regel nicht rein und isoliert, sondern als Mischkarbide auftreten, liegt ihre Härte meist bei 1.4oo- 1.7oo HV.
Bei hohen Härten differenziert das Vickers-Verfahren, das mit einer Diamantpyramide und geringeren Vorlasten und Lasten arbeitet als das Rockwell C Verfahren deutlich besser als dieses.
Bei den Härteangaben im Stahlschlüssel muß man beachten, daß es garantierte Mindestwerte sind, die bei der Abmessung 1 Zoll vierkant erreicht werden. Bei den zierlichen Abmessungen einer Messerschneide liegen die Werte oft deutlich höher. Bei einer Wärmebehandlung, die ein feines Korn garantiert und bei vernünftiger Handhabung hätte ich gegen Härten, die weit über dem Üblichen liegen, auch nichts einzuwenden. Georg von Tardy, dessen Internetseiten zum Damast ich sehr empfehlen kann, hat eine Taschenmesserklinge aus Leistungszonendamast von mir, deren Härte in der harten Zone 1.2oo HV beträgt.
 
Ja ja, jetzt wird die Sache erst interessant. Dabei war der Anfang eher einfach. Aber im Ernst, das mit der Härte ist wirklich nicht ganz so einfach.
Es gibt auch unterschiedliche Härtemechanismen, die je nach Stahlsorte unterschiedlich eintreffen.

Die uns allen am bekannsteste ist die Umwandlungshärtung durch allotrope Umwandlung (geiles Fremdwort) (Austenit zu Martensit), und dann gibt es noch die Härtesteigerungen durch Kornfeinung (kleine Korngrößen steigern die Härte und die Zähigkeit), durch Mischkristallbildung und durch Teilchenausscheidung (Beispiel sind die Anlasskarbide). Alle Ausscheidungsphänomene stellen zunächst mal Störungen für Duktilität dar, es sei denn, sie sind fein (eben wie die Anlasskarbide). Dann bleibt die Zähigkeit auch oben (ich vermisch jetzt mal Duktilität und Zähigkeit, obwohl man sich darüber auch mal unterhalten müßte).

Was U. Gerfin sagt ist natürlich richtig, ich wollte nur noch darauf hinweisen, dass Härte allein nix sagt (sagt Roman auch immer), sondern mit welchem Gefüge man sie erreicht (sagt Roman auch immer, ich übrigens auch). Wenn man unendlich schnell abschrecken könnte, ohne dass das Werkstück durch die Spannungen kaputt geht, dann kann man Legierungen erzeugen, die einem die Tränen der Rührung in die Augen treiben.

Dem Werkstoff einfach keine Zeit zur Entmischung geben, dem Eisenkohlenstoffdiagramm das megastarke Schnippchen schlagen.

Damit wären wir dann bei der Pulvermetallurgie, und bei den hochlegierten Brühen äh Schmelzen, die man dann zerstäubt und sehr rasch abkühlt. Dann muß man nur noch dafür sorgen, dass man aus den Minipartikeln wieder einen Festkörper zusammenschustert, ohne Hitze einzubringen und alles wieder zu versauen.

Klappt auch im Prinzip.
Dann hat mans. Mischkristallhärtung, Umwandlungshärtung mit unheimlich viel gelöstem Kohlenstoff, hoffentlich keinen Restaustenit (nu ja, muß halt bei Abkühlen wirklich tief genug gehen), feinstes Korn. Nur keine Anlasskarbide. Aber das wäre ja nun wirklich etwas viel verlangt.

Aber wir driften ja ab. Ich stimme U. Gerfin voll zu, ich hab einen kleinen Nicker aus 1.2510 mit HRC 61, und da ist nix spröde, und der schneidet super (Wolframkarbide) und läßt sich auch noch gut schärfen.

Und mal ehrlich, nehmt mal ein Stück Aluminiumoxid-Keramik (das ist der weiße Kram von den "Wetzstählen" aus Keramik, und streicht Euer Messer darauf ab. Welche Farbe hat der Abrieb? Weiss? Mitnichten, eher dunkel, Stahl halt. Aluoxid ist halt hart.
 
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