Stahlfrage Nummer 1000....

andy huppert

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Hallo,
ich habe das Forum durchforstet,habe keine befriedigende Antwort gefunden und habe,da ich mich handwerklich auf der untersten Evolutionsstufe bewege,nicht vor jemals selbst ein Messer herzustellen. Dafür gibts ja euch alle.Ich habe schon in vorherigen Themen Anfragen nach Messerdesigns,Scheiden etc gestellt.Wenn mir jetzt noch die Stahlfrage beantwortet wird (und ich noch ein bißchen spare) kann ich zum Messermacher gehen,ihm meine Bilder zeigen und sagen:mach das und zwar aus diesem Stahl.
Was ich wissen möchte ist:auf welcher Basis sucht Ihr eure Messerstähle aus,was sind Eure Lieblingsstähle für Gebrauchsmesser und warum?
Konkret möchte ich mir 3-x Outdoor/Jagdmesser machen lassen mit Klingenlängen zwischen 10 und 18 cm.Mir ist es egal ob ein Stahl rostet oder nicht und ich weiß nicht ob ich einen nehmen soll,der leicht zu schärfen ist oder einen der lange scharf bleibt.
Welchen Stahl also nehmen und warum? Die Wärmebehandlung ist der Schlüsselpunkt,schon klar.Aber welcher Stahl bringt die besten Voraussetzungen in Bezug auf Zähigkeit,Verschleißfestigkeit,Bruchsicherheit/Flexibilität mit? Und inwieweit macht es Sinn ein Messer aus Mehrlagenstahl zu machen oder es selektiv zu härten um die o.g. Kriterien zu erfüllen?Natürlich hab ich,wie jeder der sich mit der Materie ein bißchen auseinandersetzt,zig Stähle auf meiner Liste stehen,aber wenn man dann mal ein paar hat,sieht man hier im Forum einen Messermacher,der gerade ein Messer aus 1.2552 oder 1.2519 oder 1.2842 oder was auch immer gemacht hat und dann frag ich Laie mich:warum hat er jetzt den Stahl genommen? Versteht Ihr mein Dilemma?
Ich danke Euch jedenfalls schonmal im Voraus
Andy
 
Da spielen auch immer viele persönliche Vorlieben mit.

Der eine hat ein Messer vom Hersteller A aus dem Stahl 1, die Wärmebehandlung passt, also ist es für ihn super!
Der andere hat eines vom Hersteller B aus 1, die WB passt nicht, also ist dann der Stahl Mist...

Andererseits ist einem Schärfbarkeit wichtig, dem anderen die ultimative Schärfe, dem einen Schneidhaltigkeit.
Und dem anderen ist alles egal, funktioniert ja auch ohne das man weiß, wie das Ding heißt.

Mit den von dir genannten Stählen liegst du aber für ein Gebrauchsmesser auf keine Fall falsch.

Mein Favorit wäre der 1.2552. Sehr einfach sehr scharf zu bringen, hält eine gute Schärfe sehr lang, Widerstandsfähig gegen Ausbrüche und so weiter....


Und jetzt bist du dran!
 
Die Frage nach dem Besten (?) führt fast immer zu unbefriedigenden Antworten oder schweigenden Ratgebern. Einfach noch mehr informieren.Lies auch Watzlawik und die Jagd nach der blauen Blume (oder so ähnlich).
Gruss aus Bayern
Josef Angerer
 
Mir ist natürlich klar,dass den "Wunderstahl" nicht gibt (Stichwort eierlegende Wollmilchsau,die will ich ja auch gar nicht).Als einfacher Messerfreund ist nur die Informationsfülle erdrückend.Nimmt man unlegiert,niedrigliegiert oder hochlegiert?Die Eigenschaften der verschiedenen Legierungselemente sind mir einigermaßen geläufig.Dann würde ich z.B.,wenn ich ein Messer haben will,dass mir bei Biegebelastung auf keinen Fall bricht einen Federstahl nehmen (1.7108 nur um ein Beispiel zu nennen,ich hab keine Ahnung ob das ein für Messerklingen geeigneter Stahl ist).Weiter gehts mit Werkzeugstählen (A2,S7 etc.),dann die ganzen anderen gängigen Stähle:s90v,d2,SB1,BG-42,o1,o2,VG10,RWL34,ATS34 usw. usw.Da seht Ihr was alles im Raum schwirrt.Ich habe ein Messer aus Chipperstahl (noch nicht benutzt) und wenn ich im Interweb nach Messermachern suche,die Messer aus diesem Material machen,finde ich keine-warum,frage ich mich.
Jetzt zu den Mehrlagenstählen:bringt es wirklich so viel mehr Performance (s.meine unterstrichenen Kriterien im ersten Post),wenn man eine Klinge nach diesem Konzept macht?Wenn ja,welche Kombi wäre hier empfehlenswert?Ich mach mal ein Beispiel (ob das geht und was bringt muß mir jemand sagen,der sich in der Materie richtig auskennt) Kern 1.2552 und Außenlage(n) der oben erwähnte Federstahl.Von den Eigenschaften her hätte ich jetzt ein Messer,dass die Kriterien zu 110% erfüllt,oder?
Ich weise auf das unterstrichene in meinem Eröffnungspost hin,ich will einfach nur die richtige Entscheidung treffen.
Danke
Andy
 
Hallo Andi,
wenn du doch eh zum Messermacher gehen willst, kann er dir doch sicherlich weiter helfen. Ihr könnt dann in einem ausführlichen Gespräch Vor- und Nachteile für den jeweiligen Stahl und Deinen Verwendungszweck ausdiskutieren. Denn der Verwendunggszweck ist für die Stahlwahl beinahe so wichtig wie die richtige Wärmebehandlung.
Frage dich was du willst. Brutale schärfe, Pflegeleichtigkeit, gute Nachschärfbarkeit ... usw.

Aber um deine Frage zu beantworten:

Mein Lieblingsstahl ist der 1.2519. Der ist gut zu bearbeiten, unkompliziert in der Wärmebehandlung und wird echt übelst scharf. Wunderbar zu schärfen ist Der auch. Die Schnitthaltigkeit ist in Ordnung, aber sicher nicht perfekt. Allerdings ist er nicht sonderlich Pflegeleicht.

Ich hoffe das hilft dir
Micha
 
Hallo Andi !
Du fragst nach dem Stahl, der im Hinblick auf Zähigkeit, Bruchsicherheit, Verschleißfestigkeit und Flexibilität die besten Eigenschaften hat.
Diesen Stahl gibt es nicht.
Wir bemühen uns, immer feiner herauszuarbeiten, welche Stähle bei welcher Behandlung für bestimmte Zwecke die günstigsten Eigenschaften aufweisen.
Einen Überblick könnten Dir die Kennfelder im Buch von Roman geben, die versuchen, die Eigenschaften einzelner Stähle in Bezug auf Anfangsschärfe, Schnittgüte, Zähigkeit/Schockbelastbarkeit,stabiler Schneidwinkel beta, Zugschneidfähigkeit, Zugschneidhaltigkeit Korrosionsbeständigkeit, Verschleißfestigkeit, Schärfbarkeit, Druckschneidfähigkeit, Schneidkantenstabilität und Druckschneidhaltigkeit zu bewerten.
Diese Kennfelder stellen natürlich keine absoluten Werte dar, zeigen aber Richtungen an. Roman und ich haben sie mal unabhängig voneinander ausgefüllt und die Tendenzen stimmten ganz überwiegend überein.
Das kann man immer feiner ausspinnen und wird in hundert Jahren nicht fertig werden.
Ich nehme an, so genau willst du es nicht wissen.
Ich kann Dich trösten: Es geht auch viel einfacher:
Wenn Du Dich in die Materie ein bißchen eingelesen hast oder einliest, stellst du fest, daß es unter den Werkzeugstählen drei oder meinetwegen auch vier große Kategorien gibt- untereutektoidisch, eutektoidisch, übereutektoidisch und ledeburitisch.
Das erkläre ich jetzt nicht noch einmal ausführlich, man kann es im Forum und in jedem Stahllehrbuch nachlesen.
Kurz gefasst: Bei un- oder leicht legierten Stählen liegen die Kategorien
a) unter 0,8 % C, b) bei 0,8 % C, c) zwischen 0,8 und knapp 2 % C und d) über 2 % C.
Mit steigendem C-Gehalt steigen die Härte bis etwa 0,8 % C, Verschleißfestigkeit generell mit höherem C-Gehalt, Zähigkeit und Robustheit allgemein fallen dagegen.
Diese Grundregeln gelten für alle Stähle.
Legst Du Wert auf Robustheit, mußt du in Kategorie a) suchen, legst Du Wert auf äußerste Verschleißfestigkeit, kannst Du bis zur Kategorie d) gehen.
Im Stahlschlüssel finden sich sicher 30, 40, 50 Stähle, die Deinen Vorstellungen entsprechen werden.
Noch eines zur Klarstellung:
Bei höher legierten Stählen verschieben sich die Kategorien zu niedrigeren C-Gehalten. Stahl 1.4034 mit ca 0,45 % C ist beispielsweise schon übereutektoidisch, weil er ca 13 % Chrom enthält.
Mit diesem Grundwissen gehst Du am einfachsten zu einem Messermacher, mit dem Du Dich gut verstehst, sagst ihm, worauf Du besonderen Wert legst und lässt Dich beraten. Schlägt er Dir etwas ganz Exotisches und Teures vor, gehe noch zu einem Zweiten oder Dritten. So solltest Du recht sicher zu einem Deinen Vorstellungen entsprechenden Messer kommen. Durch aktuelle Modestähle würde ich mich nicht beirren lassen, es gibt hunderte von gut geeigneten Stählen, den Wunderstahl aber gibt es nicht.
MfG U. Gerfin
 
Also nach niedrigem C-Gehalt suchen,okay.Also macht es Sinn eine Klinge aus mehreren Lagen zu haben.Das war eine sehr hilfreiche Antwort Herr Gerfin,danke.
 
Danke Ulli. Was soll man da noch hinzufügen. Bald traut sich keiner mehr auf solche Fragen zu antworten (ist absolut positiv gemeint).

Um auf Deine Frage zu antworten:

Mit dem 3-Lagenstahl will man erreichen, dass die Aussenlagen einen niedrigen C gehalt haben um die defiziete des Schneidlagenstahls, der einen deutlich höheren C gehalt haben kann, auszugleichen.
Sprich die Zähigkeit der Aussenlagen mit der Schnitthaltigkeit der Schneidlage zu verbingen (Leihenhaft ausgedrückt).
 
klingt das nach einem stahl,der meinen Anforderungen nach Robustheit,Zähigkeit und Bruchsicherheit gerecht wird (Werkstoffnummer weiß ich nicht)?
Kohlenstoff 0,5%,Silizium 0,8%,Mangan 0,47%,Chrom 8,2%,Molybdän 1,16%,Wolfram 1,16%
 
Hallo Andy,
was soll da wer antworten? Du hast immer noch nicht genauer gesagt wofür du die Messer haben willst (außer Outdoor/Jagd, was aber so ziemlich alles sein kann).
Wenn du Gefallen an einer 3-Lagen-Klinge findest, rate ich dir zu C45 für die Außenlagen und 1.2519 für die Schneidleiste (wobei das wieder völlig subjektiv ist).

Viel Glück noch mit deinem Vorhaben
 
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