Mit dem Zitat kann ich nichts anfangen, da die beiden zusammengefassten Sätze nicht zusammengehören.Ich hatte Deinem Beitrag entnommen, daß Du mich so verstanden hattest, als wollte ich die PM-Verfahren zwingend mit dem Gefügebestandteil Ledeburit verbinden. Dazu also meine Klarstellung, daß PM-Verfahren nicht zu ledeburitischen Gefügen führen, aber wirtschaftlich nur für Ledeburitstähle sinnvoll sind und deren Nachteile wenigstens zum Teil beseitigen sollen. Deine Frage, was Homogenität und feinkörniges Gefüge "bitte mit Ledeburit" zu tun haben sollen, ist mir bei einem Fachmann Deines Formats nicht ganz verständlich. Ich nehme sie gleichwohl mal ernst und versuche sie, auch wegen des grundsätzlichen allgemeinen Interesses, zu beantworten.
Ich versuche, es möglichst einfach zu erklären und beschränke mich auf die reinen Kohlenstoffstähle. Bei den andern Stählen gelten die gleichen Gesetzmäßigkeiten, wegen der verminderten Löslichkeit des Kohlenstoffs in legierten Stählen tritt der ledeburitische Zustand früher ein. Aus diesem Grunde sind beispielsweise die Schnellarbeitsstähle, obwohl einige von ihnen C-Gehalte von nur 0,8 % enthalten, ledeburitisch.
Also: Ledeburit ist ein Gemisch aus Zementit und kohlenstoffgesättigtem Austenit. Das Eutektikum liegt bei ca. 4,3 % C.
Stähle, die mehr C-enthalten, als im Austenit gebunden werden kann, enthalten als Gefügebestandteil eben auch Ledeburit.
Kennzeichnend für diese Stähle ist, daß sie im festen Zustand nicht mehr in eine homogene Lösung gebracht werden können. Zu Deutsch: Die Ledeburitkarbide bleiben bis zur Schmelze unverändert. Sie können als weitere Folge durch keine Wärmebehandlung umgekörnt und verfeinert werden. Da sie bei der Entstehung aus dem Guß oft unerfreuliche Größen um 50 my haben, sind sie für die Stabilität insgesamt und für feine Schneiden insbesondere abträglich.
Auch durch Schmieden, Walzen oder was auch immer können sie nicht gelöst, sondern nur zertrümmert werden. Die Trümmer sind dann in Zeilen angeordnet und führen zur sogenannten Anisotropie, d. h. zu ganz unterschiedlichen Eigenschaften des Stahls in Verformungsrichtung und quer dazu. Als Faustregel kann gelten, daß die mechanischen Eigenschaften in Längsrichtung= Verformungsrichtung doppelte Werte gegenüber der Querrichtung haben. Bei den 12-%igen Chromschnittstählen hat man versucht, diese unangenehme Erscheinung durch Stauchen und Schmieden, also möglichst allseitige Verformung zu beheben. Negativ auf die Festigkeitseigenschaften wirken sich auch die Vakuumschwänzchen aus, die hinter den beim Schmieden zertrümmerten Karbiden entstehen.
Bei hoher Legierung besteht weiter die Gefahr, daß Stähle nicht völlig gleichmäßig erstarren und sich Seigerungen bilden. Dies ist durchaus keine seltene Erscheinung: Bei 1.4528 und 1.4153 habe ich selbst schon so massive Seigerungen gesehen, daß man die Stähle für Wootz hätte halten können.
Die massiven Nachteile der Ledeburitstähle: Seigerungsgefahr, Anisotropie und grobe Karbidformen hat man durch die PM-Technik bekämpft. Durch die schnelle Erstarrung der feinen Tröpfchen gelingt es, Seigerungen ganz zu vermeiden und die Karbide statt bei 50 my in der Größenordnung von 3-5 my zu halten. Das ist gegenüber den normal erschmolzenen Ledeburitstählen ein deutlicher Vorteil. Da die PM-Stähle hoch und höchstlegiert sind, enthalten sie auch den Gefügebestandteil Ledeburit, daran kann das Verfahren nichts ändern.
Ich nehme an, Du wußtest das alles schon. Wenn nicht und wenn ich es nicht hinreichend verdeutlichen konnte, empfehle ich, bei Franz Rapatz, Die Edelstähle, 5. Auflage nachzulesen. Dort sind die Zusammenhänge ausführlich und gut verständlich erklärt.
MfG U. Gerfin