Warum MagnaCut auf 65 HRC härten?

Guido

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Könnt ihr mir erklären, warum Hersteller von Messern MagnaCut auf 65 HRC härten?
Larrin Thomas gibt zwar 65 HRC als erreichbare maximale Härte an, dann nimmt die Zähigkeit aber auch wieder deutlich von von 15-16 ft-lbs bei 62-63 HRC auf ca. 9 ft-lbs bei 65 HRC ab.

MagnaCut wurde doch gerade dafür entwickelt eine hohe Zähigkeit zu erreichen.
Wenn der auf 65 HRC gehärtet wird, ist die Zähigkeit wieder so niedrig, dass man auch gleich einen anderen Stahl hätte nehmen können, z.B. S35VN.

Mir scheint es als ob bei diesen Herstellern noch nicht angekommen ist, dass es nicht sinnvoll ist immer nur auf maximale HRC-Zahlen zu härten.
Ist vermutlich aber in deren Augen gut für das Marketing.

Hier gibt Larrin eine gute Empfehlung für die anzustrebende Härte ab:
What is the Best Hardness for MagnaCut Knives? - Knife Steel Nerds (https://knifesteelnerds.com/2022/02/21/what-is-the-best-hardness-for-magnacut-knives/)

Auch im Datenblatt von CRUCIBLE wird eine Härte von 60-63 HRC empfohlen:
https://nsm-ny.com/wp-content/uploads/2021/07/CPM-MagnaCut-datasheet15.pdf

Was ist eure Meinung dazu?
 
Mit Marketing müssen wir nicht paranoid werden.

Wenn mans kann, kann man dann auf 65 härten. Häufig bekommt man gerade bei der Härte optimale zum Schneiden passende Bilanzierung zwischen plastischer Verformung und Steifigkeit der Schneide.

Steht das Schneiden nicht ganz oben, kann man auf 62-63 HRc runter gehen. Dann ist die ganze Klinge robuster und die Schneide nicht mehr ganz optimal fürs "Superschneiden“. Da die Stahlsorte, was Schneiden angeht, schwach im Vergleich mit anderen hochlegierten Srahlsorten ist, kann man so sagen: wir bevorzugen eine robuste Klinge, die noch einigenmassen gut schneiden und daher 63HRc ansteben.
 
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Die 9 ft-lbs reichen für die meisten Anwendung aus, und gerade bei rostfreien Stählen ist diese Zähigkeit bei hoher Härte sonst nicht möglich. Wenn ich Larrins Graphiken richtig lese, kommt der S35VN nur bei deutlich niedrigerer Härte auf sowas um 9 ft-lbs Zähigkeit.
Es gibt ja auch Leute, die mit ihren Maxamet, Rex-121, M398 usw., mit deutlich niedrigerer Zähigkeit keine Probleme haben. Sinnvolle Werte für Härte hängen sowieso vom Einsatzzweck und Geometrie ab.
Mit den 9 ft-lbs bei 65HRC hat man ja auch noch Reserve, falls man so ein Messer mal richtig benutzt und nicht nur Seile damit schneidet.
 
Mit den 9 ft-lbs bei 65HRC hat man ja auch noch Reserve, falls man so ein Messer mal richtig benutzt und nicht nur Seile damit schneidet.

Welche Reserve? Verglichen mit AEB-L gibt's die.

90v, m190, m198, s390 da gibt's keine Hoffnung. Du kannst nicht nur Seil, noch z.B. Karton und... schneiden. Seil kann einfach schnell Schicksal voraussagen.
 
Wenn Härte (Schnitthaltigkeit) das wichtigste Kriterium ist, dann wäre MagnaCut nicht die richtige Wahl.
Dann sollte man S90V oder M390 wählen.

Die hohe Zähigkeit ist nicht nur für harte Beanspruchungen sinnvoll, sondern auch um einen kleinen Schleifwinkel wählen zu können ohne ein höheres Risiko von Ausbrüchen in Kauf zu nehmen.

Ein kleinerer Schleifwinkel wirkt sich übrigens auch sehr vorteilhaft auf die Schnitthaltigkeit aus, sogar deutlich mehr als eine höhere Härte:
Maximizing Edge Retention - What CATRA Reveals about the Optimum Edge - Knife Steel Nerds (https://knifesteelnerds.com/2018/06/18/maximizing-edge-retention/)
Relative-contribution-to-edge-retention.jpg
 
Mit kleinen Schneidwinkel- das ist ein Mitos.
Die Geometrie und Schneidwinkel sind ausschlaggebend, die müssen für eine bestimmte Anwendung und Benutzer angepasst werden. Dann kommt eine passende Stahlsorte dazu.

In der Realität gibts keine Maschine, die Messer ohne Verkanten führt.
Und dann bist Du, wenns um Beil geht, bei 50 Grad Schneidwinkel, Jagdmesser- bei 40-42 und s.w.

Wenns um Magnacut geht, ist für mich 63-Härte passender.

Ich verstehe aber, dass 65 HRc-Klinge länger schneidet, hoch qualifizierte WB braucht und schwerer mechanisch zu bearbeitet ist- die wird also mehr kosten.
 
Ein kleinerer Schleifwinkel wirkt sich übrigens auch sehr vorteilhaft auf die Schnitthaltigkeit aus, sogar deutlich mehr als eine höhere Härte:
Maximizing Edge Retention - What CATRA Reveals about the Optimum Edge - Knife Steel Nerds (https://knifesteelnerds.com/2018/06/18/maximizing-edge-retention/)

Das hatten wir schon ausgiebig. Es stimmt halt nur solange, wie eine dünne Fase mit geringem Widerstand geradlinig durchtrennen kann. Wird‘s zäher, dann verkantet, deformiert die schmalere Fase eher.

grüsse, pebe
 
Stimmt.
Die Tests (Profiküche) zeigten keine Vorteile von superkleinen Schneidwinkel unabhängig von der Stahlsorte
 
Es geht ja nicht darum den Winkel von 35° auf 25° oder 20° zu verringern, sondern um den Winkel geringfügig von 35° auf 32° oder 30° verringern zu können ohne Angst haben zu müssen, dass ein höheres Risiko von Ausbrüchen besteht.
 
Welche Reserve? Verglichen mit AEB-L gibt's die.

90v, m190, m198, s390 da gibt's keine Hoffnung. Du kannst nicht nur Seil, noch z.B. Karton und... schneiden. Seil kann einfach schnell Schicksal voraussagen.
Was hat AEB-L damit zu tun?
Ich gehe davon aus, dass du S90V, M390 und M398 meinst, sonst gibts wirklich keine Hoffnung. Aber um ueber Hoffnung und Schicksal zu schreiben, ist dies vllt. nicht das richtige Forum.
Mit kleinen Schneidwinkel- das ist ein Mitos.
Noe, das stimmt schon. Haben Larrin, Stamp und wie sie alle heissen schon mehrfach belegt.
Bei den anderen Aussagen stimme ich Dir aber zu.

Das hatten wir schon ausgiebig. Es stimmt halt nur solange, wie eine dünne Fase mit geringem Widerstand geradlinig durchtrennen kann. Wird‘s zäher, dann verkantet, deformiert die schmalere Fase eher.
Stimmt auch. Allerdings hatten wir auch schon ausgiebig, dass es nicht darum geht einfach einen kleinen Schneidenwinkel anzuschleifen, sondern, im Optimalfall, den kleinsten Winkel bei dem die Schneide nicht versagt.
Die Tests (Profiküche) zeigten keine Vorteile von superkleinen Schneidwinkel unabhängig von der Stahlsorte
Was daran liegt, dass die dort meistens Choppen und nicht schneiden. Wie gesagt, der Winkel muss zum Einsatzzweck passen.
 
Ich kann Guido‘s Fragestellung gut verstehen.

Mir geht es mit dem M398 vom Fox Chilin ebenso. Nur umgekehrt. Was soll ich mit M398 und 60-62 HRC an einer 4mm dicken und 8cm langen Klapperklinge, die vermutlich kaum dünner als 0,5mm hinter der Fase ist und eher keinen 15 Grad Sushiwinkel hat?

Hier wären doch 65 HRC als Konkurrenz zur Schnitthaltigkeit eines CPM 125V eher angesagt.

grüsse, pebe
 
Noe, das stimmt schon. Haben Larrin, Stamp und wie sie alle heissen schon mehrfach belegt.
Bei den anderen Aussagen stimme ich Dir aber zu.


Stimmt auch. Allerdings hatten wir auch schon ausgiebig, dass es nicht darum geht einfach einen kleinen Schneidenwinkel anzuschleifen, sondern, im Optimalfall, den kleinsten Winkel bei dem die Schneide nicht versagt.

Was daran liegt, dass die dort meistens Choppen und nicht schneiden. Wie gesagt, der Winkel muss zum Einsatzzweck passen.


Hi,
die Ausrüstung wie bei Larrin in der Garage haben viele Firmen.

Nur, grob zu sagen, was bringts Dir, wenn Du Fogelkot in einem Fass mittels einer Klinge mit Wasser rührst und dabei Stumpfwerden beurteilst?

Ich habe mit einem Mitarbeiter von Cultrotech sich unterhaltet. Dort (ähnliche Tests wie bei Larrin) gewinnt Elmax auch gegen 125v und? In der Realität ists vollig anders.

Meistens Choppen und nicht schneiden kann auch niemand, weils einfach zu schwer ist.
 
Praktisch gesehen sucht man zuerst, wie robust eine Schneide sein muss. Beim Schneiden und Hacken kommt "seitliche Belastung" unbedingt dazu und so findet man Schneidwinkel. Nur wenn Winkel für "seitliche Belastung" stabil genug ist, nur dann kann man beginnen zu testen. Beim Schneiden und Hacken mit einem Messer treffe ich Knochen, Holz, Plastik unter unterschiedlichen Winkeln- das ist nicht wegzudenken und dabei sind Schneidwinkel bis ca. 32-33 (34) automatisch raus.

Ich hab natürlich nicht alles erwähnt.
 
Ein Wert von 65 HRC ist für CPM Magnacut schon extrem und stellt im Moment wohl auch eher die Ausnahme dar, soweit ich recht sehe.


Damit ist die Schneide laut Brubacher/Svancara - Rockwell C Differential Comparitor real um immerhin gut 22 % härter als mit 61 HRC.

Bei ähnlicher Verschleißfestigkeit und Zähigkeit wie Elmax, S35VN, CPM-M4 u. a. dürfte sie folglich eine signifikant bessere Schneidkantenstabilität aufweisen als diese Stähle in ihren typischerweise niedrigeren Härtebereichen. Der Schnitthaltigkeit kommt das gerade im Alltag sicherlich zugute.


In der aktuellen Diskussion wird zudem oftmals angeführt, dass Magnacut mit 63-64HRC wesentlich leichter zu entgraten sei als mit den aktuell üblicheren 60-62HRC.
Mag sein, dass dies stimmt.

Ich persönlich halte letztere Angabe trotzdem für den sinnvolleren, weil ausgewogeneren Richtwert.
65 HRC wären mir in jedem Fall deutlich zu viel für ein vielseitiges EDC- oder gar robustes Outdoormesser.


Nathan Carothers scheint das offenbar ähnlich zu sehen:

"I don't think the optimal hardness for MC is 63+. You might be thinking of 4V, which MC is not. For example, you will not see MC used as a competitive blade sports steel. It really is not the same as 4V."

Ist ja keineswegs so, als würde sich eine Magnacut-Schneide selbst mit 18 DPS im Gebrauch automatisch sofort umlegen, wenn sie weniger als 63 HRC aufweist.: How does Magnacut compare to high end carbon steels and Delta CPM 3V (Klingenhärte wird im Video zwar keine erwähnt, dürfte u. a. dem obigen Zitat zufolge jedoch kaum über 63 HRC gelegen haben)


Grüße
Jürgen
 
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Warum Magnacut hoher Härte? Weil es sich schöner ausschleifen (was nicht leichter mit Schrottsteinen bedeutet) lässt, weil die Schneidkantenstabilität durch die Decke geht und vor allem weil es ohne Probleme funktioniert. Ich bevorzuge eigentlich eher die ausgeglichenen Werkzeugstähle wie V4e & Cruwear Ecke und von da aus betrachtet lohnt sich Magnacut mit 64/65 durchaus: mit einem kleinen Verlust an Toughness erkauft man sich bei der Härte mehr Schnitthaltigkeit und erschlägt das Korrosionsthema.

In meiner Praxiserfahrung mit Magnacut hat sich gezeigt, dass der auf 62hrc mit Standardprotokoll noch nicht sein volles Potential entfaltet. Mit 64er Magnacut ist der Stahl eher auf dem Sweetspot zwischen Chipping und Rolling bei Fehlbelastung. Aus meiner Sicht wird man da mit besseren Eigenschaften belohnt und das Messer zeigt sich in der robusten Anwendung immernoch weitgehend unbeeindruckt. Wer extreme Toughness braucht greift zu anderen Stahlsorten (3v, Z tuff,...) als Magnacut, ebenso wie jemand der mehr Schnitthaltigkeit braucht. Aber die Stabilität bei feiner Geometrie von Magnacut bekommen die ganzen rostträgen Konkurrenten wie S30v, S35vn, Elmax, S45vn, CPM154,... in dem Maß aus meiner Erfahrung nicht hin. Die Jungs von UG Tools haben ganz gut am Magnacut Tiny gezeigt was der Stahl auf 64/65hrc kann:

 
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Nun ja ... Bereits mit dem Anheben der Härte von 62 HRC auf 64 HRC verliert CPM Magnacut fast 30 % an Zähigkeit (~17 ft-lbs -> 12 ft-lbs).

Von 62 HRC auf 65 HRC sind es (Larrins Angaben zufolge) sogar gut 47 % (~17 ft-lbs -> ~ 9 ft-lbs)!

Einen "kleinen Verlust an Toughness" würde ich das, bei allem Respekt, nicht unbedingt nennen ...


Von der damit im Gegenzug gleichzeitig einhergehenden Erhöhung der Stabilität lässt sich zudem nur dann sinnvollerweise sprechen, wenn Messer und Schneide diese Einbußen im tatsächlichen Gebrauch wegzustecken vermögen.

Das wird zwar sicherlich schon der Fall sein, solange man sein Messer aus CPM Magnacut nicht härter rannimmt als vergleichbare aus S35VN, Elmax o. Ä., allerdings bietet Magnacut eben auch die Möglichkeit deutlich tougher zu sein als diese etablierten Stähle - bei ähnlicher Verschleißfestigkeit, höherer Korrosionsresistenz sowie oftmals noch immer verbesserter Schneidkantenstabilität (von 60 HRC auf 62 HRC steigt die Materialhärte z. B. um 10%).

Das können wesentlich toughere Stähle in dieser Kombination nicht bieten.


Von daher bin ich durchaus der Meinung, dass es sehr wohl gute Gründe geben kann, Magnacut bewusst nicht auf 64 HRC zu bringen (von 65 HRC ganz zu schweigen).

Diese Überlegungen dürften vermutlich auch zumindest mit dafür verantwortlich sein, dass viele (aktuell wohl sogar der meisten) Hersteller ihre Gebrauchsmesser aus Magnacut eher auf 60-62 HRC, maximal 63 HRC, härten (so z. B. Bradford, BRKT, Hinderer, White River Knives, Lionsteel uvm.).



Wofür auch immer man sich diesbezüglich letztlich aber entscheidet, aus meiner Sicht handelt es sich hier - innerhalb eines gewissen Rahmens - schlicht und ergreifend um eine Frage persönlicher Präferenzen und/oder des individuellen Bedarfs.

Larrin betont nicht grundlos, dass der mittlerweile leider häufig anzutreffende Dogmatismus/Fanatismus bezüglich Magnacut und dessen "richtiger" Härte fachlich deplatziert ist



Grüße
Jürgen
 
Das waren im Video von UG Tools aber auch 64 HRC und 40° Schneidenwinkel.
Mit 40° Schneidenwinkel liegt man schon sehr auf der robusten Seite.
Für leichtes schneiden wären 32° - 35° wohl besser.
Warum gehen die dann in der Serien auch noch auf 65 HRC.
Für mich macht das den Eindruck als wäre das deren Meinung nach fürs Marketing wichtig, aber man hat dort nicht verstanden, dass HRC-Härte nicht alles ist.
 
Ich weiss nicht, weshalb hier richtigerweise argumentiert wird, es hinge vom konkreten Einzelfall ab und dann andererseits argumetiert wird, als ginge es überwiegend um Outdoorprügel.

Wieviel Toughness braucht den meine 7cm Spyderco Native Klinge, die ab Werk keinen Küchenschliff hat? Die taugt doch dann besonders gut in korrisionsfreundlicher Umgebung und soll bei mir möglichst lange scharf bleiben.

Also Toughness wie bei anderen Stählen niedriger Härte, rostbeständiger als S90V und eher Verschleissfester bei HRC65?

grüsse, pebe
 
Für mich macht das den Eindruck als wäre das deren Meinung nach fürs Marketing wichtig, aber man hat dort nicht verstanden, dass HRC-Härte nicht alles ist.
Fairerweise sollte man betonen, dass die Jungs von UG-Tools das alles offenbar durchaus differenziert sehen.

Auf die Frage nach der Härte der Compact Survival-Klinge aus Magnacut antwortete man einem Kunden/Interessenten auf Facebook:

"Mit 62 HRC ist die Duktilität noch deutlich besser und es kommt noch weniger schnell zu Ausbrüchen und Dents sind durch die Geometrie fast ausgeschlossen."


Grüße
Jürgen
 
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