Nochmal zu meinem kleinen Schneidversuch - ich hätte nicht gedacht, dass ich damit so viel Staub aufwirbeln würde. Wie kam es dazu? Wenn ich zu einem Messer einfach nur schreibe, dass es sehr gut schneidet, dann hat das relativ wenig Aussagekraft. Das kann man doch über die meisten v.a. japanischen Kochmesser sagen. Erst ein Vergleich sorgt dafür, dass man die Schneidfähigkeiten eines Messers irgendwie verifizieren und einordnen kann. So hat ein Leser und möglicher Interessent mehr Infos für eine eigene Kaufentscheidung zur Verfügung.
Vergleiche nach Gefühl sind oft schwierig, besonders wenn Unterschiede nicht sehr deutlich sind. Das gilt für die Schneidfähigkeit von Messern, noch mehr aber z.B. für die Schneidhaltigkeit. Wer stellt sich hin und zählt über Wochen die Schnitte mit seinem Messer und macht sich Aufzeichnungen über das verwendete Schnittgut, um dann schließlich Aussagen über die Schneidhaltigkeit machen zu können? Ich hoffe, niemand ;-). Also urteilt man nach Gefühl. Wie gesagt, wenn dann die Unterschiede beim Vergleich gering sind, wird es schwierig (z.B. zwei sehr dünne Klingen, ähnliche Härte, 13C26 und SB1).
Hilfreich ist natürlich, wenn man auf sinnvolle Weise Zahlen ermitteln kann. Ich wollte es bei meinem Vergleich gerne genauer wissen, daher mein simpler Versuchsaufbau mit Komponenten, die eine Küche so hergibt. Mein Versuch erhebt aber keinesfalls den Anspruch, wissenschaftlichen Ansprüchen zu genügen! Das soll jetzt nicht das Standardverfahren der Zukunft sein, wie man die Schneidfähigkeit von Kochmessern testet

. Und es bringt natürlich auch nichts, wenn beispielsweise güNeff jetzt mit seinem schönen UX10 eine Möhre auf seiner Waage zerlegt und dann sagt: meins schneidet besser, das geht schon mit 300g durch die Möhre ;-). Das ist natürlich nicht übertragbar. Mein Vergleich war einfach beschränkt darauf, wie besagte vier Messer durch ganz bestimmtes vorliegendes Schneidgut schneiden würden. Dabei hatten die Konkurrenten ja die gleichen Bedingungen und ich habe immer in unterschiedlichen und umgekehrten Reihenfolgen mit ihnen geschnitten, um im Durchschnitt am Ende ein paar verlässliche Zahlen zu haben. Mit jedem Messer wurden jeweils 14 Schnitte gemacht und für mich ergaben sich sehr eindeutige Ergebnisse. Warum habe ich überhaupt einen Druckschnitt-Vergleich gemacht? Weil der viel einfacher durchführbar ist in einer Küche mit einfachsten Mitteln. Bei einem Zugschnittvergleich spielen zu viele zusätzliche Komponenten eine Rolle, dass ist so nicht durchführbar.
Mein Erklärungsversuch für das gute Abschneiden des Kamo-Nakiris gegen die drei Konkurrenten sieht folgendermaßen aus:
Ich habe von dem "relativ dick
erscheinenden Kamo" geschrieben. Ich denke, hier liegt schon mal ein Knackpunkt. Ich sehe das so wie Windkind. Das Kamo sieht auf den ersten Blick recht dick aus im Vergleich mit einem "Laser". Aber da, wo es darauf ankommt, im Bereich der feinen Schneide nämlich, ist das Kamo alles andere als dick. Die Schneide und der Bereich unmittelbar oberhalb der Schneide ist sehr fein und die Schärfe excellent und das ist entscheidend für die Eindringfähigkeit in das Schnittgut. Jetzt müssen wir noch den Stahl in Betracht ziehen. Da der Aogami 2 des Kamo im Vergleich zu den Stählen der Konkurrenten sehr arm an Karbiden ist und ein viel feineres Gefüge hat, lässt sich das Nakiri feiner ausschleifen, also eine höhere Schärfe erzielen. Darüber hinaus lässt sich aber auch eine geschlossene Schneide herstellen, die wiederum ihren Vorteil beim Druckschnitt ausspielt und den Schneiden der Konkurrenz mit deren höherer "Schartigkeit" hier überlegen ist und dafür sorgt, dass das Kamo mit weniger Druck durch das Schnittgut geht. Im Zugschnitt ist es dann allerdings umgekehrt: die höhere Schartigkeit der drei Schneiden aus rostträgem Stahl begünstigt deren Zugschnittfähigkeit. Da reicht es für zwei der Konkurrenten, am Kamo knapp vorbeizuziehen.
Das Kanetsugu hält übrigens sehr gut mit u.a. aufgrund seines balligen Anschliffs. Die optimale Druckverteilung an einer balligen Schneide lässt diese auch einfacher durch das Schnittgut gleiten.
Was mir mein Versuch und der Vergleich der Messer gezeigt hat: es ist gar nicht so leicht, eine Klingen- und vor allem Schneidengeometrie auf den ersten Blick richtig einzuschätzen. Ich habe den Eindruck, dass ein guter und erfahrener Schmied (wie z.B. Kamo) in der Lage ist, eine hervorragende leistungsfähige dreilagige Klinge herzustellen - mit einer besonders günstigen Schneidengeometrie - , die es in bezug auf ihre Schneidfähigkeit durchaus mit den modernen "Lasern" aufnehmen kann.
Gruß
Pflaster