Was würdet ihr daraus machen?

AW: Was würdet ihr daraus machen???

Erst mal zum Meteoritenmaterial im O-Zustand. Nicht alle Eisenmeteorite haben die schönen Widmanstätten'schen Figuren. Ich habe z.B. ziemlich viel mit Campo del Cielo gearbeitet und der ist weder strukturell sehr solide (einen Ring macht man daraus nicht so leicht) noch optisch sehr ansprechend. Sicher hat er eine sichtbare Struktur, aber mit so etwas, wie man es üblicherweise bei den sehr schönen und soliden Gibeon-Meteoriten sieht, ist das nicht vergleichbar. Wer es probieren will: ich hab noch einen 3,5 kg Solitär von Campo del Cielo hier rumliegen. Zudem gibt es auch Meteoritenmaterial, das viel zu klein ist, um daraus was Anderes zu machen. Die Dinger, die nur ein paar Gramm wiegen, kann man aber prima im Damast verarbeiten.

Dann zu den Stählen aus dem Rennofen. Sicher sind die Eigenschaften anders - und zwar nicht nur von Renneisen zu Industriestahl sondern abhängig vom Erz und von der Holzkohle sowie dem benutzten Ofen auch von Renneisen zu Renneisen. Da gibt es vom Besten bis zum Schlechtesten alles. Wie viel Schlacke da noch drin ist hängt ebenfalls von der Fertigung ab. Die wirklich guten Stücke Tamahagane die ich gesehen habe, hatten so gut wie keine Schlacke mehr. Aber wenn man die Schlacke im material wegen der Eigenschaften haben will, kann man sie ja einschmieden und das geht auch in modernen Stählen. Das wird übrigens wirklich gemacht, kein Witz.
 
AW: Was würdet ihr daraus machen???

Mit Xerxes muß ich wohl eine Art Kyroupaideia machen.
Zwei seiner Fragen sollten etwas ausführlicher behandelt werden.
1. Warum helle Schichten im Damast dominieren, kann ich nicht verbindlich sagen, es ist aber eine Tatsache, die man jederzeit wiederholbar beobachten kann. Bei Damastdeckschichten aus Stahl-beliebig, halt irgendetwas dunkel Zeichnendes- und Reinnickel habe ich festgestellt, daß bei hinreichender Lagenzahl die hellen Nickelschichten optisch dominieren, obwohl das Massenverhältnis bis zu 30 zu 1 zugunsten des Stahls war.
Die naheliegendste Vermutung war natürlich, daß in den Grenzschichten Nickel-Stahl eine Diffusion stattfindet, sodaß breitere Schichten nickellegierten Stahls auftreten würden. Mikroskopische Untersuchungen bei Vergrößerungen von 1000 : 1 zeigten solche Übergangszonen aber nicht.
Ich habe dann zur weiteren Kontrolle einen Reinnickel- Stahl-Damast gemacht, im Massenverhältnis von ca 20 : 1 und zunächst auf 32 Nickellagen hochgefaltet. Davon wurde ein Stück abgetrennt, der Rest weitergefaltet und zwar auf 128 Lagen Nickel, 480 Lagen Nickel usw. bis zu 32.000 Lagen Nickel. Ich habe jeweils ein Probestück entnommen und wieder mit 1000-facher Vergrößerung untersuchen lassen. Selbst bis ca 1000 Nickellagen in einem Stück mit ca 5 mm gab es noch ein recht klares Muster und echte Übergangszonen waren nicht erkennbar.
Bei ca. 4000 Lagen Nickel wurde das Muster verwaschen und auf den mikroskopischen Aufnahmen sah man, daß die Nickellagen sich zerfaserten und eine Art verfärbten Hof zeigten.
Für mich bleibt da als einzige logische Erklärung, daß ab einer gewissen Lagenzahl die hellen Nickellagen optisch dominieren.
Man kann also mit geringeren Massen Nickel oder nickellegierter Stähle arbeiten, und doch ein ausdrucksvolles helles Muster erzielen.
2. Wenn man eine Kernschicht Tamahagane in eine Klinge einarbeitet, hat man nicht zwingend gute oder sogar besonders gute Eigenschaften.
Es ist eine gern verbreitete Mär, daß besonders reine Stähle besonders gute Eigenschaften haben. Damit kann man Werbung machen, zumal man sich dann auch noch an die "unerreichten" japanischen Schwertstähle anhängen kann.
Wäre diese Vorstellung richtig, so brauchte man nur Armcoeisen zu nehmen (so gut wie chemisch rein) und es aufzukohlen und man hätte den Wunderstahl.
Die Wahrheit ist leider anders. Die Qualität des Stahls hängt u. a.davon ab, wie frei er von den Stahlschädlingen Schwefel und Phosphor ist. Die meisten anderen Beimengungen sind nicht schädlich, sondern in vieler Beziehung nützlich. Das fängt schon damit an, daß sie das unerwünschte Kornwachstum deutlich herabsetzen.
Al Pendray hat bei seinen Arbeiten zur Wiederentdeckung des Wootzstahls am Anfang auch mit Armcoeisen gearbeitet, diese Versuche aber schnell eingestellt, weil schon bei Temperaturen von ca. 1.000 Grad das Kornwachstum kaum noch beherrschbar war.
Ich muß gestehen, daß auch ich mit aufgekohltem Armcoeisen herumgespielt habe. Es war erstaunlicherweise noch nicht einmal gut schweißbar, von sonstigen besonderen Eigenschaften war auch keine Spur zu entdecken.
Ich will niemand die Freude an Tamahagane, Rennfeuerstählen und den japanischen Stählen verderben-sie haben schon etwas, aber leistungsmäßig besser als richtig ausgewählte und behandelte moderne Stähle sind sie nicht. Das gilt, wenn sie nach allen Regeln der Kunst erzeugt wurden, wenn das nicht der Fall ist, sind sie viel schlechter.
MfG U. Gerfin
 
AW: Was würdet ihr daraus machen???

Cool, das ist alles sehr interessant. Die Themen würde ich gerne tiefer behandeln. Aber eins nach dem anderen, erstmal eine Frage:

Das gilt, wenn sie nach allen Regeln der Kunst erzeugt wurden, wenn das nicht der Fall ist, sind sie viel schlechter.

Meinst du damit den Verhüttungsprozess oder das anschließende Raffinieren? Oder beides? :D

Ich würde das rohmaterial einfach einige male quer und längs falten und ansonsten wie normalen Kohlenstoffstahl behandeln. An der Qualität des Rohmaterials kann ich ja nichts ändern (Naja, ich könnte natürlich nur die schönen hellgrauen Stücke verwenden, den Rest wegwerfen). Meint ihr diese Behandlung reicht?

Jetzt wird mir übrigens einiges klarer. Ich muss gestehen, das ich bisher immer dachte, der Nickelstahl ätzt dunkel. Als ich 1.2767 gekauf habe, hab ich in der Stahlbeschreibung "gute fotoätz- und erodierbarkeit" gelesen. Hab daher einfach angenommen, dass dieser Stahl dunkel wird. Wenn ich Damast aus zwei Teilen 1.2842 und einem Teil 1.2767 geschmiedet habe, war der silberne Anteil in den Klingen immer größer. Ich dachte immer, na klar, hab ja auch nur einen Teil dunklen Nickelstahl genommen. Aber hier haben wohl die hellen Nickelflächen optisch dominiert, wie beschrieben...
 
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Selbstverständlich beides !
Ich gehe davon aus, daß der Verhüttungsprozeß in der tatara in Ordnung war und nur brauchbare Stücke ausgeliefert werden ( ? ).
Wäre aber das Stück so inhomogen, daß es partiell aus Roheisen, partiell aus Stahl und partiell aus weichem Eisen besteht, hättest Du das Problem, zunächst überhaupt etwas Schmiedbares daraus zu machen, wenn Du nicht von vornherein darauf verzichtest, die Guß-Roheisenanteile zu nutzen und sie abschmelzen läßt. Der letztlich resultierende C-Gehalt könnte auch zu gering ausfallen, wenn Du zur Säuberung zu oft faltest.
Ich gehe mal davon aus, daß diese Befürchtungen nicht zutreffen, da der Stahl ja mit einem vorgegebenen mittleren C-Gehalt ausgeliefert worden ist. Solche präzisen Aussagen werden von den Firmen in aller Regel auch eingehalten.
Auch sauber erzeugte Rennfeuerstähle kann man aber beim Falten und Verschweißen noch erheblich schädigen.
1. Durch Überhitzen kann man Kohlenstoff verbrennen und Sauerstoff eindringen lassen. Schmiede eine gute Feile mal sehr heiß-hellgelb genügt- und sie wird schlicht zerbröseln.
2. Je nach Feuerführung kann bei jeder Faltung C verloren gehen. Mit Pech hast Du nach 15-fachem Falten sehr schön raffiniertes, sauberes, aber nicht mehr härtbares Eisen.
3. Gerade bei sehr reinen oder besser gesagt legierungsarmen Stählen ist es wichtig, insbesondere beim letzten Schmiedevorgang bei nicht zu hoher Temperatur kräftig zu verformen, um den Stahl feinkörnig zu erhalten.
Weiter ist die abschließende Wärmebehandlung zu bedenken. Das korrekt durchgeführte volle Programm-Normalglühen, Weichglühen vor dem Härten- ist unumgänglich.
In der von Dir angedachten Kombination stellt sich aber eine weitere Frage. Unterstellen wir mal, Du hattest im Tamahagane genügend C, um im Gesamtpaket auf einen C-Gehalt von 0,6 % zu kommen. Für ein großes Haumesser oder eine Hiebwaffe wäre das ideal, für eine Messerklinge zum feinen Schneiden für mich schon zu wenig.
Jetzt geht es aber weiter: Du hast- sagen wir mal- je 200 Lagen Tamahagane und Meteorstahl und in der Mitte einen fein raffinierten Tamahagane. Der ultrareine Tamahagane-Kern muß sehr schroff abgeschreckt werden, um hart zu werden. Die Meteorstahlstreifen aber haben jetzt auch 0,6 % C, und weiterhin ca. 5 % Ni-Nickel als substituierendes Element diffundiert so gut wie nicht-sie sind deshalb möglicherweise schon "naturmartensitisch", jedenfalls kaum weichzukriegen und sicher lufthärtend.
Das Härten ist dann immer ein Balanceakt-entweder wird der Kern nicht hart oder- bei ausreichend schroffer Abschreckung- der Mantel reißt.
Mit Können und Glück ist das Problem zu bewältigen, etwa mit einer dicken Wärmeisolierung auf dem Mantel, einfach ist es aber nicht.
Ich spiele gelegentlich an den Grenzen des Machbaren herum, habe dann aber nur die Neugier als Motiv und nicht die Erwartung, daß alles klappt. Dann sind Fehlschläge nicht so ärgerlich.
Du willst aber mit ganz besonderen und für Dich bedeutsamen Materialien arbeiten und da wäre es schade, wenn Deine Erwartungen nicht erfüllt werden.
MfG U. Gerfin
 
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Wenn die Schneide ca. 2mm oder dünner wäre, würde dann nicht auch Öl eine ausreichend schroffe Abschreckung bewirken?

Mit hochwertigen alten Feilen hab ich schon einige Feuerverschweißungen hinbekommen. Hab auch schon mit reinen Kohlenstoffstählen mit 1,2 % Kohlenstoff geschmiedet. Ich kanns natürlich nicht genau sagen, aber wenn sich der Tamahagane nicht total anders verhält, trau ich mir das Schmieden zu. Ich denke der Knackpunkt ist die Wärmebehandlung. Wäre cool, wenn wir da ne Lösung finden würden, bei der das Risiko die Klinge zu zerstören möglichst gering ist. Naja, aber wenn es doch schief geht, geht die Welt davon auch nicht unter...
 
AW: Was würdet ihr daraus machen???

Was die Migration von Nickel in die benachbarten Stahlschichten angeht, so habe ich da eine interessante Untersuchung vorliegen, die seinerzeit von Dr. Kinder (damals noch bei der BAM) an einem Material durchgeführt wurde, dass ich aus 1.2842, C30 und Reinnickel geschmiedet habe. Das Material wurde von 17 Lagen bis auf ca. 10.000 Lagen geschmiedet. Die Untersuchung zeigt deutlich die Wanderung des Nickels in die Nachbarschichten.

Was Armco und dessen Verwendbarkeit für die Herstellung brauchbarer Stähle angeht, denke ich, dass man das von Ulrich gesagte etwas verdeutlichen muss. Armco ist an sich ein hervorragendes Basismaterial für die Herstellung hochwertiger Stähle, weil es weitgehend frei von Stahlschädlingen ist. Es wird ja als solches auch massenweise von der Industrie eingesetzt.

Das Aufkohlen alleine genügt allerdings nicht. Wenn man jedoch beispielsweise eine kleine Menge Mangan zulegiert, dann erhält man auch sehr gut brauchbare reine Kohlenstoffstähle aus dem Material.

Wenn Pendray Probleme mit der Verwendung von Armco beim Wootz hatte, so kann ich das nicht verstehen. Ich habe das Material seit Jahren dafür in Gebrauch und keinerlei Probleme.
 
AW: Was würdet ihr daraus machen???

Zur Beruhigung- eine freiliegende 2mm dicke Kernlage aus Tamahagane wird sicher auch in Öl hart genug werden und die Randschichten aus Tamahagane- Meteordamast halten Ölhärtung auch aus. Unterschiedliche Spannungszustände wird es schon geben. Das ist aber kein Drama.
Ich wollte Xerxes nur in seinem Eifer ein bißchen bremsen, sodaß er
a) überlegt, ob er die Materialien wirklich entjungfern will und
b) wenn er das schon tun muß, es wenigstens so gut macht, wie es geht.
Über Al Pendrays Versuche mit Armcoeisen als Ausgangsmaterial für Wootz berichtet er selbst in der ersten größeren Veröffentlichung zusammen mit Dr. Verhoeven. Ich nehme an, er hatte in Verfolgung des Weges, den Käthe Harnecker eingeschlagen hatte, an die Erzeugung des Musters über Korngrenzenzementit um große Matrixkörner gedacht und diesen Weg wegen des zu schnellen Kornwachstums aufgegeben-Es klappt auf diese Weise ja bekanntlich ohnehin nicht.
Armcoeisen als Ausgangsmaterial für die Erschmelzung interessanter Legierungen ist natürlich nicht nur unproblematisch, sondern ideal.
MfG U. Gerfin
 
AW: ???Was würdet ihr daraus machen???

Wenn Du den Meteorittenstahl erwärmst verschwinden die Widmanischen Muster so ungefähr heißen die Muster dann weißt nur Du das da Meteroiteneisen mit drinn ist.
Gruß Chris

Hallo Chris,
wenn die Widmannstättenschen Muster beim Erwärmen verschwinden,
kommen sie dann bei der fertigen Klinge nach dem Äzen wieder zum vorschein ?

http://img62.imageshack.us/img62/4980/bbwipandmetioriteknife0.th.jpg



Gruss Ruggero
 
AW: Was würdet ihr daraus machen???

1. Warum helle Schichten im Damast dominieren, kann ich nicht verbindlich sagen, es ist aber eine Tatsache, die man jederzeit wiederholbar beobachten kann.

Ich denke hier spielt die Wahrnehmung eine große Rolle. Wie weiß optisch über schwarz dominiert, kann man sehr schön in dieser optischen Täuschung sehen:
http://www.webdesignmash.com/trial/wp-content/uploads/2010/09/optical-illusions-022.jpg

Dieses und ähnliche Prinzipien werden u.a. von Kunststudenten erlernt und auch aktiv angewendet. Gerade diese hell/dunkel-Effekte sind die Grundlage vieler optischer Täuschungen; so auch der bekannten Café Wall Illusion


Ookami

PS: Als Dreingabe:
http://en.wikipedia.org/wiki/Checker_shadow_illusion
Dabei wirkt dieselbe Farbe in dunkler Umgebung heller, wobei sie an anderer Stelle durch die hellere Umgebung überstrahlt wird und dunkler erscheint.
 
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