Wurde Puddeleisen raffiniert?

Xerxes

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Hi Leute,

mich beschäftigt in letzter Zeit folgende Frage. Leider konnte ich hier im Forum und im www nichts dazu finden.

Wurde Puddeleisen nach dem Puddeln noch durch Falten und Feuerverschweißen raffiniert? Ich rede nicht davon, dass evtl. Reststücke vom verarbeitenden Schmied erneut verschweißt und ggf. einige Male gefaltet wurden. Mir geht es darum, ob das Raffinieren quasi standartmäßig Bestandteil der Herstellung war? Z.B. um unterschiedliche Eisenqualitäten für unterschiedliche Einsatzgebiete herzustellen?

Vielleicht kann mir jemand was dazu sagen oder eine Quelle dazu nennen? Und wenn es schon im Forum steht, wäre ein Link sehr nett...


Um meine Frage etwas zu erklären. Ich hab vor ein paar Tagen ein schönes Stück historisches Eisen geschenk bekommen. Das Stück war Teil eines 70Kg schweren Mauerankers von einem Haus/Schloss aus dem 16. Jahrhundert. Das lässt erstmal vermuten, dass es sich dabei nicht um Puddel- sondern um Renneisen handelt. Bei dem Stück kann man auch diverse Schweißnähte und eine deutliche Lagenstruktur erkennen. Nun hab ich mich allerdings mit einem Kunstschmied unterhalten, der bei der Restauration diverser historischer Bauwerke mitgewirkt hat. Er sagte, dass es zumindest ungewöhnlich sei, dass im 16. Jahrhundert bereits so große Mengen Eisen für so einfache Sachen wie einen Maueranger verwendet wurden. Außerdem könne man ja nicht genau nachvollziehen, ob diese Maueranker nicht nachträglich angebracht wurden und somit evtl. aus Puddeleisen sein...

Gruß Jannis
 
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Hallo, das ist jetzt keine Antwort von mir, sondern nur ein kleiner Zusatz. Ich habe aus einer Renovierten Kirche-1680 und 1730 diverse Teile erhalten, bei planen Stücken sieht man ganz eindeutig eine Lagenstruktur.
 
.....Wurde Puddeleisen nach dem Puddeln noch durch Falten und Feuerverschweißen raffiniert?..... Ich hab vor ein paar Tagen ein schönes Stück historisches Eisen geschenkt bekommen. Das Stück war Teil eines 70 kg schweren Mauerankers von einem Haus/Schloss aus dem 16. Jahrhundert. Das lässt erst einmal vermuten, dass es sich dabei nicht um Puddel-, sondern um Renneisen handelt. Bei dem Stück kann man auch diverse Schweißnähte und eine deutliche Lagenstruktur erkennen. Nun hab ich mich allerdings mit einem Kunstschmied unterhalten, der bei der Restaurierung diverser historischer Bauwerke mitgewirkt hat. Er sagte, dass es zumindest ungewöhnlich sei, dass im 16. Jahrhundert bereits so große Mengen Eisen für so einfache Sachen wie einen Maueranker verwendet wurden. Außerdem könne man ja nicht genau nachvollziehen, ob diese Maueranker nicht nachträglich angebracht wurden und somit evtl. aus Puddeleisen sein...
Ich habe kein Belege, aber es ist wohl naheliegend, eine Raffinierung anzunehmen. So wie Renn- und Puddeleisen aus den Herstellungsprozessen kommen, sind sie für die meisten Zwecken gar nicht einsetzbar, weil zu 'faserig'.

Weiterhin vermute ich, dass der Grad der Raffinierung je nach Einsatzbereich variiert wurde. In der Waffentechnik hat man sicher andere technische Anforderung an das Material gestellt als an einen Maueranker (die übrigens meist konstruktives Element waren, aber durchaus auch nachträglich montiert wurden).

Du wirst vielleicht für diese Annahmen keine direkten Nachweise finden, aber eine genaue Betrachtung der verwendeten Materialien wird sie bestätigen. Das gilt z.B. auch für das nachträgliche Aufkohlen der Eisengrundstoffe.

Gruß

sanjuro
 
Also erst mal sollte man die Herstellungsprozesse kennen.

Renneisen stammt aus dem Rennofen. Bei dem Verfahren wird eine mehr oder minder schwammartige Luppe mit vielen Verunreinigungen erzeugt, die in jedem Fall gegärbt werden muss, um sie überhaupt brauchbar zu machen. Bei sehr sauberen Luppen muss man diese zumindest kompaktieren und einmal feuerschweißen (NICHT falten!), um einen brauchbaren Barren zu bekommen.

Puddeleisen ist entkohltes Gusseisen. Es stammt also aus einem Prozess, in dem man erst mal flüssiges Gusseisen erzeugt und dieses dann im Puddelverfahren durch Aufblasen sauerstoffreicher heißer "Luft" entkohlt. Die dabei auf der Oberfläche entstehende Eisenoxydschicht muss man, um weiteren Sauerstoffzutritt zu erlauben, immer wieder durch "umrühren" durchbrechen. Dabei wird das flüssige Gusseisen nach und nach teigig, weil der Kohlenstoffgehalt sinkt und der Schmelzpunkt dementsprechend steigt. Es erhält durch die ständige Bewegung auch eine streifige Struktur, die aber bei allen Stücken, die ich gesehen habe, vollkommen anders als Renneisen aussah.

Da Puddeleisen schon zu Beginn des Herstellungsprozesses Gusseisen ist, enthält es logischerweise nicht die für Renneisen typischen Schlackeneinschlüsse. Der resultierede Stahl braucht für normale Anwendungen nicht auch noch raffiniert zu werden.
 
Hi Leute, vielen Dank schonmal für eure Antworten.

Die Herstellungsprozesse von Renn- und Puddeleisen sind mir durchaus bekannt. Ich hab auch genügend Puddeleisen und Renneisen zu Hause, um die Unterschiede zu sehen.

Mit ging es aber darum, ob es bei Puddeleisen evtl. auch üblich war, das Eisen nach dem Puddeln noch zu raffinieren, um ggf. eine höhere Qualität zu erhalten. Das dies nicht Bestandteil des üblichen Herstellungsprozesses war, ist mir durchaus bekannt.

Im Übrigen war ich immer der Meinung, dass Puddeleisen auch einen relativ hohen Anteil an Schlackeeinschlüssen hat, die beim Puddeln quasi untergemischt wurden?...

Gruß Jannis
 
Im Übrigen war ich immer der Meinung, dass Puddeleisen auch einen relativ hohen Anteil an Schlackeeinschlüssen hat, die beim Puddeln quasi untergemischt wurden?...

Wo sollen die im Gusseisen denn herkommen?

Gusseisen benötigt nur gut 1150° C zum schmelzen und kommt dementsprechend flüssig aus dem Hochofen. Es gibt Abbildungen aus der Zeit weit vor dem Puddelverfahren, dass Gusseisen hergestellt und in Formen abgegossen wurde. Da Gusseisen schwerer als Schlacke ist, schwimmt die allenfalls in den Formen obenauf und springt bei der Abkühlung quasi vollständig ab. Allenfalls bleiben geringe Spuren. Was beim Puddeln untergerührt werden konnte, was keine Schlacke sondern Zunder.
 
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Wenn ich richtig informiert bin, wurden beim Puddelverfahren keine riesigen Brammen (?) wie heute, sondern von Hand tragbare Mengen des Puddeleisens erzeugt.

Wäre es eventuell möglich, dass diese bei der industriellen Weiterverarbeitung wieder verschweißt wurden, anstatt die kleinen "Barren" einzeln zu verarbeiten? Das könnte eventuell die Schweißungen erklären.
 
Absolut richtig. Mehr Masse als ein tragbarer Barren hat, hätte ein einzelner Puddler im Ofen auch kaum bewegen können. Und nahe genug zum Puddeln wäre man dann wegen der Strahöungshitze auch nicht gekommen.
 
Moin,
eine kleine Ergänzung zu Jannis' Bericht:
Der Maueranker war einer von vieren, die zusammen ca. 70 KG wogen.
Einer davon lag also bei ca. 17,5 Kg.

Gruß,
Timm
 
Hi Leute, vielen Dank für eure Antworten.

Aber bitte nochmal zurück zur Ausgangsfrage. Mir ging es wirklich darum, ob es bestandteil der Herstellung war, einen gewissen Teil des gepuddelten Eisens durch "raffinieren" (also mehrfaches Falten, nicht zusammenschweißen einzelner großer Stücke) qualitativ zu verbessern?

Gruß Jannis
 
Zuletzt bearbeitet:
Da ja die Herstellungsmethode aus flüssigem Roheisen eine weitgehende Homogenisierung des Materiales bewirkt, glaube ich nicht, dass das der Fall war. Die Stücke, die ich gesehen habe, gaben das optisch auch nicht wirklich her.
 
Hallo,

Ich habe eins meiner aelteren Buecher hervorgekramt, und einige Seiten uebers Puddeln gelesen.
Achim hat das wichtigste zum Startthema bereits erwaehnt, allerdings koennte man noch hinzufuegen dass man innerhalb des Puddelverfahrens einige Prozeduren kannte die verschiedene Qualitaeten erlaubten.
Um einige zu nennen, ... Trockenpuddeln, Schlackenpuddeln, auf Sehne Puddeln (Schmiedeeisenpuddeln) Kornpuddeln (Feinkornpuddeln-und Stahlpuddeln) Dann zauberte man noch allerlei durch Manipulation der Schlacken um die Oxidation zu beeinflussen, je nach Roheisenqualitaet.
Wenn es euch recht ist lasse ich die Seiten das *Frischen* betreffend scannen und haenge es hier an, inklusive saemtlicher Zeichnungen der Puddeloeffen.
Gruss unsel
 
Hallo,

Buecher oder Teile daraus im Netz zu Veroeffentlichen ist eine delikate Sache.
Erlaubt ist es, wenn der Verfasser seit 70 Jahren verstorben ist.
Im Falle des Herrn Dr. Hermann Wessing welcher das Buch: Grundzuege der Eisenhuettenkunde schrieb lebte von1834-1908
Somit erlaube ich mir die gescannten Seiten bezueglich des Puddeln im Messerforum zu veroeffentlichen.
Ich hoffe Ihr bekommt die Seiten in einer lesbaren Groesse auf.
 
Ich weiss nicht mehr wieviele Bildchen pro Post erlaubt sind, und setze den Rest in diesen weiteren Post.
 
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