Also, hier mal meine (philosophische) Meinung zu dem Thema:
Das Hauptproblem liegt in dem Zusammenspiel von Medien und Politik.
Ihc persönlich finde, um zu sehen, wo solche Probleme (die Idee eines Messerverbots speziell, sowie diverser anderer Verbote, die in letzter Zeit zunehmen) herkommen, einen Standpunkt a la Michel Foucault recht nützlich.
Foucault geht davon aus, dass man bei kulturellen, wissenschalftlichen und generell Gesellschaftlichen Prozessen von der Idee "eines Verantwortlichen Individuums" abstand nehmen müsse. Statt dessen sollte man das Netz der Gesellschaftsstrukurellen Beziehungen, der Machtbeziehungen und die darin enthaltenen immanenten Gesetzlichkeiten untersuchen.
Klingt jetzt sehr geschwollen, ist aber reichlich nützlich.
Wenn ich mir dieses Prinzip zu eigen mache, finde ich folgende an solchen öffentlichen Diskussionen beteiligten Gruppierungen. (Nennen wir sie mal Akteure)
1. Die Medien. Die Medien wollen Schlagzeilen. Sie sind somit nicht "frei" wie gerne behauptet wird, sondern unterliegen den Gesetzen, Nachrichten zu machen die sich verkaufen. Diese Gesetze für verkaufskräftige Nachrichten lauten:
a)Worst News are best News. (Je schlimmer, desto besser)
b) Möglichst viele Leute erreichen, was jeden betrifft interessiert jeden.
c)Je Emotionaler eine Nachricht wird (Schicksale, Gefahren, die dem
Leser/Zuschauer vor Augen geführt werden können) desto besser verkauft sie sich.
d)Einfachheit: Lange komplexe Erklärungen langweilen, die Medien sind eine Bühne, auf der etwas geschehen muss, je plastischer, desto besser.
Um nur mal die wichtigsten zu nennen.
2. Die Politiker: Sie wollen wieder gewählt werden. Dazu brauchen sie vor allem eines: Popularität. In einer so grossen Gesellschaft wie der unseren haben sie nur eine Chance,ausreichend Wähler zu gewinnen, nämlich über die Medien. Dazu müssen sie sich deren Gesetze anpassen, sprich: Emotionalisiern und dafür sorgen, in den Medien im Gespräch zu bleiben.
Ein Politiker, der in den Medien nicht auftaucht hat eine kurze Karriere...
Ergo passen sie sich in ihren Aussagen und Entscheidungen der Logik der Mediengesetze an.
3. Die Masse der Gesellschaft: Sie reagiert auf das, was die Medien ihnen vermitteln, ähnlich einem Zuschauer im Kino.
Schauen wir uns nun mal mit diesen Vorüberlegungen den hier dargestellten Fall an:
Vorspiel: Jemand wird mit einem Messer getötet.
1. Akt: Die Medien berichten darüber, entsprechend ihrer Eigengesetzlichkeit:
Sie emotionalisieren, sie liefern der Gesellschaft ein Schauspiel, dass diese vor Angst gebannt in ihren Sitzen hält. Sie vermitteln dem Zuschauer: "Du könntest der nächste sein!!!"
2. Akt: Der Politiker siehst seine Chance: Er tritt vor die Presse und sagt: "Ich bin für ein generelles Messerverbot." Damit liefert er den Leuten ein Konzept, das vor allem Mediengesetz d) entspricht. Es ist einfach, jeder kanns verstehen. Es macht zwar nicht viel Sinn, aber welcher Kinobesucher macht sich schon gross Gedanken, ob das was er vor seiner Nase im Kino sieht wirklich Sinn ergibt?? Ebensowenig: Welcher Bürger, der an Messern nur seine Küchenmesser und ein kleines Schweizer kennt, würde in diesem Moment daran denken, dass das ebenso Messer sind?
3. Akt: Die Medien greifen die Aussage auf: Denn
- Die Aussage passt zu den Mediengesetzen.
- Sie passt zum aktuellen Thema
- Sie führt durch die Fokusverschiebung einen neuen Akteur in die Debatte ein. Erst gab es nur einen Täter und ein Opfer. Das Opfer ist tot, der Täter gefasst, Geschichte zuende...
Aber:
Jetzt hat man einen Komplizen gefunden... DAS MESSER!!!
(in der Literaturwissenschaft würde man das als die Retardation bezeichnen)
4. Akt: Es kommt eine neue Diskussion auf: Messerverbot!!!
Die Hexenjagd nach dem ewigen Komlizen.
Wieder reagieren die Medien entsprechend ihrer eigenen Gesetze:
-Sie präsentieren Beispiele: Natürlich vor allem solche, die ihren Gesetzen entsprechen, mit denen sich stark emotionalisierende Storys erzählen lassen. Das einfachste Konzept hierzu wieder: Mord, Totschlag, Angst!!!
(Wären Messer Dildos, die Medien würden uns mit haufenweise masturbierender,sexwütiger Schönheiten zubomben, denn Sex sales, das Gesetz hab ich mal weggelassen, leider hat sich noch kein Politiker für ein Dildoverbot ausgesprochen)
Es entsteht ein anhaltender Reportagenkomplex, an dem die Medien einiges Verdienen.
5. Akt: Das Ende. Ausgelöst von einem von 2 Möglichen Ereignissen:
a) Der Zuschauer wird in Anbetracht des Themas von langeweile erfasst, die Medien brauchen was neues.
b) Der Komplize wird öffentlich hingerichtet.
Nur in diesem Akt unterscheidet sich der Hergang vom klassischen Drama, bzw. der klassichen Komödie...
Denn an dem Ende, das den Zuschauer erleichter aufatmen lässt haben die Medien kein Interesse. Ausserdem besteht hierzu keine Möglichkeit, denn da Unterscheiden sich Zuschauer im Kino und Zuschauer des Nachrichtenspektakels voneinander. Letztere sind wirklich betroffen. Die einen nehmen das zumindets noch wahr, die anderen nicht. Abgesehn davon braucht eine Geschichte ein Ende, der Zuschauer des Medienspektakels kennt hingegen nur das Ende seines Todes...
Den hier dargestellten Ablauf kann man für viele Verbote die diskutiert und teilweise auch beschlossen wurden ansetzen.
(Rauchverbot, Generelle Geschwindigkeitsbegrenzungen, Terrorgefahr, Einschränkungen des Demonstrationsrechts, etc...)
Im Endeffekt drehen wir uns durch diese Mediengesetzlichkeiten auf einer Spirale der Angst, die zu immer mehr Freiheitseinschränkungen führt, bis wir irgendwann in Huxleys "Brave new World" aufwachen...
Gewürzt vielleicht mit einer Prise Orwell...
Was man dagegen machen kann??? Ich wüsste es nur zu gerne...
Im aktuellen Fall währe das logischste, die Menschen auf genau das zu verweisen, was den Mediengesetzen entgegenläuft. Die Medien zwingen, das alltägliche zu zeigen. Messer sind Werkzeuge!!!
Man benutzt sie zum kochen, zum schnitzen, und für tausend andere Sachen, wo man grad kein Spezialwerkzeug zur Hand hat.
Aber das wäre zu langweilig ums zu zeigen... Deshalb würde es wirken, aber die Medien würden sich niemals darauf einlassen.
Ein anderer Weg wäre vielleicht der folgende:
Die Mediengesetze befolgen und ihnen ein 2. Drama liefern, dass dem hier gezeigten (Messerverbot) entgegenläuft und die Mediengesetze beachtet:
Politiker beschneiden Bürgerrechte- Auf dem Weg in einen Polizeistaat?
wäre eine mögliche Schlagzeile.
Allerdings wäre das nur am Beispiel vom Messerverbot allein nicht wirksam genug. Die Messerverbotsdiskussion schränkt sich dann ein und lässt Küchenmesser und kleine Schweizer raus, zeigt dafür aber umso mehr Bilder von Messeropfern... Wir haben keine solch wirksamen Bilder, um zu zeigen, dass ein Messerverbot eine unnütze Freiheitseinschränkung ist.
Vielleicht wäre es ein Weg, solche beschneidunen von Rechten einmal in ihrer Gesamtheit aufzuzeigen, mit einem Vergleich 1980/Heute...
Wieviel ist verboten worden, was hat es gebracht...
Generell glaube ich jedenfalls, dass man in der Diskusson, solange sich nur aufs Einzelthema (Messerverbot) konzentriert, schlechte Karten hat. Da gewinnen die besseren Bilder. (Beispielsweise wissen wir heute alle, dass rauchen Krebs verursacht, bis auf die Krebsforscher, die immernoch nicht wissen, wodurch genau Krebs entsteht)