Ich dachte immer, ich wäre der Einzige, der gelegentlich verrückte Einfälle hat.
Vor vielen Jahren hatte ich mal die Idee, für mich einen leistungsstarken Bogen zu bauen und habe damals das Material für die Wurfarme verwendet, von dem ich am meisten verstand-also Stahl. Wegen der beschränkten Möglichkeiten beim Härten mußte ich zwei Wurfarme schmieden, die in der Mitte in einem Holzgriff fixiert wurden. Ich verwendete Federstahl, härtete die Wurfarme, ließ sie auf grau-grün (schwer zu beschreiben- entspricht etwa 400 Grad) an und montierte das Ganze. Das Zuggewicht kam auf 90 lb und ich war stolz wie ein Spanier.
Der Bogen existiert auch noch und man könnte mit ihm schießen.
Ich verwende ihn aber nicht mehr, weil er in Relation zum Zuggewicht zuwenig Leistung bringt.
Das hat konstruktive Ursachen, die man verbessern könnte und durch das Material bedingte Ursachen, die man nicht ändern kann.
Wenn man Stahl als Bogenmaterial verwendet, muß man mehr noch als bei Holz auf die Konstruktion achten. Hier ist unbedingt auf das Gesetz zu achten, daß bei gleicher Breite ein doppelt so dickes Material die achtfache Biegesteifigkeit hat, während ein doppelt so breites bei gleicher Dicke eben nur doppelt so stark ist. Ein doppelt so dickes Material wird aber auf der Vorderseite ungleich mehr auf Zug und auf der Rückseite auf Druck beansprucht, als ein halb so dickes. Hier besteht also die große Gefahr, daß bei einem dicken Stück die Elastizitätsgrenze überschritten wird und eine plastische Verformung oder eben der Bruch eintritt. Die Bruchfestigkeit ist bei gehärteten Stählen nicht sehr viel höher, als die Elastizitätsgrenze. Deshalb hat es mich schon etwas gegraust, als ich las, daß sich Deine Wurfarme verformen. Das kann daran liegen, daß die Wurfarme nicht wirklich gehärtet sind- das wäre der ungefährlichere Fall- oder daß Du schon über die Elastizitätsgrenze des gehärteten Materials hinausgegangen bist- das würde bedeuten, daß die Arme kurz vor dem Bruch stehen.
Das wäre ein höchst gefährlicher Zustand, vor dem ich nur dringend warnen kann.
Wenn Du das Projekt unbedingt durchführen willst und mit dem Bogen wirklich schießen willst, solltest Du unbedingt folgende Punkte beachten:
1. Die Wurfarme müssen so breit wie möglich und so dünn wie möglich sein, damit die Oberflächen möglichst nahe bei der ruhenden Faser liegen. Deine Bogenfreunde können Dir das sicher erklären.
2. Die Wärmebehandlung muß perfekt sein. Ohne das volle Programm- Normalisieren, Einformen, gleichmäßig härten-keinesfalls in Wasser- gehst Du ein nicht zu verantwortendes Unfallrisiko ein.
3. Die Oberfläche darf keine Querkerben haben. Kerbspitzen schwächen das Material in erheblichstem Maße. Deshalb wäre auch von einer tiefen Ätzung dringend abzuraten.
4. Sorgfältiges Anlassen bei mindestens 400 Grad.
5. Mich würde es etwas beruhigen, wenn Du wenigstens die Vorderseite des Bogens mit durchsichtiger Glasfiber abdecken würdest, auch wenn das den Flug von Splittern und scharfen Stahlteilen nur geringfügig beeinflussen würde.
Was leistungsmäßig gegen die Bogenkonstruktion mit Stahl spricht, ist das hohe Gewicht der Wurfarme selbst. Die Kraft, die benötigt wird, die Wurfarme zu bewegen, geht für den Pfeilflug verloren. Mein 90 lb-Bogen hatte eine Schußleistung wie ein Bogen von 60 lb. Hinzu kommt, daß die schweren Wurfarme beim Abschuß einen unangenehmen Ruck im Haltearm verursachen.
Fazit: Machbar, aber nicht ungefährlich und leistungsmäßig nicht zu empfehlen.
MfG U. Gerfin
4. Anlassen bei