güNef
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Servus,
ich hatte das Messer jetzt eine ganze Weile zum Testen und vergleichen, hier die Testmesser, die ich herangezogen habe:
Das Testmesser:
Die Vergleichsmesser:
Ich habe mir stichwortartig immer nebenher ein paar Notizen gemacht
Hook-Notizen:
Tag 1:
Rohkost für das Frühstück geschnitten, Gurken, Radieschen, Spitz-Paprika, Tomaten, Schnittlauch, Ruccola
Schnitttechnik: Choppen
Bei Radieschen, halbierten Spitz-Paprika und halbierten Salatgurken überragende FR-Wirkung der Hook-Flanke, absolut konkurrenzfähig zu meinen Vergleichsmessern, solche mit Hohlkehlen und gefrästen Flanken ausgestatteten Messern.
Tag 2:
„der Möhrentest“
Hier zeigen sich eklatante Schwächen in der Schneidfähigkeit. Schwerer Schnitt über die gesamte Schneidenlänge, massives kleben der linken Flanke, FR rechts als solcher ausgezeichnet, Möhrenscheiben haften rechts nicht an.
Tag 3:
Kartoffeltest:
Beim halbieren von mittelgroßen Kartoffeln rollt die eine Hälfe an der Hook-Flanke sauber ab, während die andere Hälfte an der linken Flanke haften bleibt und abgeschüttelt werden muss.
Tag 4:
Sellerie und Kohlrabi:
Hier ist ordentlich Druck nötig, vor allem bei Sellerie, was gnadenlos die Schwachstellen der Geometrie/Flankenschliff/Oberfläche aufdeckt.
Fazit:
Die rechte Flanke mit dem in Eigenregie eingefrästen Hook funktioniert mit Blick auf eine verbessere Schnittgutfreisetzung sehr gut, kommt aber an die Qualitäten eines ausgeklügelten Profischliffes von Scheepersbuild oder Mike Sturmschwalbe nicht heran, deren Zielsetzung auch ein ausgewogenes Verhältnis FR zu Schneidfähigkeit ist. Das kann man aber von ebenezer auch nicht erwarten, da z.B. Mike Sturmschwalbe mittlerweile bereits jahrelang herumtüftelt um zu immer besseren Ergebnissen zu kommen. Luke Scheepers hingegen befräst mit einer sündteuren Anlage seine Klingenflanken und lässt auch noch einen kleinen "Sicherheitspolster" über der Schneide stehen. So einfach ist die Sache also nicht, da bedarf es schon viel an gemachter Erfahrung.
Ursache:
Die linke Flanke ist zu flach geschliffen und von der Oberfläche her zu glatt. Sie saugt sich beim Schneiden an das Schnittgut an und bremst dadurch ein leichtes Gleiten aus. Die rechte Flanke ist trotz tief angesetztem Hook bis zur Abscherkante noch zu stabil geschliffen um annähernd so leicht wie die Konkurrenz zu schneiden. Die Spitze ist vom Profil her absolut tauglich für feine Tip‘s, aber immer noch nicht fein genug ausgeschliffen um wirklich durch eine Zwiebel zu wischen.
Insgesamt ist das Verhältnis von FR zu Schneidfähigkeit noch unausgewogen, hier ist eine klare Tendenz zur Schnittgutfreisetzung auszumachen, was ja auch die Zielsetzung war. Da ich das Messer in seiner ursprünglichen Form nicht kannte, kann ich diesbezüglich zur Verbesserung der Schneidfähigkeit nichts sagen. Das die Schnittgutfreisetzung einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht hat, lässt sich durch Vergleiche mit blanken Flanken ähnlichen Schliffes bestätigen.
Das Messer ist übrigens knackscharf bei mir angekommen, das sei noch zur Schärfe gesagt.
Der eingeschliffene Hook funktioniert also zweckmäßig, wenn das Messer weiter benutzt werden soll, dann würde ich den Focus jetzt auf ein ausdünnen unterhalb des Hook’s legen und soweit möglich die linke Flanke konvexer und noch dünner schleifen.
Es gibt verschiedene Methoden um das Anpappen an der linken Seite zu unterbinden, bzw. zu reduzieren. Eine Hohlkehle links und ein Hook an der rechten Flanke haben sich für mich als Rechtshänder am effektivsten dargestellt. Hier liegt der Focus noch leicht zugunsten der Schnittgutfreisetzung, da jeder „Hook“ mit definierter Abscherkante einen kleinen „Keil“ erzeugt, der überwunden werden muss. Je schwerer das Messer und tiefer der Schwerpunkt desto weniger fällt diese leichte Schwäche beim Schnitt auf. Genau umgekehrt verhält es sich bei weniger definierten Abscherkanten und gleitenden Über(h)gängen wie einseitigen HK mit konvexer Gegenseite, doppelten HK und gefrästen HK, wobei die gefräste HK von Scheepersbuild mit dem jetzt ausgedünnten „Streifen“ unter den Fräsungen schon sehr nahe am perfekten Konzept ist. Um wirklich überragend zu sein ist die Klinge zu kurz und das Messer zu leicht. Wäre es länger und schwerer, würde es sich durch das Eigengewicht praktisch drucklos und von selbst durch das (harte) Schnittgut fressen.
Die beste mir bekannte Wirkung zwischen leichtem Schnitt und ablösendem Schnittgut zeigt „der Grieche“ von Uwe Mattern. Ein Jahrhundertschliff mit Focus auf einen leichten und gleitenden Schnitt, der durch die beidseitige HK auch noch einen guten FR mitbringt. Am schwächsten in der FR-Wirkung sind flach eingeschliffene HK, mit durchgehend gleicher Flankenoberfläche, wie jene von Robin Dalman, obgleich je nach Qualität des Schliffes, schon sehr leicht schneidende Messer zu seinem Portfolio zählen, aber eben nicht jedes. Konventionelle Flanken, ohne Hook, oder HK/Fräsungen müssen zum einen einen homogenen Taper mit sehr konvexen Flanken kombinieren, dann kann man mit der richtigen Schnitttechnik einen überragenden FR erreichen, ein leichtes Schneiden ist dann aber nur auf den vorderen Teil der Klinge reduziert, was bei einem gut getaperten Messer aber keineswegs als Einschränkung zu bewerten ist, eher im Gegenteil.
Das wirft dann für mich folgende Frage auf: Wie müsste das geometrisch leistungsfähigste Messer beschaffen sein?
Eine Full-Taper-Klinge 250mm lang, mit partiellem, 2/3 der Flankenlänge im hinteren Bereich rechtsseitigem Hook und links eine ebenso partielle gefräste Hohlkehle in eine beidseitig dennoch konvexe Flanke geschliffen? Ein linksseitigern völlig flacher Flankenschliff ist die Pest und hebt jeden rechtsseitigen Versuch, sei er Hook oder HK oder beides wieder auf. Es muss also an beiden Flanken etwas aussergewöhnliches gemacht werden, je nach Rechts-oder Linkshänder muss es eine Foodrelease aktive Flanke und als Gegenstück eine eher passive Flanke geben, wobei die passive Flanke die Aufgabe hat nicht zu saugen/kleben, sondern zu gleiten, während die aktive Flanke deutlich das Schnittgut freisetzen muss.
So ein Messer hat meines Wissens noch niemand angefertigt und in Folge auch niemand testen können, da alle Messermacher die ich kenne und die sich mit Foodrelease intensiver beschäftigen als der Rest immer noch unschlüssig sind, welche Kombination an Schliff und Kniff die Beste ist. Dann muss das ganze auch noch perfekt abgestimmt werden.
Ich denke, wenn alles richtig gemacht wird, könnte das Kochmesserklingen in ihrer Funktion revolutionieren. Man muss nur im wahrsten Sinne des Wortes eingeschliffene Pfade verlassen und neue Methoden der Flankenbeschaffenheit ausprobieren und vor allem miteinander kombinieren um das Beste aus allen geometrischen Kniffen und Tricks in einer Klinge zu vereinen.
Ich weiß sehr wohl, das dies ein weites Feld ist, bin aber zuversichtlich das befruchtende Diskussionen zwischen Machern und Freaks zu immer besseren Ergebnissen führen wird.
Meinungen dazu?
Gruß, güNef
ich hatte das Messer jetzt eine ganze Weile zum Testen und vergleichen, hier die Testmesser, die ich herangezogen habe:
Das Testmesser:
Die Vergleichsmesser:
Ich habe mir stichwortartig immer nebenher ein paar Notizen gemacht
Hook-Notizen:
Tag 1:
Rohkost für das Frühstück geschnitten, Gurken, Radieschen, Spitz-Paprika, Tomaten, Schnittlauch, Ruccola
Schnitttechnik: Choppen
Bei Radieschen, halbierten Spitz-Paprika und halbierten Salatgurken überragende FR-Wirkung der Hook-Flanke, absolut konkurrenzfähig zu meinen Vergleichsmessern, solche mit Hohlkehlen und gefrästen Flanken ausgestatteten Messern.
Tag 2:
„der Möhrentest“
Hier zeigen sich eklatante Schwächen in der Schneidfähigkeit. Schwerer Schnitt über die gesamte Schneidenlänge, massives kleben der linken Flanke, FR rechts als solcher ausgezeichnet, Möhrenscheiben haften rechts nicht an.
Tag 3:
Kartoffeltest:
Beim halbieren von mittelgroßen Kartoffeln rollt die eine Hälfe an der Hook-Flanke sauber ab, während die andere Hälfte an der linken Flanke haften bleibt und abgeschüttelt werden muss.
Tag 4:
Sellerie und Kohlrabi:
Hier ist ordentlich Druck nötig, vor allem bei Sellerie, was gnadenlos die Schwachstellen der Geometrie/Flankenschliff/Oberfläche aufdeckt.
Fazit:
Die rechte Flanke mit dem in Eigenregie eingefrästen Hook funktioniert mit Blick auf eine verbessere Schnittgutfreisetzung sehr gut, kommt aber an die Qualitäten eines ausgeklügelten Profischliffes von Scheepersbuild oder Mike Sturmschwalbe nicht heran, deren Zielsetzung auch ein ausgewogenes Verhältnis FR zu Schneidfähigkeit ist. Das kann man aber von ebenezer auch nicht erwarten, da z.B. Mike Sturmschwalbe mittlerweile bereits jahrelang herumtüftelt um zu immer besseren Ergebnissen zu kommen. Luke Scheepers hingegen befräst mit einer sündteuren Anlage seine Klingenflanken und lässt auch noch einen kleinen "Sicherheitspolster" über der Schneide stehen. So einfach ist die Sache also nicht, da bedarf es schon viel an gemachter Erfahrung.
Ursache:
Die linke Flanke ist zu flach geschliffen und von der Oberfläche her zu glatt. Sie saugt sich beim Schneiden an das Schnittgut an und bremst dadurch ein leichtes Gleiten aus. Die rechte Flanke ist trotz tief angesetztem Hook bis zur Abscherkante noch zu stabil geschliffen um annähernd so leicht wie die Konkurrenz zu schneiden. Die Spitze ist vom Profil her absolut tauglich für feine Tip‘s, aber immer noch nicht fein genug ausgeschliffen um wirklich durch eine Zwiebel zu wischen.
Insgesamt ist das Verhältnis von FR zu Schneidfähigkeit noch unausgewogen, hier ist eine klare Tendenz zur Schnittgutfreisetzung auszumachen, was ja auch die Zielsetzung war. Da ich das Messer in seiner ursprünglichen Form nicht kannte, kann ich diesbezüglich zur Verbesserung der Schneidfähigkeit nichts sagen. Das die Schnittgutfreisetzung einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht hat, lässt sich durch Vergleiche mit blanken Flanken ähnlichen Schliffes bestätigen.
Das Messer ist übrigens knackscharf bei mir angekommen, das sei noch zur Schärfe gesagt.
Der eingeschliffene Hook funktioniert also zweckmäßig, wenn das Messer weiter benutzt werden soll, dann würde ich den Focus jetzt auf ein ausdünnen unterhalb des Hook’s legen und soweit möglich die linke Flanke konvexer und noch dünner schleifen.
Es gibt verschiedene Methoden um das Anpappen an der linken Seite zu unterbinden, bzw. zu reduzieren. Eine Hohlkehle links und ein Hook an der rechten Flanke haben sich für mich als Rechtshänder am effektivsten dargestellt. Hier liegt der Focus noch leicht zugunsten der Schnittgutfreisetzung, da jeder „Hook“ mit definierter Abscherkante einen kleinen „Keil“ erzeugt, der überwunden werden muss. Je schwerer das Messer und tiefer der Schwerpunkt desto weniger fällt diese leichte Schwäche beim Schnitt auf. Genau umgekehrt verhält es sich bei weniger definierten Abscherkanten und gleitenden Über(h)gängen wie einseitigen HK mit konvexer Gegenseite, doppelten HK und gefrästen HK, wobei die gefräste HK von Scheepersbuild mit dem jetzt ausgedünnten „Streifen“ unter den Fräsungen schon sehr nahe am perfekten Konzept ist. Um wirklich überragend zu sein ist die Klinge zu kurz und das Messer zu leicht. Wäre es länger und schwerer, würde es sich durch das Eigengewicht praktisch drucklos und von selbst durch das (harte) Schnittgut fressen.
Die beste mir bekannte Wirkung zwischen leichtem Schnitt und ablösendem Schnittgut zeigt „der Grieche“ von Uwe Mattern. Ein Jahrhundertschliff mit Focus auf einen leichten und gleitenden Schnitt, der durch die beidseitige HK auch noch einen guten FR mitbringt. Am schwächsten in der FR-Wirkung sind flach eingeschliffene HK, mit durchgehend gleicher Flankenoberfläche, wie jene von Robin Dalman, obgleich je nach Qualität des Schliffes, schon sehr leicht schneidende Messer zu seinem Portfolio zählen, aber eben nicht jedes. Konventionelle Flanken, ohne Hook, oder HK/Fräsungen müssen zum einen einen homogenen Taper mit sehr konvexen Flanken kombinieren, dann kann man mit der richtigen Schnitttechnik einen überragenden FR erreichen, ein leichtes Schneiden ist dann aber nur auf den vorderen Teil der Klinge reduziert, was bei einem gut getaperten Messer aber keineswegs als Einschränkung zu bewerten ist, eher im Gegenteil.
Das wirft dann für mich folgende Frage auf: Wie müsste das geometrisch leistungsfähigste Messer beschaffen sein?
Eine Full-Taper-Klinge 250mm lang, mit partiellem, 2/3 der Flankenlänge im hinteren Bereich rechtsseitigem Hook und links eine ebenso partielle gefräste Hohlkehle in eine beidseitig dennoch konvexe Flanke geschliffen? Ein linksseitigern völlig flacher Flankenschliff ist die Pest und hebt jeden rechtsseitigen Versuch, sei er Hook oder HK oder beides wieder auf. Es muss also an beiden Flanken etwas aussergewöhnliches gemacht werden, je nach Rechts-oder Linkshänder muss es eine Foodrelease aktive Flanke und als Gegenstück eine eher passive Flanke geben, wobei die passive Flanke die Aufgabe hat nicht zu saugen/kleben, sondern zu gleiten, während die aktive Flanke deutlich das Schnittgut freisetzen muss.
So ein Messer hat meines Wissens noch niemand angefertigt und in Folge auch niemand testen können, da alle Messermacher die ich kenne und die sich mit Foodrelease intensiver beschäftigen als der Rest immer noch unschlüssig sind, welche Kombination an Schliff und Kniff die Beste ist. Dann muss das ganze auch noch perfekt abgestimmt werden.
Ich denke, wenn alles richtig gemacht wird, könnte das Kochmesserklingen in ihrer Funktion revolutionieren. Man muss nur im wahrsten Sinne des Wortes eingeschliffene Pfade verlassen und neue Methoden der Flankenbeschaffenheit ausprobieren und vor allem miteinander kombinieren um das Beste aus allen geometrischen Kniffen und Tricks in einer Klinge zu vereinen.
Ich weiß sehr wohl, das dies ein weites Feld ist, bin aber zuversichtlich das befruchtende Diskussionen zwischen Machern und Freaks zu immer besseren Ergebnissen führen wird.
Meinungen dazu?
Gruß, güNef