Die "Charakteristik" einer Klinge

güNef

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Servus,

die Charakteristik einer Kochmesserklinge ist was?

Definition: Die Beschaffenheit einer Klinge ( Geometrie, Profil, Oberflächengestaltung und Schärfegrad ) leitet deren Eigenschaft als "Schnittgefühl" an die Hand und dann in das Hirn weiter.

Ich hatte jetzt schon mehrere hundert Kochmesser in der Hand ergo am Brett und konnte daher ausgiebig vergleichen. Ferner habe ich viele Kochmesserfreaks persönlich kennengelernt, einige andere über persönliche Korrespondenz und natürlich noch mehr über die Community in Kochmesserforen. Das spannende ist die völlig unterschiedliche Wirkung, die Kochmesser auf ihre Besitzer haben, jetzt abgesehen von der optischen Präferenz. In vielen und langen, manchmal alkoholgeschwängerten Gesprächen 🤪 habe ich ( wir ) die unterschiedlichsten Standpunkte diskutiert.

Da gibt es jene, die eine bestimmte Charakteristik, die ein Messermacher produziert beibehalten, egal ob das Messer dann "schlechter" schneidet als ein anderes innerhalb der eigenen Sammlung. Hier gilt die eiserne Regel, diese Unterschiede klar spüren zu wollen und eine Abänderung durch Anpassung an die eigenen Vorlieben ist tabu?! Selbst wenn man das Messer zur Anpassung an den Hersteller schickt, mit der Bitte den Schliff oder die Oberfläche oder das Profil an die eigenen Wünsche anzupassen. So ein Verhalten gebietet der Respekt vor dem Schmied, meinen die Einen, sonst muss ich woanders kaufen, was nicht ganz falsch ist. Das kann man machen und das hat dann, je nach Größe der eigenen Sammlung und unterschiedlichen Machern, viele unterschiedlich schneidende Messer zur Folge, die eben vom Schnittgefühl her unterschiedliche Rückmeldungen ergeben. Nun, für mich persönlich ist das nichts, ich möchte eine nahezu perfekte Kombination aus leichtem Schnitt und exzellentem FR. Daher fällt meine Wahl immer auf jene Messermacher, die sich tief in diese Thematik eingearbeitet haben. Jene die seit Jahren bis Jahrzehnten immer das Gleiche abliefern, also Aufgrund ihres Erfolges keinen Grund und keinen Sinn in einem evaluieren ihres Portfolios sehen, sind zumindest für mich uninteressant geworden. Beispiele gibt es zuhauf, viele US-Macher und auch bekannte Europäer um jetzt mal Raquin oder Tritz anzuführen. Beide verstehen ihr Handwerk auf ihre spezielle Art und können wunderbar davon leben. Sie haben ihren Kundenstamm und das genügt scheinbar, denn viele kommen immer wieder.

Dann gibt es jenes Käuferklientel, die das Schnittgefühl von Messern ambitionierter Messermacher kennen, die den Pfad der konventionellen Klingen entweder verlassen haben, oder ihr Portfolio für eine kleine Gruppe an Kunden erweitert haben und die simple Grundform einer Klinge geometrisch so erschlossen haben, das die Gleiteigenschaften erhöht und so das Haften/Ankleben in einem Maße reduziert ist, das sich daraus ein Schnittgefühl ergibt, das mit konventioneller Machart nicht mehr vergleichbar ist. Dementsprechend schauen solche Klingen von exotisch bis exzentrisch aus und kündigen ihre Eigenschaften schon alleine durch ihr Aussehen an. Manche finden sie auch hässlich. 😂

Dennoch, oder gerade deswegen, kaufen viele mir bekannte Kochmesserfreaks immer noch von den Szeneklassikern, die seit Jahren unverändert ihre Messer schmieden und finishen. Auf meine Frage, wie man denn mit solch einem Messer glücklich werden kann, das mitunter in Sellerieknollen stecken bleibt, an Möhren knackt und der Abschnitt die Flanken hochklettert und auf die falsche Seite fällt, bzw. der Schnitt "bremst" und das Schnittgut teilweise so heftig an den Flanken kleben bleibt, das es sich nur mit Gewalt abstreifen lässt??? Nun, die Antworten sind vielfältig. Manchmal zählt einfach der Macher von dem man unbedingt ein Messer in seine Sammlung eingliedern möchte, egal wie das dann schneidet. Einer davon ist z.B. Andy Billipp. Die Wartezeiten sind ewig, die Messer teuer und ich kenne niemanden persönlich der eines hat, genannt als "Legende" wird er aber immer wieder. Da gibt es aber noch einige andere, deren Messer in Sekunden verkauft, bzw. über den Weg einer Lotterie an den Mann gebracht werden.

Dann gibt es jene, die kaufen von Machern, wo sie im Vorfeld schon wissen und das geometrisch nix wird, auch das mit einem Overgrind, oder sonstigen störenden Unzulänglichkeiten wie unpassendem Profil zu rechnen ist und trotzdem hoffen sie mal auf einen Glückstreffer. ;) Wenn's nicht passt, dann wird das Messer wieder zum umarbeiten retourniert, auch hier weiß man bei manchen Macher-Persönlichkeiten, das ihnen Kritik an ihrer Arbeit so gar nicht passt und in dementsprechenden Zustand kommen die überarbeiteten Messer dann wieder zurück. :mad::

Andere wollen so viele (neue) Macher wie möglich ausprobieren, deren Portfolio als spannend wahrgenommen wird, was einem Schuss ins Blaue gleicht. Und selbst solche sind mir schon untergekommen, die ein teueres Custom kaufen, das ihnen dann nicht leicht genug schneidet und das landet dann unter dem Bandschleifer von Jürgen Schanz. ;)

Der schmale Grat dabei:

Niemand möchte, das sich Messer von unterschiedlichen Herstellern vom Schnittgefühl her, ident anfühlen, gleich, alles uniform, aber wenn die Messer dann eine (selbst)bestimmte Grenze, die ein Messer an Eigenschaften und Fähigkeiten mitzubringen hat, unterschreitet, tun dann viele ihre mögliche Enttäuschung eben als eine bestimmte Charakteristik ab, die so sein muss, sonst wäre es eben kein......... ;) Ob ich deren Zufriedenheit glauben schenken darf?

Ich kann damit nix anfangen. Ich will ein Messer mit einem Potpourri aus den für mich besten Eigenschaften und Aufgrund meiner Erfahrung kommen da nur ganz wenige Messermacher in Frage. Da weiß ich woran ich bin und was ich bekommen werde. Somit ist für mich meine Charakteristik definiert und die liegt sehr nahe beieinander. Konzepte sind daher naturgemäß sehr ähnlich und der "Schnitt" unterscheidet sich höchstens durch ein "anders" aber nicht mehr besser oder schlechter. Diese "anders" beherrscht aber alle von mir gewünschen "Grundfunktionen" da gibt es deshalb keine negativen Überraschungen, höchsten positive.

Daher meine Frage an den harten Kern der Kochmesserfreaks hier im Forum. Ist euch Charakteristik im Sinne einer Hersteller-Individualität wichtig, also klare Kante für bestimmte Messer/Macher, auch wenn sie nicht gute und besondere Eigenschaften versammeln, sondern deutliche Schwächen im Vergleich mit extrem gelungen Geometrien haben, oder muss eine Klinge ein bestimmtes Level erreichen, auch wenn nachgebessert werden muss.

Ich sehe aus meiner Erfahrung hier verschiedene Lager, die verschiedenste auch nicht-Eigenschaften tolerieren, weil sie den Mann der hinter den Messern steht und seinen Zugang einfach gut finden. Natürlich kann man das Optische nicht ganz aussparen, weil Hook oder HK erstens vom Käufer toleriert werden muss und deshalb durch das Aussehen teilweise schon die Funktion, die das Messer mitbringen wie am Silbertablett serviert wird.

Hier einen Spagat zu schaffen, mit solchen geometrisch verfeinerten Klingen, noch ein attraktives, für den Kunden anziehendes Design zu schaffen, ist ziemlich schwierig. Vor allem dann, wenn man radikal versucht, die beste FR-Wirkung zu erzielen. Hier sind einfach Grenzen gesetzt.

Mich würde auch interessieren, was überhaupt bei manchen das "Ziel" ist, was Kochmesser betrifft. Nicht jeder interessiert sich für Kochmessers im selben Maße wie für anderes Schneidwerkzeug, aber selbst wenn es ein Nebenschauplatz ist, so will man doch auch in der Küche zumindest eine Qualität erreichen, die sich von 0815-Konsumenten abhebt, weil man ja was Messer betrifft, kein solcher ist.

Gruß, güNef
 
Ich antworte mal aus einer Warte, die vielleicht nicht so eine breite Menge der Freaks hier hat, weil ich keine hochpreisigen Custommesser mein Eigen nenne.
Aber ich bastle selbst an normalen Serienklingen herum, und versuche sie nach meinen Bedürfnissen zu optimieren.
Ich glaube mich aber schon auch geistig in die Situation versetzen zu können, ich würde sehr viel Geld bei Messermachern lassen.
Ein Messer, das nicht nach meinen Vorstellungen performt würde ich auf keinen Fall haben wollen. Schon gar nicht, wenn ich eine hohe Summe dafür investiert habe.
Mal angenommen, die Messer eines bestimmten Machers sprechen mich optisch extrem an, so wäre ich dann eventuell bereit, so weit Zugeständnisse zu machen, bis die maximale Performance unter Beibehaltung der wesentlichen optischen Merkmale erzielt ist.
Ein Heiligtum an dem man nicht rühren darf, ist der Auslieferungszustand auf keinen Fall.
Ausführungen in Form und Oberfläche, mit denen man vorhersehbar nicht in die Nähe meiner Vorstellungen hinsichtlich Schnitteigenschaften kommen kann, fallen aber definitiv von vorn herein raus. Alles, was überdurchschnittlich bremst und saugt darf als Fehlkonstruktion bezeichnet werden und gehört bestenfalls in die Vitrine, aber nicht aufs Schneidbrett.
Die Schneidperformance zu liefern, die der jeweilige Anwender sich vorstellt, bzw. diesem Ideal möglichst nah zu kommen ist die oberste Pflicht eines Kochmessers.
Die Kür ist dann, dies zu tun bei größmöglicher Ästhetik und unter Vermeidung gestalterischer Todsünden.
Was die Optik angeht, sind halt manche toleranter als andere. Als Ingenieur bin ich überzeugt, dass einer perfekt funktionalen Gestaltung immer automatisch auch ein hoher ästhetischer Wert innewohnt. Man muss sich dieser Ästhetik nur öffnen.

Ich bin überzeugt, kein Messermacher erzeugt bewusst und absichtlich Messer, die nicht performen.
Vielmehr entstehen Performancemängel einfach in Unkenntnis der Zusammenhänge im Detail.
Und teilweise auch durch mangelnde eigene Sensibilität hinsichtlich der Unterschiede beim eigenen Schneiderlebnis.
Wer selbst vorzugsweise Fleisch, Wurst und Speck schneidet, kann sich nicht vorstellen, wie lästig gewisse Eigenschaften beim ausgiebigen Schneiden geometriesensibler Gemüsesorten sein kann. Und es hat halt nicht jeder die Ambition an seinem Produkt herumzuoptimieren, wenn er es so, wie es ist in der Maximalstückzahl verkaufen kann, die er in der Lage ist zu produzieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Servus,
vielen Dank für diesen exzellenten Beitrag in Form einer wohl überlegten und sehr der Funktion als „Kern der Sache“ empfundenen Zugangsweise zum Kochmesserthema. 👍

Gruß, güNef
 
Servus günef.

Ursprünglich komme ich aus der japanischen Fraktion. Einige europäische Macher, auch wenn die noch so gut sein sollen, meide ich aus persönlichen Gründen (Lotterie, Hype, Gewicht, …) wie der Teufel das Weihwasser.

Meine Suche nach einem Kochmesser gilt in erster Linie dem Stahl (vorzugsweise Shiro, AO, 1.2519), dann folgt die Optik allgemein (Klingenform, Griffholz/-form, sieht es konzeptionell rund aus, Klingenlänge). Anschl. kommen die nächsten Überlegungen wie: Könnte ich mit dem auf lange Zeit zurechtkommen, was will ich damit wie schneiden, habe ich sowas nicht schon (Ausnahme Nakiri's). Wenn mir dann mein Bauchgefühl sagt, dass ich mit meiner Technik damit leicht schneiden könnte, ein relativ ordentlich FR möglich ist, dann beschäftige ich mich näher damit. Bei Customs kann man sich ja zusätzlich austoben.
Saugende Flanken mag ich grundsätzlich gar nicht. Auch keine hellen Griffe und westliche Griffformen.
Da ich aber eigentlich im Endgame bin, brauche ich mir keinen großen Kopf mehr machen.

Beispiele warum habe ich uA …
… einige Tritz: Mir passt die Verarbeitung und die optische Machart, für mich etwas wabi-sabi, pure Funktion, die Wahl meines Giffholzes (Mooreiche), ein Stahl (1.2519) mit dem ich mich absolut identifiziere, FR mit dem ich bei meiner Schneidtechnik (viel Zugschnitt) Leben kann. JJT hat halt seinen eigenen Stil, weicht kaum/nicht davon ab. Muss man mögen.
… Usuba, Usuba Kamagata, div. Nakiri‘s: Weil ich bei Messern eigentlich traditionell japanisch eingestellt bin. Ich liebe die Klingenform. Zudem der Stahl Shirogami, Aogami. Auch weil ich single-bevels liebe, Schnittechniken probieren kann. Und weil ich die single-bevel’s nach meinen Wünschen im Rahmen der Möglichkeit verändern kann. Meine Leidenschaft Geometrieänderung, semi- oder mirror-polishing.
… die manchmal nicht so tollen Teruyasu Fujiwara mit seiner Sake-Qualität? Geschenke von japanischen Freunden ablehnen kommt nicht gut an. Kaufen würde ich die nicht.

Gruß, neko
 
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Lieber güNef,

wir hatten uns vor längerer Zeit auch bereits über das eine oder andere unterhalten und ich spreche im Folgenden auch nur von mir und meinen Vorlieben.

Für mich stehen bei Küchenmesser im Wesentlichen zwei Aspekte im Vordergrund, das ist zum einen die Funktionalität als Werkzeug und zum anderen die Ästhetik.
Hinsichtlich der Funktionalität kann man natürlich diverse Eigenschaften im Detail beleuchten, hier muss jedoch jeder selbst den für sich optimalen Mix herausfinden. Wenn ich bei Küchenmessern jetzt einmal auf eine einzige Form und Länge eingrenze, also mal nur meinen sweet spot wähle - 24er Gyuto - dann benötige ich noch einen schnitthaltigen und rostfreien Stahl der sich idealerweise auch mit einem Stahl scharfhalten lässt und eine Geometrie mit der ich gut klar komme.
Die geometrischen Besonderheiten wie z. B. eine Hohlkehle, stehen oft meinen Präferenzen hinsichtlich der Ästhetik im Wege, deswegen lege ich da kein Augenmerk darauf. Ich besitze zwar ein Hohlkehlenmesser, aber wenn ich ehrlich bin, dann ist es nur noch bei mir, weil ich mich bis jetzt noch nicht davon trennen wollte, also eher aus sentimentalen Gründen.
Das letzte Messer eines Messermachers habe ich mir aufgrund des Designs gekauft, die Performance ist ausbaufähig, deswegen wird es auch nicht wirklich genutzt.

Mein Endgegnermesser ist in meinem Kopf bereits fertig designt, jetzt muss nur noch der Messermacher den ich mir wünsche noch antworten :)

So, genug vom Handy aus getippt.

Bis bald,
woka
 
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Servus,

woka mein Freund, schön mal wieder was von dir zu lesen! :love:

Die geometrischen Besonderheiten wie z. B. eine Hohlkehle, stehen oft meinen Präferenzen hinsichtlich der Ästhetik im Wege, deswegen lege ich da kein Augenmerk darauf. Ich besitze zwar ein Hohlkehlenmesser, aber wenn ich ehrlich bin, dann ist es nur noch bei mir, weil ich mich bis jetzt noch nicht davon trennen wollte, also eher aus sentimentalen Gründen.
Das letzte Messer eines Messermachers habe ich mir aufgrund des Designs gekauft, die Performance ist ausbaufähig, deswegen wird es auch nicht wirklich genutzt.

Das entspricht durchaus vielen Stimmen, die ich gehört habe. Ich verbuche Messer die man unbedingt haben will, weil einfach der optische Funke gezündet hat, als auch mir bekanntes Phänomen, das ich aber hinsichtlich meiner Leidenschaft für extrem funktionale Messer hinter mir gelassen habe. In Sachen Handwerkskunst und Spirit würde mir ein Boll-Kochmesser als Zukunftsfantasie so durch den Kopf ziehen, mit all seiner Kunst der Bearbeitung verschiedenster Materialien und seinem unvergleichlichen Lokalkolorit, der alle seine Messer durchdringt. Hier wäre ich mit einer konventionellen Geometrie zufrieden, die technoid-funktional einem gefrästen Matern oder einer Kamon HK/Hook-Geometrie wohl unterlegen wäre, aber ja, genaues weiß man diesbezüglich nie, 🤪

… einige Tritz: Mir passt die Verarbeitung und die optische Machart, für mich etwas wabi-sabi, pure Funktion, die Wahl meines Giffholzes (Mooreiche), ein Stahl (1.2519) mit dem ich mich absolut identifiziere, FR mit dem ich bei meiner Schneidtechnik (viel Zugschnitt) Leben kann. JJT hat halt seinen eigenen Stil, weicht kaum/nicht davon ab. Muss man mögen.

Ja, wer auf traditionell japanische Messer abfährt, dessen Machart rudimentär ist und man gut damit klar kommt, der wird ein JTT lieben, weil die Funktion über allem steht. Finish wird überbewertet. ;) So genügen für dich uralte Traditionen zu deinem Messerglück und du brauchst keine experimentellen Klingen.

Fein das die ersten Beiträge sich kaum gleichen, jedem das Seine und mir das Meine.

Gruß, güNef
 
Hallo güNef,
die meisten meiner Messer sind keine Kochmesser.
Die Grundphilosophie ist für mich aber immer die gleiche: Ich sehe ein Messers als ein Werkzeug, einen Gebrauchsgegenstand. Sein Gebrauchswert ist für mich um so höher, je besser es an meine Gewohnheiten und Vorlieben angepasst ist. Das heißt, dass ich bei einem neuen Messer erst einmal anfange daran zu optimieren. Manchmal schleife ich nur den Schneidenwinkel kleiner, manchmal muss ich direkt ausdünnen. Es kam auch schon vor, dass ich tagelang :)irre:) damit beschäftigt war eine Fase wegzuschleifen.
Darin sehe ich explizit keinen Affront gegen den Schmied. Im Gegenteil, eher eine Wertschätzung, weil ich mir bei anderen Messern die Mühe nicht machen würde...

Deshalb mache ich in der Regel einen Bogen um Messer, die ein besonders aufwändiges Finish haben. Auch Damast schreckt mich eher ab. Wenn ich mich nicht traue an den Flanken zu schleifen, weil dann die Ätzung weg ist, dann sinkt der Gebrauchswert für mich...
Die verschleißfesten rostfreien und PM-Stähle sind meist auch raus.

Wirklich weggeschickt, um die Klinge komplett überarbeiten zu lassen habe ich erst ein Mal ein Messer. Das liegt aber auch daran, dass ich beim Kauf schon gut nach meinem Beuteschema auswähle.
Viel häufiger kam vor, dass ich mir einen neuen Griff ans Messer machen ließ. Ich habe kleine Hände und wenn es sich für mich nicht richtig darin anfühlt, dann benutze ich das Messer nicht.

… einige Tritz: Mir passt die Verarbeitung und die optische Machart, für mich etwas wabi-sabi, pure Funktion, die Wahl meines Giffholzes (Mooreiche), ein Stahl (1.2519) mit dem ich mich absolut identifiziere, FR mit dem ich bei meiner Schneidtechnik (viel Zugschnitt) Leben kann. JJT hat halt seinen eigenen Stil, weicht kaum/nicht davon ab. Muss man mögen.
Tritz wäre eigentlich genau mein Ding. Dass ich da immer noch keines habe macht mir langsam Sorgen...

Gruß, Andreas
 
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Als ich damals anfing, mich für andere Küchenmesser als die Solinger zu interessieren, schien es Konsens, dass nur Messer mit einer extremen Lasergeometrie vernünftig schneiden. Da ich aber schon immer ein richtiges Messer in der Hand haben wollte, wenn ich damit arbeite, habe ich nach anderen, komplexeren Klingengeometrien gesucht, das, was heute als Workhorse populär geworden ist. War eine Zeit lang damit glücklich, inzwischen kann ich auch Lasern etwas abgewinnen.

Nach dutzenden - wenn auch nicht hunderten Küchenmessern :cool:: - kann ich sagen, dass die meisten Schmiede sich bei der Herstellung etwas gedacht haben und jedes Messer einen sinnvollen Einsatzbereich hat, auch wenn der manchmal sehr klein ist und den Preis nicht unbedingt zu rechtfertigen scheint.

Beispiel: Ich habe von einem renomierten Schmied ein Biest von einem Messer gekauft. War damals mein teuerstes Messer. Leider war die Geometrie viel mehr Outdoor- als küchentauglich. Hatte überlegt, es ausdünnen zu lassen, davon aber angesehen, weil es das Konzept dieses Messers zerstört hätte. Heute bin ich froh, es nicht ausgedünnt zu haben. Es entspricht eigentlich perfekt dem Messertyp Big Gyuto, der sich auch in der japanischen Küche findet, und ich nutze es als ein Mittelding zwischen Hackmesser, Deba und Gyuto. Seltene und sehr eingeschränkte Anwendungen (Fischköpfe abtrennen, Gräten und Hühnerknochen zerteilen etc), aber da performt es super.

Ansonsten haben sich über die Jahre mehrere Merkmale für mich als wichtig erwiesen:

1. Eine Klingenlänge zwischen 24-27cm. Also sind Santokus und co. in der Regel raus.
2. Ein gewisses Gewicht des Messers.
3. Eine für mich gute Schärfbarkeit. Ganz wichtig, entscheidet letztlich, ob ich ein Messer oft oder selten benutze. (Dabei ist mir klar, dass ich der limitierende Faktor bin, aber das Messer muss eben zu meinen Gewohheiten und Fähigkeiten passen). Nach Möglichkeit auch mit dem Mikrofeinzug scharf zu halten.
4. Inzwischen lieber rosträge als unlegierter Kohlenstoffstahl. Gerne Ginsan, SLD oder SKD. Eine Entdeckung der Corona Zeit, als Kochen wegen dieser dauernden Video-Konferenzen öfters schnell gehen musste und pflegeleichte Messer ihre Vorzüge auspielten.
5. Foodrelease ist inzwischen kein großes Thema mehr für mich. Lieber streife ich kontrolliert ab, als dass Geschnittenes über das Brett springt.
6. Hohlkehlen kommen mir nach wie vor nicht ins Haus. Brutaler Abturner.
7. Nach Möglichkeit kein Bling Bling / kein Lametta am Messer. Klare saubere Ästhetik.
8. Habe nach wie vor ein Faible für japanische Messer. Die Ästhetik spricht etwas in meiner Seele an. Mag es auch, wenn ein Name dahinter steht und es nicht nur eine Marke ist (zugegeben: Grenzen sind unscharf und fließend).

Und zuletzt eine Erkenntnis. Der Preis spiegelt oft genug nicht die Performance, sondere hauptsächlich die Nachfrage. Don't believe the hype. Mehrfach selbst erfahren.
 
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Mein meist gebrauchtes Messer ist ein 50€ Teil aus TK-Maxx.Englisches Messer,gute Geometrie,gute Balance.
Der Messermarkt ist leider sehr diversen Moden unterworfen,anstatt wirklich nach Funktionalität zu gehen. Klar ist es schön ein handgemachtes super-ästhetisches Messer zu führen,aber die Preise sind Liebhaberpreise.
Koch-und schnittechnik ist dann die 2.Frage.Und da sehe ich es so,daß die altvorderen in Solingen eigentlich alles wussten. Für unsere Kochtechniken.
Ich hab vielmehr Problemeeinwirklich taugliches EDC-Taschenmesser zu finden.In der Küche ist alles abgedeckt mit traditionellen Messern. Die Japaner stehen natürlich aucxh da,wenn man japanisch kocht...
 
Moin,

ich habe jetzt auch nicht ganz so viele Kochmesser probiert wie andere hier, weiß aber inzwischen so ziemlich genau, womit ich in der Küche, also beim tatsächlichen Kochen, gut und weniger gut klar komme.

Meine Kochmesser haben alle eine Mindestperformance, auch wenn sie sich dennoch unterscheiden, alle sind mindestens leicht nagelgängig und damit per se schon mal tauglich. Natürlich - das eine mehr, das andere weniger.

Mein Orca Bunka war mir rein optisch, selbst in der aufwändigsten Ausführung zu schnöde in blasser Metalloptik, obwohl es die beste Schneidperformance bezüglich des leichten Schnitts hatte.

Das Mazaki Gyuto war eine Augenweide mit extraordinärer Schneidleistung, der rostende Stahl verhinderte jedoch einen Dauerplatz an der Leiste. Patina an Schmuckstücken ist mir ein Graus.

Fairerweise wollen wir festhalten, dass ich mit brettbeißend dünnen Klingen ohnehin wenig anzufangen weiß - abseits von Test- oder Genusschnippeleien.

Was ich sagen will. Meine Ansprüche an die „Charakteristik“ einer Klinge in der Küche sind eher überschaubar und entsprechen am ehesten der leichten Workhorse Geometrie eines Herder 1922.

Vorne nagelgängig buckelnd, nach hinten stabiler mit einem breiteren Rücken der ballig runter geschliffen ist. Die Herder gibt‘s nur rostend, was ich selbst dem eher rustikalen Messer nur zähneknirschend zustehen mag.

Meine Z-Kramer, ebenso mit balliger Workhorse Geo, aber nachträglich optimiert toppen die 1922er bezüglich Schneidperformance, sind aber ob der schieren Größe deutlich sperriger in der Handhabung und leider auch rostend.

Natürlich finde ich große Kochmesser cool, aber in der Enge benutzter Küchen und in Anbetracht 3er Paprika oder 4 Karotten einfach overdosed als daily.

Insofern haben die gegenüber japanischen Klingen etwas kürzeren 1922er für mich die sinnvolleren Längen.

Für mehr individuellen „Charakter“ und Performance vielleicht jeweils 0,5cm mehr Klingenhöhe bei gleicher Stärke für die Herder und einen leistungsstarken rostträgen Stahl, den man als Geübter gerade noch Wetzen kann. Muss ich ausprobieren.

Tatsächlich dann auch ohne Bart und einem anderen Griff aus Carbon. Ich erwähne den Griff, weil der aus meiner Sicht und Arbeitsweise zur Schneidcharakteristik beiträgt.

Foodrelease ist ein Thema. Allerdings habe ich keine Messer, außer der Herder K-Serie, die ich als überwiegend nervig bezeichnen würde und solange @güNef keines auftreibt, dass noch halbwegs stabil an allen Lebensmitteln wirkt, vermeide ich nur die besonders lästigen Messer.

Am Ende hat ein schönes und perfekt verarbeitetes Kochmesser aus der Leistungsklasse bei mir stets einen charakterverstärkenden Bonus. Und das gibt‘s für mich nur als Custom nach Vorgabe.

grüsse, pebe
 
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Servus,

herzlichen Dank für die rege Teilnahme, vor allem auch jenen Stimmen die ich lange nicht gehört habe. Die bunte Vielfalt an Vorlieben und Vorbehalten entspricht in etwa den Diskussionsinhalten die ich geführt habe. Für mich war und ist es das große Glück in einer sich kontinuierlich erweiternden Runde von Messerfreaks und Machern eingebettet zu sein und so den Luxus zu geniessen, immer frische Messer von neuen wie auch bekannten Messermacher ausprobieren zu können und zu dürfen. Das erweitert einfach den Horizont ohne finanziell auszubluten, weil sich die Kaufkraft verteilt und vor allem die unterschiedlichen Vorlieben breit aufgestellt sind. Ich kann z.B. ein Messer testen, das ich mir alleine aus optischen Gründen nie gekauft hätte und mich unter Umständen von dessen Funktion beeindrucken lassen, die ich sonst nie erfahren hätte. Da liegen zwei Messer auf dem Tisch, das Eine bleibt in der Sellerieknolle stecken und die Klinge muss mit aller Kraft und mit beiden Händen durchgedrückt werden, während das andere Messer mit einem Schub mühelos durch eine fette Knolle gleitet. Wer das mal erlebt hat, weiß, hier wurde etwas richtig und etwas falsch gemacht, was die Geometrie einer Klinge betrifft. Naturgemäß bevorzugt man dann jenes Messer das so wunderbar schneidet und möchte das auch so haben. Es ist hier der Vergleich der süchtig nach der richtigen Klingencharakteristik macht, wenn man seinen Messerfokus eben auf Kochmesser ausgerichtet hat. Wer kein Interesse an Kochmessern hat, den interessiert nicht der Unterschied zwischen schneiden und schneiden, der zerkleinert seine Lebensmittel als notwendiges Übel.

Das eine Person stilistisch mehrere Vorlieben haben kann, habe ich auch erlebt. Da treffen Designs und Finish aufeinander, das man das kaum glauben kann. Wird ein Messer vom Besitzer selbst als hässlich und unfertig bezeichnet, bleibt es dennoch, weil es eben eine Schneideigenschaft mitbringt, die an vielen anderen Messern fehlt. Diese Eigenschaft ist aber oft von Anderen nicht, oder nicht gleich auszumachen. Die Charakteristik meiner Messer, müssen an meinen bevorzugten Schnittgütern ihre Wirkung zeigen, mehr gerne, aber keinesfalls weniger. Da ich nicht beruflich koche, ist die Vielfalt an zu bearbeiteten Lebensmitteln viel geringer und praktisch eine ewiger Kreislauf an Wiederholungen jenes Schnittgutes das ich gerne esse. Es hat eine Weile gebraucht bis ich kapiert habe, das ein Koch in einer Großküche einen völlig anderen Anspruch an eine Messercharakteristik stellt, als ein Schaukoch in einem Restaurant, der künstlerische Skills im Portfolio hat und aus Gemüsen und Obst Kunstwerke zaubert, oder eben der Familienvater
der hungrige Mäuler zu stopfen hat. Für mich hat schneiden etwas kontemplatives, es entspannt mich, wenn das Messer gut funktioniert.

Mein Verständnis wächst also durch die Vielfalt der Nutzeransprüche die von profan bis hochspezialisiert sein können. Daher gibt es aus meiner Sicht keine Klingencharakteristik die als "die Beste" bezeichnet werden kann, ausser jene, die man für seine eigenen Bedürfnisse gefunden hat. Man kann und soll das persönlich als gut befundene Ergebnis nicht allen überstülpen, in dem Glauben den Gral gefunden zu haben. Man kann’s empfehlen, vermitteln und zu erklären versuchen, das ja.

5. Foodrelease ist inzwischen kein großes Thema mehr für mich. Lieber streife ich kontrolliert ab, als dass Geschnittenes über das Brett springt.
6. Hohlkehlen kommen mir nach wie vor nicht ins Haus. Brutaler Abturner.

Es gibt, bezogen auf eine eingeschliffene HK innerhalb der Begrifflichkeit "Foodrelease", also was man darunter versteht und wie sich das auswirkt, sehr große Unterschiede. Wegspringendes Schnittgut, also hartes, kenn ich nur von fetten Solinger-Klingen mit einen breiten V-Schliff, also die klassische Charakteristik eines weit verbreiteten Messers. Durch den notwendigen Druck, das überhaupt durch hartes Schnittgut zu bringen, kann's schon sein, das Möhrenscheiben durch die Küche fliegen, aber das ist, glaube ich, auch nicht das angestrebte Ideal.

Ich verstehe völlig, wenn man sich mit Abneigung wegdreht wenn einem ein HK-Monster vor die Nase gehalten wird. Ich denke es ist das schwierigste überhaupt, ein Design zu kreieren, das einen HK-Anblick erträglich macht. Hier ist meine Meinung, das so ein Messer einen "Industrial-Look" als Gesamtkonzept aufweisen muss und den muss man dann auch noch gefällig finden. Man stelle sich ein Raquin vor, mit eingeschliffener HK, das Ergebnis wäre nach Frankenstein.

So bedeutet der Verzicht auf HK oder Hook, Abscherkanten und gefräste Vertiefungen aber auch, eine bestimmte Klingencharakteristik auszuschliessen und dessen unbestrittenen Vorteil durch seine Funktion nicht zu erfahren.

Es bleibt dann nur die Gruppe der balligen Full-Taper-Klingencharakteristik über, die natürlich auch ihre Qualitäten in der Schnittgutfreisetzung hat.

Was ganz wichtig zu verstehen ist, das es mir hier um eine universelle Charakteristik geht, die 80-90% aller täglichen in Routine befindlichen Schneidaufgaben abdeckt. Natürlich benötigt man, wenn man viel breit gefächerter kocht, wohl einige Spezialmesser mehr, die dann ihre Eigenschaften auf mehrere Klingen aufteilen. Kann man natürlich auch machen.

Gruß, güNef
 
Was ganz wichtig zu verstehen ist, das es mir hier um eine universelle Charakteristik geht, die 80-90% aller täglichen in Routine befindlichen Schneidaufgaben abdeckt. Natürlich benötigt man, wenn man viel breit gefächerter kocht, wohl einige Spezialmesser mehr, die dann ihre Eigenschaften auf mehrere Klingen aufteilen.
Das ist ein sehr wichtiger Aspekt und ich möchte diesen betonen, wenn ich von Küchenmessern spreche, dann gibt es diverse Messerformen die mir wichtig sind und die sich in regelmäßigen Gebrauch befinden.
Täglich oder zumindest fast täglich nutze ich ein 24er Gyuto, ein Brotmesser und ein Kneipchen.
Seltener kommt ein Ausbeinmesser und ein Haumesser zum Einsatz.
Ab und an ein Deba, gefolgt von allem anderen.
Wenn Du, lieber güNef, nun von einem Küchenmesser sprichst, so gehe ich davon aus, dass es sich um Dein Hauptmesser handelt, also das klassische Kochmesser, irgendwo zwischen 18, eher 21cm und 24cm Klingenlänge. Ich denke also nicht an ein Petty mit HK und/oder hook.

LG
woka
 
Servus,

Wenn Du, lieber güNef, nun von einem Küchenmesser sprichst, so gehe ich davon aus, dass es sich um Dein Hauptmesser handelt, also das klassische Kochmesser, irgendwo zwischen 18, eher 21cm und 24cm Klingenlänge. Ich denke also nicht an ein Petty mit HK und/oder hook.

eine Klinge zwischen 220 und 250mm, nicht unter 50mm Höhe, besser höher. Maximale Materialstärke ab 4,5-8mm ab Erl, Gewicht zwischen 250-350gr. Diese Eckdaten an Material sind notwendig um überhaupt eine wirkungsvolle Möglichkeit zu haben, zu fräsen, zu tapern, HK & Hook einzuschleifen, Dentys und ähnliche tiefe Strukturen einzuhämmern.

Leichtgewichtige Laser mit max. Materialstärken von 1,6mm und zwischen 100 und 130gr auf 210mm länge, bei einer Höhe von knapp 50mm erlauben nur kurz vor der Spitze einen Taper, da sonst zu viel Flex vorhanden ist. Bei dieser Dicke klappt nur ein Flachschliff, der eventuell wenige Millimeter vor der Schneide eine ballige Kurve macht. Siehe Takamura. Schneidet immer noch leichter und besser als alles aus Solingen, leidet allerdings an eklatantem FR-Mangel. Das weiß man aber erst, wenn man weiß wie sich FR auswirken kann.

Traditionelle japanische Klingen, die am Erl mit 3,5mm beginnen und danach langsam dünner werden und mit KU und Shinogi punkten ( siehe Kamo-To-Serie ) sind schon verdammt gut, was einen leichten und gleitenden Schnitt betrifft, generieren allerdings ein völlig anderes Schneidgefühl als ein 350Gr schweres, voll nagelgängiges Messer mit HK. Hier sind die Kontaktflächen maximal reduziert, daher eine geringere Reibung, ein besseres gleiten und das suggeriert durch das hohe Gewicht ein beinahe von selbst schneidendes Messer, das nur noch Führung, aber keinen Kraftaufwand bei schneiden mehr braucht.

Große nagelgängige Cleaver, mit Taper und Masse fallen förmlich durch hartes Schnittgut und durch die große Fläche verteilt sich anhaftender Abschnitt weniger lästig auf der Flanke, nur muss man da seine Schnitttechnik völlig umstellen und aus der Schulter den Bewegungsablauf erlernen, weil wie gewohnt aus dem Handgelenk gibt es eine Sehnenscheidenentzündung ☺️ Nicht das ich es nicht probiert hätte, aber mit den großen Rechtecken ( Cleaver ) in der Küche konnte ich mich bis heute nicht anfreunden und mit den kleinen ( Nakiri ) schon gar nicht.

Solche Geräte sind nicht mein Thema, auch keine Pettys. Aufgaben die ein kleines Messer erfordern ( Kneipchen, Office ) da genügt mir übliche Massenware, bzw, ich verwende jetzt das kleine Crossover von Mike Sturmschwalbe.

Wie Atlantik schon geschrieben hat, Santoku's fallen raus, weil zu kurz und mit einem 250er kann ich schon einen sauberen Zugschnitt machen, da brauch ich kein Sujihiki.

Deshalb gilt immer nur einem Hauptmesser mit ausgeklügelter Charakteristik meine volle Aufmerksamkeit. Auch das ist eine Marotte, keine Frage.

Gruß, günef
 
Leichtgewichtige Laser mit max. Materialstärken von 1,6mm und zwischen 100 und 130gr auf 210mm länge, bei einer Höhe von knapp 50mm erlauben nur kurz vor der Spitze einen Taper, da sonst zu viel Flex vorhanden ist. Bei dieser Dicke klappt nur ein Flachschliff, der eventuell wenige Millimeter vor der Schneide eine ballige Kurve macht. Siehe Takamura. Schneidet immer noch leichter und besser als alles aus Solingen, leidet allerdings an eklatantem FR-Mangel. Das weiß man aber erst, wenn man weiß wie sich FR auswirken kann.
Naja, auch unter diesen Randbedingungen, oder knapp mehr an Rückendicke geht noch sehr viel, was Foodrelease angeht, was zB. die tiefgeäzten Sturmschwalbemesser, die CNC Prototypen von @knife-art.de und auch meine eigenen Prototypen beweisen. Zugegebenermaßen reichen sie nicht an die Qualitäten von the Hollow heran, aber Foodrelease auf ernstzunehmendem Niveau ist auf jeden Fall auch ohne die extrem opulenten Grundgeometrien möglich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Servus,

Zugegebenermaßen reichen sie nicht an die Qualitäten von the Hollow heran, aber Foodrelease auf ernstzunehmendem Niveau ist auf jeden Fall auch ohne die extrem opulenten Grundgeometrien möglich.

wenn man diese beiden exotischen ( noch ) Randerscheinungen mit einbezieht gebe ich dir recht! Die Messer von Mike bieten für die geätzte Tiefe an einer sehr dünnen Klingencharakteristik für viele bereits eine ausreichende Schnittgutfreisetzung und wenn mir Gewicht heute nicht so wichtig wäre ( verändert das Schnittgefühl enorm ) dann würde das auch mir genügen. Der leichte Schnitt und die Gleiteigenschaften von Mikes Messer sind in der Tat exzellent. Optische Nachteile finden sich in der oft nicht kontrollierbaren Linienführung der geätzten Kanten. Ich würde diese Versuche immer noch als experimentelle Prototypen betrachten, sozusagen Betaversionen, was das Finish und die Ausführung betrifft. Es gibt in der Tat schon sehr gelungene Oberflächen, aber eben nicht immer. Funktional allerdings sehr gut und auch ein Weg der nach Rom führen kann.

Die CNC-Prototypen haben das massive Grundproblem aller dünnen gefrästen Klingen, den überbordenden Flex. Sollten diese Tüftler es schaffen tatsächlich eine gelungene Serienproduktion auf die Beine zu stellen, die reproduzierbar exzellente Ergebnisse bringt, so gebe ich dir in vollem Umfang recht und stimme zu, das dies auch bei nicht opulenten Grundgeometrien möglich ist, Bis dahin halte ich mich an den derzeitig einzigen Messermacher, der schon zwei Kleinserien produziert hat und bei jeder Charge die er abliefert einen hohen Prozentsatz an HK-Klingen fertigt, nämlich Ben Kamon. Einige andere versuchen sich ja auch daran, er ist also nicht der Einzige. Luke Scheepers ist leider kein Garant mehr für ein regelmäßiges Angebot an gefrästen Klingen, Fifty50-Knives ist nicht mehr und Uwe Mattern produziert leider nur homöopathische Mengen zu Liebhaberpreisen und verwendet praktisch immer modernste Stähle.

Jene die sich aktiv mit HK und Hooks auseinandersetzen und auch Stückzahlen verkaufen, setzen noch auf mindestens 5-6mm Basismaterial, manche auch mehr.

Gruß, güNef
 
Meine Aussage bezog sich auch nicht auf marktverfügbare Messer, sondern auf das Entwicklungspotential, das auch in relativ dünnen, Laserartigen Grundgeometrien im Hinblick auf eine
gute Gesamtperformance inklusive Foodrelease noch drinsteckt. Ich meine, es lohnt sich, sich damit auseinanderzusetzen.
Die konkreten Maßnahmen, die zB. aus den CNC-Messern von Knifeart den Flex eliminieren, wurden im Zuge des Passaround thematisiert.
Werden sie im nächsten Entwicklungsschritt berücksichtigt, dürfte einem sehr guten Gesamtergebnis aus meiner Sicht nichts im Wege stehen.
Auch ich werde noch weiter versuchen, Laser zu ertüchtigen, finde nur gerade keine Zeit dafür.
 
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Servus,

ich persönlich bin an jeder wie immer gearteten Verbesserung eine Klingencharakteristik interessiert. Mein Input ist in diesem Fall rein theoretischer Natur, aber Brainstorming mit den richtigen Leuten, die auch die Möglichkeit und das Können haben, Ideen umzusetzen ist überaus befruchtend und ich finde deine Versuche althergebrachtes zu verbessern sehr interessant. Ich hoffe du findest mal so richtig Zeit.

Gruß, güNef
 
[...] Es gibt, bezogen auf eine eingeschliffene HK innerhalb der Begrifflichkeit "Foodrelease", also was man darunter versteht und wie sich das auswirkt, sehr große Unterschiede. Wegspringendes Schnittgut, also hartes, kenn ich nur von fetten Solinger-Klingen mit einen breiten V-Schliff, also die klassische Charakteristik eines weit verbreiteten Messers. Durch den notwendigen Druck, das überhaupt durch hartes Schnittgut zu bringen, kann's schon sein, das Möhrenscheiben durch die Küche fliegen, aber das ist, glaube ich, auch nicht das angestrebte Ideal.

Ich verstehe völlig, wenn man sich mit Abneigung wegdreht wenn einem ein HK-Monster vor die Nase gehalten wird. Ich denke es ist das schwierigste überhaupt, ein Design zu kreieren, das einen HK-Anblick erträglich macht. Hier ist meine Meinung, das so ein Messer einen "Industrial-Look" als Gesamtkonzept aufweisen muss und den muss man dann auch noch gefällig finden. Man stelle sich ein Raquin vor, mit eingeschliffener HK, das Ergebnis wäre nach Frankenstein.

So bedeutet der Verzicht auf HK oder Hook, Abscherkanten und gefräste Vertiefungen aber auch, eine bestimmte Klingencharakteristik auszuschliessen und dessen unbestrittenen Vorteil durch seine Funktion nicht zu erfahren. [...]
Deine Wertungen treffen den Nagel auf den Kopf. Da ich Hohlkehlen und (großflächige) gefräste Vertiefungen ausschließe, fehlt mir die Erfahrung, wie es ist, wenn jedes Schnittgut von der Klinge fällt und liegen bleibt. Muss schön sein. :) Aber das weißt du ja vielleicht besser als jeder andere.

Nun sind wir aber bis zu einem gewissen Grad alle in unseren Vorlieben und Abneigungen gefangen. Aus den Berichten in Passarounds mit HK-Messern ist mir klar, dass diese große Vorteile im FR haben. Macht physikalisch ja auch durchaus Sinn. Leider zerstört es für mich den Eindruck, ein "richtiges" Messer in der Hand zu haben. Und dieses "richtig" ist in diesem Fall eine rein private Assoziation aus Größe, Gewicht und Stabilität. Die Klinge strukturell zu schwächen, läuft dieser Vorstellung entgegen, auch wenn ein funktionaler Vorteil beim FR herausspringt. Kann einfach keinen emotionalen Bezug zu diesen Klingen aufbauen. Ginge nur rational, aber wenn der Verstand ins Spiel kommt, sagt der "Du hast eh zu viele Küchenmesser. Frag' mal deine Frau.". Und die Emotion sagt "Da hat doch jemand an der Klinge genagt.";)

Bei diesen fetten Solinger V-Schliff Klingen ist es anders. Wenn ich meine alten Messer nochmal in der Hand habe, denke ich sofort "Ja, das ist ein Messer". Leider liegt die Schneid-Performance deutlich unter diesem Hochgefühl. In letzter Zeit nehme ich aber öfters mein altes Zwilling mit in der Urlaub: Wäre bei Verlust leicht zu ersetzen, schneidet ausreichend, ist schnell zu schärfen und vor allem ultrastabil, lässt sich also auch zweckentfremdet einsetzen, z.B. um ein Seil damit zu kürzen.

In der Küche zuhause dann nach wie vor WH- oder UF-Geometrien.
 
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Hallo zusammen!
Meiner Meinung nach verstehen viele Menschen ihre Messer nicht, weil sie sie nicht gut schärfen können.
 
Servus,

Hallo zusammen!
Meiner Meinung nach verstehen viele Menschen ihre Messer nicht, weil sie sie nicht gut schärfen können.

da stimme ich dir sogar zu, nur hier versteht jeder, der bis jetzt einen Beitrag geschrieben hat, seine Messer in so vollem Umfang, das aussenstehende gar nicht verstehen können, was man da alles verstehen kann, abgesehen jetzt von Schärfe. ☺️

Gruß, güNef
 
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