Hallo
Beim Durchsehen des „Damaszener-Stahl“ Buches von M. Sachse (2. erweiterte Auflage) bin ich nun auf Seite 150 auf folgenden Textabschnitte gestossen, welcher vermutlich zum erwähnten „unglücklichen“ Eintrag im Wikipedia unter „Damaszener-Stahl“ geführt hat:
„Das
16. Jh. brachte in Solingen auch Schmiede hervor wie Johannes Wundes, der Schmied dessen Zeichen der berühme Königskopf war. Der Dreissigjährige Krieg hatte einen enormen Bedarf an Klingen und wie es in Kriegszeiten immer ist, die Qualität der Waffen musste stimmen. Welche Rolle Toledo (die spanische Klingenstadt) zur damaligen Zeit für Solingen spielte, müsste noch genauer untersucht werden. Andererseits war der Weg bis zu den Spanisch-Niederlanden ja nicht weit. Toledo war damals noch stark maurisch beeinflusst, und so sind Verbindungen durch reisende Handwerksgehilfen durchaus denkbar sowie der Wunsch, die schön gemusterten orientalischen Klingen einmal nachzuschmieden.
Für die Mengenfertigung von Damaszener-Stahl ist die Entwicklung der Schmiedetechnik, insbesondere der mechanischen Hammer, wichtig.“
Vermutlich wurde der erste oben erwähnte Abschnitt mit dem folgenden Zweiten kombiniert bzw. in einem Satz zusammengefasst - ohne zu Berücksichtigen, dass beide Abschnitte nicht im direkten Zusammenhang stehen und drei verschiedene Jahrhunderten betroffen sind (16., 17. und vermutlich 19. Jh.). Es wird also ein Schmied aus dem 16. Jh., der Dreissige jährige Krieg von 1618-1648 sowie die vermehrte Mengenfertigung von Damaszenerstahl „nach dem Vorbild des orientalischer Schweissverbundstahles“ aus der Zeit ab Ende des 19. Jh. bis anfangs 20. Jh. in Deutschland (Solingen) miteinbezogen.
Der folgender Textteil auf Seite 146, 147 des Damaszener-Stahl Buches von M. Sachse könnte im zeitlichen Kontext möglicherweise auch zu Unklarheiten führen:
„Es liegt jedoch in der Natur der Sache, dass dabei der Klingenstadt Solingen im Westen der Bundesrepublik Deutschland eine besondere Bedeutung zukommt. Es scheint, als spiele gerade das
16. Jh. eine besondere Rolle, wenn es um die Renaissance der Damaszener Klingen geht. In Solingen gab (und gibt) es einen legendären Namen, Peter Schimmelbusch oder auch Peter Simmelpuss. Der Sage nach werden Peter Simmelpuss die ersten Damaszener Klingen der neueren Zeit zugeschrieben.“
Hier wird dem 16. Jh. eine besondere Rolle für die Renaissance der Damaszener Klingen zugeschrieben und der Name Peter Schimmelbusch wird im gleichen Abschnitt als, derjenigen Schmied erwähnt, welcher die ersten Damaszener Klingen der neueren Zeit geschmiedet haben soll. Mir ist für das 16. Jh. keine „Wiedergeburt“ von Damaszener-Klingen in Westeuropa bekannt.
Die auf den Seiten 148 und149 zitierte Sage „Die Damaszenerklinge“, welche den Vater (Severin) von Peter Schimmelbusch betreffen soll, bezieht sich anscheinend auf Herstellung von orientalischen Tiegelflussstahl und nicht auf „orientalischen“ Schweissverbundstahl, wie in Westeuropa ab dem späten 18. Jh. auch nachgeschmiedet wurde. Ist es richtig dass diese Geschichte (Sage) von Wilhelm Herchenbach, einem im 19. Jh. erfolgreichen Schriftsteller, geschrieben wurde?
Eine Sippe Schimmelbusch (Simmelbusch, Simmelbus, Simmelpuß) mit ihren zahlreichen Schwertschmiedemeister, ist anscheinend für das 17. u. 18. Jh. wirklich nachgewiesen (
http://www.solingen-internet.de/si-hgw/ortsstrassennamen.htm) . Den folgenden Hinweis auf einen Peter Schimmelbusch habe ich für das Jahr 1661 gefunden: „Der grosse Kurfürst erteilte den Handwerker am 1.5.1661 ein Privilegium zur alleinigen Herstellung von Schwert- und Degenklingen in Preußen und siedelte sie in Eilpe bei Hagen an. Eine Petition aus jener Zeit trägt aber noch mehr Unterschriften von aus Solingen stammenden Klingenschmieden. Diese Namen nennt Hendrichs als die der (ersten) ausgewanderten Klingenschmiede: u.a. Peter Schimmelbusch.“ Sollte dieser Schimmelbusch womöglich der Sohn des in der Sage erwähnten Severin sein? Oder handelt es sich nur um eine erfundene Geschichte in Bezug auf auf vergangene Zeiten (vorallem Mittelalter), wie es zur Zeit der Romantik üblich war?
In dieser Sage wird auch ein bekannter Meister Stadlinger erwähnt, welcher der Meister von Severin Schimmelbusch war. Ob es diesen Meister wirklich gegeben hat, ist mir unbekannt.
Interessanterweise findet sich ein weiterer Hinweis auf einen Peter Schimmelbusch in folgender Encyklopädie unter der Bezeichnung „Damascener Arbeit“:
„Krünitz, J.G.: Oekonomisches Encyklopädie, 1773-1858 findet sich unter dem Begriff: Damascener Arbeit folgendes:
Damascener Arbeit, die Bearbeitung des Eisens und Stahles auf türkische Art, da man demselben nicht nur eine besondere Härte, sondern auch eine flammige Gestallt zu geben, und goldene und silberne Figuren in dasselbe einzulegen weiß, …
Der eigentliche Damascener, oder von den
Türken zu Damascus zugerichtete Stahl ist überaus fein und hart, und doch nicht so spröde, daß er springe, sondern Hieb, Schuß und die härteste Materie thut ihm nichts. Mit den davon gemachten Säbeln, Degen, Hirschfängern, Messern, und andern Sachen, kann man in Eisen ohne Scharten hauen, schneiden und graben; ja, man kann Gold und Silber darauf, wie auf einem Probiersteine, streichen. Die aus selbigem gemachten
Flinten, Stutzer und Pistolenläufe, ziehen und schießen die Kugeln und das Schrot sehr zusammen. Die daraus verfertigten Kürasse sind leichter, als die andern, und schußfrey. … Da nun insonderheit die damascener Klingen, (Fr. Lame d' epée damasquinée) wegen ihrer unvergleichlichen Härte sehr hoch gehalten wurden: so fingen unsere Stahl- und Eisen-Fabrikanten in Deutschland an, da es uns an vielen Orten nicht an dem schönsten Eisen und Stahle gebricht, der Sache nachzuforschen, und selbst die Kunst zu erfinden. Ein geschickter Klingenschmied zu Solingen, im Herzogthum Berg, Peter Simmelpuß, war so glücklich, endlich dieses Damascener Eisen vollkommen nachzumachen, und daraus die schönsten Klingen, Flintenläufe und Kürasse zu verfertigen; und daher trifft man nunmehr in Solingen das schönste Damascener Eisen an. Auch hat man es zu Carlsbad, in Böhmen, in der Damascener Arbeit weit gebracht.“
Da sich die Encyklopädie betreffend des „Damascener Eisen“ u.a. auch auf die Fertigung von Flintenläufen bezieht, könnte man aber wiederum eher annehmen, dass dieser Peter Schimmelbusch eher im 19. Jh. anstatt in 17. Jh. gelebt hat und es sich um orientalischen Schweissverbundstahl und nicht Tiegelflussstahl handelt. Das ganze ist ein bisschen verwirrend.
Vielleicht kann mir jemand diesbezüglich weiterhelfen.
Grüsse
Richard R., alias Longbow64
P.S.
Mir ist bewusst, dass dieser Beitrag nicht direkt i.Z. mit dem Thema "Erstes Replikat wurmbunter Schwertklingen" steht. Doch wollte ich sicher stellen, dass ich die angesprochenen Hinweise richtig deute, bevor ich daraus falsche Schlussfolgerungen treffe. Ich danke Euch für eure Hilfe.