Pflaster
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Zum Anwender
Ich koche täglich für unseren Zwei-Personen-Haushalt und gelegentlich für 4-5 Personen. Da ich folglich keine großen Mengen an Lebensmitteln zu verarbeiten habe und glücklicherweise während des Kochens auch nicht dem häufigen Stress und Zeitdruck eines Profikoches ausgesetzt bin, gehöre ich zur Fraktion der 18cm-Klingen-Verwender. Ich mag leichte und handliche Messer, mit denen ich auch ohne Wiegeschnitt schnell, präzise und effektiv arbeiten kann. Irgendwie widerstrebt es mir, mit dünnen harten Schneiden wiegend auf dem Brett rumzutänzeln. Das überlasse ich lieber den Profis, die ihr Handwerk auch beherrschen und die dazu passenden Messer haben. Für mich habe ich eine Klingen schonende Arbeitsweise entwickelt, arbeite hauptsächlich mit dem drückenden Schiebeschnitt, vermeide unnötig harten Brettkontakt, benutzte weiche Kunststoffschneidbretter aus schwedischen Möbelhäusern. Ookami hatte neulich mal diesen Link angeführt:
http://www.youtube.com/watch?v=BisZ3nv6G3s
So schneide ich in etwa.
Die Messer im einzelnen:
Kanetsugu Pro M Gyuto 180 mm
Gewicht: 134 g
Gesamtlänge: 310 mm
Klingenlänge (Schneide): 180 mm
Klingenhöhe: 40 mm
Klingenmaterial: Molybdenum alloy high carbon stainless steel
Härte: HRC 57
Griffmaterial: Pakkawood
Preis: 65 Euro
Dieses Messer kaufte ich vor 5 Jahren. Ich hatte damals das Tojiro DP HQ Gyuto und das Kanetsugu zur Auswahl und entschied mich für Letzteres aufgrund seiner Klingengeometrie. Es reizte mich einfach, diese dünne Klinge auszuprobieren, obwohl ich ehrlich gesagt Bedenken hatte, ob die extrem fein ausgeschliffene Schneide auch stabil sein würde. Schließlich geht es hier um einen nicht besonders hoch gehärteten rostträgen Stahl, zu dessen chemischer Zusammensetzung keine genauen Angaben gemacht werden. Die Schärfe OOTB war herausragend im Vergleich mit meinen anderen Messern, ausgenommen das Sirou Kamo Kenyo mit Honbazuke. An der Verarbeitung gab es nichts zu meckern. Was mir bis heute nicht gefällt, ist das Aussehen des Griffs. Hier hat sich der Hersteller von den Mitbewerbern abzusetzen versucht, sehen doch die Yo-Griffe anderer Hersteller wie Masamoto, Hiromoto, Hattori, Misono, Ryusen, Tojiro oder Aoki alle ziemlich gleich aus. Ob man sich bei Kanetsugu damit jedoch einen Gefallen getan hat, ist aus meiner Sicht zumindest fraglich. Der Griff liegt zwar gut in meiner (mittelgroßen) Hand und ist sicherlich auch für große Hände gut geeignet, da er im Vergleich zu den meisten anderen Yo-Griffen in der Seitenansicht höher ist. Auch sind die einzigartigen Ausfräsungen durchdacht und lassen den kleinen Finger sich gut anschmiegen. Sie verleihen jedoch dem Griff in Kombination mit seinen ungewöhnlichen Proportionen ein sehr „gewöhnungsbedürftiges“ Aussehen. Das ist und bleibt letztlich natürlich Geschmacksache. Wichtiger ist da die Haptik, und die ist nicht schlechter als bei anderen Yo-Griffen.
Das Kanetsugu war über einen Zeitraum von 3,5 Jahren das meistgenutzte „Arbeitstier“ in meiner Küche. Wenn man sich die Klingengeometrie ansieht, dann verwundert es nicht, wie mühelos die dünne Klinge durch jedes Schnittgut gleitet. Ihre besondere Stärke ist die Verwendung für hartes Gemüse wie Möhren, Sellerie oder Fenchel. Aber nicht nur die Schneidfähigkeit der Klinge ist vorzüglich, auch die Schneidhaltigkeit ist ausgezeichnet. Das spricht dafür, dass man hier eine gelungene Kombination von Klingenmaterial, Wärmebehandlung und Klingengeometrie gefunden hat. Insbesondere muss der ballige Anschliff erwähnt werden, welcher der nicht sehr harten Schneide einerseits eine höhere Robustheit verleiht, andererseits ihre Schneidfähigkeit zusätzlich verbessert. Erfreulicherweise ist die Schneide trotz ihrer Feinheit nicht sehr empfindlich.
Geschärft wird das Messer mit der Mauspad-Methode. Mit etwas Übung erreicht man hier schnell sehr gute Ergebnisse. Wenn ein neuer Schliff notwendig geworden ist, beginne ich mit 1000er Nassschleifpapier auf dem Mauspad und schleife dann weiter mit Micro-Mesh Soft Pads (1500/4000/6000/8000/12000). Auf dem Pastenleder lässt sich sehr lange eine gute Schärfe erhalten.
Bewertung:
+ Preis-Leistung
+ geringes Gewicht
+ Unempfindlichkeit
+ feine Klingengeometrie
+ hervorragende Schneidfähigkeit
+ sehr gute Schneidhaltigkeit
+ einfache Schärfbarkeit
- optischer Eindruck
Schanz Custom Gyuto
Gewicht: 108 g
Gesamtlänge: 280 mm
Klingenlänge (Schneide): 174 mm
Klingenhöhe: 35 mm
Klingenmaterial: SB1
Härte: HRC 61
Griffmaterial: Micarta
Preis: 180 Euro
Vor 1,5 Jahren war Jürgen Schanz so nett, mir ein Gyuto nach meinen Wünschen zu machen. Da ich meine Messer sorgfältig behandle, bat ich darum, die Klinge in SB1 so dünn wie möglich auszuführen. Ich erhielt ein Messer, welches für mich keine Wünsche offen lässt. Naja, Lieferung in einer schönen Schachtel statt in Zeitung eingewickelt wäre irgendwie sexier gewesen. „Out of the newspaper“ war die Schärfe jedoch sehr gut. Die Klinge ist wirklich sehr dünn und extrem schneidfreudig und gleitet wunderbar durch jedes Schnittgut. Auch die Schneidhaltigkeit ist ausgezeichnet. Fast täglich im Gebrauch, habe ich das Messer in den 1,5 Jahren zweimal auf dem 2000er Shapton und BBB geschliffen, zwischendurch ließ sich die Gebrauchsschärfe mit dem Keramikschleifstab sehr schön erhalten. Erst für diesen Vergleichstest habe ich einen neuen Schliff angelegt auf folgenden Steinen: 300/1000/2000/BBB/dann Leder mit Paste. Haare spalten klappte an einer Stelle. Das Schleifen war auch für einen mittelmäßigen Schleifer wie mich sehr einfach; hatte ich mir schwieriger vorgestellt beim SB1. Das Messer ist übrigens sauber verarbeitet, mein bisher einziges mit schön abgerundetem Klingenrücken, und mit 108 Gramm sehr leicht. Der Micarta-Griff fühlt sich gut an und liegt perfekt in der Hand.
Bewertung:
+ geringes Gewicht
+ sehr dünne Klinge
+ hervorragende Schneidfähigkeit
+ sehr gute Schneidhaltigkeit
+ gute Schärfbarkeit
- nichts
Hiromoto Aogami Super Gyuto 180 mm
Gewicht: 148 g
Gesamtlänge: 310 mm
Klingenlänge (Schneide): 185 mm
Klingenhöhe: 40 mm
Klingenmaterial: Schneidlage Aogami Super, rostfreie Flanken
Härte: HRC 63-64
Griffmaterial: Staminawood
Preis: 100 Euro
Eine Mischung aus kindlicher Neugierde und günstigem Dollarkurs veranlasste mich vor einigen Wochen, mein erstes Messer aus Japan zu importieren. Das Hiromoto AS hat eine harte Schneidlage aus Aogami Super (HRC 63-64), flankiert von rostfreien Außenlagen. Erster Eindruck: ein schönes, perfekt verarbeitetes Messer. Nichts zu meckern. Schöner Griff aus Holzlaminat, liegt sehr angenehm in meiner Hand. Der Übergang zwischen Schneid- und Außenlagen sieht sehr schön aus. Mir gefällt der Kontrast der mittlerweile in Regenbogenfarben angelaufenen Schneide zu den blanken Flanken sehr gut.
Leider war die Schärfe OOTB nicht so toll. Mit etwas Mühe ließen sich zwei, drei Haare vom Arm abkratzen. Hm, das funktionierte damals sogar mit meinem neuen Güde Kochmesser (Klopper!) besser?! Da sich die Schneide aber eigentlich scharf anfühlte, hatte ich keine Lust, einen komplett neuen Schliff anzulegen, sondern benutzte nur den BBB sowie das Pastenleder, um eine ordentliche Schärfe rauszukitzeln. Ok, danach rasierte es und musste auch sogleich im Vergleichstest gegen das Kanetsugu und das Schanz antreten.
Mittlerweile ist das Hiromoto seit ca. 5 Wochen im Kücheneinsatz. Die Schneidhaltigkeit ist wie erwartet sehr gut. Einmal wurde es über den Keramikstab gezogen, was gut funktionierte. Alles in allem ein schönes Messer.
Bewertung:
+ Preis-Leistung
+ gute Schneidfähigkeit
+ sehr gute Schneidhaltigkeit
+ sehr einfache Schärfbarkeit
- etwas zu dicke Klinge
Zum Vergleich
Vergleich Klingengeometrie:
Zum besseren Verständis hier meine 7 Messpunkte der Klingendicke bildlich dargestellt:
Klingenrücken: 1 cm vor hinterem Ende der Klinge, Klingenmitte, Spitze
Halbe Klingenhöhe: dto
Direkt oberhalb der Fase bzw. des Anschliffs: dto
Alle Maße in mm
Die Zahlen bestätigen das, was man schon mit bloßem Auge sofort erkennen kann: das Hiromoto hat von den dreien die dickste Klinge. Auf halber Klingenhöhe ist das Kanetsugu hinten rund 26 %, in der Mitte rund 21 % dünner. Das Schanz ist in diesem Bereich sogar 35 % (hinten) und 45 % (Mitte) dünner. Und das macht sich beim Schneiden vor allem harter Gemüse deutlich bemerkbar.
Vergleich Klingendicke:
Voraussetzungen im ersten Vergleich:
Das Hiromoto hatte seinen Original-OOTB-Schliff, optimiert mit BBB und Pastenleder. Das Kanetsugu hatte ich vor ein paar Wochen geschliffen und danach praktisch nicht benutzt. Das Schanz erhielt für den Test einen frischen Schliff.
Nun durften sich die drei Messer an der Zubereitung eines Gemüseeintopfes beteiligen. Geschnitten wurden Zwiebeln, Möhren, Knollensellerie, Kartoffeln, Wirsing und Lauch. Das Hiromoto machte seine Sache gut; mit dem Messer lässt es sich gut arbeiten. Aber das Kanetsugu ging deutlich spürbar leichter durch alle Gemüse hindurch. Es ist durch seine feinere Klingengeometrie hier einfach im Vorteil. Jedoch wurde auch das Kanetsugu wiederum deutlich vom Schanz-Gyuto übertroffen. Dieses Messer verfügt aufgrund seiner sehr dünnen Klinge über eine hervorragende Schneidfähigkeit. Mit ganz wenig Druck lassen sich auch die harten Gemüse ganz leicht zerteilen und kleinwürfeln. Im Druckschnitt-Vergleich ist der Unterschied zu den Konkurrenten nicht ganz so groß, im Zugschnitt aber ist das Schanz deutlich überlegen.
Um dem Hiromoto noch eine Chance zu geben, habe ich für einen zweiten Vergleich nochmal alle drei Messer frisch geschärft. Das Schanz wurde nochmals auf dem Pastenleder abgezogen. Dann habe ich das Kanetsugu auf den Micro-Mesh Soft Pads (1500/4000/8000/12000) + Pastenleder nachgeschliffen. Das Hiromoto bekam einen neuen Schliff (1000/2000/BBB/Pastenleder) und war nun deutlich schärfer als beim ersten Vergleich. Das Schleifen des Aogami Super ging recht einfach. Die Schneide war nun etwas schärfer als die des Kanetsugu, wie sich beim Schnitt durch Zeitungspapier zeigte.
Geschnitten wurde nun Gemüse und Obst für meine Hunde, die gebarft werden (Möhren, Kohlrabi, Fenchel, Äpfel) und später für eine Gemüsepfanne Julienne Kartoffeln, Möhren, Zwiebeln, Zucchini.
Das Hiromoto machte nun einen etwas besseren Eindruck, ging ganz gut durch das Schneidgut. Aber wiederum ging mit dem Kanetsugu alles etwas leichter, trotz geringerer Schärfe. Durch den Fenchel ging es sogar wesentlich besser. Dass zeigt deutlich, wie entscheidend wichtig eine schlanke Klingengeometrie für eine gute Schneidfähigkeit ist, vor allem wenn es um das Schneiden von hartem Gemüse geht. Hier ist das Hiromoto trotz momentan etwas höherer Schärfe dem Kanetsugu klar unterlegen.
Aber wiederum zog das Schanz beiden Konkurrenten in Sachen Schneidfähigkeit deutlich davon. Seine dünnere Klinge macht es einfach überlegen und ich vermute, dass es auch andere rostträge Messer aus Serienproduktion schwer haben werden, die Schneidfreudigkeit dieses Messers zu übertrumpfen. Ich erwähnte ja eingangs, dass ich Jürgen Schanz gebeten hatte, die Klinge aus SB1 wirklich auszureizen, was die Klingendicke betrifft. Bei Serienproduktionen wird man es sich kaum leisten können, so nah ans Limit zu gehen wie in diesem Fall.
Nochmal kurz zum Thema Schneidhaltigkeit: Diese hängt ja nicht nur vom Klingenstahl und dessen Wärmebehandlung ab, sondern außerdem vom Schneidenwinkel und, nicht zu vergessen, besonders auch vom Anwenderverhalten. Das Schanz schneidet in dieser Disziplin jedenfalls ganz hervorragend ab und auch das Kanetsugu bleibt sehr lange scharf, trotz relativ geringer Klingenhärte. Die dünne Klingengeometrie der beiden Messer wirkt sich eben positiv auf deren Schneidhaltigkeit aus. Die relativ dicke Klinge des Hiromoto ist hier ein Nachteil und es muss sich noch zeigen, ob es aufgrund seiner Aogami Super Schneidlage trotzdem in dieser Disziplin die Nase vorn haben wird. Ich glaube aber eher, dass es sich zwischen Schanz und Kanetsugu einordnen wird.
Und nochmal zur Schärfbarkeit: Ich war überrascht, wie einfach sich das Schanz schleifen lässt – vom Aufwand her ungefähr gleich das Hiromoto. Mit ein bißchen Schleiferfahrung kein Problem. Das Kanetsugu zu schleifen ist mit der Mauspad-Methode auch recht einfach. Allerdings ist auch hier ein bißchen Übung erforderlich, um den richtigen Schleifwinkel und –druck herauszufinden und um die Schneidenspitze zu treffen.
Fazit:
Platz 3:
Das Hiromoto ist insgesamt ein gutes Messer zu einem relativ günstigen Preis und ich arbeite gern damit. Es liegt gut in der Hand und erfüllt alle Aufgaben ganz ordentlich, wenn es auch nicht gerade der große Möhrenkiller ist. Dazu ist seine Klingengeometrie etwas zu grob und da hilft auch ein sehr guter Stahl wie der Aogami Super mit seiner hohen Härte nicht weiter.
Platz 2:
Hinter dem etwas gewöhnungsbedürftigen Äußeren des Kanetsugu verbirgt sich ein ganz tolles Messer: dünne Klingengeometrie, dadurch sehr schneidfreudig, schneidhaltig, leicht zu schärfen, und das zu einem sensationell günstigen Preis – was will man mehr! Das einzige, was diesem Messer fehlt, ist ein schöner Griff.
Platz 1:
Wesentlich teurer als die Konkurrenten, ist das Schanz jeden Cent seines Preises wert. Viel dünner kann ein Kochmesser kaum sein und entsprechend schwierig dürfte es sein, dessen Schneidfähigkeit zu übertreffen. Es spielt schon in einer anderen Liga als die beiden Konkurrenten und macht allein aus dem Grund mehr Freude, da es eine Sonderanfertigung nach eigenen Wünschen ist.
Gruß
Pflaster
Ich koche täglich für unseren Zwei-Personen-Haushalt und gelegentlich für 4-5 Personen. Da ich folglich keine großen Mengen an Lebensmitteln zu verarbeiten habe und glücklicherweise während des Kochens auch nicht dem häufigen Stress und Zeitdruck eines Profikoches ausgesetzt bin, gehöre ich zur Fraktion der 18cm-Klingen-Verwender. Ich mag leichte und handliche Messer, mit denen ich auch ohne Wiegeschnitt schnell, präzise und effektiv arbeiten kann. Irgendwie widerstrebt es mir, mit dünnen harten Schneiden wiegend auf dem Brett rumzutänzeln. Das überlasse ich lieber den Profis, die ihr Handwerk auch beherrschen und die dazu passenden Messer haben. Für mich habe ich eine Klingen schonende Arbeitsweise entwickelt, arbeite hauptsächlich mit dem drückenden Schiebeschnitt, vermeide unnötig harten Brettkontakt, benutzte weiche Kunststoffschneidbretter aus schwedischen Möbelhäusern. Ookami hatte neulich mal diesen Link angeführt:
http://www.youtube.com/watch?v=BisZ3nv6G3s
So schneide ich in etwa.
Die Messer im einzelnen:
Kanetsugu Pro M Gyuto 180 mm
Gewicht: 134 g
Gesamtlänge: 310 mm
Klingenlänge (Schneide): 180 mm
Klingenhöhe: 40 mm
Klingenmaterial: Molybdenum alloy high carbon stainless steel
Härte: HRC 57
Griffmaterial: Pakkawood
Preis: 65 Euro
Dieses Messer kaufte ich vor 5 Jahren. Ich hatte damals das Tojiro DP HQ Gyuto und das Kanetsugu zur Auswahl und entschied mich für Letzteres aufgrund seiner Klingengeometrie. Es reizte mich einfach, diese dünne Klinge auszuprobieren, obwohl ich ehrlich gesagt Bedenken hatte, ob die extrem fein ausgeschliffene Schneide auch stabil sein würde. Schließlich geht es hier um einen nicht besonders hoch gehärteten rostträgen Stahl, zu dessen chemischer Zusammensetzung keine genauen Angaben gemacht werden. Die Schärfe OOTB war herausragend im Vergleich mit meinen anderen Messern, ausgenommen das Sirou Kamo Kenyo mit Honbazuke. An der Verarbeitung gab es nichts zu meckern. Was mir bis heute nicht gefällt, ist das Aussehen des Griffs. Hier hat sich der Hersteller von den Mitbewerbern abzusetzen versucht, sehen doch die Yo-Griffe anderer Hersteller wie Masamoto, Hiromoto, Hattori, Misono, Ryusen, Tojiro oder Aoki alle ziemlich gleich aus. Ob man sich bei Kanetsugu damit jedoch einen Gefallen getan hat, ist aus meiner Sicht zumindest fraglich. Der Griff liegt zwar gut in meiner (mittelgroßen) Hand und ist sicherlich auch für große Hände gut geeignet, da er im Vergleich zu den meisten anderen Yo-Griffen in der Seitenansicht höher ist. Auch sind die einzigartigen Ausfräsungen durchdacht und lassen den kleinen Finger sich gut anschmiegen. Sie verleihen jedoch dem Griff in Kombination mit seinen ungewöhnlichen Proportionen ein sehr „gewöhnungsbedürftiges“ Aussehen. Das ist und bleibt letztlich natürlich Geschmacksache. Wichtiger ist da die Haptik, und die ist nicht schlechter als bei anderen Yo-Griffen.
Das Kanetsugu war über einen Zeitraum von 3,5 Jahren das meistgenutzte „Arbeitstier“ in meiner Küche. Wenn man sich die Klingengeometrie ansieht, dann verwundert es nicht, wie mühelos die dünne Klinge durch jedes Schnittgut gleitet. Ihre besondere Stärke ist die Verwendung für hartes Gemüse wie Möhren, Sellerie oder Fenchel. Aber nicht nur die Schneidfähigkeit der Klinge ist vorzüglich, auch die Schneidhaltigkeit ist ausgezeichnet. Das spricht dafür, dass man hier eine gelungene Kombination von Klingenmaterial, Wärmebehandlung und Klingengeometrie gefunden hat. Insbesondere muss der ballige Anschliff erwähnt werden, welcher der nicht sehr harten Schneide einerseits eine höhere Robustheit verleiht, andererseits ihre Schneidfähigkeit zusätzlich verbessert. Erfreulicherweise ist die Schneide trotz ihrer Feinheit nicht sehr empfindlich.
Geschärft wird das Messer mit der Mauspad-Methode. Mit etwas Übung erreicht man hier schnell sehr gute Ergebnisse. Wenn ein neuer Schliff notwendig geworden ist, beginne ich mit 1000er Nassschleifpapier auf dem Mauspad und schleife dann weiter mit Micro-Mesh Soft Pads (1500/4000/6000/8000/12000). Auf dem Pastenleder lässt sich sehr lange eine gute Schärfe erhalten.
Bewertung:
+ Preis-Leistung
+ geringes Gewicht
+ Unempfindlichkeit
+ feine Klingengeometrie
+ hervorragende Schneidfähigkeit
+ sehr gute Schneidhaltigkeit
+ einfache Schärfbarkeit
- optischer Eindruck
Schanz Custom Gyuto
Gewicht: 108 g
Gesamtlänge: 280 mm
Klingenlänge (Schneide): 174 mm
Klingenhöhe: 35 mm
Klingenmaterial: SB1
Härte: HRC 61
Griffmaterial: Micarta
Preis: 180 Euro
Vor 1,5 Jahren war Jürgen Schanz so nett, mir ein Gyuto nach meinen Wünschen zu machen. Da ich meine Messer sorgfältig behandle, bat ich darum, die Klinge in SB1 so dünn wie möglich auszuführen. Ich erhielt ein Messer, welches für mich keine Wünsche offen lässt. Naja, Lieferung in einer schönen Schachtel statt in Zeitung eingewickelt wäre irgendwie sexier gewesen. „Out of the newspaper“ war die Schärfe jedoch sehr gut. Die Klinge ist wirklich sehr dünn und extrem schneidfreudig und gleitet wunderbar durch jedes Schnittgut. Auch die Schneidhaltigkeit ist ausgezeichnet. Fast täglich im Gebrauch, habe ich das Messer in den 1,5 Jahren zweimal auf dem 2000er Shapton und BBB geschliffen, zwischendurch ließ sich die Gebrauchsschärfe mit dem Keramikschleifstab sehr schön erhalten. Erst für diesen Vergleichstest habe ich einen neuen Schliff angelegt auf folgenden Steinen: 300/1000/2000/BBB/dann Leder mit Paste. Haare spalten klappte an einer Stelle. Das Schleifen war auch für einen mittelmäßigen Schleifer wie mich sehr einfach; hatte ich mir schwieriger vorgestellt beim SB1. Das Messer ist übrigens sauber verarbeitet, mein bisher einziges mit schön abgerundetem Klingenrücken, und mit 108 Gramm sehr leicht. Der Micarta-Griff fühlt sich gut an und liegt perfekt in der Hand.
Bewertung:
+ geringes Gewicht
+ sehr dünne Klinge
+ hervorragende Schneidfähigkeit
+ sehr gute Schneidhaltigkeit
+ gute Schärfbarkeit
- nichts
Hiromoto Aogami Super Gyuto 180 mm
Gewicht: 148 g
Gesamtlänge: 310 mm
Klingenlänge (Schneide): 185 mm
Klingenhöhe: 40 mm
Klingenmaterial: Schneidlage Aogami Super, rostfreie Flanken
Härte: HRC 63-64
Griffmaterial: Staminawood
Preis: 100 Euro
Eine Mischung aus kindlicher Neugierde und günstigem Dollarkurs veranlasste mich vor einigen Wochen, mein erstes Messer aus Japan zu importieren. Das Hiromoto AS hat eine harte Schneidlage aus Aogami Super (HRC 63-64), flankiert von rostfreien Außenlagen. Erster Eindruck: ein schönes, perfekt verarbeitetes Messer. Nichts zu meckern. Schöner Griff aus Holzlaminat, liegt sehr angenehm in meiner Hand. Der Übergang zwischen Schneid- und Außenlagen sieht sehr schön aus. Mir gefällt der Kontrast der mittlerweile in Regenbogenfarben angelaufenen Schneide zu den blanken Flanken sehr gut.
Leider war die Schärfe OOTB nicht so toll. Mit etwas Mühe ließen sich zwei, drei Haare vom Arm abkratzen. Hm, das funktionierte damals sogar mit meinem neuen Güde Kochmesser (Klopper!) besser?! Da sich die Schneide aber eigentlich scharf anfühlte, hatte ich keine Lust, einen komplett neuen Schliff anzulegen, sondern benutzte nur den BBB sowie das Pastenleder, um eine ordentliche Schärfe rauszukitzeln. Ok, danach rasierte es und musste auch sogleich im Vergleichstest gegen das Kanetsugu und das Schanz antreten.
Mittlerweile ist das Hiromoto seit ca. 5 Wochen im Kücheneinsatz. Die Schneidhaltigkeit ist wie erwartet sehr gut. Einmal wurde es über den Keramikstab gezogen, was gut funktionierte. Alles in allem ein schönes Messer.
Bewertung:
+ Preis-Leistung
+ gute Schneidfähigkeit
+ sehr gute Schneidhaltigkeit
+ sehr einfache Schärfbarkeit
- etwas zu dicke Klinge
Zum Vergleich
Vergleich Klingengeometrie:
Zum besseren Verständis hier meine 7 Messpunkte der Klingendicke bildlich dargestellt:
Klingenrücken: 1 cm vor hinterem Ende der Klinge, Klingenmitte, Spitze
Halbe Klingenhöhe: dto
Direkt oberhalb der Fase bzw. des Anschliffs: dto
Alle Maße in mm
Die Zahlen bestätigen das, was man schon mit bloßem Auge sofort erkennen kann: das Hiromoto hat von den dreien die dickste Klinge. Auf halber Klingenhöhe ist das Kanetsugu hinten rund 26 %, in der Mitte rund 21 % dünner. Das Schanz ist in diesem Bereich sogar 35 % (hinten) und 45 % (Mitte) dünner. Und das macht sich beim Schneiden vor allem harter Gemüse deutlich bemerkbar.
Vergleich Klingendicke:
Voraussetzungen im ersten Vergleich:
Das Hiromoto hatte seinen Original-OOTB-Schliff, optimiert mit BBB und Pastenleder. Das Kanetsugu hatte ich vor ein paar Wochen geschliffen und danach praktisch nicht benutzt. Das Schanz erhielt für den Test einen frischen Schliff.
Nun durften sich die drei Messer an der Zubereitung eines Gemüseeintopfes beteiligen. Geschnitten wurden Zwiebeln, Möhren, Knollensellerie, Kartoffeln, Wirsing und Lauch. Das Hiromoto machte seine Sache gut; mit dem Messer lässt es sich gut arbeiten. Aber das Kanetsugu ging deutlich spürbar leichter durch alle Gemüse hindurch. Es ist durch seine feinere Klingengeometrie hier einfach im Vorteil. Jedoch wurde auch das Kanetsugu wiederum deutlich vom Schanz-Gyuto übertroffen. Dieses Messer verfügt aufgrund seiner sehr dünnen Klinge über eine hervorragende Schneidfähigkeit. Mit ganz wenig Druck lassen sich auch die harten Gemüse ganz leicht zerteilen und kleinwürfeln. Im Druckschnitt-Vergleich ist der Unterschied zu den Konkurrenten nicht ganz so groß, im Zugschnitt aber ist das Schanz deutlich überlegen.
Um dem Hiromoto noch eine Chance zu geben, habe ich für einen zweiten Vergleich nochmal alle drei Messer frisch geschärft. Das Schanz wurde nochmals auf dem Pastenleder abgezogen. Dann habe ich das Kanetsugu auf den Micro-Mesh Soft Pads (1500/4000/8000/12000) + Pastenleder nachgeschliffen. Das Hiromoto bekam einen neuen Schliff (1000/2000/BBB/Pastenleder) und war nun deutlich schärfer als beim ersten Vergleich. Das Schleifen des Aogami Super ging recht einfach. Die Schneide war nun etwas schärfer als die des Kanetsugu, wie sich beim Schnitt durch Zeitungspapier zeigte.
Geschnitten wurde nun Gemüse und Obst für meine Hunde, die gebarft werden (Möhren, Kohlrabi, Fenchel, Äpfel) und später für eine Gemüsepfanne Julienne Kartoffeln, Möhren, Zwiebeln, Zucchini.
Das Hiromoto machte nun einen etwas besseren Eindruck, ging ganz gut durch das Schneidgut. Aber wiederum ging mit dem Kanetsugu alles etwas leichter, trotz geringerer Schärfe. Durch den Fenchel ging es sogar wesentlich besser. Dass zeigt deutlich, wie entscheidend wichtig eine schlanke Klingengeometrie für eine gute Schneidfähigkeit ist, vor allem wenn es um das Schneiden von hartem Gemüse geht. Hier ist das Hiromoto trotz momentan etwas höherer Schärfe dem Kanetsugu klar unterlegen.
Aber wiederum zog das Schanz beiden Konkurrenten in Sachen Schneidfähigkeit deutlich davon. Seine dünnere Klinge macht es einfach überlegen und ich vermute, dass es auch andere rostträge Messer aus Serienproduktion schwer haben werden, die Schneidfreudigkeit dieses Messers zu übertrumpfen. Ich erwähnte ja eingangs, dass ich Jürgen Schanz gebeten hatte, die Klinge aus SB1 wirklich auszureizen, was die Klingendicke betrifft. Bei Serienproduktionen wird man es sich kaum leisten können, so nah ans Limit zu gehen wie in diesem Fall.
Nochmal kurz zum Thema Schneidhaltigkeit: Diese hängt ja nicht nur vom Klingenstahl und dessen Wärmebehandlung ab, sondern außerdem vom Schneidenwinkel und, nicht zu vergessen, besonders auch vom Anwenderverhalten. Das Schanz schneidet in dieser Disziplin jedenfalls ganz hervorragend ab und auch das Kanetsugu bleibt sehr lange scharf, trotz relativ geringer Klingenhärte. Die dünne Klingengeometrie der beiden Messer wirkt sich eben positiv auf deren Schneidhaltigkeit aus. Die relativ dicke Klinge des Hiromoto ist hier ein Nachteil und es muss sich noch zeigen, ob es aufgrund seiner Aogami Super Schneidlage trotzdem in dieser Disziplin die Nase vorn haben wird. Ich glaube aber eher, dass es sich zwischen Schanz und Kanetsugu einordnen wird.
Und nochmal zur Schärfbarkeit: Ich war überrascht, wie einfach sich das Schanz schleifen lässt – vom Aufwand her ungefähr gleich das Hiromoto. Mit ein bißchen Schleiferfahrung kein Problem. Das Kanetsugu zu schleifen ist mit der Mauspad-Methode auch recht einfach. Allerdings ist auch hier ein bißchen Übung erforderlich, um den richtigen Schleifwinkel und –druck herauszufinden und um die Schneidenspitze zu treffen.
Fazit:
Platz 3:
Das Hiromoto ist insgesamt ein gutes Messer zu einem relativ günstigen Preis und ich arbeite gern damit. Es liegt gut in der Hand und erfüllt alle Aufgaben ganz ordentlich, wenn es auch nicht gerade der große Möhrenkiller ist. Dazu ist seine Klingengeometrie etwas zu grob und da hilft auch ein sehr guter Stahl wie der Aogami Super mit seiner hohen Härte nicht weiter.
Platz 2:
Hinter dem etwas gewöhnungsbedürftigen Äußeren des Kanetsugu verbirgt sich ein ganz tolles Messer: dünne Klingengeometrie, dadurch sehr schneidfreudig, schneidhaltig, leicht zu schärfen, und das zu einem sensationell günstigen Preis – was will man mehr! Das einzige, was diesem Messer fehlt, ist ein schöner Griff.
Platz 1:
Wesentlich teurer als die Konkurrenten, ist das Schanz jeden Cent seines Preises wert. Viel dünner kann ein Kochmesser kaum sein und entsprechend schwierig dürfte es sein, dessen Schneidfähigkeit zu übertreffen. Es spielt schon in einer anderen Liga als die beiden Konkurrenten und macht allein aus dem Grund mehr Freude, da es eine Sonderanfertigung nach eigenen Wünschen ist.
Gruß
Pflaster