Hohenmoorer Yvo 1 zum Dritten, ein Bericht!

güNef

Premium Mitglied
Beiträge
5.766
Servus,

Hohenmoorer Yvo 1, Monostahlmesser aus Wälzlagerstahl 1.3505

attachment.php


Ein Forumit war so großzügig und hat an ein paar Kochmesserfreaks sein Yvo 1 verliehen, damit wir uns ein umfassendes und tatsächliches Bild von dem Messer machen können und eben nicht nur die Werbebilder kennen.

Ich denke es ist weder nötig den Schmied Uli Hennicke noch die gesamte Hohenmoorer Produktpalette vorzustellen, wer hier regelmässig unterwegs ist, dem ist beides ein Begriff!

Das Yvo 1 positioniert sich in einem Preissegment in dem man nicht ohne zu zögern kauft, sondern gründlich mit Konkurrenzprodukten vergleicht um sein Geld gut und dauerhaft angelegt zu wissen.

Um 200,- Euro + gibt es schon eine Menge guter Kochmesser zu kaufen, also einen ziemlich gesättigten Markt. Hier dominieren Serienmesser aus Japan, die allerdings alle optisch zum Verwechseln ähnlich sind und aus deutschen Landen sind die großartigen Messer von Jürgen Schanz und die dünngeschliffenen Herder immer eine Bank. Die exzellenten Messerbauer, die Unikate fertigen lass ich mal aussen vor.

Uli hat für seine Messerreihe ein polarisierendes Äusseres und eine grundlegend andere Werkstoffauswahl getroffen, die sich deshalb deutlich von der Konkurrenz abhebt und aus der Masse herausleuchtet und hier in der Kochmesserecke eigentlich unterrepräsentiert ist.

Aussehen, Design, Werkstoffwahl und Massnahmen

Wälzlagerstahl, Messing, Eichenholz und gut ist.

Für mein Empfinden ist das Design eine Punktlandung! Das Messer hat mich vom ersten Moment an geflasht. Für mich ist das ein gelungener Crossover zwischen westlich-und östlichen Einflüssen.

Der octagonale Griff, der sich trotz seiner acht Kanten nicht an einem Wa-Griffdesign orientiert sondern durch die flach gehaltene Bauform immer noch dem Bild und Geschmack unserer Breiten entspricht. Kein Ho-Holz, keine Eibe, kein Ebenholz, sondern gute deutsche Eiche, natur gewachst oder würzig geräuchert und das riecht man tatsächlich.

attachment.php


attachment.php


attachment.php


Das Anlassfarbenspiel am Übergang zum Erl, das Funktionalität ( erhöht an dieser Stelle die Flexibilität) und einen markanten Akzent vereint, gefällt mir besonders gut. Ähnliches ist mir auch an Moritaka's bekannt, hier definieren an dieser Stelle die Metallfarben die Stahlsorte der Schneidlage und begründen sich durch eine patentierte Besonderheit von Klinge und Erl, aber das ist eine andere Geschichte.

attachment.php


Die Vorpatinierung durch Kaffee/Tee verleiht der Klinge ihren charakteristisch-matten Grauton. Dieser Grundfarbton bleibt auch nach Kontakt mit stark säurehaltigen Lebensmittel erhalten. Die Reaktivität des Wälzlagerstahls wird durch diese Massnahme so deutlich herabgesetzt, das weder Geruch noch Geschmack oder ein Anfärben heller Lebensmittel stattfindet.

attachment.php


Ich hatte ein Exemplar (Sonderserie Edition „Berlin kocht“von Messer-Holdorf) für 10 Tage zur Ansicht, (hier mit geräuchertem Eichengriffholz) an dem der Besitzer diese passive Patinaschicht abgeschliffen hat, so konnte ich ein bereits patiniertes mit einem blanken Yvo vergleichen. Die Reaktion des blanken Stahls war enorm. Bereits während dem Schneiden von Obst, konnte ich den Stahl „riechen“ und sofort bildete sich eine ausgeprägte Patina. Der Obstsalat schmmeckte danach nicht so wie ich es eigentlich gewöhnt bin.

P1070384.jpg P1070381.jpg P1070385.jpg

P1070396.jpg P1070397.jpg P1070398.jpg

Wenn ich beide Messer vergleiche, einmal vorpatiniert und einmal blank, dann verhält sich das wie ein rostträger zu einem rostfähigen Stahl.
Das Vorpatinieren macht also Sinn. Das Klingenprofil mit der markant abfallenden Spitze, die übrigens sehr fein ausgeschliffen ist und sich für präzises Arbeiten bestens eignet, ist ein weiteres Detail das Gleichermassen nützlich wie gefällig ist. Den Abschluss an Besonderheiten bietet das Messingblatt, das die Klinge spaltfrei aufnimmt und das Holz an dieser exponierten Stelle vor Feuchtigkeit und anderen Verschmutzungen/Belastungen schützt.

attachment.php


Geometrie und Stahl:

Jetzt wird’s spannend! Das erste Hohenmoorer das ich für ca 10 Tage Zuhause hatte, ist nach meinem Kenntnis-und Erfahrungsstand mit 0,42 mm/1mm hinter der Wate (praktisch über die gesamte Schneidenlänge) den robusten Klingen zuzuordnen. Eine ungemein stabile Schneide, die faktisch alles mitmacht. Allerdings bleibt eine Möhre milde lächelnd am Brett liegen und nimmt nicht gleich reißaus. :D Der Besitzer hat dies auch erkannt und hat versucht, die Geometrie nachträglich etwas abzuändern. Ob das jetzt erfolgreich war, oder bislang wirkunglos kann ich schwer sagen, da mir der Auslieferungszustand nicht bekannt ist. In Richtung Schneidfreude ist in jedem Fall noch gut Luft übrig. Da ich viele Klingen habe, die entweder geometrisch optimiert wurden, oder bereits im Lieferzustand wie der Teufel schneiden, ist mit diesem Messer keine besondere Freude beim Möhrenschneiden aufgekommen. Trotzdem hat mich das Messer in seinen Bann gezogen. Ich mag den Spirit und die Wärme, die das Yvo rüberbringt, es ist nicht so klinisch sauber und kalt, wie die Messer von Jürgen Schanz. Obwohl ich Holzgriffe an Kochmessern weniger mag, passt es hier ohne wenn und aber......

Gut! Eine Geometrie kann man verändern! So hab ich mir beim Messerkontor das letzte Exemplar gekauft und: ÜBERRASCHUNG!!

Bei meinem Hohenmoorer ist die Schneidfase um 2/3 schmäler und der Geometrieverlauf nicht wiederzuerkennen. Am Kehl sind es 1mm über der Wate 0,32mm, in der Schneidenmitte 0,28mm und knapp vor der Spitze 0,22mm! Der erste Möhrenschnitt hat die Zahlen bestätigt, das geht geräuschlos durch, zwar nicht so irre wie mein Kamo-To, aber absolut zufriedenstellend. Durch den etwas höheren Druck beim Schnitt, im Vergleich zum Kamo-To, verbeißt sich die Schneide im Brett, so das ich sogar ein wenig bremsen muss, so scharf ist das Teil. Wie kann es zu solchen Differenzen kommen? In Wahrheit sind das ein paar 1/10mm die an der richtigen Stelle über „schnittig oder nicht“ entscheiden. Jede Handarbeit bleibt Handarbeit und jeder Könner hat mal einen schlechten Tag, der die Routine bricht.

attachment.php


attachment.php


Die Messwerte eines dritten Hohenmoorer Yvo 1:

Rücken: 2,85mm, 2,15mm, 0,75mm

1mm über Wate: 0,4mm 0,25mm 0,25mm

1cm über Wate: 1,2 mm 0,9mm 0,75mm

Kehl: 2,1mm 1,5mm 0,4mm (an dieser Stelle abgerundet ab Werk)

Die Messwerte von meinem Hohenmoorer Yvo 1

Rücken: 3,00mm, 2,19mm, 0,31mm

1mm über Wate: 0,32mm, 0,28mm, 0,22mm

1cm über Wate: 1,27 mm, 1,14mm, 0,73mm

Kehl: 3,00mm, 1,54mm, 0,32mm (an dieser Stelle abgerundet ab Werk)

So gesehen kennen wir jetzt drei Exemplare, von denen zwei ausgezeichnet schneiden und alle drei sehr schön ausgefertigt sind.

Der Wälzlagerstahl 100CR6/1.3505 ist seit gut 100 Jahren im Einsatz und birgt keine Geheimnisse mehr. Auch das ist ein klares Statement, bei diesem Messer weiß man womit man schneidet,da wird kein Mysterium oder eine geheime Legierung daraus gemacht, wie es einige japanische Manufakturen gerne machen.

Zur Fertigungqualität:

Wenn ich jetzt sage „perfekt“ dann stimmt das zwar, schliesst aber nicht alle Komponeten mit ein. Hier steckt mehr drin, das ist mit Bedacht und Feeling gemacht. Ist mir in dieser Form noch selten untergekommen. Die Farben, die Materialien und die Form bilden hier ein gelungenes Ganzes. Das Teil hat Spirit und Wärme.

Messwerte/Gewicht + Balancepunkt:

Klingehöhe max: 47mm
Klingenlänge: 199mm
Grifflänge: 118mm
Gesamtlänge: 322mm
davon nutzbare Schneide: 190mm
Balancepunkt liegt 15 mm vor dem Kehl
Gewicht: (Küchenwaage) 128gr


Persönliches Sternchenschauen:

Legende: 5 Sterne = ausgezeichnet, 4 Sterne = sehr gut, 3 Sterne = zufriedenstellend, 2 Sterne = mässig, 1 Stern = Nein

Food release (Schnittgutfreisetzung): **
Schneidfähigkeit: ****
Finish: *****
Preis: (Rabatte inbegriffen) ****
Haptik: ***
Schneidkantenstabilität: ****
Schärfbarkeit: ****
Standzeit: ****
Schnittleistung: ****

Praxis:

Kritik zu der Griffform und dem Messingblatt habe ich schon wo gelesen. Beides sind individuell zu bewertende Punkte. Ich schneide nicht mehrere Stunden am Stück durch, von daher ist mir weder das Messingblatt im Pinch-Grip negativ aufgefallen noch wäre mir der Griff zu (scharf) kantig oder zu flach. Der Klingenrücken ist gebrochen, der Kehl ebenso und die Kante Schneide/Kehl ist abgerundet. An und mit diesen Stellen gibt es keine Probleme. Für Profiköche kommt ein solches Messer ohnehin nicht in Frage und ja, es gibt Messer und Griffformen die Haptisch besser sind. Meistens sind es funktionale „Uniformen“ ohne Eigenständigkeit.

attachment.php


attachment.php


Das geliehen Yvo hat einen mit Schmirgelpapier bearbeiteten Griff, der Haptisch an die Vorlieben des Besitzers angepasst wurde und dessen Konturen dadurch weicher geworden sind. Damit kann man auch länger problemlos arbeiten. Ich finde die klar definierten Kanten griffiger und schon sind wir wieder bei persönlicher Präferenz.

Das Auge isst bekanntlich mit und wenn einem ein Messer vom Design missfällt, dann wird der Tenor kritischer und umgekehrt verhält es sich ähnlich. Wer bei Bewusstsein ist, kann da schon ein wenig gegenhalten, aber wir sind alle nur Menschen.

Ganz Persönlich:

Einige der letzten Vorstellungen im Küchenmesserunterforum bewegen sich zum Teil in einem Preisbereich von mehreren Hundert Euro. Bei nicht wenigen liest man, das weder die Verarbeitungsqualität, z.B. Kato oder Shigefusa, noch die Schneidfreude mithalten können. Beim Kato ist die Stahlsorte nicht ganz klar.
Trotzdem haben diese Messer das gewisse Etwas, werden global gehypt und sind kaum bis gar nicht zu bekommen. Wartezeiten bis zu zwei Jahren. Es gibt japanische Messer um viel Geld, die haben eine Plastikzwinge.............!?

Fazit:

Das Yvo ist ein deutsches Qualitätsprodukt, das International gewiss mithalten kann. Alle Bauteile wurden überlegt gewählt und ergeben ein stimmiges Ganzes. Es gibt keine geheimen Materialien. Das Messer wurde mit Sorgfalt zusammengebaut. Es hat eine Weile gebraucht aber jetzt habe ich auch eines und das ist gut so. ;)

Es folgt in noch unbestimmter Zeit ein großer Vergleich zwischen Yvo1/Schanz Gyuto/Herder 1922/K-Sabatier 200/8

Gruß, güNef
 
Moin Günter
Tja Was soll ich sagen :Toller Bericht mit tollen Bildern ,was mich direkt dazu angeregt hat mal bei Messer-Holdorf anzurufen wegen der unterschiedlichen Geometrien .Er hat mir nochmals versichert ,das die Klingen alle aus der selben "Kiste" kommen und sich direkt bereit erklärt das Ding auszudünnen .Die haben ja ne eigne SChleiferei .Wie der Zufall es will ,bin ich dieses WE in Berlin ,ich werde berichten in der Hoffnung ,das Yvo bis Donnerstag wieder hier ist .Ich werd diesmal auf jeden Fall ne Möhre mitnehmen :D .
Aber zurück zu deinem Bericht :beeindruckend welche Details du so wahrnimmst .Also am Griff riechen fand ich schon amüsant und wenn zur guten alten "deutschen Eiche" auch noch eine Klinge aus "deutschen Kruppstahl" gekommen wäre ,hätt ich mir ernsthaft Sorgen bereitet um euch Österreicher .Jaja ich weiß-bei diesem Thema scherzt man nicht !
Danke für diesen Bericht und ich freu mich schon auf deinen "europäischen Vergleich"
Grüße aus dem Norden
 
Bei meinem Hohenmoorer ist die Schneidfase um 2/3 schmäler und der Geometrieverlauf nicht wiederzuerkennen. Am Kehl sind es 1mm über der Wate 0,32mm, in der Schneidenmitte 0,28mm und knapp vor der Spitze 0,22mm! Der erste Möhrenschnitt hat die Zahlen bestätigt, das geht geräuschlos durch, zwar nicht so irre wie mein Kamo-To, aber absolut zufriedenstellend. Durch den etwas höheren Druck beim Schnitt, im Vergleich zum Kamo-To, verbeißt sich die Schneide im Brett, so das ich sogar ein wenig bremsen muss, so scharf ist das Teil. Wie kann es zu solchen Differenzen kommen? In Wahrheit sind das ein paar 1/10mm die an der richtigen Stelle über „schnittig oder nicht“ entscheiden. Jede Handarbeit bleibt Handarbeit und jeder Könner hat mal einen schlechten Tag, der die Routine bricht.


Wenn ich jetzt sage „perfekt“ dann stimmt das zwar, schliesst aber nicht alle Komponeten mit ein. Hier steckt mehr drin, das ist mit Bedacht und Feeling gemacht. Ist mir in dieser Form noch selten untergekommen. Die Farben, die Materialien und die Form bilden hier ein gelungenes Ganzes. Das Teil hat Spirit und Wärme.


Einige der letzten Vorstellungen im Küchenmesserunterforum bewegen sich zum Teil in einem Preisbereich von mehreren Hundert Euro. Bei nicht wenigen liest man, das weder die Verarbeitungsqualität, z.B. Kato oder Shigefusa, noch die Schneidfreude mithalten können. Beim Kato ist die Stahlsorte nicht ganz klar.

Hi güNef,

Toller Bericht mit wie üblich bei Dir Super Bildern über ein interessantes Messer.
Unheimlich detailliert und mit persönlicher Note, schön zu lesen.

Bei einigen Aussagen ich jedoch nicht so ganz zustimmen.

Normalerweise zeichnet es den Könner ja aus das er keine schlechte Tage hat und wenn doch kommt das Produkt nicht in den Umlauf sondern in die Tonne.


Bei Kato und Shigefusa bin ich der Meinung das es sich um keinen "Hype" sondern einfach um Klasse Messer handelt.
Und wenn du die Preise bei Hohenmoorer für ein Dreilagen oder Damast Messer Vergleichst bist du auch in anderen Preislagen, in ganz andern.


Was dieses Feeling bei dem Messer angeht, das kann ich gut Nachvollziehen.

Gruß Klaus
 
@ güNef

Klasse Vorstellung eines ungewöhnlichen Kochmessers. Sehr facettenreich beschrieben. Bei der Klingenform ist dem Uli Hennicke für meinen Geschmack ein ganz großer Wurf gelungen. Leider gefällt mir, wie wohl vielen anderen auch, der Griff nicht so gut. Die Zwinge aus Messing ist für mein ästhetisches Empfinden eine Design-Katastophe. Der kantige Griff passt eigentlich gut zum Klingendesign. Ein runder Griff wäre da eher deplaziert.

Auf den Vergleich mit den von Dir erwähnten Konkurrenzprodukten bin ich ebenfalls sehr gespannt. Habe mir vor Kurzem ein großes Herder 1922 zugelegt und bin von der Schnittleistung positiv überrascht; fast schon begeistert. Preislich liegen die beiden Messer, wenn man die Walnussvariante beim Herder heranzieht gleich auf, obwohl dann doch der große Unterschied darin besteht, dass Uli Hennickes Yvo handgeschmiedet ist.

Gruß, kup
 
Zuletzt bearbeitet:
Schönes Review, schöne Bilder, danke. Ich gehöre zu denenjenigen, denen die Optik der Hohenmoorer Yvos gut gefällt, vor allem die der Drei-Lagen-Messer.

Die Vorpatinierung durch Kaffee/Tee verleiht der Klinge ihren charakteristisch-matten Grauton. Dieser Grundfarbton bleibt auch nach Kontakt mit stark säurehaltigen Lebensmittel erhalten. Die Reaktivität des Wälzlagerstahls wird durch diese Massnahme so deutlich herabgesetzt, das weder Geruch noch Geschmack oder ein Anfärben heller Lebensmittel stattfindet.

Ich hatte ein Exemplar (Sonderserie Edition „Berlin kocht“von Messer-Holdorf) für 10 Tage zur Ansicht, (hier mit geräuchertem Eichengriffholz) an dem der Besitzer diese passive Patinaschicht abgeschliffen hat, so konnte ich ein bereits patiniertes mit einem blanken Yvo vergleichen. Die Reaktion des blanken Stahls war enorm. Bereits während dem Schneiden von Obst, konnte ich den Stahl „riechen“ und sofort bildete sich eine ausgeprägte Patina. Der Obstsalat schmmeckte danach nicht so wie ich es eigentlich gewöhnt bin.

Wenn ich beide Messer vergleiche, einmal vorpatiniert und einmal blank, dann verhält sich das wie ein rostträger zu einem rostfähigen Stahl.
Das Vorpatinieren macht also Sinn.

Bezogen auf die Vorpatinierung kann man geteilter Meinung sein. Japanische Köche z.B. halten ihre Klingen sauber und patinafrei (Quelle: Jon Broida). Das ist eine ganze andere Ästhetik. Patina ist dort mit dem Eindruck der Nachlässigkeit verbunden. Auch ich habe mir angewöhnt, die Messer in regelmäßigen Abständen von der Patina zu befreien und zu polieren.

Wenn man die Patina unbedingt braucht, um Geschmacksbeeinflussung zu verhindern, ist m.E. der Stahl nicht glücklich gewählt. Ein charakteristisch matter Grauton mag manchen gefallen, prinzipiell sollte man aber die Wahl haben ihn beizubehalten oder nicht, ohne die Eigenschaften des Messers gravierend zu verändern.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei einigen Aussagen ich jedoch nicht so ganz zustimmen.

Ist auch überhaupt nicht nötig. ;)

Normalerweise zeichnet es den Könner ja aus das er keine schlechte Tage hat und wenn doch kommt das Produkt nicht in den Umlauf sondern in die Tonne.

Nun, hier muss man differenzieren. Wenn du dir ein Hohenmoorer Yvo kaufst und es ist makellos verarbeitet, was soll dann in der Tonne landen? Nirgends steht geschrieben, dass der Anschliff einen gewissen Messwert über-oder unterschreiten darf. Hast du keinen Vergleich zu einem oder mehreren Yvo's wirst du nur allgemein die Schneidfähigkeit beurteilen. Und die war beim geliehenen Hohenmoorer wirklich nicht berauschend.

Jetzt weiß ich aber, das es auch deutlich besser ausgeschliffene Exemplare gibt. Das nicht jeder Anschliff zu 100% reproduzierbar ist und es dadurch innerhalb einer Serie zu spürbaren Unterschieden kommen kann ist wohl unvermeidlich. Kiam hat eine solche "Serienstreuung" schon oft kritisiert, z.B. beim CarboNext oder beim K-Sabatier 200/8, aber was willst du dagegen tun? Auch bei einem Schanz ist nicht jeder Anschliff ident.

Nur bieten ein paar 1/10mm Differenz im Anschliff bei einem ansonsten 100% Top verarbeiteten Messer keine Rechtfertigung für eine Reklamation oder gar einen Wurf in die Tonne! :confused: Es gibt wohl nur eine Handvoll Narren, die jedes neue Messer mit einer digitalen Schiebelehre vermessen und mit Makroobjektiv oder Lichtlupe die Schneide kontrollieren, oder gar den Schneidenwinkel nachmessen! :irre:

Dann dürften sehr viele Messer aus japanischer Fertigung, sei es Großserie oder traditionelle Schmieden/Manufakturen nicht in den Handel kommen, denn was hier oft an Schlampereien, auch im gehoben Preissegment verkauft wird ist milde gesagt unverfroren! :argw:

Bei Kato und Shigefusa bin ich der Meinung das es sich um keinen "Hype" sondern einfach um Klasse Messer handelt.

Es liegt mir fern, diese Messer abzuqualifizieren, noch dazu wo ich selber keines habe und nur eure Berichte kenne. Aber einem Kato sieht man eine "robuste" Geometrie nach, wie auch einem Shigefusa. Hier spricht man von einem Geometrieverlauf der gewollt von sehr fein bis robust angeschliffen ist. Dimm hat der Klinge einen neuen Schneidenwinkel verpasst und spricht von einer deutlichen Steigerung! :staun:
Ich meine, das Messer kostet 469,- Euro!

Mein Yvo bedarf absolut keiner Nachbehandlung, weder der Geometrieverlauf noch die Auslieferungsschärfe, noch sonst eine Stelle an diesem Messer bedarf einer Nachbesserung. Und hat mich durch Rabatte und Abverkauf ca 1/3 gekostet. Und das macht nachdenklich!

Das ist nach meiner Erfahrung nicht die Regel, sondern die Ausnahme und deshalb frage ich, warum wir, mich eingeschlossen, oft Messer um viel Geld kaufen und große und kleine Nachlässigkeiten akzeptieren und oft nicht einmal den Stahl kennen, weil ein Geheimnis daraus gemacht wird.

Und wenn du die Preise bei Hohenmoorer für ein Dreilagen oder Damast Messer Vergleichst bist du auch in anderen Preislagen, in ganz andern.

Da bin ich ganz bei dir, aber auch japanische Schmieden können gute Preislagen! :D

"Zitat von Pierknüppel

Er hat mir nochmals versichert ,das die Klingen alle aus der selben "Kiste" kommen und sich direkt bereit erklärt das Ding auszudünnen .Die haben ja ne eigne SChleiferei

Na prima und bis zum Donnerstag sollte sich das schon ausgehen! :super:


Gruß, güNef
 
@ Atlantik : Dieses Messer ist kein japanisches und auch nicht für den japanischen Markt und dessen Kultur gedacht .Wenn du die jap. Kultur voll und ganz ausleben möchtest ,ist das natürlich dein gutes Recht .Aber in Europa ist dieser Stahl auch für Messer ein anerkannt Guter .Und man kann sich nicht aus allen (dir oder auch mir bekannten) Kulturen das angeblich beste Raussuchen und ohne historischen Hintergrund anderes kritisieren .Das funktioniert schon wegen der viel zu verschiedenen Sichtweisen der ebenso verschiedenen Kulturen nicht .
@ all : "Montags-Produkte" gibt es überall , selbst bei Mercedes kommen solche Autos mal auf den Markt ,aber das lässt sich alles regulieren und mein Pech erhöht die Wahrscheinlichkeit des nächsten Käufers auf ein gutes Messer (Produkt)
In diesem Sinne immer positiv denken
Jenner
 
Moin,

und Yvo1 zum Vierten... :D

Aber erstmal danke güNef für dieses schöne Review. Man liest förmlich wie dir das Messer gefällt :super:

Der Jens hatte mir freundlicherweise sein Hohenmoorer ebenfalls zum Test zur Verfügung gestellt. Eigentlich wollte ich daraufhin ein Review schreiben aber güNef hat eigentlich schon alles an Fakten genannt was zu nennen wäre.


attachment.php


attachment.php



Leider kam das Messer ja nicht ganz im Originalzustand bei mir an, weshalb ich mir keine abschließenden Urteile über Geometrie und Food release... den release gab es dabei nicht wirklich... erlauben möchte. Auf den Bildern ist übrigens grade frisch die Patina entfernt. Das Resultat nach Lebensmittelkontakt kann man ja in güNefs Post bewundern.

Der Stahl 1.3505 ist mir recht gut bekannt. Immerhin besitze ich (teils schon recht lange) zwei Koraats aus diesem Stahl und auch ein Schanz durfte ich für einige Zeit testen. Meiner Meinung nach ist es ein hervorragender Stahl für Messer, insbesondere für richtige Arbeitsgeräte. Die Schnitthaltigkeit ist ganz klar die Stärke des Stahls und auch die Stärke des hier vorgestellten Messers. Inwieweit man mit der Patina leben kann sei dahingestellt. Meine Koraats jedenfalls haben eine Kaffeepatina und ich störe mich nicht dran. Auch wenn ich sie nicht bei allen meiner Messer haben wollen würde...


attachment.php


attachment.php



Jedoch fällt mein persönliches Fazit auch zu den übrigen Aspekten bedingt durch persönliche Präferenzen etwas anders aus als bei güNef. Neben Geometrie, Serienschwankung und Klebefaktor - worüber ich hier wiegesagt nicht urteilen will - stören mich insbesondere 2 Punkte an dem Messer.

1. Der Griff

Mir persönlich (arbeite ebenfalls im Pinchgrip) liegt der Griff überhaupt nicht - weder ergonomisch, noch haptisch, noch optisch noch vom Konzept her. Die kantige Messingzwinge fällt mir schon nach kurzer Zeit auf. Das Griffholz empfinde ich als haptisch wenig ansprechend und eher "billig" wirkend auch wenn mir die Farbe etc. eigentlich zusagt.


attachment.php


attachment.php



Dazu kommt, dass ich den Griff etwas zu flach finde. Ich vermute hauptsächlich deshalb liegt er mir nicht besonders gut in der Hand. Hier mal im Vergleich zum Herder 1922 und meinem Koraat Gyuto.


attachment.php



2. Das Klingenprofil

Ich arbeite vorwiegend im Druckschnitt, choppe, manchmal kommen auch leichte Wiegebewegungen mit ins Spiel. Reiner Wiegeschnitt kommt bei mir so gut wie nie vor und reiner Zugschnitt bei Gemüse und Obst eigentlich auch nicht. Nun ist es so, dass da nun grade die Stärken des Profils des Hohenmoorers liegen. Druckschnitt klappt nicht wirklich gut und Choppen kann man aufgrund des doch recht abgerundeten Profils eh ziemlich vergessen. Das Yvo1 und ich sind in der Hinsicht wohl nicht kompatibel...


attachment.php


attachment.php



Die Spitze empfinde ich übrigens zwar als sehr "spitz", jedoch als nicht außerordentlich dünn. Waagerechte Schnitte bei den Zwiebeln können da andere Gyutos "gängiger" Klingenformen deutlich besser.

Was man dem Messer zweifellos zu Gute halten muss ist die allgemeine Verarbeitungsqualität und die Schnitthaltigkeit des Stahls. Da führt kein Weg dran vorbei. Mein Messer ist es aus den genannten Gründen nicht. Wem es gefällt... bitte sehr.

Trotzdem ganz herzliches Dankeschön nochmal fürs Testen dürfen! :)


Gruß, Gabriel
 
Zuletzt bearbeitet:
Dieses Messer ist kein japanisches und auch nicht für den japanischen Markt und dessen Kultur gedacht .Wenn du die jap. Kultur voll und ganz ausleben möchtest ,ist das natürlich dein gutes Recht .

Will ich nicht, ich spreche nicht einmal Japanisch.:staun: Mir gefällt Patina nur einfach nicht, gebe aber gerne zu, dass das Geschmackssache ist, vor allem wenn sie so gleichmäßig und kontrolliert durchgeführt worden ist wie beim Yvo.

Auch Geschmackssache - und zwar im eigentlichen Sinn - ist es, wenn die Reaktivität so weit geht, säurehaltige Lebensmittel sensorisch zu beeinträchtigen. Ich habe ein Shigefusa-Santoku, das das am Anfang getan hat, und habe das als Mangel empfunden, gerade bei einem Allround-Messer. Hat zum Glück nachgelassen.

Für mich persönlich ist daher die Alternative "entweder Patina oder Metallgeschmack" keine gute. Das liegt an meinen persönlichen Voraussetzungen und subjektiven Beurteilungskriterien, die keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit haben oder erheben wollen. Das mit den japanischen Köchen hätte ich daher auch weglassen können oder vielleicht sogar sollen. Sorry, wollte niemand zu nahe treten.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Atlantik : Is alles gut ,jeder darf seine Meinung vertreten solange es meine ist:D
@Gabriel Danke für deine kompetente Meinung
 
Zuletzt bearbeitet:
Servus,

Die Spitze empfinde ich übrigens zwar als sehr "spitz", jedoch als nicht außerordentlich dünn.

auch hier ist der Unterschied zu meinem deutlich spürbar! 0,31mm Rückendicke kurz vor der Spitze!

Was man dem Messer zweifellos zu Gute halten muss ist die allgemeine Verarbeitungsqualität und die Schnitthaltigkeit des Stahls. Da führt kein Weg dran vorbei. Wem es gefällt... bitte sehr.

So ist es und danke sehr! :D

Gruß, güNef
 
Servus,

hier mal ein paar Eindrücke aus der Praxis, also Möhren schneiden macht echt Spaß mir dem Yvo! :super: Das ist kein Kompromiss im Schneidgefühl, sondern geht wirklich super durch knackiges Schnittgut, ohne das danach die Schneide in irgend einer Form nachlässt.

attachment.php


Auch bei weichem und faserigem Schnittgut (grüner Spargel) ein glatter und sauberer Schnitt.

attachment.php


Der "food release" beim Räuchertofuwürfel schneiden ist dürftig, aber ich kenne kaum eine Klinge die das bei diesem klebrigen Zeug entschieden besser kann!

attachment.php


Lachswürfel gehen in einem Zug, blitzsauberer Schnitt und durch das vorpartinieren gibt's nicht das geringste Problem mit Fremdgeschmack oder Verfärbungen!

attachment.php


Auch kein Respekt vor Nüssen, Kernen und Bitterschokolade, der Schneidenwinkel, der Stahl und die Geometrie ergänzen sich bei diesem Messer wirklich hervorragend! Das würde ich mit keinem meiner dünnen Japaner machen!

attachment.php


Aktuell mein bevorzugtes Messer! :D

Gruß, güNef
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Günter
Freut mich ,das dir das Messer viel Spaß macht .Auch ich kann jetzt sagen ,das mir mein Yvo endlich Spaß macht .Hab es ja Samstag mal zu Messer-Holdorf (wo ich es ja auch gekauft habe) gebracht und ausdünnen lassen .Dann mit ner dicken (mitgebrachten) Möhre ein paar mal getestet und ich war begeistert .Der Mann weiß ,was er macht ,hat ja mal Schleifer für med. Instrumente gelernt .Ist ein Tip für Leute in/um Berlin ,die nicht selber schleifen wollen und das Angebot an Küchen/Taschenmessern ist auch ganz nett .Auf meine Frage ,was es kostet sagte er : "Nichts ,ich will ja ,das meine Kunden hier zufrieden raus gehen."
Allen eine angenehme Arbeitswoche wünscht
Jens
 
Servus,

Auch ich kann jetzt sagen ,das mir mein Yvo endlich Spaß macht .Hab es ja Samstag mal zu Messer-Holdorf (wo ich es ja auch gekauft habe) gebracht und ausdünnen lassen .Dann mit ner dicken (mitgebrachten) Möhre ein paar mal getestet und ich war begeistert

genau so soll das sein, Kundenzufriedenheit als oberstes Ziel. Mit einer, in deinem Fall, korrigierten Geometrie spielt das Yvo unter den Allroundern ganz weit vorne mit. Als wirklichen Vorteil im Vergleich zu anderen rostfähigen Stählen, sehe ich hier das vorpatinieren. Ich würde keinesfalls darauf verzichten wollen. Abgesehen von der daraus resultierenden Reaktionsarmut, eigentlich reagiert der Stahl überhaupt nicht mehr mit und auf Lebensmittel, behält die Klinge ihre dunkelgraue Grundfarbe und changiert nur ganz leicht. Nach dem Abtrocknen sieht man auch keine Schlieren mehr, im Vergleich zu schön gefinishten Klingenspiegeln, die einen Pedanten immer fertig machen. :glgl:

Also ab in den Löskaffee damit! :D

Gruß, güNef
 
Moin
Ja die Klinge hatte schon letzten Sonntag ihr Kaffee-Bad und heute Nacht bekommt der Eichengriff noch ein mehrstündiges Oelbad .Morgen darf es sich noch in der Sonne ausruhen und dann steht einem problemlosen Küchenalltag nichts mehr entgegen .
Gruß Jens
 
Es folgt in noch unbestimmter Zeit ein großer Vergleich zwischen Yvo1/Schanz Gyuto/Herder 1922/K-Sabatier 200/8

Gruß, güNef

Dürfen wir noch hoffen ? Das wäre in Zeiten der "asiatischen Workhorse-Mania" eine erfrischende Alternative. :D:haemisch:

Grüße von einem überzeugten Europäer

kup
 
Servus,

Dürfen wir noch hoffen ? Das wäre in Zeiten der "asiatischen Workhorse-Mania" eine erfrischende Alternative.
Grüße von einem überzeugten Europäer

Gewiss, gewiss, dazu müssen sich aber alle Kontrahenten die Leihweise zum Testen unterwegs sind, wieder rund um mein Schneidbrett einfinden...;)

Gruß, güNef
 
Hallo zusammen,

zunächst mal ein großes Lob für dieses Review, das wirklich einen durch schöne Bilder unterstützten und umfassenden Überblick über das Yvo 1 gibt.

Ich schaue schon eine Weile immer wieder nach diesem Messer und finde die Optik einfach ansprechend.
Ein widerstandsfähiges Messer, das dennoch über respektable Schneideigenschaften verfügt, steht bei mir derzeit ganz oben auf der Liste.

Leider gibt es bisher kaum Bilder von bereits länger benutzten Messern. Mich interessieren insbesondere die Veränderungen der Patina.
Auf den Bildern des Nachtrags sieht diese nach wie vor ebenso schön gleichmäßig grau aus wie im Auslieferungszustand.
Hat sich da bisher etwas verändert oder ist der Zustand als langanhaltend wenn nicht gar dauerhaft anzusehen?

In einem anderen Forum ist ein Bild zu sehen, das eine sehr fleckige Patina zeigt, die dem Messer nach meinem Geschmack weniger gut steht.
Ob diese durch normalen Gebrauch entstanden ist oder durch Versuche eine gleichmäßige Patina erneut zu erzwingen ist leider nicht erkenntlich.

Gruß David
 
Servus,

Mich interessieren insbesondere die Veränderungen der Patina.
Auf den Bildern des Nachtrags sieht diese nach wie vor ebenso schön gleichmäßig grau aus wie im Auslieferungszustand.
Hat sich da bisher etwas verändert oder ist der Zustand als langanhaltend wenn nicht gar dauerhaft anzusehen?

also wenn du mich fragst verändert sich die Patina nur in sehr geringem Ausmaß, natürlich zeigen sich Spuren, aber verglichen mit den üblichen unbehandelten Eisenflanken von japanischen Dreilagenklingen ist das praktisch nichts. Ich verwende das Yvo jetzt seit einigen Wochen täglich und schneide viel Obst und Gemüse damit, es ist klar mein reaktionsärmstes C-Stahlmesser.

Hier ein Bild frisch aus der Box und noch mit Ölfilm:

attachment.php


Hier ein Bild frisch von Heute Nachmittag:

attachment.php


Gruß, güNef
 
Vielen Dank für das Aufnehmen und Einstellen der Bilder.

Da hat sich ja noch nicht viel verändert, kein Vergleich zu dem von mir angesprochenen Bild.
Sofern mir der Griff beim genaueren betrachten im Laden und in die Hand nehmen liegt, gibt es demnächst wohl ein weiteres Yvo hier im Forum :).

Messdaten kann ich im Falle einer Anschaffung dann auch gerne liefern, um die Streuung besser einschätzen zu können.
 
Zurück