güNef
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Servus,
Hohenmoorer Yvo 1, Monostahlmesser aus Wälzlagerstahl 1.3505
Ein Forumit war so großzügig und hat an ein paar Kochmesserfreaks sein Yvo 1 verliehen, damit wir uns ein umfassendes und tatsächliches Bild von dem Messer machen können und eben nicht nur die Werbebilder kennen.
Ich denke es ist weder nötig den Schmied Uli Hennicke noch die gesamte Hohenmoorer Produktpalette vorzustellen, wer hier regelmässig unterwegs ist, dem ist beides ein Begriff!
Das Yvo 1 positioniert sich in einem Preissegment in dem man nicht ohne zu zögern kauft, sondern gründlich mit Konkurrenzprodukten vergleicht um sein Geld gut und dauerhaft angelegt zu wissen.
Um 200,- Euro + gibt es schon eine Menge guter Kochmesser zu kaufen, also einen ziemlich gesättigten Markt. Hier dominieren Serienmesser aus Japan, die allerdings alle optisch zum Verwechseln ähnlich sind und aus deutschen Landen sind die großartigen Messer von Jürgen Schanz und die dünngeschliffenen Herder immer eine Bank. Die exzellenten Messerbauer, die Unikate fertigen lass ich mal aussen vor.
Uli hat für seine Messerreihe ein polarisierendes Äusseres und eine grundlegend andere Werkstoffauswahl getroffen, die sich deshalb deutlich von der Konkurrenz abhebt und aus der Masse herausleuchtet und hier in der Kochmesserecke eigentlich unterrepräsentiert ist.
Aussehen, Design, Werkstoffwahl und Massnahmen
Wälzlagerstahl, Messing, Eichenholz und gut ist.
Für mein Empfinden ist das Design eine Punktlandung! Das Messer hat mich vom ersten Moment an geflasht. Für mich ist das ein gelungener Crossover zwischen westlich-und östlichen Einflüssen.
Der octagonale Griff, der sich trotz seiner acht Kanten nicht an einem Wa-Griffdesign orientiert sondern durch die flach gehaltene Bauform immer noch dem Bild und Geschmack unserer Breiten entspricht. Kein Ho-Holz, keine Eibe, kein Ebenholz, sondern gute deutsche Eiche, natur gewachst oder würzig geräuchert und das riecht man tatsächlich.
Das Anlassfarbenspiel am Übergang zum Erl, das Funktionalität ( erhöht an dieser Stelle die Flexibilität) und einen markanten Akzent vereint, gefällt mir besonders gut. Ähnliches ist mir auch an Moritaka's bekannt, hier definieren an dieser Stelle die Metallfarben die Stahlsorte der Schneidlage und begründen sich durch eine patentierte Besonderheit von Klinge und Erl, aber das ist eine andere Geschichte.
Die Vorpatinierung durch Kaffee/Tee verleiht der Klinge ihren charakteristisch-matten Grauton. Dieser Grundfarbton bleibt auch nach Kontakt mit stark säurehaltigen Lebensmittel erhalten. Die Reaktivität des Wälzlagerstahls wird durch diese Massnahme so deutlich herabgesetzt, das weder Geruch noch Geschmack oder ein Anfärben heller Lebensmittel stattfindet.
Ich hatte ein Exemplar (Sonderserie Edition „Berlin kocht“von Messer-Holdorf) für 10 Tage zur Ansicht, (hier mit geräuchertem Eichengriffholz) an dem der Besitzer diese passive Patinaschicht abgeschliffen hat, so konnte ich ein bereits patiniertes mit einem blanken Yvo vergleichen. Die Reaktion des blanken Stahls war enorm. Bereits während dem Schneiden von Obst, konnte ich den Stahl „riechen“ und sofort bildete sich eine ausgeprägte Patina. Der Obstsalat schmmeckte danach nicht so wie ich es eigentlich gewöhnt bin.
Wenn ich beide Messer vergleiche, einmal vorpatiniert und einmal blank, dann verhält sich das wie ein rostträger zu einem rostfähigen Stahl.
Das Vorpatinieren macht also Sinn. Das Klingenprofil mit der markant abfallenden Spitze, die übrigens sehr fein ausgeschliffen ist und sich für präzises Arbeiten bestens eignet, ist ein weiteres Detail das Gleichermassen nützlich wie gefällig ist. Den Abschluss an Besonderheiten bietet das Messingblatt, das die Klinge spaltfrei aufnimmt und das Holz an dieser exponierten Stelle vor Feuchtigkeit und anderen Verschmutzungen/Belastungen schützt.
Geometrie und Stahl:
Jetzt wird’s spannend! Das erste Hohenmoorer das ich für ca 10 Tage Zuhause hatte, ist nach meinem Kenntnis-und Erfahrungsstand mit 0,42 mm/1mm hinter der Wate (praktisch über die gesamte Schneidenlänge) den robusten Klingen zuzuordnen. Eine ungemein stabile Schneide, die faktisch alles mitmacht. Allerdings bleibt eine Möhre milde lächelnd am Brett liegen und nimmt nicht gleich reißaus. Der Besitzer hat dies auch erkannt und hat versucht, die Geometrie nachträglich etwas abzuändern. Ob das jetzt erfolgreich war, oder bislang wirkunglos kann ich schwer sagen, da mir der Auslieferungszustand nicht bekannt ist. In Richtung Schneidfreude ist in jedem Fall noch gut Luft übrig. Da ich viele Klingen habe, die entweder geometrisch optimiert wurden, oder bereits im Lieferzustand wie der Teufel schneiden, ist mit diesem Messer keine besondere Freude beim Möhrenschneiden aufgekommen. Trotzdem hat mich das Messer in seinen Bann gezogen. Ich mag den Spirit und die Wärme, die das Yvo rüberbringt, es ist nicht so klinisch sauber und kalt, wie die Messer von Jürgen Schanz. Obwohl ich Holzgriffe an Kochmessern weniger mag, passt es hier ohne wenn und aber......
Gut! Eine Geometrie kann man verändern! So hab ich mir beim Messerkontor das letzte Exemplar gekauft und: ÜBERRASCHUNG!!
Bei meinem Hohenmoorer ist die Schneidfase um 2/3 schmäler und der Geometrieverlauf nicht wiederzuerkennen. Am Kehl sind es 1mm über der Wate 0,32mm, in der Schneidenmitte 0,28mm und knapp vor der Spitze 0,22mm! Der erste Möhrenschnitt hat die Zahlen bestätigt, das geht geräuschlos durch, zwar nicht so irre wie mein Kamo-To, aber absolut zufriedenstellend. Durch den etwas höheren Druck beim Schnitt, im Vergleich zum Kamo-To, verbeißt sich die Schneide im Brett, so das ich sogar ein wenig bremsen muss, so scharf ist das Teil. Wie kann es zu solchen Differenzen kommen? In Wahrheit sind das ein paar 1/10mm die an der richtigen Stelle über „schnittig oder nicht“ entscheiden. Jede Handarbeit bleibt Handarbeit und jeder Könner hat mal einen schlechten Tag, der die Routine bricht.
Die Messwerte eines dritten Hohenmoorer Yvo 1:
Rücken: 2,85mm, 2,15mm, 0,75mm
1mm über Wate: 0,4mm 0,25mm 0,25mm
1cm über Wate: 1,2 mm 0,9mm 0,75mm
Kehl: 2,1mm 1,5mm 0,4mm (an dieser Stelle abgerundet ab Werk)
Die Messwerte von meinem Hohenmoorer Yvo 1
Rücken: 3,00mm, 2,19mm, 0,31mm
1mm über Wate: 0,32mm, 0,28mm, 0,22mm
1cm über Wate: 1,27 mm, 1,14mm, 0,73mm
Kehl: 3,00mm, 1,54mm, 0,32mm (an dieser Stelle abgerundet ab Werk)
So gesehen kennen wir jetzt drei Exemplare, von denen zwei ausgezeichnet schneiden und alle drei sehr schön ausgefertigt sind.
Der Wälzlagerstahl 100CR6/1.3505 ist seit gut 100 Jahren im Einsatz und birgt keine Geheimnisse mehr. Auch das ist ein klares Statement, bei diesem Messer weiß man womit man schneidet,da wird kein Mysterium oder eine geheime Legierung daraus gemacht, wie es einige japanische Manufakturen gerne machen.
Zur Fertigungqualität:
Wenn ich jetzt sage „perfekt“ dann stimmt das zwar, schliesst aber nicht alle Komponeten mit ein. Hier steckt mehr drin, das ist mit Bedacht und Feeling gemacht. Ist mir in dieser Form noch selten untergekommen. Die Farben, die Materialien und die Form bilden hier ein gelungenes Ganzes. Das Teil hat Spirit und Wärme.
Messwerte/Gewicht + Balancepunkt:
Klingehöhe max: 47mm
Klingenlänge: 199mm
Grifflänge: 118mm
Gesamtlänge: 322mm
davon nutzbare Schneide: 190mm
Balancepunkt liegt 15 mm vor dem Kehl
Gewicht: (Küchenwaage) 128gr
Persönliches Sternchenschauen:
Legende: 5 Sterne = ausgezeichnet, 4 Sterne = sehr gut, 3 Sterne = zufriedenstellend, 2 Sterne = mässig, 1 Stern = Nein
Food release (Schnittgutfreisetzung): **
Schneidfähigkeit: ****
Finish: *****
Preis: (Rabatte inbegriffen) ****
Haptik: ***
Schneidkantenstabilität: ****
Schärfbarkeit: ****
Standzeit: ****
Schnittleistung: ****
Praxis:
Kritik zu der Griffform und dem Messingblatt habe ich schon wo gelesen. Beides sind individuell zu bewertende Punkte. Ich schneide nicht mehrere Stunden am Stück durch, von daher ist mir weder das Messingblatt im Pinch-Grip negativ aufgefallen noch wäre mir der Griff zu (scharf) kantig oder zu flach. Der Klingenrücken ist gebrochen, der Kehl ebenso und die Kante Schneide/Kehl ist abgerundet. An und mit diesen Stellen gibt es keine Probleme. Für Profiköche kommt ein solches Messer ohnehin nicht in Frage und ja, es gibt Messer und Griffformen die Haptisch besser sind. Meistens sind es funktionale „Uniformen“ ohne Eigenständigkeit.
Das geliehen Yvo hat einen mit Schmirgelpapier bearbeiteten Griff, der Haptisch an die Vorlieben des Besitzers angepasst wurde und dessen Konturen dadurch weicher geworden sind. Damit kann man auch länger problemlos arbeiten. Ich finde die klar definierten Kanten griffiger und schon sind wir wieder bei persönlicher Präferenz.
Das Auge isst bekanntlich mit und wenn einem ein Messer vom Design missfällt, dann wird der Tenor kritischer und umgekehrt verhält es sich ähnlich. Wer bei Bewusstsein ist, kann da schon ein wenig gegenhalten, aber wir sind alle nur Menschen.
Ganz Persönlich:
Einige der letzten Vorstellungen im Küchenmesserunterforum bewegen sich zum Teil in einem Preisbereich von mehreren Hundert Euro. Bei nicht wenigen liest man, das weder die Verarbeitungsqualität, z.B. Kato oder Shigefusa, noch die Schneidfreude mithalten können. Beim Kato ist die Stahlsorte nicht ganz klar.
Trotzdem haben diese Messer das gewisse Etwas, werden global gehypt und sind kaum bis gar nicht zu bekommen. Wartezeiten bis zu zwei Jahren. Es gibt japanische Messer um viel Geld, die haben eine Plastikzwinge.............!?
Fazit:
Das Yvo ist ein deutsches Qualitätsprodukt, das International gewiss mithalten kann. Alle Bauteile wurden überlegt gewählt und ergeben ein stimmiges Ganzes. Es gibt keine geheimen Materialien. Das Messer wurde mit Sorgfalt zusammengebaut. Es hat eine Weile gebraucht aber jetzt habe ich auch eines und das ist gut so.
Es folgt in noch unbestimmter Zeit ein großer Vergleich zwischen Yvo1/Schanz Gyuto/Herder 1922/K-Sabatier 200/8
Gruß, güNef
Hohenmoorer Yvo 1, Monostahlmesser aus Wälzlagerstahl 1.3505
Ein Forumit war so großzügig und hat an ein paar Kochmesserfreaks sein Yvo 1 verliehen, damit wir uns ein umfassendes und tatsächliches Bild von dem Messer machen können und eben nicht nur die Werbebilder kennen.
Ich denke es ist weder nötig den Schmied Uli Hennicke noch die gesamte Hohenmoorer Produktpalette vorzustellen, wer hier regelmässig unterwegs ist, dem ist beides ein Begriff!
Das Yvo 1 positioniert sich in einem Preissegment in dem man nicht ohne zu zögern kauft, sondern gründlich mit Konkurrenzprodukten vergleicht um sein Geld gut und dauerhaft angelegt zu wissen.
Um 200,- Euro + gibt es schon eine Menge guter Kochmesser zu kaufen, also einen ziemlich gesättigten Markt. Hier dominieren Serienmesser aus Japan, die allerdings alle optisch zum Verwechseln ähnlich sind und aus deutschen Landen sind die großartigen Messer von Jürgen Schanz und die dünngeschliffenen Herder immer eine Bank. Die exzellenten Messerbauer, die Unikate fertigen lass ich mal aussen vor.
Uli hat für seine Messerreihe ein polarisierendes Äusseres und eine grundlegend andere Werkstoffauswahl getroffen, die sich deshalb deutlich von der Konkurrenz abhebt und aus der Masse herausleuchtet und hier in der Kochmesserecke eigentlich unterrepräsentiert ist.
Aussehen, Design, Werkstoffwahl und Massnahmen
Wälzlagerstahl, Messing, Eichenholz und gut ist.
Für mein Empfinden ist das Design eine Punktlandung! Das Messer hat mich vom ersten Moment an geflasht. Für mich ist das ein gelungener Crossover zwischen westlich-und östlichen Einflüssen.
Der octagonale Griff, der sich trotz seiner acht Kanten nicht an einem Wa-Griffdesign orientiert sondern durch die flach gehaltene Bauform immer noch dem Bild und Geschmack unserer Breiten entspricht. Kein Ho-Holz, keine Eibe, kein Ebenholz, sondern gute deutsche Eiche, natur gewachst oder würzig geräuchert und das riecht man tatsächlich.
Das Anlassfarbenspiel am Übergang zum Erl, das Funktionalität ( erhöht an dieser Stelle die Flexibilität) und einen markanten Akzent vereint, gefällt mir besonders gut. Ähnliches ist mir auch an Moritaka's bekannt, hier definieren an dieser Stelle die Metallfarben die Stahlsorte der Schneidlage und begründen sich durch eine patentierte Besonderheit von Klinge und Erl, aber das ist eine andere Geschichte.
Die Vorpatinierung durch Kaffee/Tee verleiht der Klinge ihren charakteristisch-matten Grauton. Dieser Grundfarbton bleibt auch nach Kontakt mit stark säurehaltigen Lebensmittel erhalten. Die Reaktivität des Wälzlagerstahls wird durch diese Massnahme so deutlich herabgesetzt, das weder Geruch noch Geschmack oder ein Anfärben heller Lebensmittel stattfindet.
Ich hatte ein Exemplar (Sonderserie Edition „Berlin kocht“von Messer-Holdorf) für 10 Tage zur Ansicht, (hier mit geräuchertem Eichengriffholz) an dem der Besitzer diese passive Patinaschicht abgeschliffen hat, so konnte ich ein bereits patiniertes mit einem blanken Yvo vergleichen. Die Reaktion des blanken Stahls war enorm. Bereits während dem Schneiden von Obst, konnte ich den Stahl „riechen“ und sofort bildete sich eine ausgeprägte Patina. Der Obstsalat schmmeckte danach nicht so wie ich es eigentlich gewöhnt bin.
Wenn ich beide Messer vergleiche, einmal vorpatiniert und einmal blank, dann verhält sich das wie ein rostträger zu einem rostfähigen Stahl.
Das Vorpatinieren macht also Sinn. Das Klingenprofil mit der markant abfallenden Spitze, die übrigens sehr fein ausgeschliffen ist und sich für präzises Arbeiten bestens eignet, ist ein weiteres Detail das Gleichermassen nützlich wie gefällig ist. Den Abschluss an Besonderheiten bietet das Messingblatt, das die Klinge spaltfrei aufnimmt und das Holz an dieser exponierten Stelle vor Feuchtigkeit und anderen Verschmutzungen/Belastungen schützt.
Geometrie und Stahl:
Jetzt wird’s spannend! Das erste Hohenmoorer das ich für ca 10 Tage Zuhause hatte, ist nach meinem Kenntnis-und Erfahrungsstand mit 0,42 mm/1mm hinter der Wate (praktisch über die gesamte Schneidenlänge) den robusten Klingen zuzuordnen. Eine ungemein stabile Schneide, die faktisch alles mitmacht. Allerdings bleibt eine Möhre milde lächelnd am Brett liegen und nimmt nicht gleich reißaus. Der Besitzer hat dies auch erkannt und hat versucht, die Geometrie nachträglich etwas abzuändern. Ob das jetzt erfolgreich war, oder bislang wirkunglos kann ich schwer sagen, da mir der Auslieferungszustand nicht bekannt ist. In Richtung Schneidfreude ist in jedem Fall noch gut Luft übrig. Da ich viele Klingen habe, die entweder geometrisch optimiert wurden, oder bereits im Lieferzustand wie der Teufel schneiden, ist mit diesem Messer keine besondere Freude beim Möhrenschneiden aufgekommen. Trotzdem hat mich das Messer in seinen Bann gezogen. Ich mag den Spirit und die Wärme, die das Yvo rüberbringt, es ist nicht so klinisch sauber und kalt, wie die Messer von Jürgen Schanz. Obwohl ich Holzgriffe an Kochmessern weniger mag, passt es hier ohne wenn und aber......
Gut! Eine Geometrie kann man verändern! So hab ich mir beim Messerkontor das letzte Exemplar gekauft und: ÜBERRASCHUNG!!
Bei meinem Hohenmoorer ist die Schneidfase um 2/3 schmäler und der Geometrieverlauf nicht wiederzuerkennen. Am Kehl sind es 1mm über der Wate 0,32mm, in der Schneidenmitte 0,28mm und knapp vor der Spitze 0,22mm! Der erste Möhrenschnitt hat die Zahlen bestätigt, das geht geräuschlos durch, zwar nicht so irre wie mein Kamo-To, aber absolut zufriedenstellend. Durch den etwas höheren Druck beim Schnitt, im Vergleich zum Kamo-To, verbeißt sich die Schneide im Brett, so das ich sogar ein wenig bremsen muss, so scharf ist das Teil. Wie kann es zu solchen Differenzen kommen? In Wahrheit sind das ein paar 1/10mm die an der richtigen Stelle über „schnittig oder nicht“ entscheiden. Jede Handarbeit bleibt Handarbeit und jeder Könner hat mal einen schlechten Tag, der die Routine bricht.
Die Messwerte eines dritten Hohenmoorer Yvo 1:
Rücken: 2,85mm, 2,15mm, 0,75mm
1mm über Wate: 0,4mm 0,25mm 0,25mm
1cm über Wate: 1,2 mm 0,9mm 0,75mm
Kehl: 2,1mm 1,5mm 0,4mm (an dieser Stelle abgerundet ab Werk)
Die Messwerte von meinem Hohenmoorer Yvo 1
Rücken: 3,00mm, 2,19mm, 0,31mm
1mm über Wate: 0,32mm, 0,28mm, 0,22mm
1cm über Wate: 1,27 mm, 1,14mm, 0,73mm
Kehl: 3,00mm, 1,54mm, 0,32mm (an dieser Stelle abgerundet ab Werk)
So gesehen kennen wir jetzt drei Exemplare, von denen zwei ausgezeichnet schneiden und alle drei sehr schön ausgefertigt sind.
Der Wälzlagerstahl 100CR6/1.3505 ist seit gut 100 Jahren im Einsatz und birgt keine Geheimnisse mehr. Auch das ist ein klares Statement, bei diesem Messer weiß man womit man schneidet,da wird kein Mysterium oder eine geheime Legierung daraus gemacht, wie es einige japanische Manufakturen gerne machen.
Zur Fertigungqualität:
Wenn ich jetzt sage „perfekt“ dann stimmt das zwar, schliesst aber nicht alle Komponeten mit ein. Hier steckt mehr drin, das ist mit Bedacht und Feeling gemacht. Ist mir in dieser Form noch selten untergekommen. Die Farben, die Materialien und die Form bilden hier ein gelungenes Ganzes. Das Teil hat Spirit und Wärme.
Messwerte/Gewicht + Balancepunkt:
Klingehöhe max: 47mm
Klingenlänge: 199mm
Grifflänge: 118mm
Gesamtlänge: 322mm
davon nutzbare Schneide: 190mm
Balancepunkt liegt 15 mm vor dem Kehl
Gewicht: (Küchenwaage) 128gr
Persönliches Sternchenschauen:
Legende: 5 Sterne = ausgezeichnet, 4 Sterne = sehr gut, 3 Sterne = zufriedenstellend, 2 Sterne = mässig, 1 Stern = Nein
Food release (Schnittgutfreisetzung): **
Schneidfähigkeit: ****
Finish: *****
Preis: (Rabatte inbegriffen) ****
Haptik: ***
Schneidkantenstabilität: ****
Schärfbarkeit: ****
Standzeit: ****
Schnittleistung: ****
Praxis:
Kritik zu der Griffform und dem Messingblatt habe ich schon wo gelesen. Beides sind individuell zu bewertende Punkte. Ich schneide nicht mehrere Stunden am Stück durch, von daher ist mir weder das Messingblatt im Pinch-Grip negativ aufgefallen noch wäre mir der Griff zu (scharf) kantig oder zu flach. Der Klingenrücken ist gebrochen, der Kehl ebenso und die Kante Schneide/Kehl ist abgerundet. An und mit diesen Stellen gibt es keine Probleme. Für Profiköche kommt ein solches Messer ohnehin nicht in Frage und ja, es gibt Messer und Griffformen die Haptisch besser sind. Meistens sind es funktionale „Uniformen“ ohne Eigenständigkeit.
Das geliehen Yvo hat einen mit Schmirgelpapier bearbeiteten Griff, der Haptisch an die Vorlieben des Besitzers angepasst wurde und dessen Konturen dadurch weicher geworden sind. Damit kann man auch länger problemlos arbeiten. Ich finde die klar definierten Kanten griffiger und schon sind wir wieder bei persönlicher Präferenz.
Das Auge isst bekanntlich mit und wenn einem ein Messer vom Design missfällt, dann wird der Tenor kritischer und umgekehrt verhält es sich ähnlich. Wer bei Bewusstsein ist, kann da schon ein wenig gegenhalten, aber wir sind alle nur Menschen.
Ganz Persönlich:
Einige der letzten Vorstellungen im Küchenmesserunterforum bewegen sich zum Teil in einem Preisbereich von mehreren Hundert Euro. Bei nicht wenigen liest man, das weder die Verarbeitungsqualität, z.B. Kato oder Shigefusa, noch die Schneidfreude mithalten können. Beim Kato ist die Stahlsorte nicht ganz klar.
Trotzdem haben diese Messer das gewisse Etwas, werden global gehypt und sind kaum bis gar nicht zu bekommen. Wartezeiten bis zu zwei Jahren. Es gibt japanische Messer um viel Geld, die haben eine Plastikzwinge.............!?
Fazit:
Das Yvo ist ein deutsches Qualitätsprodukt, das International gewiss mithalten kann. Alle Bauteile wurden überlegt gewählt und ergeben ein stimmiges Ganzes. Es gibt keine geheimen Materialien. Das Messer wurde mit Sorgfalt zusammengebaut. Es hat eine Weile gebraucht aber jetzt habe ich auch eines und das ist gut so.
Es folgt in noch unbestimmter Zeit ein großer Vergleich zwischen Yvo1/Schanz Gyuto/Herder 1922/K-Sabatier 200/8
Gruß, güNef