Kacper Hamilton - Design Messer und Design Axt

Hallo Jost,

urteilt man in Bezug auf den kommerziellen Erfolg oder die Erlangung von Auszeichnungen / Preise so kann man in gut oder schlecht, weil quantifizierbar, einteilen; so verstehe ich mittlerweile Deine Ausführungen und stimme Dir zu.
Zweifel kommt in mir auf, wenn aufgrund dieser „Schnittmenge“ Anspruch auf Allgemeingültigkeit erhoben, aus Statistik Wahrheit abgeleitet wird. Gut oder schlecht nicht mehr obige Bedeutung hat, sondern, und hierzu neigt meiner Erfahrung nach leider die menschliche Natur, im Sinne von absolut gebraucht wird.

Ich denke, dass es das differierende Verständnis von „gut“ bzw. „schlecht“ ist weshalb ich Unbehagen empfinde bei der Einteilung in gutes oder schlechtes Design.

Mir gefällt Deine Diskussionsbereitschaft, dass Du nicht pikiert reagiert hast!

Horst
 
Moin,

Als Design Objekte stimmig und ansprechend, jedoch möchte ich mich nicht im Bedarfsfall auf den Werkzeugcharakter verlassen müssen.
Da halte ich es lieber mit dem Bauhaus Gedanken: "form follows funktion"

Dox

edit: nein, nicht der Baumarkt -.-
 
...dann bist du Kunstliebhaber

:rolleyes: Bei "Kunst" steig ich aus. Über die Definition, was Kunst ist, sind schon Familien zerbrochen :steirer:


Der Schneewittechensarg war über Jahrzehnte wegweisend - und ist es heute noch - weil er mit dem Barock der damaligen Musiktruhen aufräumte.
Die Braun Atelier später hatte/hat ein geiles Design, ein paar technisch innovative Ideen. Und was ist die Funktion? Möglichst gute Klangqualität, einfache Bedienung?

Rams wollte das Ding so haben, dass man es frei im Raum aufstellen kann -> Verbindung ohne Kabel mit Steckkontakten. Klanglich eher nicht optimal (ok, da hat man sich schon damals drüber gestritten), außerdem hats Nachteile bei der Wartung (Kabel kann man tauschen, wenns im Kontakt wackelt)

Rams wollte für alle Komponenten ein einheitliches Design. Damit musste er Kompromisse bei der Bedienung eingehen.

Oder nimm B&O. Preislich spielte B&O immer in der Oberklasse. Klanglich .... naja, es nervt gerade nicht. B&O wollte aber auch nie in die klangliche Oberklasse. Da gings um Integration in den Wohnraum, Bedienung, Hausnetze usw.

Natürlich musste die Funktion "soll gut klingen" bis zu einem gewissen Grad erfüllt werden. Wenn aus der Braun Atelier oder einer B&O nur heißeres Krächzen rausgekommen wäre, hätten sie den Kram nicht verkauft. Aber beide haben zugunsten anderer Funktionen - unter anderem eben zugunsten von "soll gut ausschauen" - Klang, Ergonomie, Variabilität geopfert.

Falls ein Produkt allerdings überhaupt nicht in der zu erwartenden Weise funktioniert ...

Aber bei Produkten, die so falsch gemacht sind wie Kacpers Axt reicht ein Foto und der gesunde Verstand.

... wirds natürlich dünn, das aufzufangen. Da hast Du natürlich recht.

Andersherum wirds auch schnell langweilig, wenn die reine Nutzfunktion das Design bestimmt.

BTW, Danke für Deine Beiträge, macht Spaß zu lesen.

Pitter
 
Ich würde Kunst so definieren: der Künstler ist nur sich selbst verpflichtet. Sollte er ein Pflichtenheft haben, hat er das selbst aufgestellt.

Design dagegen ist eine Dienstleistung. Die Rahmenbedingungen stellen i.d.R. mehrere Personen auf (Marketing, Fertigung, ...).

Beiden gemeinsam ist, dass nachher ein unbekanntes Individuum oder "der Markt" entscheidet, ob das Produkt / Kunstwerk ankommt oder nicht.

Dabei kann es auch beiden passieren, dass sie übers Ziel schießen und im Moment einfach nicht verstanden werden.
Viele namhafte Künstler sind arm gestorben. Nach heutigem Marktwert hätten sie mit einem verkauften Bild ein Leben in Saus und Braus verbringen können.
Erinnert sich noch jemand an die ersten Palms (war das in den 90ern?) das war der Superflopp - und heute? Wer hat noch kein Smartphone?

@ Pitter
Rams wollte für alle Komponenten ein einheitliches Design. Damit musste er Kompromisse bei der Bedienung eingehen.
Da hast Du vollkommen Recht mit deiner Einschätzung. Die Vielfalt an Einzelanforderungen verlangt immer wieder Kompromisse.
Dennoch ein überzeugendes Produkt hinzubekommen macht die Qualität von Design aus.

Ein Problem, warum der Begriff "Design" so schwer fassbar ist liegt (neben dem Umstand, dass der Prozess als solcher normaler Weise hinter geschlossenen Türen stattfindet) darin,
dass er im Deutschen keine wirkliche Definition erfahren hat - und im angelsächsischen Sprachraum noch viel weniger. Dort bedeutet "to design" alles vom "Bilder malen" über "Entwerfen" bis zum "Konstruieren".
Heute wird sachlich differenziert z.B. in Kommunikationsdesign, Investitiongüterdesign, Interfacedesign, Automotivdesign, Textildesign um nur einige Studienfächer zu nennen.
Mit dem Fachchinesisch werden die wenigsten je konfrontiert. Eher schon mit Hairdesign oder Naildesign. OK das müssen wir Designer aushalten :hmpf:

Früher sagte man bei uns "Formgestalter" - das war schließlich mit dem Architekten und Künstler Peter Behrens (AEG) eine deutsche Erfindung - auch Massenprodukte der Industrie zu gestalten (kurz nach dem Jugendstil!).
Bis dato war das Aufgabe der Ingenieure gewesen (die damals auch noch das Studienfach Stielkunde hatten!). Ein alter Bugatti ist ein (sorry) geiles Stück Ingenieursgestaltung andere pflegten eine eher willkürlich
eklektizistische (oft weniger glückliche) Gestaltauffassung.

Dann kam der "Produktgestalter" auf, gefolgt vom Industrie- später Industrial-Designer.
Das wäre die Berufsgruppe, wenn es um gestaltete industriell in Serie gefertigte Messer (Böker...) geht. Das können aber auch Einzelstücke sein (Jens Ansø, ...).

Dagegen Gerhard Wieland "der Schmied" schätze ich sehr, weil er fantastische Kunstwerke macht, die auch sehr gut funktionieren. Die Grenzen sind wie so oft fließend. Gunther "Scorpio" Löbach beispielsweise bewegt sich in beiden Welten und Gerd "Hasenfuß" Hasslauer
sortiere ich bei den Designern ein. Nicht unerwähnt sollen die sein, die sich dem Thema archäologisch experimentell nähern. Da steht die Faszination um die Techniken der Vorindustriellen Zeit in Verbindung mit aktuellem Fachwissen
im Vordergrund. Stellvertretend: die Ergebnisse von AchimW sind für mich absolut überzeugende Leistungen - auch vom Standpunkt des Gestalters betrachtet!

Da muss jetzt nicht jeder meiner Meinung sein. Aber ich bin überzeugt:
befragte man einen repräsentativen Querschnitt der messerbegeisterten Bevölkerung, läge ich nicht daneben.
Und ihnen gemeinsam ist: sie reflektieren ihre Arbeit, entwickeln ihre Entwürfe / Techniken weiter.
Daraus resultiert dass ab einem bestimmten Niveau der Funke auf den Betrachter überspringt ...

Zur allgemeinen Verunsicherung trägt dann auch noch die Gloalisierung von "Information" bei.
Kacper lebt in London und hat dort an einer namhaften Schule studiert. Die Engländer haben tendenziell eine freiere Auffassung von Design als die Deutschen
(wahrscheinlich gibt es in London auch keinen Baum, den man fällen dürfte), die Franzosen fassen Design oft eher konzeptionell auf, die Dänen und die Finnen pflegen eine enge Beziehung
zwischen Industrie und Kunsthandwerk, was in D (leider oft) verpönt ist und die Italiener studieren Architektur um nachher als Designer zu arbeiten.
Die Amerikaner waren Cowboys (Bowy, Buck Folding Hunter 110), heute sind sie (versteht das bitte nicht zynisch) Golfkrieg / 9.11.traumatisiert (Tactical, Camo, Military ... kaum mal Bilder ohne Automatikmusspritze).
Das ist jetzt keine Wertung!

Ästhetik und ästehisches Empfinden ist kulturgeprägt, die Ausgangsbedingungen (z.B. Rohstoffversorgung, Stand der Technik, Anforderungen des Marktes) sind grundverschieden.
Deshalb sehen traditionelle Messer in Spanien anders aus, als in Japan oder bei den Inuit. Kulturübergreifende Einflüsse gab es schon immer durch den Handel oder die Verschiebung von Herrschaftsbereichen -
"Maurische" Messer in Spanien, Korsika oder Sardinien, ... Italien.

Die Informationen stehen uns heute einfacher denn ja zur Verfügung. Als in D ausgebildeter Produktgestalter wünsche ich mir halt (@ Kacper) ein Mindestmaß an Reflektion, wenn ich ein
traditionelles Higonokami mit einem SAK verheirate.

Danke für Deine Beiträge
Gerne - herzlichen Dank für Deinen Anstoß!
Ich hoffe, damit die Komplexität des Designs etwas nachvollziehbar zu machen.
Und Bitte: alle Messermacher, die sich hier nicht erwähnt finden: seht mir das nach! Das ist nicht wertend gemeint. Ich bring hier nur nicht alle unter ;)

Herzliche Grüße,
Jost
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Amerikaner waren Cowboys ...

... und hatten einen Raymond Loewy. Ich sach ja nur ;), ein bisserl mehr als Cowboy Tradition gibts ja schon noch.

In einem wirst Du mich nicht überzeugen, nämlich dass die Akzeptanz des Kunden/Käufers grundsätzlich ein Gratmesser dafür ist ob ein Design gelungen oder weniger gelungen ist. Und zwar spätestens dann nicht mehr, wenn der Preis das vorrangige Kriterium ist. Ich rede da nicht über Messer - sonst gibts bloss Prügel. Ich nehm mal als Beispiel den Uhren-Schüttkasten am Herrn Aldi seiner Kasse. Das Zeug ist hässlich, wie die Nacht finster. Und auch nach objektiven Maßstäben eher Schrott (eine "Diver" hat nunmal ausreichend lange Zeiger zu haben, damit man die Minuten sauber ablesen kann). Trotzdem ist das Schüttding mit den Lookalikes Rolex immer halb leer, wenn ich daneben stehe ;)

Pitter
 
JostS, wunderbarer Beitrag. So etwas lese ich gerne, v.a. weil mir als Computermensch jedes Design-Gen fehlt. (Ja ich erinnere mich an die ersten Palms. Sogar an den Newton, der noch vor den Palms kam. Und wer hat ihn erfunden? Jo, Apple - was wieder den Kreis zum Design schliesst)

Aber bei
... Stielkunde ...
musste ich lachen :D. Aber passt ja, wo es hier doch zuerst mal um eine Axt mit "Designerstiel" geht. :D

:super:
 
OK die Cowboys waren jetzt messerspeziefisch gemeint. Loewy hat fantastische Klassiker gemacht und ganze Designer-Generationen inspiriert ... Colaflasche, Zigarettenschachteln
die an Waschmaschinen erinnern um (Haus)Frauen an die Kippe zu bekommen (Lucky Strike), die Stromlinienform an Zügen und Toastern ... nur Messer hab ich von ihn nicht auf dem Schirm.
Wäre aber nicht überrascht, wenn er das nicht auch mal gemacht hätte.

Zu den Uhren - da bin ich auf die Seiko 5 gekommen. Keine Plagiate, Automatik-Miyotawerk (lief in vielen Militäruhren - nahezu unkaputtbar), Datum, nicht schlecht gestaltet, sehr sauber gemacht.
Wird in D nicht beworben, da zu billig (zu einfach?). Ist die Einsteigerlinie für Schwellenländer. Meine aus Singapur kostete so viel wie 2 Alditeile - das Internet machts möglich, die 2. aus Japan
mit Sekundenstop etwa 4 - 5 Alditeile.

Der Kunde entscheidet schon ... das Preis / Leistungsverhältnis muss halt für den Einzelnen stimmen. Für den einen ist das die Aldiquarzrolex, für mich die Seiko 5, für andere eine Panerai.
Wenn die niemand kaufen würde hätte der Investor schnell keine Lust und würde den Laden dicht machen. Wenn Aldi mit dem Uhrenangebot Gewinn macht (natürlich - sonst gäbs die nicht bei Aldi)
haben die was richtig gemacht.
Das Apfelphon ist nun wirklich nicht billig. Studenten baden i.d.R. nicht im Geldspeicher. Aber gefühlt die Hälfte der Studenten um mich rum haben sich eins gekauft.
Und das obwohl sich alle über die zunehmende Gängelung seitens des Herstellers ärgern.

Ob der Kunde jetzt immer ein mündiger, gut informierter Konsument ist, soll ein anderes Thema sein. Dafür gibts dann Stiftung Warentest, (vor 2 Wochen hätte ich noch meinen Autoclub genannt,
aber das ist mir jetzt peinlich) oder für Messerfreunde eben das MF.

(wenn das kein eleganter Abspann war ...)

Herzliche Grüße,
Jost

@ Wayne: Danke -da ist mir doch glatt einer durch die Lappen gegangen ... wird nicht der einzige sein. Aber den lass ich stehen :D
 
Wäre aber nicht überrascht, wenn er das nicht auch mal gemacht hätte.

Klar hat er: http://www.mfa.org/collections/object/knife-part-of-flatware-set-for-air-france-economy-class-501328

Zu den Uhren - da bin ich auf die Seiko 5 gekommen. Keine Plagiate, Automatik-Miyotawerk (lief in vielen Militäruhren - nahezu unkaputtbar), Datum, nicht schlecht gestaltet, sehr sauber gemacht. Wird in D nicht beworben, da zu billig (zu einfach?).

Was Seiko in der EU macht, muss man nicht verstehen. Immerhin gibts jetzt offiziell die Grand Seiko. Aber mach Dir keine Sorgen, Seiko 5 verkauft sich über Kaufhof und Co sicher gut genug.

Dein Beispiel ist ziemlich gut. Erstens sind die Seiko 5 tatsächlich ehrliche Uhren, an denen nichts peinlich ist und mit denen man sich auch beim Lange Stammtisch nicht lächerlich macht. Mit ner Schnörpfeldüppel von **** schon. Der Unterschied ist klar? Ist, wie wenn ein Customs-Sammler über ein Opinel lacht. Das fände ich peinlich. Über Schnörpfeldüppel darf man lachen.

Zweitens - und das ist der Hauptpunkt - offenbar hast Du Dir Gedanken darüber gemacht, was Du kaufst. Du weißt, warum. Und hast nicht einfach irgendwas angehäuft, um mitreden zu wollen. Nicht, dass mich das bei Dir wundert. Ist nur nicht jedem gegeben.

Prost. Kein Underberg, aber auch was mit Kräutern :) -> http://de.wikipedia.org/wiki/Mirto_(Likör) (rot, der weiße iss nix) :D

Pitter
 
@ Horst:
Ich denke, dass es das differierende Verständnis von „gut“ bzw. „schlecht“ ist weshalb ich Unbehagen empfinde bei der Einteilung in gutes oder schlechtes Design.
… entschuldige bitte, den Post von dir hatte ich übersehen.
Mit deinem Unbehagen hast Du vollkommen recht!
Nur zu sagen: "Das Ding ist Mist." ist unqualifiziert. In Soziologie nennen wir das einen konvergenten Hammer.
Man sollte sich die Mühe machen, genauer zu ergründen was einem nicht gefällt und das zu benennen. Wenn man dann auch noch weiterdenkt
und Vorschläge wie man es besser machen könnte formuliert, übt man konstruktive Kritik. Das bringt die Sache weiter.
Kacper würde ich empfehlen mit einem Waldarbeiter über Äxte zu reden, mal einen Spalthammer von Fiscars auszuprobieren
oder von Gränsfors … wenn er dann noch die Hersteller nach den Besonderheiten ihrer Werkzeuge befragt und danach, warum die so aussehen
würde er schnell auf andere Ideen kommen. Ob er die Idee von Helko abgekupfert hat kann ich nicht beurteilen …
(Ideenklau ist peinlich … aber wenn selbst Dr. MinisterInnen das als Bagatelle betrachten …) müsste man genauer recherchieren,
bevor man ihm großzügig den Plagiarius hinterherwirft. (Der Plagiarius ist ein schwarzer Gartenzwerg mit goldener Nase. Er wird für
dreiste Plagiate verliehen.)

@ blackfox
Danke! HABEN WILL! :steirer:

@ Pitter:

Das Besteck von Loewy finde ich gut! Kannte ich noch nicht.
Das Messer dürfte heute noch den geltenden Sicherheitsbestimmungen genügen - die Gabel eher nicht.
aber das war ja lange vor 9.11.

Prost! Klingt interessant!
Lass mal sehen …

ah:
http://www.fassbind.ch/produkte/produkte.asp?idProduct=47
:)
oder doch lieber:
http://www.ahriiserum.com/products.html
(Ich nehme den 2. von links in der oberen Reihe, der erste ist mir persönlich zu süß)

Schönen Abend,
Jost
 
Zuletzt bearbeitet:
Vieleicht wollte Zai auch nur schauen was sie mit ihrer Technologie noch so machen können.
Und vieleicht hat man das nur gemacht weil es auch billige Werbung (Virales Marketing) ist.
Zu kaufen scheint es ja weder das eine noch das andere zu geben. Sind aber alles nur Vermutungen.


Wäre Klinge und Griff offen eine Linie könnte mir das Higo schon gefallen.
Und es scheint ja auch perfekt verarbeitet zu sein.
 
Das Besteck von Loewy finde ich gut! Kannte ich noch nicht.
Das Messer dürfte heute noch den geltenden Sicherheitsbestimmungen genügen - die Gabel eher nicht.
aber das war ja lange vor 9.11.

Das Design hat nichts mit den Sicherheitsbestimmungen zu tun.
War eine Vorgabe der Fluglinien. Durch die kleinen Gabeln sehen die mickrigen Portionen größer aus :steirer:

Pitter
 
Das Design hat nichts mit den Sicherheitsbestimmungen zu tun.

also ... ich meine: hat es doch! :haemisch:

Nein mal im Ernst - das ist ein schönes Beispiel!

Das Messer z.B. von Loewy hat eine sehr kuze, vorne verrundete Klinge.
Ich weiß nicht, wie 1952 die Vorgaben waren, bzw. wer sie formuliert hat.
Sicher ist, dass Air France nicht nur gesagt hat: "Raymond - wir brauchen schönes Besteck."
Fluggesellschaften wissen sehr genau, was sie wollen!

Die Gestaltung des Messers lässt ahnen, dass Sicherheit bei dem Entwurf eine Rolle gespielt haben könnte.
Natürlich auch Gewicht, Platzbedarf, Brotkonserven schmieren? und vieles mehr.

Heute sind die Vorgaben der Fluggesellschaften eben stärker auf die Sicherheit fokussiert.
Gewicht und Platzbedarf sind nach wie vor Thema, die Gewichtungen haben sich aber verschoben
Die Designer hatten die Aufgabe, diese Forderungen umzusetzen - und sie hatten sicher nicht viel Zeit dazu.
Darum sieht das Besteck heute anders aus und als positiver Nebeneffekt:
Die "Speisen" kommen wieder mehr zur Geltung!

Mal sehen, ob die heutigen Entwürfe auch 30 Jahre Bestand haben und im Museum landen.
Das alte Besteck der Air France war sicher ein begehrtes Souvenir ...

@ Christoph
Wäre Klinge und Griff offen eine Linie könnte mir das Higo schon gefallen.
So soll Kritik aussehen! Ich meine aber auch: da hätte Kacper als studierter Designer drauf kommen können ;)

Herzliche Grüße,
Jost
 
Mal sehen, ob die heutigen Entwürfe auch 30 Jahre Bestand haben und im Museum landen.

Sowas?: http://www.moma.org/collection/browse_results.php?object_id=3349

Da sind aber auch Dinger in der Sammlung, weia.

Wenn wir bei Gebrauchsdesign sind: Ich hab keine Ahnung, wies in Deiner Branche ausschaut. Ein bisserl krieg ich aber mit, wie es in der Glas und Keramikbranche ausschaut. Da wirds eng, Entwürfe zu finden, die ne Chance aufs MOMA haben. Weils weniger Entwürfe gibt. Die Leuts (tm) kaufen halt kein Geschirr von Hutschenreuther, keine Tassen von Rosenthal, kein WMF Besteck oder keine Gläser aus dem Bayerwald. Da ist viel einfach weg, weil man gegen Geschirr von den Möbeldiscountern 6 Stück 12 Euro einfach keine Chance hat. Für "darf nicht auslaufen" und "Schnitzel muss halt auf irgendwas liegen" brauchts nicht viel Design.

Pitter
 
… das ist das Puukko von Tapio Wirkkala das ich in #17 ansprach …
Er hat als Designer oft die Synthese zwischen traditionellem Handwerk und Industrieller Fertigung gesucht.
Ich habe das Messer geerbt - ist m.M. ein gelungener Entwurf.
Man merkt bei der Benutzung, dass Tapio gerne geschnitzt hat (eine Leidenschaft, die in Finnland weit verbreitet scheint).
Der Griff von meinem ist aus Ebonit (Hartgummi) zwischen Messingplatten mit dem Spitzerl vernietet.
Die Klinge satiniert mit Scandischliff. (In Solingen war damals Spiegelpolitur angesagt.)
Für die Klinge gab es dann eine Kunststoffscheide, die traditionell mit Leder verkleidet ist.
Puma Waidblatt-Fans werden kritisieren, dass man beim Arbeiten in die Schneide rutschen kann. Ist mir bisher nicht passiert.
Mein Schneidgut waren aber auch eher Wurststecken, Steaks die der Metzger für mich aus der Decke geschlagen hat und als Standhauer habe ich es auch nicht gebraucht. Ich freu mich immer wieder über das Messer, andere über das Puma.

Die Glas- und Keramikbranche ist ein Trauerspiel. Wenn ich im Bayrischen Wald, Tschechien oder im Schwarzwald die Showrooms der letzten Glashütten -
oder in Franken, Sachsen oder Ludwigsburg bei mir um die Ecke die Porzellanmanufakturen besuche, bin ich immer wieder schockiert.
Die sind einfach vor 100 oder 200 Jahren stehen geblieben mit ihrem -heute oft als kitschig - empfundenen Dekor.
Theresienthal, Poschinger und Co machen handwerklich fantastische Arbeit. Aber modern ist oft was anderes.

Die Firmen, die in Solingen noch Messer machen (lassen) haben geschickter reagiert (oft auch auf den letzten Drücker)
als andere traditionslastige Manufakturen. Ich sag mal: Stonewash.


Für Design muss man halt auch Geld in die Hand nehmen. Wenn die Gewinne durch Lohn- und Energiekosten und Bankzinsen geschluckt werden, wird's halt eng für Design.

Wenn man ein Service gestalten ließ, (z.B. Arzberg, Form 1382 von Herman Gretsch) hat es nie lang gedauert, bis man anfing Blümchen und andere Schnörkel daran anzubringen. Geschmäcklerisch ist halt immer auch lau.
Ich habe mich mit Hotelporzellan aus D eingedeckt. Das ist robuster als die meiste Haushaltsware, kostet die Hälfte und hat kein Dekor (also … meines jedenfalls).
Aber jeder wie er will.
Werte zu vermitteln ist halt nicht einfach (und auch nicht immer gewünscht …)

Bei den Produkten aus dem Möbeldiscounter wird oft (bewusst?) an der Verarbeitungs- und Materialqualität gespart. Die Chinesen können das eigentlich besser, wenn sie wollten.
Selbst wenn es gut aussieht -
was nützt mir das, wenn die Oberfläche in der Spülmaschine oder durch Schneiden schnell unansehnlich wird? Das Schnitzel …
Aber das merken die Kunden erst, wenn man das Zeug nicht mehr zurückbringen kann.
Wieviel Umzüge hält ein Ikeaschrank aus? Leider muss ich zugeben: auch das ist designt.
Ob die Kollegen damit glücklich sind weiß ich nicht.

Krass ausgedrückt:
In den 80ern war der Designer entweder: der Anwalt des Verbrauchers oder Hure der Industrie.
Na ja - ich finde das sehr schwarz weiß, aber irgendwie ist auch was dran.

Zum Glück muss ich mich als Lehrer nicht damit rumschlagen. Und man hat ab und zu die Chance, Werte zu vermitteln ;)

Herzliche Grüße,
Jost
 
Zuletzt bearbeitet:
Dieter Rams irgendwer


Ich brauch ne größere Wohnung zum Sammeln :D

Pitter
 
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