pebe
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Kochmesser und das liebe Geld
Schenkt man Otto Normalverbraucher Glauben, dann ist bei Kochmessern bereits die 50 Euro Marke eine Hürde, die nur widerwillig genommen werden wird und bei 100 Euro verweigern viele den Sprung.
Gelegentlich gibt es auch im MesserForum Diskussionen über Preise und den Wert von Messern. Hier wird sich allerdings deutlich höher und weiter über den Oxer gestreckt, selten geht es um Messer unterhalb von 150 Euro in einer Beratung bei der Frage nach einem gscheiten Messer.
Beispielsweise wurde in der Vergangenheit öfters moniert, dass die Preise für ein, zwar für sehr gut befundenes, Herder K-Chefknife um 240 Euro im Vergleich überteuert seien - spätestens in Relation zu den Qualitätsschwankungen.
Oder die japanischen Klassiker, die seit langem in der Empfehlung sind bzw. waren, deren ehemals günstiger Preis sich im Zeitablauf stetig nach oben bis über 300 Euro bewegten, z.B. Misono UX10, Suisin inox u.a.
Zuviel Geld für ein einfaches Blech mit Besenstiel und mäßiger Verarbeitung - so lautet bei besonders schlichten Exemplaren der nachvollziehbare Vorwurf.
Neuerdings kommen vereinzelt Hinweise auf günstige bis billige chinesische Eigenlabel hinzu, die durch Direktimport preislich konkurrenzlos gegenüber Markenlabel scheinen.
Welchen Wert hat eigentlich ein Messer?
Ein richtig günstiges Messer ist im besten Fall ein schlichtes. Schlichte Materialien, schlichte Ausführung oder schlichte Fertigung.
Klar, ein schlichtes Böker Cottage ist kein Messer für den Connaisseur - aber doch ein brauchbares Schneidwerkzeug für gerademal Euro 49,- aus einem deutschem Ladengeschäft.
Ein Solinger Kochmesser mit erkennbarem Mehraufwand liegt dann bei Euro 100-250 oder bei 220,- für ein Böker Patina. In der Maximalstufe sind dann etwa Euro 450,- für ein Zwilling Twin 1731 in Cronidur 30 fällig.
Die gleichen Solinger Messer mit einem echten Damaststahl versehen und wir können mindestens Euro 1.000 jeweils hinzuaddieren - ohne tatsächlich erwähnenswert mehr Schneidleistung zu erhalten. Böker Patina Damast z.B.
Da befinden wir uns insgesamt immer noch innerhalb der Familie der Standard Solinger, deren Schneidleistung unterhalb der des Connaisseurs liegen, in der Ausführung aber sehr wohl die meisten Ansprüche zufriedenstellen können.
Aufwändige und teure Messer haben nicht automatisch einen Mehrwert bezogen auf die notwendige Schneideigenschaft einer Klinge, schneiden können in der Regel alle Messer - auch länger als 5 Minuten.
Vielmehr besteht der Mehrwert aus konkret gewünschen Eigenschaften, sei es bezüglich Materialen, Fertigungsqualität, Design, Markennamen - und eben auch spezielle Schneideigenschaften.
Qualität wird hier sehr individuell, da dieser Begriff für das Entsprechen einer geforderten Eigenschaft steht. Diese sind dann zwar darstellbar, aber wenig bis kaum vergleichend messbar, wenn der Vergleich nicht innerhalb der selben Klasse erfolgt.
Wer ein möglichst günstiges Schneidwerkzeug sucht, wird der Qualität einen anderen Wert beimessen, als diejenigen, die einen Hochleistungsstahl oder ein besonders exklusives Einzelstück bevorzugen.
Die selbe Betrachtungsweise kann man natürlich auf japanische Messer übertragen; der Vergleich zwischen Standard Solinger und Japanern unter dem allgemeinen Begriff Qualität wird der Sache nicht gerecht, weil der leichte Schnitt nur ein mögliches Qualitätsmerkmal von vielen ist, selbst wenn dieser für den Kenner zwingend erforderlich ist.
Problematisch wird die Qualitätsfrage, wenn Produzenten aus China die japanischen und europäischen Produkte gleich oder doch sehr ähnlich nachbauen und diese dann billig ohne Händler und Servicenetz durch Direktverkauf und Selbstimport der Kunden vertreiben.
Das Weglassen des Handels spart zwar zusätzliche Kosten, die als Preisvorteil an den Endkunden weitergegeben werden können, allerdings bezahlt man hierfür faktisch mit dem Verlust jeglicher Inhaltskontrolle und rechtlich durchsetzbarer Reklamationsgrundlagen. Ein Qualitätsverlust der zwar nur mittelbar am Messer hängt, aber eben doch ein Weniger unter Möglichem darstellt.
Das Plagiieren im Gegensatz zum Integrieren fremder Ideen wird zumeist als Qualitätsverlust an sich betrachtet - wenngleich nicht von jedem.
Selbstredend bieten inzwischen fast alle westliche Firmen auch japanische Klingenformen an.
Der feine, aber bedeutsame Unterschied liegt darin, dass hier integriert und nicht plagiiert wird. Die jeweilige japanische Klingenform wird dem bestehenden eigenem Design hinzugefügt. Oder gleich die ganze Fabrik für japanisches Design gekauft.
Mit originären Stählen, die teuer importiert werden müssen, kann man keine billigen Messer herstellen.
Hochwertige Stahlproduktion auf Basis zugänglicher Stahltabellen ist dann so wenig einfach, wie ein Grand Cru aus Burgundertrauben von chinesischen Sonnenhügel nach dem Handbuch für Winzer.
Qualitätsunterschiede sowohl im Stahl als auch im Burgunder erschließen sich nicht jedem und sind auch nicht für jeden gleich bedeutsam - zumindest nicht oberhalb eines Mindeststandard - aber das bewußte Schmücken mit dem Anschein gleicher Eigenschaften liegt ausserhalb von Qualität.
Jedenfalls sollte man sich davor hüten Produkte, die identisch zu Markenprodukten wirken oder so beschrieben sind, ohne belastbare Prüfung für bare Münze zunehmen.
Und ja. Ein billiges chinesisches Laminat-Santoku mit chinesischen Stahl bleibt ein schlichtes Messer, auch wenn es aussieht als wäre es mehr und tatsächlich brauchbar schneidet.
grüsse, pebe
Schenkt man Otto Normalverbraucher Glauben, dann ist bei Kochmessern bereits die 50 Euro Marke eine Hürde, die nur widerwillig genommen werden wird und bei 100 Euro verweigern viele den Sprung.
Gelegentlich gibt es auch im MesserForum Diskussionen über Preise und den Wert von Messern. Hier wird sich allerdings deutlich höher und weiter über den Oxer gestreckt, selten geht es um Messer unterhalb von 150 Euro in einer Beratung bei der Frage nach einem gscheiten Messer.
Beispielsweise wurde in der Vergangenheit öfters moniert, dass die Preise für ein, zwar für sehr gut befundenes, Herder K-Chefknife um 240 Euro im Vergleich überteuert seien - spätestens in Relation zu den Qualitätsschwankungen.
Oder die japanischen Klassiker, die seit langem in der Empfehlung sind bzw. waren, deren ehemals günstiger Preis sich im Zeitablauf stetig nach oben bis über 300 Euro bewegten, z.B. Misono UX10, Suisin inox u.a.
Zuviel Geld für ein einfaches Blech mit Besenstiel und mäßiger Verarbeitung - so lautet bei besonders schlichten Exemplaren der nachvollziehbare Vorwurf.
Neuerdings kommen vereinzelt Hinweise auf günstige bis billige chinesische Eigenlabel hinzu, die durch Direktimport preislich konkurrenzlos gegenüber Markenlabel scheinen.
Welchen Wert hat eigentlich ein Messer?
Ein richtig günstiges Messer ist im besten Fall ein schlichtes. Schlichte Materialien, schlichte Ausführung oder schlichte Fertigung.
Klar, ein schlichtes Böker Cottage ist kein Messer für den Connaisseur - aber doch ein brauchbares Schneidwerkzeug für gerademal Euro 49,- aus einem deutschem Ladengeschäft.
Ein Solinger Kochmesser mit erkennbarem Mehraufwand liegt dann bei Euro 100-250 oder bei 220,- für ein Böker Patina. In der Maximalstufe sind dann etwa Euro 450,- für ein Zwilling Twin 1731 in Cronidur 30 fällig.
Die gleichen Solinger Messer mit einem echten Damaststahl versehen und wir können mindestens Euro 1.000 jeweils hinzuaddieren - ohne tatsächlich erwähnenswert mehr Schneidleistung zu erhalten. Böker Patina Damast z.B.
Da befinden wir uns insgesamt immer noch innerhalb der Familie der Standard Solinger, deren Schneidleistung unterhalb der des Connaisseurs liegen, in der Ausführung aber sehr wohl die meisten Ansprüche zufriedenstellen können.
Aufwändige und teure Messer haben nicht automatisch einen Mehrwert bezogen auf die notwendige Schneideigenschaft einer Klinge, schneiden können in der Regel alle Messer - auch länger als 5 Minuten.
Vielmehr besteht der Mehrwert aus konkret gewünschen Eigenschaften, sei es bezüglich Materialen, Fertigungsqualität, Design, Markennamen - und eben auch spezielle Schneideigenschaften.
Qualität wird hier sehr individuell, da dieser Begriff für das Entsprechen einer geforderten Eigenschaft steht. Diese sind dann zwar darstellbar, aber wenig bis kaum vergleichend messbar, wenn der Vergleich nicht innerhalb der selben Klasse erfolgt.
Wer ein möglichst günstiges Schneidwerkzeug sucht, wird der Qualität einen anderen Wert beimessen, als diejenigen, die einen Hochleistungsstahl oder ein besonders exklusives Einzelstück bevorzugen.
Die selbe Betrachtungsweise kann man natürlich auf japanische Messer übertragen; der Vergleich zwischen Standard Solinger und Japanern unter dem allgemeinen Begriff Qualität wird der Sache nicht gerecht, weil der leichte Schnitt nur ein mögliches Qualitätsmerkmal von vielen ist, selbst wenn dieser für den Kenner zwingend erforderlich ist.
Problematisch wird die Qualitätsfrage, wenn Produzenten aus China die japanischen und europäischen Produkte gleich oder doch sehr ähnlich nachbauen und diese dann billig ohne Händler und Servicenetz durch Direktverkauf und Selbstimport der Kunden vertreiben.
Das Weglassen des Handels spart zwar zusätzliche Kosten, die als Preisvorteil an den Endkunden weitergegeben werden können, allerdings bezahlt man hierfür faktisch mit dem Verlust jeglicher Inhaltskontrolle und rechtlich durchsetzbarer Reklamationsgrundlagen. Ein Qualitätsverlust der zwar nur mittelbar am Messer hängt, aber eben doch ein Weniger unter Möglichem darstellt.
Das Plagiieren im Gegensatz zum Integrieren fremder Ideen wird zumeist als Qualitätsverlust an sich betrachtet - wenngleich nicht von jedem.
Selbstredend bieten inzwischen fast alle westliche Firmen auch japanische Klingenformen an.
Der feine, aber bedeutsame Unterschied liegt darin, dass hier integriert und nicht plagiiert wird. Die jeweilige japanische Klingenform wird dem bestehenden eigenem Design hinzugefügt. Oder gleich die ganze Fabrik für japanisches Design gekauft.
Mit originären Stählen, die teuer importiert werden müssen, kann man keine billigen Messer herstellen.
Hochwertige Stahlproduktion auf Basis zugänglicher Stahltabellen ist dann so wenig einfach, wie ein Grand Cru aus Burgundertrauben von chinesischen Sonnenhügel nach dem Handbuch für Winzer.
Qualitätsunterschiede sowohl im Stahl als auch im Burgunder erschließen sich nicht jedem und sind auch nicht für jeden gleich bedeutsam - zumindest nicht oberhalb eines Mindeststandard - aber das bewußte Schmücken mit dem Anschein gleicher Eigenschaften liegt ausserhalb von Qualität.
Jedenfalls sollte man sich davor hüten Produkte, die identisch zu Markenprodukten wirken oder so beschrieben sind, ohne belastbare Prüfung für bare Münze zunehmen.
Und ja. Ein billiges chinesisches Laminat-Santoku mit chinesischen Stahl bleibt ein schlichtes Messer, auch wenn es aussieht als wäre es mehr und tatsächlich brauchbar schneidet.
grüsse, pebe
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