Die Situation ist sicherlich
de jure besser als in anderen Ländern Europas.
De facto kommt so etwas wie in
Post #25 oder in
diesem Thread raus, wo ein MSE trotz berechtigtem Interesse (Brotzeit) eingezogen wurde.
Polizisten sind sich wg. des neuen Gesetzes unsicher und kassieren mehr Messer ein als notwendig. Für die Polizisten schafft diese Handlungsweise eine win-win-Situation, denn wenn sie das Messer einziehen, passiert doch folgendes:
- Otto Normalverbraucher schätzt es dank der Medienberichterstattung, wenn die Polizei Messer einzieht, weil er sich dann sicher fühlen kann
- wenn das Messer zu unrecht eingezogen wurde, kann sich der Betreffende ja an das Gericht wenden, um es wiederzubekommen
- wenn der Richter dann nach Körtingscher Schule entscheidet, dass das berechtigte Interesse doch nicht so berechtigt war, hat man eben Pech und der Polizist fühlt sich bestätigt
Das Problem ist der Interpretationsspielraum des Gesetzes, sehr großzügig ausgelegt, hätte ich damit kein Problem. Dann würden den bösen Buben die Messer weggenommen und alle anderen würden in Frieden gelassen.
In einer Interpretation die Herrn Tölle vermutlich gefiele, würde ich ein Einhandmesser in einem verschlossenen Behältnis transportieren, aus diesem zur Nutzung entnehmen und danach sofort wieder verstauen. Man könnte durchaus argumentieren, dass man nicht den ganzen Tag ein Einhandmesser führen muss, um mittags einen Apfel zu schälen.
Dass wir im europäischen Vergleich relativ glimpflich davon gekommen sind, verdanken wir, wie schon erwähnt, den Konservativen aus dem Süden und den Liberalen. Die ursprünglichen Gesetzesentwürfe von SPD, Grünen und der Linken gingen wesentlich weiter als die aktuelle Version. Das Problem sind die Kreuzritter, wie Körting mit seinem Schildknappen Tölle, die sich mit Messerverboten profilieren wollen. Für diese ist das aktuelle Gesetz ein Schritt in die richtige Richtung, aber stillhalten werden sei deswegen noch lange nicht - sie wollen mehr.
Sinn und Unsinn wurden schon breit diskutiert. Meine Meinung dazu ist, dass ein Verbot von Blankwaffen keinen Sinn hat, denn jeder Baumarkt bietet funktionelle Äquivalente im Überfluss. Sogar in Gefängnissen, wo gefährliche Gegenstände ja naturgemäß verboten sind, werden am laufenden Band Waffen improvisiert.
Als das Führen von Blankwaffen noch erlaubt war, hat man auf der anderen Seite auch keine Leute auf der Straße gesehen, die mit Helmbarte oder Bidenhänder durch die Straße laufen (außer bei einem historischen Spektakulum). Wieso also etwas verbieten, was eigentlich kein Problem ist?
Puuh, das war ein langer Post, aber ich wollte eigentlich nur sagen, dass mich die Augenwischerei und Unverhältnismäßigkeit stört. Augenwischerei, weil der Vergleich mit anderen Ländern eigentlich nahelegt, alle Messer zu erlauben, um die Kriminalität zu senken, siehe Österreich und England (ich bin mir bewusst, dass diese Kausalität in gewisser Weise ein statistisches Artefakt ist, aber wenn Politiker Milchmädchen spielen wollen, kann ich das auch). Unverhältnismäßigkeit deshalb, weil ich als Kampfsportler unter keinen Umständen an Wurfsterne komme, währendessen ich mir als Sportschütze legal mehrere Pistolen beschaffen kann, die wesentlich gefährlicher als Wurfsterne sind, weil leichter zu bedienen bei höherem Wirkungsgrad.
Ookami