Messer und Menschen

Wozu dann erst anfangen?
„In diesem hehren Augenblick, da der Mensch, wie Sisyphus, der zu seinem Stein zurückkehrt, sich wieder seinem Leben zuwendet, betrachtet er jene Folge zusammenhangloser Handlungen, die zu seinem Schicksal wird, das, von ihm selber geschaffen, in seiner Erinnerung zusammenschießt und alsbald durch seinen Tod besiegelt wird. Überzeugt, dass alles Menschliche nur menschlichen Ursprungs ist, bleibt er, ein Blinder, der sehen möchte und weiß, dass die Nacht kein Ende hat, immer unterwegs.

Wieder rollt der Stein. (...) Jedes Gran dieses Gesteins, jeder Mineralsplitter dieses Berges voller Nacht ist eine Welt für sich. Der Kampf um die Gipfel allein kann ein Menschenherz ausfüllen. Man muss sich Sisyphus glücklich denken.“ - Albert Camus

Grüße,
Steffen
 
Nur mal so am Rande ein kleiner Tipp aus meiner Alltagspraxis.
In bestimmten Situationen kann ich nämlich durchaus ein kindisch-gehässiger Mensch sein. Typen, die über meine Angewohnheit, ständig ein Taschenmesser am Mann zu haben, lediglich ein undefiniertes Kopfschütteln übrig hatten, gibt es mehr als genug. So geschah es nicht nur einmal in meinem Messersammlerleben, dass eben solche Typen ihre Paketschnüre mit dem Autüschlüssel, und ihre Tetrapacks mit den Zähnen auffieselten, nachdem ich die Frage nach meinem Messer mit einem breiten Grinsen und einem "nein" beantwortet hatte.
 
So geschah es nicht nur einmal in meinem Messersammlerleben, dass eben solche Typen ihre Paketschnüre mit dem Autüschlüssel, und ihre Tetrapacks mit den Zähnen auffieselten, nachdem ich die Frage nach meinem Messer mit einem breiten Grinsen und einem "nein" beantwortet hatte.
Und danach kein „oh, hab‘s doch dabei, brauchst du es noch?“ ? :haemisch:
 
Kann man ja auch nicht verantworten, jemandem ein Messer zu geben, der dabei gleich an Mord denkt ... wer weiß, was der dann damit anstellt ...:teuflisch
 
Die Frage, ob ich es ihnen kurz leihe, habe ich aber verneint und sie mit ihrem Elend alleine gelassen.

Moin.

Habe ich genauso fast 20 Jahre bei den Pfadfindern gemacht.
Und da hing das Messerchen gut sichtbar an meinem Gürtel.

Auf die meist folgende Frage "Warum nicht?" war meine Standartantwort: "Ich gehe ja auch nicht für Dich Pinkeln"

Und ja. Auch bei den Pfadfindern gibt es messerbefreite Gruppen, die sich auf Lagern halt hauptsächlich von Schnittbrot, Dosenfütter und Tütensuppen ernähren.
Die machen ja dann auch kein offenes Feuer zum Kochen sondern schleppen Gasflaschen und Hockerkocher mit auf die Lager.

Faustkeil und Feuer waren der Beginn der Zivilisation.
Wer vor den modernen Varianten Angst hat, hat Angst vor dem Leben.


Ich habe hier im Viertel einen Vater, der schleppt mir alle paar Wochen ein Kinderopinel in die Werkstatt. Immer wenn sein Sohn (7 Jahre alt) bei einem Kumpel zum Geburtstag eingeladen ist wird dann ein Opinel verschenkt, in das ich den Namen eingebrannt, ein Fangriemenloch gebohrt und ein dickes Lederband mit nem schicken Karabiner drangeknotet habe. Dazu gibt es dann noch ein Päckchen Pflaster:D

Sind in Summe bestimmt schon 15 Stück die ich ihm "gepimpt" habe und bisher gab es erst einmal Diskussionen mit den Eltern des Beschenkten.

Steter Tropfen höhlt den Stein.

Gruß
chamenos
 
Nein, ich habe leider keine Ahnung, wo man drehen muss, dass wir uns nicht tod- und angstzivilisieren.
Pitter


Man muss nicht gleich ein Katastrophen-Szenario bemühen wie der Kollege weiter oben mit der Cruise Missile. Von dem Gedanken, die Menschheit kehre noch einmal zurück zu einem naturnäheren Leben, müssen wir uns allerdings endgültig verabschieden. Das wäre in der Tat nur der Fall bei einer mittleren bis größeren globalen Katastrophe.

Überzivilisierte Sozialkrüppel mit zwei linken Händen in einer Überlebenssituation ist zwar immer ein erheiternder Gedanke, aber wenn ganze Gesellschaften in diesen Zustand gebombt werden, geht die Zivilisation zum Teufel. Und die bietet uns ja doch einiges.
Zum Beispiel viele Nischen für Lebensstile, die nicht Mainstream sind, sogar für Messer- und Naturliebhaber.

Soziologisch gesehen machen alle modernen Gesellschaften einen Zerfallsprozess durch hin zu immer kleineren Subgruppen mit unterschiedlichsten Grundüberzeugungen. Der Sockel von einer Mehrheit geteilten Normen wird immer schmaler. Letztendlich fühlt sich praktisch jeder einer kleinen Gruppe zugehörig, die seine speziellen Abneigungen und Vorlieben teilt.

Das hat Vor- und Nachteile. Ein Vorteil ist, dass solche modernen Gesellschaften ein großes Maß an Toleranz akzeptieren müssen, um sich nicht vollständig zu zerlegen. Das kommt auch uns zugute.
Im Mittelalter hätten wir nicht nur ein verständnisloses Kopfschütteln geerntet bei der Demonstration von Vorlieben, die soweit vom Mainstream entfernt sind wie heute Messergebrauch/-sammeln, sondern wären auf dem Scheiterhaufen gelandet.

Ein Nachteil ist, dass mehrheitlich kontraproduktive oder schädliche Lebensstile (gedankenloser Ressourcenverbrauch, Prinzip Eigennutz, Zerfall der Familien, Entfremdung im Berufsleben) der Preis sind für körperlich und geistig bequemes Leben.

Nein, einen gangbaren Weg heraus aus der "Tot- und Angstzivilisation" sehe ich nicht. Aber das ist kein Grund für Depressionen und Abwertung der ach so verständnis- und ahnungslosen uns umgebenden Restgesellschaft. Sie ermöglicht uns ja gleichzeitig, in ihr zu schwimmen wie der Fisch im Wasser, auch gegen den Strom.
 
Hallo fuchs.

Schön geschrieben, und ich stimme Dir zu, bis auf den letzten Absatz.

...Nein, einen gangbaren Weg heraus aus der "Tot- und Angstzivilisation" sehe ich nicht. Aber das ist kein Grund für Depressionen und Abwertung der ach so verständnis- und ahnungslosen uns umgebenden Restgesellschaft. Sie ermöglicht uns ja gleichzeitig, in ihr zu schwimmen wie der Fisch im Wasser, auch gegen den Strom.
Die Gesellschaft ermöglicht es mir eben nicht, in unserem Fall, was Messer betrifft, in ihr und gegen den Strom zu schwimmen.
Da wird man schief angesehen, in die Ecke der Kriminellen und Psychopaten gedrängt, und mit Bußgeldern und Entzug des materiellen Eigentums bestraft. Obwohl ich, als gegen den Strom schwimmender Fisch, weder das Wasser verschmutze, noch meinen Mitfischen etwas Übles antue.
 
@Peter smallmagnum

Stimmt - sehe ich genau so, in diese Ecken stellt man uns gern.

Aaaaber - was ist das schon gegen den Scheiterhaufen?

Ich wollte darauf hinweisen, dass heutige Gesellschaften toleranter sind als frühere oder totalitäre und damit auch Vorteile bieten gegenüber Naturgesellschaften.

Das heißt natürlich nicht, dass alle alles richtig finden, was die anderen machen. Das dürfen wir nicht hoffen, es wäre auch absurd. Also muss man ein bisschen oder auch mehr Ablehnung schon aushalten.

Das ist eben der Preis für Freiheit. Kuscheln kann jeder...
 
[...] Die Angst, die es erweckt, geht über die rational begründbare Angst hinaus, sie ist größer als die "kalkulierbare", die wahrscheinliche Gefahr."
[...]
Den von Elias beschriebenen gesellschaftlichen "Tabu"-Charakter haben Messer, oder besser deren öffendlicher(!) Gebrauch, nicht erst in der heutigen Zeit (Postmoderne)- etwa durch deren Darstellung in Medien - erhalten, [..]

Auf solche Gedanken können auch nur großstädtisch aufgewachsenen Soziologen kommen :D.
Nach meinen Erfahrungen wird in ländlichen Gegenden der Gebrauch eines Messers doch noch um einiges selbstverständlicher genommen und insbesonders von der Generation meiner Großeltern hab ich noch nie einen dieser verblödeten "wen willst du denn damit umbringen?"-Sprüche gehört.
Für diese Generation, bei der es bis vor wenigen Jahrzehnten eben nicht selbstverständlich war, dass jede Art von Obst, Gemüse und Fleisch vorgeschnibbelt aus dem Supermarkt kommt ist es völlig normal, dass man nunmal ein Taschenmesser am Mann (oder der Frau) hat, noch heute ist es für mich undenkbar, dass Oma kein Windmühlknippchen in der Kittelschürze hat und sogar mit ihrem Kohlkopfmesser, einem von Opa umgeschliffenen 98k-Bajonett, den tactical-trend um 60 Jahre vorweg nahm :D.

Grüße
Jens
 
Ich kenne es aber anders,das genau die älteren ländlichen Mütterchen solche Sprüche zu ihren Enkelchen oder wer auch immer dabei ist los lassen.

Gruß Maik
 
@schrenz
+1!
Als mein neuestes kleines Fixed ankam und meine Oma es gesehen hatte, wollte sie es mal haben.
Sie betrachtete es genau und rückte damit Kartoffeln zu Leibe:hehe:. Ihr Fazit: " Das liegt ja toll in der Hand und am Gürtel sieht es so niedlich aus......das würde ich auch tragen!":D

Ps: Auch ich wohne in einer ländlichen Gegend. Dumme Sprüche hörte ich bisher auch zumeist von Städtern.
 
Mahlzeit !
Wie porcupie und kanji möchte auch ich euch positives berichten ...iss nicht alles so schlimmm,selbst in Berlin nicht .
Ist vor ein paar Jahren passiert....Komm von der Arbeit, sitzt die Kripo im Wohnzimmer.....neeee nicht wegen mir.
Sind 2 Tage vorher 2 Mädels bei einer Nachbahrin eingestiegen und haben den Fehler gemacht,das sie meiner Perle im Hausflur begegnet sind.... Täterbeschreibung......
Komm also rein (verschwitzt,muskulös,tättoowiert,Glatze, Bart...Muttis Liebling halt:D) sag " servus , ach wegen oben..ne?" Er nickt...mustert mich ....schaut auf meine Messerwand (ok...hab 2 Wände voll:steirer:) und schaut mich wieder an....ich:"cool ne?"
Er schaut nach rechts,da hängen mehrere Degen ,Florrett ,Bajonette und Militärmesser und fragt: "Sind sie im Fechtverein?" ich : "Neee, aber ich steh halt auf Messer, Schwerter, Mittelalter und den ganzen Trödel."
Er nickte und es wurde ein anderes Thema angesprochen.
An der Wand hingen große Springmesser (ohne Feder) Butterfly (mit zusätzlicher Niete) was er nicht sehen konnte aber wegen meines sicheren Auftretens gab es nicht einmal eine Frage deswegen, obwohl das damals die Zeit mit den neuen Verboten war.
Auf Arbeit trage ich meinen Folder per Clip am Gürtel,für jeden sichtbar und bin noch nie dumm angemacht worden und wenn ein Kollege mal mein Messerchen braucht, bekommt er es natürlich im geschlossenen Zustand und will es mir natürlich auch so zurückgeben was meistens totkomisch ist...selbst wenn es nur ein Liner ist:haemisch::haemisch::haemisch:
Gruß Ralf
 
Mahlzeit !
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Ist vor ein paar Jahren passiert....Komm von der Arbeit, sitzt die Kripo im Wohnzimmer.....

Komm also rein (verschwitzt,muskulös,tättoowiert,Glatze, Bart......mustert mich ....schaut auf meine Messerwand (ok...hab 2 Wände voll:steirer:) und schaut mich wieder an....ich:"cool ne?"

Gruß Ralf

Mach mal gleich morgen die Gegenprobe zur genannten Situation vor ein paar Jahren.......
Bin auf deinen Bericht gespannt.
( Falls es in U-Haft Internet gibt :teuflisch)
 
Ich hatte heute mal ein positives Messererlebnis. An der Arbeit (Büro) beim gemeinsamen Frühstück. Außer mir (männlich, 33) noch 2 Damen (Ende 20 und Ende 30) am Tisch. Ich habe eine kleine Melone fachgeracht vor den Augen der Damen mit meinen Tenacious filetiert, denn in unserer Teeküche gibts nur Besteckmesser.

Skeptische Blicke :argw: von beiden Seiten. Ich hab ungerührt weiter geschnibbelt und war auf Reaktionen ala "wen willste den damit umbringen" gefasst. Kamen aber nicht. Hab ja schließlich nur das wehrlose Obst massakriert. Ich glaube die waren eher von den guten Schneideigenschaften und der Schärfe beeindruckt. Als ich die Melone fast veputzt hatte kam dann doch noch eine Frage. "Wofür ist denn das Loch in der Klinge?"
Ich kurz den Öffnungsmechanismus demonstriert. Stilles staunen :staun: - ich wieder auf das schlimmst gefasst.

Dann löste sich die Situation auf. "Das ist ja praktisch!" .... "Die normalen Taschenmesser bekomme ich immer nicht auf"...."Oder man bricht sich die Nägel ab"
Das nenne ich sozialadäquaten Gebrauch!:steirer:

Mal sehen wann sie auch sowas "Praktisches" haben wollen.... :D

Gibt also doch noch hier da einen Hoffnungsschimmer bei dem Thema.

gr.nagus
 
Hi Peter !
Ach wenn ich vom Bau komme (Steinsetzer) und mein bester Kumpel Schließer ist.....wo bekomm ich auf die Schnelle 2 Einbrecher her?:D:D:D
Aufgrund meiner Arbeit ( Baustellenabsicherung,Werkzeug und Material auf der Pritsche) werden wir relativ oft von Polizei kontrolliert und da kann ich keinen Unterschied zu früher feststellen.
Liegt vieleicht an meiner offenen Art,oder weil ich sie von mir aus anquatsche,immer Augenkontackt suche oder und das ist kein Quatsch jeden mit "du" anrede (außer 80 Jährige in Bekleidung ihrer Eltern:D).... ich weiß es nicht.
Beispiel:Letztes Jahr, fahre Autobahn, rechte Spur und überhole rechts im Schrittempo einen Schleicher auf der Mittelspur.Hinter mir Polzei die meine Ladung kontrollieren will.Werde also rausgewunken und belehrt.Ladung war......naja hab mir halt Mühe gegeben.Voller Eifer (bei Mistwetter) legt sich der Beamte unter meine Pritsche um Fehler zu finden und ich "Kick doch mal nach Rost, ick muß den Monat noch zum TÜV...der muß noch 2 Jahre....der Alte hat seinen noch nicht abgzahlt"
Sein Kommentar:"neee sieht alles noch gut aus...ölt ein bißchen aber sonst ist alles ok"
Bin ohne Strafe davongekommen,obwohl er die Karre aus dem Verkehr hätte ziehen können, weil....hat natürlich keinen TÜV bekommen....war total durchgerostet.
Was ich damit sagen will...der Ton macht die Musik,anders kann ich es mir nicht erklähren.
Ich weiß nicht wie andere kommunizieren... ich mach es offen und selbstbewust...vieleicht liegts daran...wer weiß?
Gruß Ralf
 
Ich kenne es aber anders,das genau die älteren ländlichen Mütterchen solche Sprüche zu ihren Enkelchen oder wer auch immer dabei ist los lassen.
Gruß Maik

Meine 83-jährige Tante ist immer wieder froh wenn der Neffe kommt und die Messer schärft. Sie weiß noch von der Landwirtschaft und Großfamilie ein scharfes Kneipchen zu schätzen.
Da wurden abends noch 2 zehn Liter Eimer mit Kartoffeln geschält.
Mit einem stumpfen Messer hätte man sich ja weggeschält.

Gut das sind noch Generationen in denen man Werkzeug brauchte.

Mein Onkel hat sich für den Sonntag immer ein sauberes Taschentuch und sein "gutes" Taschenmesser eingesteckt.

Aber die Zeiten ändern sich.
Wie hat mich die Verkäuferin angeschaut, als ich mit meiner Tochter mehrere Messer angeschaut habe. Meine Tochter wollte unbedingt eines. Wir hatten uns zuvor im Internet einige angeschaut. Um zu sehen wie es in ihre Hand passt, bin ich mit ihr in ein Geschäft gegangen.
Die Verkäuferin gab mir die entsprechenden Messer dann in die Hand.
Der Blick war super als ich zu ihr sagte, sie soll es meiner Tochter geben, den es wäre für sie.:steirer:
Vor allem als sie mir das mit der runden Spitze empfohlen hat. Ich erwiderte hierauf, meine Tochter soll halt aufpassen, denn sonst lernt sie den Umgang nicht.:hehe:
 
...
Liegt vieleicht an meiner offenen Art,oder weil ich sie von mir aus anquatsche,immer Augenkontackt suche oder und das ist kein Quatsch jeden mit "du" anrede (außer 80 Jährige in Bekleidung ihrer Eltern:D).... ich weiß es nicht.

Was ich damit sagen will...der Ton macht die Musik,anders kann ich es mir nicht erklähren.
Ich weiß nicht wie andere kommunizieren... ich mach es offen und selbstbewust...vieleicht liegts daran...wer weiß?
Ganz sicher hat es damit zu tun - offenes, klares Auftreten macht viel aus. "Duzen" würde *ich* nicht unbedingt jeden, aber grundsätzlich passt das so, wie Du es beschreibst, zumindest für Norddeutschland, wo ich auch Berlin einordnen würde, ginge in Emden, Bremen* oder Hamburch* auch :cool:

*höchstwahrscheinlich

Gruß Andreas
 
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