güNef
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Servus,
Das CNC-Gyuto…..
Erstmal meinen Dank an Lukas, sich überhaupt an ein solches Projekt zu wagen und die ersten Prototypen zwecks Beurteilung als PA der Forengemeinschaft zur Verfügung zu stellen.
Prolog:
Nach den ersten Minuten ein paar Gedankenfetzen notiert…..
Na, so kann das nicht in Serie gehen, zu viel Flex, Blechfeeling, Griff zu kantig und trotz Riefen zu glatt. Insgesamt billigste Haptik, obwohl der FR top ist. Die Flanken erinnern an einen geriffelten Blechstreifen. Profil unschlüssig, läuft im Wiegeschnitt nicht rund genug, insgesamt wie Stanzblech. Schnitt und FR ist gut, Gewicht, Optik und Haptik sind nicht gut. Das ganze Messer irritiert irgendwie, weil teilweise gut, fühlt sich aber falsch an. Merkwürdiges Teil….
Das waren meine ersten Eindrücke.
Viel geändert hat sich nach einer Woche Verwendung nicht, aber der Reihe nach:
Drei exotische Besonderheiten kann dieses Gyuto vorweisen. Nicht alle sind aus meiner Sicht positiv zu bewerten. Fangen wir mit der guten Nachricht an, der FR ist absolut Top und bei solch einer dünnen Laserbauweise wohl einzigartig und international absolut konkurrenzfähig, wenn nicht aktuell konkurrenzlos. Das hat aber seinen Preis, daher komme ich jetzt zu den schlechten Nachrichten. Das Messer flext wie ein Filetiermesser, für ein Gyuto eindeutig zu viel, ja viel zu viel. Das ist klar der dünnen Konstruktion und dem tief gefrästen „Rillenmuster“ geschuldet.
Die Haptik leidet daher massiv, das Feeling der Klinge und die Geräusche die es beim Ablegen und überhaupt bei Brettkontakt macht erinnern an ein Stück Blech. Ein gefräster Blechstreifen als Klinge. Dazu trägt auch die Oberflächenbeschaffenheit seinen Teil bei. Die nächste Irritation ist das Gewicht. Das leichteste Messer das ich je hatte war ein Kamo-To-Santoku mit knapp über 100 Gramm, mit Honoki-Griff und Hornzwinge. Und kürzer war es auch noch. Dieser Prototyp unterschreitet klar die 100 Gramm-Grenze. Das ist aus meiner Sicht zu leicht. Obwohl der Schwerpunkt in der Klinge und vor dem Griff liegt, macht das Messer keine Anstalten selbstständig in irgend ein Schnittgut einzudringen, es braucht eine klare und druckvolle Führung. Dritter und letzter Punkt ist der gedruckte Griff. Sicher ultraleichtes Kunststoffmaterial, das leider „billig“ wirkt, obwohl das Griffdesign ganz ok ist. Trotz feiner Linienstruktur im Material finde ich den Griff zu glatt, die Haptik überhaupt schrecklich. Das Material greift sich absolut künstlich an, alles ist viel zu kantig und drückt in der Hand.
Ich weiß, das ihr einen Holzgriff dranmachen wollt, aber vielleicht ist drucken ja auch Option wenn ihr schon die Möglichkeit habt, dann aber mit anderem Material. Weiter unten gibt’s einen Input dazu.
Das sind erstmal die von mir gewonnen Eindrücke zu den exotischen Besonderheiten.
Jetzt noch eine standardisierte Bewertung allgemein:
Der Klingenrücken ist weder gebrochen noch verrundet, ebenso der Kehl. Viel Taper ist konstruktionsbedingt nicht gegeben, die Spitze ist trotz extremen Flex nicht absolut fein. Die Schneidefase könnte schöner sein, man findet leicht verkratzte Stellen auf dem Streifen unter den Fräsungen vom Schärfen. Eine plastische Verformung hat sich gebildet, obwohl ich das Messer so behandelt habe, wie meine dünnsten Schneiden. Richtig nagelgängig ist es nicht, der Schleifwinkel erscheint mir ein wenig zu spitz. Es ist scharf angekommen und Rohkost wie Gurken, Tomaten, Radischen, Frühlingszwiebel, Paprika usw. lassen sich traumhaft schneiden, ohne das was anklebt, das ist wirklich das herausragende Merkmal und die beste Eigenschaft an diesem Gyuto. Noch nie hatte ich ein so dünnes und leichtes Messer mit solch einer Schnittgutfreisetzung. Chapeau Lukas, das hab ihr schon mal umgesetzt. Der Rest muss noch angepasst werden, wenn man die Gesamtfunktion mit der Konkurrenz vergleichbar gestalten will. Der Schnitt ist jetzt nicht sonderlich leicht, knackfrische Möhren knacken, insgesamt aber ok. Die nächsten Tester sollten hartes und hohes Schnittgut ausprobieren, ich hatte keine Sellerieknollen oder Süßkartoffel zur Hand, kann also nicht urteilen ob das stecken bleibt oder gut durchgeht.
Die Fräsungen haben mir beim Choppen die Linie versaut…😉
Man kann diese Exotik natürlich auch als gewollt vermarkten und dem Kunden suggerieren, das hier ein absoluter Leichtbaulaser daherkommt, der was FR betrifft die Konkurrenz von Ashi, Takamura, Yusuke, Kobayashi u.a. gnadenlos abledert. Dann muss das Gewicht und der obszöne Flex und der gedruckte Griff aber klar kommuniziert werden, sonst erlebt der Käufer, der übliche Kochmesser/Gyutos gewohnt ist eine Überraschung der besonderen Art und wiegt dann ein „Nichts“ mit Plastik-Blech-Anmutung staunend und vielleicht enttäuscht in der Hand. Ob das Messer dann in hoher Stückzahl gefräst sich auch gut verkaufen lässt ist eine andere Frage.
Ich habe mit Lasern begonnen und mein damaliges Credo war so leicht als möglich, so dünn als möglich und zwar sowohl der Klingenrücken als auch über der Schneide. Von diesem Kurs bin ich schon lange abgekommen, spätesten seit Watanabe weiß ich ein 250-300 Gramm Gyuto mit angepasster Geometrie viel höher einzuschätzen als einen Laser. Der Zenit ist mein HK-gefrästes Leuchtwaben-Gyuto aus CPM3V von Uwe Mattern. Das kompletteste Messer das ich kenne, perfekt in Funktion und Haptik.
Das sind aber Einzelstücke und nicht in Großserie produzierbare Messer. Was ich als passenden Vergleich bemüht habe, war ein gefrästes HK-Gyuto von Scheepersbuild, hier hinkt der Vergleich weniger und ist passender. Luke Scheepers fräst jetzt leider lieber schöne Muster in die Flanken anstatt dieses an sich geniale Konzept zu erweitern, verbessern, verfeinern, was ich schade findet. Fifty50knives hat glaube ich überhaupt aufgegeben.
Lukas, wenn ihr solche gefrästen Gyutos mit gedruckten Griffen in großen Stückzahlen loswerden wollt, dann muss da noch tüchtig nachgebessert werden, außer die Messer kosten 49,-Euro, dann kauft ich mir auch eines. Wenn’s in die Preisregionen von Scheepersbuild gehen soll, dann fehlt da an Haptik, Materialien und Finish noch ne ganze Menge.
Wenn ihr das zu massentauglichen Preisen anbieten wollt, dann muss zumindest der extreme Flex weg und die Gesamthaptik muss sich verbessern. Der winzige Spalt vom Erl, ist jetzt kein Drama, sollte aber verschlossen sein. Der Rücken muss mindestens gebrochen werden. Was das Griffmaterial betrifft, bitte mal bei UG-Tools vorbeischauen, die drucken Titangriffe ohne lästig kantig zu sein, also die Griffe müssen mehr handschmeicheln. Orientiert euch an den Preisen von UG-Tools. Deren Griffe sind leicht, matt mit toller Haptik und Titan als edles Material. Kann man beliebig anodisieren was die Optik fördern könnte. Wenn Holz als Griffmaterial, dann leicht und stabilisiert. AEB-L als rostträger Klingenstahl braucht außer schärfen keine Pflege, also wäre ein Holzgriff der austrocknet, vergilbt, schrumpft usw. nicht meine erste Wahl, der braucht Pflege. Ferner muss ein extremer Taper nicht sein, Stockremoval ist wohl geplant und das sowas auch super funktionieren hat Ben Kamon mit seinen beiden Serien gezeigt. Schwierig wird die Balance zwischen Laser mit Top-FR was ja der eigentliche Joke an dem Gyuto ist und mehr Steifheit der Klinge und dazu ein paar Gramm mehr Stahl, damit das „Handgefühl“ nicht völlig irritiert ist.
Zu Standzeit, WB, Stabilität kann ich nicht viel sagen. Ich meine da müsste geprüft werden, ob eine Defektschicht vorhanden ist und diese dann entfernt werden. Ferner sollte ein kochmesserüblicher Schleifwinkel von 18° angeschliffen werden. Da das Messer aber noch durch viele Hände geht, überlasse ich diese Action den nachfolgenden Testern.🙏🏻😉
Potential ist da, es muss aber noch deutlich nachgebessert werden. Da Kamon und Huber das Messer auch testen, wird es sicher spannende Diskussionen geben, wo und wie man zu Verbesserungen ansetzen soll und kann, ohne in exotische Preisregionen abzudriften. Vor allem muss der „Blechcharakter“ weg und das Oberflächenfinish, das wirkt zu billig. Ab in den Tumbler mit den Klingen, ein Stone oder blackwashfinish an Kochmessern ist extrem selten, aber irrsinnig praktikabel und so eine mattierte Oberfläche schaut zudem super aus und diese blechige Oberflächenfinish ist weg. Siehe Scheepersbuild-Finish.
Eine 10-Punkte-Skala mit all euren Punkten scheint mir nicht möglich, wie soll ich die Produktqualität bewerten, wenn bis auf die FR-Eigenschaft noch alles überarbeitet werden soll und hoffentlich wird? Ebenso den Praxiseinsatz, der ist mit dem Prototypen nur bedingt zu beurteilen. Ebenso Preis-Leistung. Unmöglich den angepeilten Preis von rund 500,- Euro mit diesem Messer zu assoziieren.
Das Design ist grundsätzlich ok, das liegt aber im Auge des Betrachters. Mit einem anderen Finish der Oberflächen und anderem Griffmaterial sieht das wieder völlig anders aus, daher auch hier keine ernsthafte Beurteilung möglich. Die Klingengeometrie ist merkwürdig. Profil läuft nicht wirklich perfekt rund, wiegen ist zwar durch aus möglich, aber irgendwie gebremst. Über der Schneide ginge es noch dünner, die Schneide wäre mir nicht nagelgängig genug. Noch dazu hat die Schneide Verzug.
Die Spitze flutscht wohl deshalb nicht perfekt durch Zwiebel und der Rücken ist ein wenig zu dünn in Griffnähe. Es gilt abzuwiegen, ob das Messer massentauglich sein soll, oder eine FR-Schneidmaschine für Freaks.
Eine Punktlandung ist aus meiner Sicht der Food-Release für so eine dünne Klinge, hier gibt’s eine hohe Punktezahl.
In welchen Stückzahlen soll das Messer eigentlich produziert werden und an wen alle wird die Produktion ausgelagert? UG-Tools drucken die Griffe und das ganze Gadget das sie anbieten selbst, das Ausschneiden der Klingen, härten, WB, schleifen und Finish ist ausgelagert. Welchen Anteil an der Herstellung außer Idee und Designentwurf haben Sven und Du? Schärft ihr die Schneiden selbst und geht die letzte Qualitätskontrolle über euch? Dann gäbe es keine Defektschicht wenn der finale Schliff auf Steinen und mit System/Druckentlastung stattfindet.
Ich finde das Projekt durchaus spannend und bin neugierig was dabei am Ende für ein Messer rauskommt. Wenn es gut und geschickt gemacht wird kann das schon ein Renner werden, wenn der Preis niedriger als angepeilt wird. Siehe Sven Kinast vom Messerdepot. Sein SK09 in China nach seiner Idee gefertigt zu einem Kampfpreis und war ein großer Erfolg, ist in die 2. Auflage gegangen und viel auf 1000 verkaufte Stück wird nicht fehlen. Volles Risiko gegangen und gewonnen.
Bedenke, der Preis ist eine fette Hürde. Ben Kamon hat hart kalkuliert und seine Kleinserien um rund 350 angeboten. Produziert in einem Hochsteuerland mit beidseitiger HK und exzellentem FR und bis auf das Ausschneiden der Klingen und das gelaserte Branding alles selbst gemacht. Inflationsangepasst kostet das heute sicher ein paar Prozentpunkte mehr, aber dennoch. Hohe Stückzahlen laufen eben über den Preis.
So, ich schließe hier meinen Bericht und überlasse dem hochkarätigen Testfeld alles weitere.
Gruß, güNef
Das CNC-Gyuto…..
Erstmal meinen Dank an Lukas, sich überhaupt an ein solches Projekt zu wagen und die ersten Prototypen zwecks Beurteilung als PA der Forengemeinschaft zur Verfügung zu stellen.
Prolog:
Nach den ersten Minuten ein paar Gedankenfetzen notiert…..
Na, so kann das nicht in Serie gehen, zu viel Flex, Blechfeeling, Griff zu kantig und trotz Riefen zu glatt. Insgesamt billigste Haptik, obwohl der FR top ist. Die Flanken erinnern an einen geriffelten Blechstreifen. Profil unschlüssig, läuft im Wiegeschnitt nicht rund genug, insgesamt wie Stanzblech. Schnitt und FR ist gut, Gewicht, Optik und Haptik sind nicht gut. Das ganze Messer irritiert irgendwie, weil teilweise gut, fühlt sich aber falsch an. Merkwürdiges Teil….
Das waren meine ersten Eindrücke.
Viel geändert hat sich nach einer Woche Verwendung nicht, aber der Reihe nach:
Drei exotische Besonderheiten kann dieses Gyuto vorweisen. Nicht alle sind aus meiner Sicht positiv zu bewerten. Fangen wir mit der guten Nachricht an, der FR ist absolut Top und bei solch einer dünnen Laserbauweise wohl einzigartig und international absolut konkurrenzfähig, wenn nicht aktuell konkurrenzlos. Das hat aber seinen Preis, daher komme ich jetzt zu den schlechten Nachrichten. Das Messer flext wie ein Filetiermesser, für ein Gyuto eindeutig zu viel, ja viel zu viel. Das ist klar der dünnen Konstruktion und dem tief gefrästen „Rillenmuster“ geschuldet.
Die Haptik leidet daher massiv, das Feeling der Klinge und die Geräusche die es beim Ablegen und überhaupt bei Brettkontakt macht erinnern an ein Stück Blech. Ein gefräster Blechstreifen als Klinge. Dazu trägt auch die Oberflächenbeschaffenheit seinen Teil bei. Die nächste Irritation ist das Gewicht. Das leichteste Messer das ich je hatte war ein Kamo-To-Santoku mit knapp über 100 Gramm, mit Honoki-Griff und Hornzwinge. Und kürzer war es auch noch. Dieser Prototyp unterschreitet klar die 100 Gramm-Grenze. Das ist aus meiner Sicht zu leicht. Obwohl der Schwerpunkt in der Klinge und vor dem Griff liegt, macht das Messer keine Anstalten selbstständig in irgend ein Schnittgut einzudringen, es braucht eine klare und druckvolle Führung. Dritter und letzter Punkt ist der gedruckte Griff. Sicher ultraleichtes Kunststoffmaterial, das leider „billig“ wirkt, obwohl das Griffdesign ganz ok ist. Trotz feiner Linienstruktur im Material finde ich den Griff zu glatt, die Haptik überhaupt schrecklich. Das Material greift sich absolut künstlich an, alles ist viel zu kantig und drückt in der Hand.
Ich weiß, das ihr einen Holzgriff dranmachen wollt, aber vielleicht ist drucken ja auch Option wenn ihr schon die Möglichkeit habt, dann aber mit anderem Material. Weiter unten gibt’s einen Input dazu.
Das sind erstmal die von mir gewonnen Eindrücke zu den exotischen Besonderheiten.
Jetzt noch eine standardisierte Bewertung allgemein:
Der Klingenrücken ist weder gebrochen noch verrundet, ebenso der Kehl. Viel Taper ist konstruktionsbedingt nicht gegeben, die Spitze ist trotz extremen Flex nicht absolut fein. Die Schneidefase könnte schöner sein, man findet leicht verkratzte Stellen auf dem Streifen unter den Fräsungen vom Schärfen. Eine plastische Verformung hat sich gebildet, obwohl ich das Messer so behandelt habe, wie meine dünnsten Schneiden. Richtig nagelgängig ist es nicht, der Schleifwinkel erscheint mir ein wenig zu spitz. Es ist scharf angekommen und Rohkost wie Gurken, Tomaten, Radischen, Frühlingszwiebel, Paprika usw. lassen sich traumhaft schneiden, ohne das was anklebt, das ist wirklich das herausragende Merkmal und die beste Eigenschaft an diesem Gyuto. Noch nie hatte ich ein so dünnes und leichtes Messer mit solch einer Schnittgutfreisetzung. Chapeau Lukas, das hab ihr schon mal umgesetzt. Der Rest muss noch angepasst werden, wenn man die Gesamtfunktion mit der Konkurrenz vergleichbar gestalten will. Der Schnitt ist jetzt nicht sonderlich leicht, knackfrische Möhren knacken, insgesamt aber ok. Die nächsten Tester sollten hartes und hohes Schnittgut ausprobieren, ich hatte keine Sellerieknollen oder Süßkartoffel zur Hand, kann also nicht urteilen ob das stecken bleibt oder gut durchgeht.
Die Fräsungen haben mir beim Choppen die Linie versaut…😉
Man kann diese Exotik natürlich auch als gewollt vermarkten und dem Kunden suggerieren, das hier ein absoluter Leichtbaulaser daherkommt, der was FR betrifft die Konkurrenz von Ashi, Takamura, Yusuke, Kobayashi u.a. gnadenlos abledert. Dann muss das Gewicht und der obszöne Flex und der gedruckte Griff aber klar kommuniziert werden, sonst erlebt der Käufer, der übliche Kochmesser/Gyutos gewohnt ist eine Überraschung der besonderen Art und wiegt dann ein „Nichts“ mit Plastik-Blech-Anmutung staunend und vielleicht enttäuscht in der Hand. Ob das Messer dann in hoher Stückzahl gefräst sich auch gut verkaufen lässt ist eine andere Frage.
Ich habe mit Lasern begonnen und mein damaliges Credo war so leicht als möglich, so dünn als möglich und zwar sowohl der Klingenrücken als auch über der Schneide. Von diesem Kurs bin ich schon lange abgekommen, spätesten seit Watanabe weiß ich ein 250-300 Gramm Gyuto mit angepasster Geometrie viel höher einzuschätzen als einen Laser. Der Zenit ist mein HK-gefrästes Leuchtwaben-Gyuto aus CPM3V von Uwe Mattern. Das kompletteste Messer das ich kenne, perfekt in Funktion und Haptik.
Das sind aber Einzelstücke und nicht in Großserie produzierbare Messer. Was ich als passenden Vergleich bemüht habe, war ein gefrästes HK-Gyuto von Scheepersbuild, hier hinkt der Vergleich weniger und ist passender. Luke Scheepers fräst jetzt leider lieber schöne Muster in die Flanken anstatt dieses an sich geniale Konzept zu erweitern, verbessern, verfeinern, was ich schade findet. Fifty50knives hat glaube ich überhaupt aufgegeben.
Lukas, wenn ihr solche gefrästen Gyutos mit gedruckten Griffen in großen Stückzahlen loswerden wollt, dann muss da noch tüchtig nachgebessert werden, außer die Messer kosten 49,-Euro, dann kauft ich mir auch eines. Wenn’s in die Preisregionen von Scheepersbuild gehen soll, dann fehlt da an Haptik, Materialien und Finish noch ne ganze Menge.
Wenn ihr das zu massentauglichen Preisen anbieten wollt, dann muss zumindest der extreme Flex weg und die Gesamthaptik muss sich verbessern. Der winzige Spalt vom Erl, ist jetzt kein Drama, sollte aber verschlossen sein. Der Rücken muss mindestens gebrochen werden. Was das Griffmaterial betrifft, bitte mal bei UG-Tools vorbeischauen, die drucken Titangriffe ohne lästig kantig zu sein, also die Griffe müssen mehr handschmeicheln. Orientiert euch an den Preisen von UG-Tools. Deren Griffe sind leicht, matt mit toller Haptik und Titan als edles Material. Kann man beliebig anodisieren was die Optik fördern könnte. Wenn Holz als Griffmaterial, dann leicht und stabilisiert. AEB-L als rostträger Klingenstahl braucht außer schärfen keine Pflege, also wäre ein Holzgriff der austrocknet, vergilbt, schrumpft usw. nicht meine erste Wahl, der braucht Pflege. Ferner muss ein extremer Taper nicht sein, Stockremoval ist wohl geplant und das sowas auch super funktionieren hat Ben Kamon mit seinen beiden Serien gezeigt. Schwierig wird die Balance zwischen Laser mit Top-FR was ja der eigentliche Joke an dem Gyuto ist und mehr Steifheit der Klinge und dazu ein paar Gramm mehr Stahl, damit das „Handgefühl“ nicht völlig irritiert ist.
Zu Standzeit, WB, Stabilität kann ich nicht viel sagen. Ich meine da müsste geprüft werden, ob eine Defektschicht vorhanden ist und diese dann entfernt werden. Ferner sollte ein kochmesserüblicher Schleifwinkel von 18° angeschliffen werden. Da das Messer aber noch durch viele Hände geht, überlasse ich diese Action den nachfolgenden Testern.🙏🏻😉
Potential ist da, es muss aber noch deutlich nachgebessert werden. Da Kamon und Huber das Messer auch testen, wird es sicher spannende Diskussionen geben, wo und wie man zu Verbesserungen ansetzen soll und kann, ohne in exotische Preisregionen abzudriften. Vor allem muss der „Blechcharakter“ weg und das Oberflächenfinish, das wirkt zu billig. Ab in den Tumbler mit den Klingen, ein Stone oder blackwashfinish an Kochmessern ist extrem selten, aber irrsinnig praktikabel und so eine mattierte Oberfläche schaut zudem super aus und diese blechige Oberflächenfinish ist weg. Siehe Scheepersbuild-Finish.
Eine 10-Punkte-Skala mit all euren Punkten scheint mir nicht möglich, wie soll ich die Produktqualität bewerten, wenn bis auf die FR-Eigenschaft noch alles überarbeitet werden soll und hoffentlich wird? Ebenso den Praxiseinsatz, der ist mit dem Prototypen nur bedingt zu beurteilen. Ebenso Preis-Leistung. Unmöglich den angepeilten Preis von rund 500,- Euro mit diesem Messer zu assoziieren.
Das Design ist grundsätzlich ok, das liegt aber im Auge des Betrachters. Mit einem anderen Finish der Oberflächen und anderem Griffmaterial sieht das wieder völlig anders aus, daher auch hier keine ernsthafte Beurteilung möglich. Die Klingengeometrie ist merkwürdig. Profil läuft nicht wirklich perfekt rund, wiegen ist zwar durch aus möglich, aber irgendwie gebremst. Über der Schneide ginge es noch dünner, die Schneide wäre mir nicht nagelgängig genug. Noch dazu hat die Schneide Verzug.
Die Spitze flutscht wohl deshalb nicht perfekt durch Zwiebel und der Rücken ist ein wenig zu dünn in Griffnähe. Es gilt abzuwiegen, ob das Messer massentauglich sein soll, oder eine FR-Schneidmaschine für Freaks.
Eine Punktlandung ist aus meiner Sicht der Food-Release für so eine dünne Klinge, hier gibt’s eine hohe Punktezahl.
In welchen Stückzahlen soll das Messer eigentlich produziert werden und an wen alle wird die Produktion ausgelagert? UG-Tools drucken die Griffe und das ganze Gadget das sie anbieten selbst, das Ausschneiden der Klingen, härten, WB, schleifen und Finish ist ausgelagert. Welchen Anteil an der Herstellung außer Idee und Designentwurf haben Sven und Du? Schärft ihr die Schneiden selbst und geht die letzte Qualitätskontrolle über euch? Dann gäbe es keine Defektschicht wenn der finale Schliff auf Steinen und mit System/Druckentlastung stattfindet.
Ich finde das Projekt durchaus spannend und bin neugierig was dabei am Ende für ein Messer rauskommt. Wenn es gut und geschickt gemacht wird kann das schon ein Renner werden, wenn der Preis niedriger als angepeilt wird. Siehe Sven Kinast vom Messerdepot. Sein SK09 in China nach seiner Idee gefertigt zu einem Kampfpreis und war ein großer Erfolg, ist in die 2. Auflage gegangen und viel auf 1000 verkaufte Stück wird nicht fehlen. Volles Risiko gegangen und gewonnen.
Bedenke, der Preis ist eine fette Hürde. Ben Kamon hat hart kalkuliert und seine Kleinserien um rund 350 angeboten. Produziert in einem Hochsteuerland mit beidseitiger HK und exzellentem FR und bis auf das Ausschneiden der Klingen und das gelaserte Branding alles selbst gemacht. Inflationsangepasst kostet das heute sicher ein paar Prozentpunkte mehr, aber dennoch. Hohe Stückzahlen laufen eben über den Preis.
So, ich schließe hier meinen Bericht und überlasse dem hochkarätigen Testfeld alles weitere.
Gruß, güNef