klick63, das ist eine wunderschöne Geschichte. Die meisten werden aber kaum in einer solchen oder ähnlichen Sonderstellung an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen. Sie werden dort eher Gäste sein und nicht im unberauschten Zustand ihrer Arbeit nachgehen.
Problemchen dabei: Falls dein Spyderco Military nach der Aufnahme in § 42a WaffG nun eine Waffe darstellen sollte, worüber bisher von offizieller Seite noch eisiges Schweigen herrscht, trennt dich nur der möglicherweise vor Gericht doch nicht ausreichende soziale Zweck von einer Strafbarkeit, nicht von einer OWI. D.h. triffst du z.B. auf einen schlecht gelaunten Ordnungshüter und sieht der Staatsanwalt darin einen Verstoß nach § 42 WaffG (nicht 42a), dann stehst du wegen einer Straftat vom Richter. Gerade das Tragen der neu aufgenommenen Messer bei öff. Veranstaltungen ist meiner Auffassung nach einer der gefährlichsten Punkte bei der Geschichte.
Man möge sich beispielsweise auch einmal vorstellen, wie der Einsatzleiter reagiert hätte, wenn ihm mehrere Personen unter Angabe aller möglichen Zwecke ihr Messer gezeigt hätten. Mir kann keiner erzählen, dass ein verantwortlicher Polizist mehrere, z.B. dutzende Personen auf einer solchen Veranstaltung mitgebrachte Einhandmesser absegnet, insbes. dann nicht, wenn es sich dabei um Gäste handelt, die Alkohol oder sonstwas konsumieren können und oft auch werden. Sollte es dann nämlich zu einer Messerstecherei kommen, würde dieser Verantwortliche die Konsequenzen zu tragen haben.
eisbär, Oberamtsrat Ranninger in allen Ehren, doch für mich ist die Äußerung ausgemachter Mumpitz. Mir ist klar, dass viele sich in dieser grausigen Situation an jeden Strohhalm zu klammern versuchen und diese Aussage gerne als Evangelium auffassen würden. Doch es fällt sofort auf, dass mit der geäußerten Sichtweise der § 42a WaffG völlig ausgehöhlt werden würde. Man könnte weiterhin die selben Messer wie bisher tragen und dürfte nur auf Nachfrage hin nicht angeben, sie zur SV dabei zu haben, sondern müsste sich irgendwelche anderen Zwecke ausdenken, z.B. Fäden abschneiden, Brotzeit oder Pilze sammeln. Am besten sagt man gleich, ich habe es zu allen Zwecken dabei, außer zum SV.
Leute, das kann nicht im Sinne des Gesetzgebers sein. Denn nach wie vor hätten die selben Personen die selben Messer dabei und wären somit exakt gleich gefährlich. Ziel der Gesetzesverschärfung war es garantiert nicht das grundlose Hantieren mit Messern in der Öffentlichkeit zu unterbinden, sondern vielmehr Jugendlichen das Führen der angeblich gefährlichsten Messer, die bis dahin noch keine Waffen waren, zu verbieten (Waffen durften sie eh nicht einmal besitzen), um das von ihnen ausgehende Gefährdungspotential zu reduzieren. Ich weiß nicht, was Herrn Ranninger und das Bayrische Staatsministerium geritten hat, aber ich vermute stark, dass man vor der Landtagswahl unbedingt vermeiden will, Wähler zu vergrätzen. Die Rollen rückwärts bei Rauchverbot und Pendlerpauschale sind ja hinlänglich bekannt. Genau in diesem Zusammenhang verstehe ich die Äußerung zum sozial anerkannten Zweck. Sie ist so maßgebend wie die Pendlerpauschale finanzierbar ist.
Wie ich es sehe, ist das berechtigte Interesse in Form des sozial anerkannten Zwecks nur deshalb ins Gesetz aufgenommen worden, weil man sich darüber bewusst war, dass die Regelung ohne diesen Passus vor dem BVerfG ganz schlechte Karten haben würde. Es ist nichts anderes als der Versuch, das untaugliche Führungsverbot von Gegenständen des täglichen Lebens, d.h. von Werkzeugen, etwas sozialadäquater erscheinen zu lassen. Man wollte es sich einfach machen und hat bewusst die Mühe gescheut, die Definition des Waffenbegriffs dahingehend auszuweiten, dass auch Werkzeuge des täglichen Bedarfs mit von ihm umfasst werden. Man hatte wohl wenigstens ansatzweise erkannt, welche wahnwitzigen Folgen dies in der Praxis nach sich zöge.
In ähnlicher Weise wird, wie schon an anderer Stelle erläutert, in der Hamburger Verbotsverordnung versucht, das Führen von Gegenständen des täglichen Lebens dadurch in seiner Rechtmäßigkeit unangreifbar zu machen, dass man es nur auf eng abgegrenzte räumliche Bereiche bezieht.
Mit beiden Mitteln versucht man nur, Verbote zu kaschieren, die aus verschiedenen juristischen Gründen heraus kaum Bestand haben dürften. Aus meiner Sicht sind diese Versuche ebenso Murks wie die zu Grunde liegenden Regelungen selbst.
In beiden Fällen hält man sich zudem bewusst die Möglichkeit offen, in einer Salamitaktik die Verbote zu verschärfen. Im Fall des § 42a WaffG ginge es, indem man den sozial anerkannten Zweck seitens der Ordnungsbehörden enger auffasst. Bei der Hamburger Verordnung könnte man sowohl den Kreis der Gegenstände erweitern, als auch die Verbotszonen flächenmäßig ausweiten.
Um wirklich gegen diese Methoden anzukommen, müsste man die Regelungen meines Erachtens nach an den kranken Wurzeln angreifen.
Bei § 42a WaffG ist es mit allen daraus resultierenden Konsequenzen die Frage, ob die neu hinzugekommenen Messer Waffen darstellen sollen. Falls sie Waffen sind, haben sich seit 01.04.2008 unzählige Minderjährige nach dem WaffG zumindest einer OWI schuldig gemacht und fahren täglich damit fort im Umgang mit Küchenmessern in privaten Haushalten und ihren Einhandmessern, über die ihnen gesagt worden war, sie dürften sie weiterhin besitzen, nur nicht in der Öffentlichkeit führen.
Stellen sich die gemeinten Messer als Werkzeuge ohne Waffenqualität heraus, haben sie im WaffG absolut nichts zu suchen und die Herrschaften müssen sich darüber Gedanken machen, wo und wie sie diese Werkzeuge unterbringen können. Der Arbeitsaufwand hierfür würde sich gewaschen haben und wird nur schwerlich von Erfolg gekrönt werden.
Die Hamburger Verordnung lässt hinsichtlich des nicht waffenrechtlichen Teils der Gegenstände eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage vermissen. Werkzeuge, bzw. körperliche Gegenstände des täglichen Lebens, sind meines Wissens nach nirgends ihrer Gefährlichkeit nach eingestuft, auch nicht in den Landespolizeigesetzen. Daher kann das bloße willkürliche Herausgreifen einzelner Sachen nicht rechtmäßige Grundlage eines Gesetzes sein. Auch hier müsste der Verordnungsgeber erst einmal ein Gesetz finden, dass ihn ermächtigt, das Führen völlig normaler körperlicher Gegenstände des täglichen Lebens verbieten zu dürfen. Die Landespolizeigesetze geben dies meiner Meinung nach nicht her. Hätten sie es hergegeben, hätte man keine Verordnungen gebraucht.
Der juristisch saubere Weg hätte darüber geführt, sämtliche tragbare körperliche Gegenstände ihrer Gefährlichkeit nach ein- und abgestuft aufzulisten. Wiederum hat man diese Mühe bewusst gemieden und auch hier gilt, sie würde statt zum angestrebten Ziel eher ins undurchführbare Chaos führen.
Wer sich also nur um den sozial anerkannten Zweck kümmert, kratzt lediglich an der Oberfläche herum und wird auf Dauer damit kaum etwas erreichen.
Es ist ein Trauerspiel, dass unsere Regierung, insbes. die Minister Schäuble und Zypries, seit Jahren meinen, mit ihren Gesetzen derart überziehen zu müssen, dass sie erst mit Hilfe des BVerfG wieder in legale Bahnen zurück geführt werden können. Wenn man aber weiß, was sie auf EU Ebene mit großem Druck durchzuboxen versuchen, wundert es wenig, dass sie sich innerstaatlich etwas den Weg dafür ebenen wollen. Wer es immer noch nicht bemerkt hat, dem sei gesagt, das Thema, über das sie kein Wort verlieren, das aber hinter verschlossenen Türen garantiert eines der wichtigsten ist, lautet "Crowd Control".
Gruß
JB
P.S. Hätte Herr Ranninger recht, wären zumindest die Kategorien "Brauchtumspflege" und "Sport" im § 42a III WaffG überflüssig, weil diese Zwecke nicht der SV dienen und daher sowieso sozial anerkannt sein müssten. Die "Berufsausübung" wäre insoweit überflüssig, als es nicht Berufe beträfe, die mit SV zu tun haben können. Kurzum, der gesamte Absatz 3 wäre anders formuliert worden.