roman
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Wenn die Penetrationstiefe ein Kriterium sein soll; hat dann nicht wieder die Form des Anschliffs der Klinge, bzw. die Breite der Klinge großen Einfluss auf das Testergebnis?
Ja und genau darum gehts ja auch!
Eine der für mich wichtigsten Erkenntnisse aus meiner Arbeit ist:
Man kann bei Messen nichts einzeln betrachten. Es ist vielmehr ein Zusammenspiel vieler Einzelkomponenten die zu einem aussagekräftigen Ergebnis führen.
Wenn man über einen bestimmten Stahl Aussagen treffen will wie er sich als Klingenwerkstoff eignet, dann muss man auch immer die Wärmebehandlung und was noch viel wichtiger ist die Geometrie anschauen.
Dann hat man das sogenannte technische Leistungspotential eines Handmessers IMHO gut beschrieben.
Aber dann kommt noch die gestellte Schneidaufgabe hinzu, also was soll geschnitten werden und last not least, der Anwender mit seinem Gebrauchsverhalten.
Möchte man nun brauchbare Aussagen zum Gesamtleistungspotential eines Messer haben muss ich, aussgehend von der Schneidaufgabe (Schnitttyp, Schnittgut, Schneidbedingungen wie z.B. im korrosiven Meduim usw.) und dem gewöhnlichen Nutzerverhalten, verschiedene Werkstoffe und Wärmebehandlungen erproben. Kurz der spaß geht anders herum als der Test den Oliver gemacht hat.
Die Geometrie ist dabei von entscheidender Bedeutung!
Sie ist nicht nur die Grundlage für die Schneidfähigkeit, sondern auch eine wesentliche Rahmenbedingung für die Schneidhaltigkeit (Welcher Werkstoff, mit welcher WB, und welchem Winkel, bezogen auf die Aufgabe?)
Wer mal in der Zwischenzeit bei Klemm nachgelesen hat, weis, dass es genau darum geht diese Beziehungen herzustellen.
Die großteils jahrelang vorherrschende Meinung vieler Messermacher weltweit war, nehm ich den besten Stahl und mach ich ihn dann richtig hart und scharf, dann hab ich ein tolles Messer. Das ist einleuchtend und einfach.
Das ist natürlich kaum was wodurch man jetzt ein optimal ausgelegtes Werkzeug bekommt.
Ulrich hat es ja vorher schon gesagt, diese einfach erscheinende Aufgabe, darzulegen was den nun optimal bedeutet daran haben schon ganze Heerscharen von guten Ingineuren geforscht (Schaut mal ins Literaturverzeichnie meines Buches)
Auch ich musst erkennen das mein Test nicht das allein Seeligmachende ist.
Wer genau hinschaut ins Buch, da sind ja auch die Kennfelddatenblätter drin, die zeigen sowohl die Einschätzung über den Druckschnitt als auch Zugschnitt und das bezogen auf ein paar sehr vereinfacht gehaltenen Grundannahmen und Rahmenbedingungen.
Anders ist das auch garnicht möglich. Der Arbeitsaufwand das in aller epischer Breite zu exerzieren, würde schnell die Dimension des Entwicklungsbudget eines F1 Rennstalls annehmen.
Eine kleines Beispiel hierzu:
Ich habe mir mal die Mühe gemacht den Stahl 1.4111 näher zu untersuchen. Ziel war es in einer sehr vereinfachten Art und Weise die Schneidkanntenstabilität einer gegebenen Charge die ich gekauft hatte auszutesten.
Beim Test wurde der Winkel (Geometrie) gleich gehalten und nur mit verschiedenen sinnvollen WB-parametern experimentiert.
Um noch machbar zu sein, habe ich die Anzahl der der Probekörper auf jeweils 2 identisch behandelte Proben beschräken müssen.
Die ganze Versuchsreihe mit Auswertung hat mich 4 Monate Arbeit gekostet, plus weitere 1,5 Monate zusammenschreiben. Die Kosten die ich gehabt hätte, wenn ich das in Auftrag gegeben hätte, will ich mal garnich andenken.
Was hats gebracht?
Jetzt weis ich zwar aus wissenschaftlicher Sicht gesehen einen ersten guten Anhaltswert (Aber aus statistischer sicht nicht ausreichend um als sauber und exakt zu gelten) für diese eine Charge aus dem Stahl 1.4111 mit den ihm eigenen metallurgischen Kenngrößen, welches ein sinnvoller Bereich für die WB bei gegebener Geometrie, angegeben werden kann. Ich weis aber nicht ob das die richtige Geometrie ist oder im gesamten Kontext später, auch einer sinnvolle Werkstoffwahl.
Wenn ich dann noch all die anderen für Messer sinnvollen Parameter wie z.B. Schneidfähigkeit im Zug wie im Druckschnitt oder auch Schneidhaltigkeit im Zugschnitt, Schockresistenz usw, rausfinden hätte wollen, wär ich jetzt Arm und hätte nen langen Bart.
Ergo: Tests der den Oliver gemacht hat, sind wichtig und helfen beim Verstehen auch wenn sie, wie wir alle wissen, in der gegebenen Art wissenschaftlich nich haltbar sind.
Trotzdem: Weiter so!!!!!

Es barucht mehrere Testansätze um ein ganzheitliches Bild von Klingen und ihrer Eignung zu bekommen
Ein umfassender Test muss von den Schneidbedingungen hergeleitet werden, da sonst kein Bezugspunkt vorhanden ist für was sich die Gesamtkonstruktion wirklich eignet.
Grüße Roman