Servus miteinander!
ich dachte mir, dass ich auch mal ein paar Sätze beisteure.
Grundsätzlich geht es doch um die Frage, inwieweit man bei der - notwendigen* - Pflege seiner Gebrauchsgegenstände eine gewisse Autonomie erlangen möchte. Ich war es beispielsweise irgendwann leid, für die Inspektion meines Fahrrads einen Betrag abzudrücken, der sich schon vor zehn Jahren langsam in Richtung dreistellig bewegt hat. Ich will gar nicht wissen, was das heute kostet… Also habe ich ein wenig recherchiert, ein Buch, Montageständer, Drehmomentschlüssel und noch ein bisschen Kleinkram gekauft und mache das seitdem selbst. Die Wartung von Federgabel/Dämpfer war dann für mich der Punkt, auszusteigen, und das vom Fachbetrieb machen zu lassen; andere machen das auch selbst. Und da wir mehrere Fahrräder in der Familie haben, haben sich die Ausgaben relativ schnell gerechnet.
Nun aber zum eigentlichen Thema. Will ich meine Messer pflegen, muss ich Geld in die Hand nehmen. Ich kann es komplett vom Fachbetrieb übernehmen lassen und jedes Mal, wenn das Messer nicht mehr so schneidet, wie ich es will, einschicken. Würde mich nerven, weil ich abhängig bin und jedes Mal das Portemonnaie aufmachen darf. Die Intervalle kann man mit verschiedenen Mitteln, für die unterschiedlich hohe Ausgaben nötig sind, verlängern. Was man wählt, hängt in meinen Augen von den Messern ab, die man hat bzw. neu anschaffen möchte, und wie bereit man ist, eine neue händische Technik zu erlernen.
Wetzstahl -> Die Schärfe kann bei geeignetem Messer lange gepflegt werden. Irgendwann wird man es wieder einschicken müssen.
Sharpmaker -> Die Schärfe kann sehr lange gepflegt werden. Man muss es nur konsequent machen, weil wirklich stumpfe Messer damit schonmal am Geduldsfaden zerren können.
EP Apex oder Klon -> Die Pflege ist sehr lange selbst möglich und das Einschicken ist nur dann nötig, wenn das Messer so dick hinter der Wate geworden ist, dass es gar keine Freude mehr bereitet bzw. nicht mehr den eigenen Bedürfnissen entspricht. Ich habe wirklich viel ausprobiert; beim EP war meine Lernkurve eindeutig am steilsten und ich habe in kürzester Zeit Ergebnisse hinbekommen, die für mich keine Wünsche übrig lassen, Haare spalten inklusive. Beim EP will ich den „Drill Stop Collar“ nicht mehr missen, er erleichtert mir die Einstellung des richtigen Winkels erheblich. Wenn man noch zusätzliche Aluträger anschafft, kann man sogar mit verschiedenen Winkeln ab einem Mindestwinkel oder Microfasen arbeiten. Außerdem bietet EP mittlerweile eine Vorrichtung an, mit der man einen Magneten bei Bedarf nutzen oder durch einen simplen Mechanismus wieder vom Schleiftisch entfernen kann. Ich nutze ihn äußerst selten, aber es ist manchmal schön, dass er bei Bedarf da ist. Das Ganze kostet halt ein bisschen was, ist aber für mich wie ein Satz gutes Fahrradwerkzeug. Tut einmal weh, war aber für mich eine der sinnvollsten Anschaffungen, die ich jemals getätigt habe. Ich nutze im Alltag mehrheitlich Messer zwischen 16 und 21 cm Klingenlänge, immer mal kommt eins mit 23 cm dran. Die lassen sich wunderbar auf diese Weise pflegen.
Ergänzt um ein paar Bögen Nassschleifpapier verschiedener Körnung aus dem Baumarkt und einem Mauspad/einem Stück Pappe/der Tageszeitung kann man geeignete Messer hiermit mit relativ wenig Vorkenntnissen über der Wate dünn halten und auf einer ebenen Unterlage auch die irgendwann zugesetzten Steine wieder öffnen und plan halten.
Bankstein(e) freihand -> Habe ich mit angefangen, hatte ich keine Geduld für und die Sauerei ging mir auch auf den Keks. Für mich und meine Frustrationstoleranz eine zu flache Lernkurve, aber wenn man es dann mal beherrscht, ist man hier schon sehr autonom. Mittlerweile nutze ich einen Kombistein vom Japan Messer Shop (Shopnennung ist hoffentlich erlaubt), um zwischendurch mal auszudünnen. Dabei wird über der Fase ballig rumgewackelt, bis die Geometrie mir wieder passt. Dann wird die Schärfe wieder lange Zeit mit dem EP gepflegt. Also im Prinzip das, was
@pebe aus dem KKF zitiert hat. Und ja, ich meine das auch ernst; so gehe ich vor.
Bei der ganzen Selbst-Ausdünnerei muss man sich halt fragen, wie sehr das Messer für einen selbst Werkzeugcharakter hat, und inwiefern man mit Kratzern auf den Flanken leben mag. Mir ist das Wurst, andere sind da eventuell empfindlicher und schicken ihre Messer zu Schanz, wenn es an der Zeit ist.
Bogdan(klon)/NoWi -> Habe ich probiert, liegt zerlegt im Schrank. Ich will mir den Wohnraum nicht damit vollstellen und der Aufbau dauert mir zu lange. Außerdem bin ich komplett weg von den ganzen extrem hoch legierten Stählen. Ein gut behandelter Aogami, 1.2519 oder AEB-L lassen bei mir keine Wünsche offen. Und die bekomme ich mit dem EP dreimal scharf. Wenn man Messer mit extrem ausgetüftelten Geometrien hat, kann es sinnvoll sein, mit einem solchen System zu arbeiten, weil solche Geometrien im Zweifel nur sehr aufwendig wieder hergestellt werden können und man dann wieder auf den Macher angewiesen ist. Sinnvoll fände ich den Vorschlag von güNef, sich zusammenzutun und so ein Gerät gemeinsam anzuschaffen bzw. das Schärfen für Freunde/Verwandte/Nachbarn anzubieten. Das hätte dann was von den Fahrradwerkstätten, in denen man das Werkzeug nutzen kann und kundige Unterstützung erhält.
Als Fazit bleibt bei mir übrig, dass ich eigentlich keine pauschale Empfehlung aussprechen kann, sondern dass der/die Fragende sich klar werden muss, ob er/sie sich grundsätzlich um die Pflege des Werkzeugs „Küchenmesser“ kümmern möchte und falls ja, wie das Budget ausschaut und wie bereit man ist, eine neue Fertigkeit zu erlernen und zu üben. Und manche Dinge muss man eben tun, statt nur darüber zu lesen. Alles hier Beschriebene habe ich selbst durch, habe also, wie Pitter es so schön geschrieben hat, Geld versenkt. Bereuen tue ich es nicht, denn grau, theurer Freund, ist alle Theorie und so weiter
Viele Grüße
Dr. Rossi
*Mir ist bewusst, dass es bei der Interpretation des Wortes „notwendig“ einen großen Spielraum gibt. So soll es Leute geben, die ihr Fahrrad gar nicht pflegen und wenn es durch ist, einfach ein neues kaufen. Gerade vor zwei Wochen habe ich, als Leute zum Kochen zu Besuch waren, den Satz gehört: „Boah, sind eure Messer scharf, wir müssen uns unbedingt auch mal wieder neue kaufen!“ Ist auch eine Haltung, aber nicht meine.