Hallo
Zum Zitat im Beitrag 1 von U. Gerfin „Würden sie für alle Legierungselemente gelten, so müsste die Frage alter Schweissdamaste tatsächlich neu überdacht werden.“ habe ich als Nicht-Metallurge folgende Verständnisfragen:
- Welchen Zusammenhang hat das allfällige Fehlen von gewissen Legierungselemente im Raffinierstahl auf alte Schweissdamaste?
- Welche dieser Legierungselemente sind für die oben erwähnte Frage grundsätzlich wesentlich und ab welcher Konzentration sind diese dann auch wirklich massgebend?
Ist die Überlegung richtig, dass beim Vergleich von archäomettalurgischen Analysen zu beachten ist, in welchem Verarbeitungsstatuts sich die Eisen bzw. -Stahlprobe (z.B. Luppe, Eisenbarren, Raffinierstahl, etc.) befindet. Mir stellt sich somit folgende weitere Frage:
- Nehmen mit dem Raffinierprozess nebst den Schlackeneinschlüsse, auch die anscheinend nur in kleinen Mengen vorhandenen Legierungselemente im Schmiedeeisen noch weiter ab?
Auf der Suche nach weiteren Hinweise über Legierungselemente in Schmiedeeisen bzw. Raffinierstählen habe ich unter anderem folgende im Jahre 2000 publizierten Dissertation von Bernd Zimmermann gefunden: "Mittelalterliche Geschossspitzen - Kulturhistorische und archäologische und archäometallurgische Untersuchungen".
Es wurden Analysen von 85 mittelalterlichen Geschossspitzen (GS) aus dem 11. – 15. Jh. sowie von Vergleichsartefakte (VA) aus der Römerzeit, Hochmittelalter und Neuzeit durchgeführt. Die untersuchten Geschossspitzen stammten aus der Schweiz, Deutschland und Frankreich. Es wurden röntgenspektrometrische Untersuchungen (ED-XFA), Verbrennungsanalysen und Härtetests durchgeführt. Nebst Kohlenstoff wurden Konzentrationen von 13 Elementen ermittelt.
Gemäss den nachstehenden Hinweise bzw. Analysen von Raffinierstählen bzw. Schmiedeeisen, bewegen sich Mangan, Silizium sowie die anderen festgestellten Elemente innerhalb des Konzentrationsbereichs unter 0.2% und sind, wie ich verstehe, somit als Spurenelemente [33] zu qualifizieren. Einzige Ausnahme bildet anscheinend das Legierungselement Phosphor, mit zum Teil höheren Konzentrationen.
Nachstehend habe ich versucht, die zur Hauptsache vorkommenden Konzentrationsbereiche der einzelnen Elemente zusammenzufassen, welche in den 85 Geschossspitzen gemessen wurden:
Eisen (FE) > 97.0%
Kohlenstoff (C) < 0.2%
Phosphor (P) < 0.4%
Schwefel (S) < 0.2%
Arsen (As) 1) 0.012 – 0.09%
Vanadium (V) 2) ohne, < 0.01%
Chrom (Cr) ohne, < 0.01%
Mangan (Mn) < 0,05%
Kobalt (Co) 0.040 – 0.09%
Nickel (Ni) 3) 0.020 – 0.09%
Kupfer (Cu) 0.010 – 0.09%
Zink (Zn) 4) ohne; < 0.08%
Blei (Pb) nur in 2 GS
Silizium (Si) es wurde kein Silizium-Gehalt in den Auswertungen aufgeführt (vermutlich Konzentration zu niedrig)
Kalzium (CA) 5) 0.010 – 1.0%
Fussnoten:
1) Anscheinend können sich hier aufgrund des prozentualen Anteils herkunftsspezifische Konzentrationsspektren unterscheiden. 1 GS mit 2.48% Arsen absolute Ausnahme!
2) Konnte nur bei wenigen GS nachgewiesen werden.
3) Nur sehr wenige GS weisen eine Nickelkonzentration über 0.2%, beim VA mit einem Gehalt von über 0.2% handelt es sich um eine neuzeitliche Kanonenkugel aus dem Jahre 1799
4) Bei 29 GS kein Nachweis von Zink.
5) Kein eigentliches Legierungsbestandteil von Eisen. doch im Rost enthalten! Bei 17 GS wurde kein Kalzium nachgewiesen.
Zu folgenden Elementen sind u.a. folgende Bemerkungen unter Punkt 6.3 „Das Schweissen und dessen Bedeutung für die Härtung“ zu finden:
Arsen:
Den Nachweis beträchtlicher Mengen Arsen in antiken und frühmittelalterlichen Gegenständen aus Luppeneisen erbrachte man erstmals bei der Untersuchung antiker und frühmittelalterlicher Eisenerzeugnisse aus Krivina (Iatrus) in Bulgarien [91]. Bei den Untersuchungsobjekten handelt es sich um eine Axt aus dem 4./5. Jh. n. Chr.
Schwefel:
Bei Schwefel handelt sich nicht um ein Legierungsbestandteil im eigentlichen Sinne, sondern um Verunreinigungen, die durch den Verhüttungsprozess im Rennfeuer aus dem Eisenerz ins Eisen gelangt sind, während der Hauptanteil in der Schlacke abgeführt wird [98].
Mangan:
Reduziert wird das Manganoxid zu Manganmetall durch den im Eisen befindlichen Kohlenstoff. Für die moderne Stahlerzeugung ist Mangan unentbehrlich, doch spricht man von manganlegierten Stählen erst, wenn soviel Mangan zugesetzt wird, dass dadurch die Eigenschaften des Stahls wesentlich beeinflusst werden, was etwa von 0.6% an der Fall ist [100].
Bei den von E. Schürmann gelieferten chemischen Daten zur Zusammensetzung einer grösseren Serie chronologisch unterschiedlicher Eisenartefakte liegen die Mangangehalte unter 0.05%. Solch niedrige Konzentrationen können nur als Rückstände in Form von Schlackeneinschlüssen angesehen werden, denn der grösste Teil dürfte verschlackend beseitigt worden sein [101].
Silizium:
Silizium findet sich auch fast in jedem Eisen- und Stahlartefakt, oft aber nur in kleinen Mengen, wie Mangan. Silizium wird durch den Kohlenstoff aus der Gangart bzw. Schlacke reduziert. Grössere Gehalte finden sich vor allem im Rost und können im Eisen von den Kieselsäuregehalten der Schlackeneinschlüsse herrühren [102]. Von technischen Siliziumstählen spricht man, wenn der Gehalt mindestens 0.5% beträgt [103].
Kobalt:
In modernen Stählen wird Kobalt fast nur in Verbindung mit anderen Stoffen, wie Wolfram und Chrom, verwendet. ….. In antiken Eisenobjekten können Kobaltanteile mit einem erhöhten Nickelanteil von etwa 5 bis 10% sowie einem auffallend hohen Phosphorgehalte auf die Verwendung von Meteoreisen hinweisen [105].
Chrom:
Chrom kommt in antiken Eisenartefakten eigentlich fast nur in Spurenelementkonzentrationen vor. Chrom wird ähnlich wie Mangan bei der Reduktion zum grössten Teil verschlackend abgeführt, so dass im Endprodukt nur mit geringer Chromausbringung zu rechnen ist. Chrom wirkt als intentionell beigemischtes Element in modernen Stählen stark karbidbildend, was heisst, dass man in chromlegiertem Stählen neben Eisen- auch Chromkarbid findet.
Quellenangaben:
[33] Hauptkomponenten werden im Konzentrationsbereich zwischen 2 und 100 Gewichtsprozenten erfasst, Nebenkomponenten im Konzentrationsbereich zwischen 0.2 (2000 ppm) und 2% und Spurenelemente im Konzentrationsbereich unter 0.2% (2000 ppm).
[91] SCHÜRMANN/SCHROER 1959, 30, 127ff. Nach Schürmann/Schroer resultiert aus den hohen Aufkohlung der stählernen Gegenstände, dass der Phosphortransfer vom Erz ins Metall während des Verhüttungsprozess unterdrückt wird, was dazu führt, das der grösste Anteil des Phosphors direkt in die Schlacke übergeht.
[91] PLASKOWSKI 1984, 213ff.
[98] SCHÄFER 1910, 411ff.; SCHÄFER 1912, 1 spricht vom Schwefel als von der neben dem Phosphor „schädlichen Beimengung“. Pyrithaltige Eisenerze werden von der Verhüttung geröstet, um den Schwefel des Pyrits wegzuoxidieren.
[100] SCHUMANN 1983, 289
[101] SCHÜRMANN 1959, 121; vgl. ferner SCHÜRMANN 1958, 1302ff.; PLASKOWSKI 1992b, 171 schreibt dazu: „It is generally known that in bloomery furnace the iron and steel were reduced at a relatively low temparture (about 1200 to 1400ºC) an only partial reduction of iron and some other elements (nickel, copper, arsenic and phosphorus) occured. Other elements, such as silicon and manganese, were left unreduced as oxides combined with other oxides and passed to slag“ .
Piaskowski erwähnt ferner, dass Eisen, das im indirekten Reduktionsverfahren gewonnen wurde, einen Mangangehalt von etwa 0.05 bis 2.0% enthalte. Bei im direktem Verfahren erzeugeten Eisen tauchte Mangan lediglich in Spuren, meist n From von Oxiden in den Schlackkeneinschlüssen auf, da beide zum grössten Teil verschlackend beseitigt würden; so auch PLEINER 1991, 278; OSANN 1971, 43ff. und 70.
[102] SCHULZ 1955, 369; PLEINER 1991, 278. Zum Einfluss der Kieselsäuregehalte auf die Eisenreduktion vgl. SCHÜRMANN 1958, 1302. PLASKOWSKI 1992B, 172 erwähnt, dass im indirekten Reduktionsverfahren gewonnenes Eisen einen Siliziumgehalt von etwa 0.05 bis [102] SCHULZ 1955, 369; PLEINER 1991, 278. Zum Einfluss der Kieselsäuregehalte auf die 0.5% aufweist.
[103] MASER 1945, 43; SCHUMANN 1983, 435ff.
[105] TYLECOTE 1987, 101.
Verzeichnis über Literatur mit Metallurgischen Untersuchungen von Schwertern:
- Galadius XXIV, 2004, pp 187-208 – A renaisance sword from raciborz - Marcin Biborski, Janusz Stepinski, Grzegorz Zabinski (All the XIIIa type blades were made of iron with contents of other elements: Mg 0.07-0.1%, Ph 0.014-0.042%, Cu 0.01-0.08%, Ni 0.04-0.06%)
- Gladius XXIII, 2003, pp. 191-210 - Some early medieval swords in the wallace collection an elsewhere - David Edge & Alan Williams
- Metallurgical Investigations on Two Sword Blades of 7th and 3rd Century B.C. found in Central Italy - Walter Nocodemi, Carlo Mapelli, Roberto Venturini and Riccardo Riva (Sword of Vetulonia 7th B.C. : average prescence of carbon 0.15-0.25%, of silicon 0.01%, manganese 0.05% - Sword of Chiusi 3rd B.C.: carbon content 0.35-0.4%, silicon average value of 0.01%, manganese 3 x 10-3%)
- ICP-MS as a tool for archaeological analysis - Tracing of the geographical origins of Tizona - Ji Garcia Olonso, Ja Martinez, Aj Criado (Found concentration in Tizona sword : Pt 0.00041%, W 0.00089%, Mo 0.00038%, Co 0.0061%, Ni 0.0074%, Cu 0.0178%, Sb 0.0004%)
- Mircrostructure of steels and cast irons – Madeleine Durand-Charre (Table 2-3-5 : Range of compositions found in different layers of Merovingian swords by France-Lanord : C 0.05-015, Mn 0-0.05, S 0.016-0.03, P 0.14-0.35, N 0.004-0.01)
- The Material, Manufacturin and Computer Simulation of the Quenching Process of a Japanese Blade - Tatsuo Inonue (Tamahagane : C 1.05%, Si 0.01%, Mn 0.01%, P 0.029%, S 0.002%, Ni nil, Cr Tr, Cu <0.01%, Ti 0.003% - Forged steel : C 0.54%, Si 0.03%, Mn <0.01%, P 0.029%, S 0.005%, Ni 0.001%, Cr <0.01%, Cu 0.01%, Ti 0.008% - Core steel : C 0.28%, Si 0.02%, Mn 0.02%, P 0.029%, S 0.007%, Ni 0.001%, Cr 0.01%, Cu 0.01%, Ti 0.008%)
Das Buch « Mittealterliche Geschossspitzen » ist unter der ISBN-Nr. 3-908182-10-7 zu finden.
Mit freundlichen Grüssen
Longbow64