Original geschrieben von pitter
Da gibts ein kleines argumentatives Problem. Bevor der Kriminelle auf einmal wahllos rumgeballert hat war er dreissig Jahre lang gesetzestreu
... du wiesst nie was jemand mit einer Waffe macht, so er sie denn hat.
Also vorher war er gesetzestreu und sobald er die Waffe hat, wird er zum Amokläufer?? Ich glaub das geht etwas an den
Ursachen vorbei. "Unser" FBI Behavorial Science Unit geschulter Polizeipsychologe Thomas Müller hat vorgestern in einer Diskussion zum Thema gemeint, daß sich Amokläufer (unbewußt) bis zu einem Jahr auf die Tat vorbereiten- und in der bewußten Phase auch 1000 km für eine Waffe fahren oder (ala Littleton) Bomben bauen, etc.
Sprich, Ist er zwanzig jahre jedem Streit brav aus dem Weg gegangen wird er mit der Knarre auf einmal zum grossen Helden.
Da muß ich Dir entschieden widersprechen, denn das Zahlenmaterial aus den USA weist eher ins Gegenteil, also durchwegs defensives Verhalten. Hat die Waffengegner ziemlich irritiert, daß sich keine öffentl. Duelle ereigneten, daß die Zahl der Notwehrüberschreitungen nicht zunahm und daß lediglich 0,16% der permits wieder eingezogen werden mußten (zB. weil der Betreffende mit der Waffe in eine Bar ging- das alleine reicht zur Abnahme). In Florida wurden bis 31. Dec. 1995 315 000 permits ausgegeben, wovon 5 (!) wegen eines Verbrechens eingezogen werden mußten- das ist eine geringere Kriminalitätsquote als bei Polizisten. Ich denke auch jeder Waffenträger ist sich dort der verheerenden Konsequenzen auch "nur" einer Notwehrüberschreitung bewußt (Zivilklage!!).
Echte "Bullies" dagegen sind in der Regel Hosenscheißer, die sich nur die Schwächsten herauspicken. Blöd für sie, wenn sie sich nicht mehr sicher sein können, wer schwach ist und wer nicht. Eine unbewaffnete Gesellschaft ist eben mitunter ziemlich brutal- Frauen, ältere und kranke Menschen sind optimale Ziele für diese Kretins.
Nochwas zum "Modell Amerika". Aehhhh, deren Waffengesteztgebung und Strafrecht hin oder her. Die koennten sich mit Verbesserungen im Bildungssstem, der Arbeitspolitik und in der Sozialpolitik auch ne Menge Ärger ersparen.
Sag ich meinen US Freunden immer- ihr habt schon in punkto Bekämpfung habitueller Gewalttäter viel getan (zB. "three strikes"), der Opferschutz ist durch "concealed carry", Anti-Stalker Laws, etc. top, aber nochmal drastisch sinken wird die Kriminalitätsrate wenn ihr gewisse soziale Mindeststandards etabliert. So könnte man die Rate der Eigentums- und Erwerbskriminalität sicher senken- gegen die kleine Gruppe an Soziopathen, die Gewalt wegen des "Kicks" brauchen, oder Sexualstraftäter brächte es allerdings wenig.
Ich gehe also jederzeit mit Deiner Forderung nach einem engermaschingen sozialen Netz mit- nur glaube ich kaum, daß das die echten "Haie" stoppt. Es geht eben bei vielen Taten kaum um Geld, sondern um Dominanz, um Demütigung, um Lust am Töten& Verletzen.
Und zudem gehen wir hier ja auch immer mehr von diesem Modell ab, defamieren Arbeitslose als Sozialschmarotzer, machen uns es viel zu leicht jemanden als "Looser" abzutun, pflegen den unbedingten Konformismus in punkto Leistung schon bei Jugendlichen und setzen der neoliberalen Ellenbogengesellschaft eigentlich nichts Konzeptionelles entgegen.
MfG
Cato
PS: Ein Artikel des US Kriminologen Kopel der die Situation in den "concealed carry" Bundesstaaten beleuchtet:
http://www.policyreview.org/jul96/labs.html