Bundesratsinitiative vom 14.06.2024 zu den Themen „Messerkriminalität" und Waffenrechtsnovelle

Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Wenn ich das richtig interpretiere, sind in Waffenverbotszonen in bestimmten Fällen nur noch
"Gewerbetreibende und ihre Beschäftigten und von den Gewerbetreibenden Beauftragte, die Messer im
Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung führen" vom Führverbot für Messer ausgenommen.

Auf Seite 8f steht:
"wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass im Fall der Nummer 1 auch künftig mit der Begehung
solcher Straftaten zu rechnen ist oder im Fall der Nummern 2 bis 5 das Verbot oder die Beschränkung zur
Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist. In der Rechtsverordnung nach Satz 1 ist
eine Ausnahme vom Verbot oder von der Beschränkung für Fälle vorzusehen, in denen für das Führen der
Waffe oder des Messers ein berechtigtes Interesse vorliegt. Ein berechtigtes Interesse liegt insbesondere vor
1. für das Führen von Waffen
a) für Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse, mit Ausnahme einer Erlaubnis nach § 10 Absatz 4 Satz 4,
b) für Personen, die eine Waffe nicht zugriffsbereit von einem Ort zum anderen befördern,
c) in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 für Personen, die eine Waffe mit Zustimmung eines anderen in
dessen Hausrechtsbereich nach Satz 1 Nummer 3 führen, wenn das Führen dem Zweck des
Aufenthaltes in dem Hausrechtsbereich dient oder im Zusammenhang damit steht,
d) für Rettungskräfte und Einsatzkräfte im Zivil- und Katastrophenschutz im Zusammenhang mit der
Tätigkeit;
2. für das Führen von Messern in den Fällen des Absatzes 4a Satz 2."

Unter Absatz 4a Satz 2 steht auf S. 8:
"2. Gewerbetreibende und ihre Beschäftigten und von den Gewerbetreibenden Beauftragte, die Messer im
Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung führen,"

Interpretiert das irgendjemand anders?

Zu den Springmessern:
Ist denn jetzt nach der inkraftgetretenen Form noch irgendjemand explizit und rechtssicher vom Besitzverbot ausgenommen?
 
Das mit den Springmessern wird noch interessant. Die Regelung ist ja nicht nur hirnrissig, sondern auch ziemlich absurd. Auf der einen Seite verbotener Gegenstand, auf der anderen Seite aber trotzdem mit "berechtigtem Interesse" nutzbar.
Da in der Gesetzesbegründung (die für die Justiz ja quasi als Leitfaden für die Anwendung anzusehen ist) Handel/Gewerbe vom Verbot explizit ausgenommen sind, dürfte es für den Fachhandel per se erstmal kein Problem sein. Das würde ich (wegen der expliziten Erwähnung) schon als rechtssicher ansehen. Wie das aber in der Umsetzung aussieht (z.B. Aufbewahrungsvorschriften/Präsentation), weiß bisher nach meiner Einschätzung noch keiner.

Und auch, wie ein berechtigter Kunde sein Interesse nachweisen soll bzw. wie der Händler das überprüfen soll, ist AFAIK Grauzone. "Grüß Gott Herr Kaufmann, ich bin Bergsteiger und hätte gerne den Springer da."
Wie soll sowas denn stichhaltig überprüft werden? Da kann man sich als Händler ja letztlich nur auf die Aussage des Kunden verlassen. Und Bergsteigen und Wassersport sind ja (exlizit nicht abschließend) als Beispiele genannt, wie auch weiterer Einsatz, der eine einhändige Bedienung erforderlich macht.

Wer beispielsweise also körperlich beeinträchttigt ist und ein Messer daher nicht zweihändig öffnen kann, der sollte ebenfalls rechtssicher raus sein, weil diese Notwendigkeit ja leicht nachweisbar ist. Wenn ich z.B. nur eine Hand habe, nützt mir ein Zweihänder nichts.

Aber daß das bei Weitem mehr Fragen als Antworten aufwirft, ist offensichtlich.

Mich gruselt es immer (wie auch schon beim 42a), wenn ich sehe, wie handwerklich schlecht solche Gesetze hingeschludert werden von offensichtlichen Dilettanten.
Gruseln deshalb, weil wir hier im Forum den Mist als solchen erkennen, weil wir mehr oder weniger Fachleute für die Thematik sind. Aber der Gedanke drängt sich ja zwingend auf, daß das letztlich in allen Bereichen so läuft, nicht nur im WaffG.
Und das ist eine beängstigende, aber leider keineswegs abwegige Vorstellung.
 
Das hatten wir ja vorher auch bereits beim Thema Faustmesser.
Für Personen mit gültigem Jahresjagdschein legal, für den Rest der Bevölkerung ein verbotener Gegenstand. :rolleyes::
Ja, aber abgesehen davon, daß das auch für Kürschner gilt, ist der Fachhandel damals nicht bedacht worden. Da ging es also faktisch nur um Bestandsschutz. Und Jäger (mit Jagdschein) und Kürschner (mit entsprechender Gewerbeanmeldung) sind harte Kriterien ohne großen Interprtetationsspielraum, im gegensatz zu dem jetzigen Wischiwaschi bei den Springern.
 
Vielleicht bin ich der einzige der sich diese Frage stellt aber wie ist im Gesetz ein Messer definiert? Hat dazu jemand einen Auszug? Ist ein Schlüssel mit einer Scharfenkante ein Messer? Oder eine pocket prybar die einem Messer ähnlich sieht? Wird ein Stahl Lineal wenn ich es Schärfe automatisch ein Messer? Zählt eine Rasierklinge als Messer? Was ist mit Gurtschneidern, diese sind Messer aber ungefährlich?

Diese Frage ist ja die Grundlage für das Verbot und sollte keine Auslegungssache der Polizei sein. Sonst könnte ja ein Schlüssel einmal über den Asphalt gezogen werden und durch die scharfen Kanten ist er plötzlich ein Messer.
 
Vielleicht bin ich der einzige der sich diese Frage stellt aber wie ist im Gesetz ein Messer definiert? Hat dazu jemand einen Auszug? Ist ein Schlüssel mit einer Scharfenkante ein Messer? Oder eine pocket prybar die einem Messer ähnlich sieht? Wird ein Stahl Lineal wenn ich es Schärfe automatisch ein Messer? Zählt eine Rasierklinge als Messer? Was ist mit Gurtschneidern, diese sind Messer aber ungefährlich?

Diese Frage ist ja die Grundlage für das Verbot und sollte keine Auslegungssache der Polizei sein. Sonst könnte ja ein Schlüssel einmal über den Asphalt gezogen werden und durch die scharfen Kanten ist er plötzlich ein Messer.

Habe ich mich auch schon in Bezug auf Scheren gefragt. Es gibt ja zB auch das Vic Jetsetter ohne Messer aber mit Schere.
 
Gewebeschein beantragen für Hausmeisterservice, kosten etwa 65 Euro und eine Visitenkarte in´s EDC-Etui, worauf steht "24 Stunden Service"...
Habe ich dann immer ein berechtigtes Interesse, außer vielleicht auf Veranstaltungen ... ?
Kommt dann wohl auf die Art des Messers an, die man begründet bei sich haben will. Ein Stiletto-Springer wird kaum als Arbeitsgerät für einen Hausmeister akzeptiert, ein Skirmish oder BM-Auto wohl auch nicht... Veranstaltungen wird man damit auch nicht für sich freimachen, weil dort meist eigene Techniker anwesend sind. Ist ganz dünnes Eis, auch wenn es prinzipiell eine Überlegung wert ist.
 
Kommt dann wohl auf die Art des Messers an

Mein Deluxe Tinker oder Handyman in einem EDC-Etui und ein Laguiole in einem Leder Stecketui. Berechtigtes Interesse ist ja relativ einfach erklärt, wenn man zusätzlich beide Messer, also das Victorinox-Werkzeug mit Messer und das Laguiole in jeweils einem verschlossenen Behältnis in der Tasche hat. Man wird das verstehen müssen, dass man nicht mit dem Victorinox-Werkzeug mit Messer Lebensmittel, also den frisch zu kaufenden Apfel schneiden will.

Ist ganz dünnes Eis, auch wenn es prinzipiell eine Überlegung wert ist.

Hmm, glaube ich nicht, habe ja selbst im Berufsleben quasi "als Handwerker" auch immer ein (Einhand)messer mit Verriegelung in der Tasche, das Gerber Sharkbelly. Allerdings wurde ich auch noch nie im Leben kontrolliert, weder privat, noch im Büro, noch mit oder ohne Werkzeugkoffer beim Kunden. Theoretisch müsste es irgendeinen Richter geben, der einem Handwerker verbietet sein Messer mit sich rum zu "tranportieren" bzw. zu Führen.

Ein völlig anderer Ansatz wäre der Zweck für Foto/Filmaufnahmen. Wenn ich mir so überlege, welche Zwecke das sind, also Fotoaufnahmen von einem Messer, dann reicht es doch schon, wenn man den Kontrolleuren erklärt, dass man regelmäßig Fotos von Messern anfertigt um die in einem Fachforum zu zeigen - beweisen kann man es zusätzlich, denn hier im Forum gibt es ja genügend Threads.

Addiert man das zusammen, also die Rechtfertigung des berechtigten Interesses zusammen mit einem winzigem Schlösschen am Etui, dann denke ich, dass es schwierig wird mit einer Strafe...
 
Gruseln deshalb, weil wir hier im Forum den Mist als solchen erkennen, weil wir mehr oder weniger Fachleute für die Thematik sind. Aber der Gedanke drängt sich ja zwingend auf, daß das letztlich in allen Bereichen so läuft, nicht nur im WaffG.

Jain ...
Es gibt schon eine ganze Menge an Gesetzgebung die echt schlecht ist.

ABER:
  1. Viele Gesetze sind Fachgesetze (einschließlich Strafrecht), die sind meistens fachlich deutlich besser.
  2. Nur ganz wenige Gesetzestexte werden mit der heißen Nadel anlassbezogen fortgeführt, im Waffenrecht ist es der Normalfall geworden.
Das Waffengesetz ist also schon eine sehr spezielle Nummer, ich kenne berufsbedingt wirklich viele Gesetze und das Waffengesetz ist weit abgeschlagen die Nummer eins in Sachen: Unverständlich, unlogisch, nicht nachvollziehbar, Wille des Gesetzgebers nicht erkennbar usw usw.

IMHO gibt es zig Regelungen darin, welche einen Gang durch die Instanzen nicht überleben würden. Es müsste halt nur mal wer machen, die entsprechenden Verbände haben halt über Jahrzehnte nur geklüngelt und kassiert. Gäbe es eine deutsche NRA sähe das Waffengesetz anders aus.
 
Zuletzt bearbeitet:
...
die Rechtfertigung des berechtigten Interesses [...] dann denke ich, dass es schwierig wird mit einer Strafe...
Nun, dann mache ich etwas ganz böses - flashback friday:
Wenn schon vor gefühlten "zig Jahren", nach 04/2008, einem Rettungsassistenten während eines Rettungseinsatzes sein Einhandrettungsmesser von der Polizei am selben Einsatzort abgenommen wurde, wie willst Du dann im Jahre 2024 ein berechtigtes Interesse zum Führen bestimmter Messer zum Zwecke von Fotos glaubhaft machen? Man wird dir sagen, dass Du das Messer dafür nicht in der Öffentlichkeit tragen/mitführen/transportieren musst, das kannst du auch zu Hause im Garten fotografieren! - es sei denn, du bist Waldbesitzer und willst exakt deshalb in deinen Privatwald, wovon man dich mit der Kontrolle abhält. OK, kann mal machen, aber bei der nächsten Kontrolle/bei einer anderen Streifenbesatzung wird es dann schon schwieriger...
Da muss also schon etwas substantielleres her, um sicherer auftreten zu können. Für das handwerkliche wird man dir ein Multitool empfehlen...

Das ist alles nach wie vor so ekelhaft schwammig und mittlerweile noch unverbindlicher/unklarer im Gesetz getextet, dass nach wie vor niemand eine reelle Chance hat, ein berechtigtes Interesse zu begründen. Die Luft nach oben wird jetzt noch zusätzlich künstlich verknappt. Davon abgesehen ist es immer noch so, dass die Umkehr der Beweislast im Gesetz schon vorab gefordert wird. Man muss sich sehr genau überlegen, was man vorzubringen gedenkt. Unterm Strich bleibt nicht wirklich viel. Apfel und Wurst, die hier immer beispielhaft gebracht werden, sind auch schon x-mal gegessen... - hat hoffentlich jeder von euch immer am Stück dabei, genau wie den gut gefüllten Brotbeutel mit ungeschnitten Brot, Butter und was sonst noch so aufs Brot kommt... :censored:

Was den Beitrag von @El Dirko betrifft, bin ich nicht ganz bei ihm, speziell, was einen Verband wie die NRA und des ganz speziellen Dunstkreis angeht - grundsätzlich vom Prinzip war sicher mehr drin, als das, was letztlich mit 42a fixiert wurde. Man hat hier die Chance auf ganzer Linie verspielt. Eine Klage jetzt noch wird evtl. nur minimale Spitzen wegbrechen, im Großen und Ganzen wird nicht mehr viel für die Verbraucher/Endkunden/Normalos zu retten sein.
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Zurück