Ein Praktikum bei Jean-José Tritz

Bilder von meinem ersten Besuch bei JJT.

Das hier wird ein sehr spannendes Messer mit mehreren und völlig unterschiedlichen Damastsorten. Schneidlage ist aus AU und TNT666.

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JJT beim Anfertigen einer Saya: Die Seiten werden eingezeichnet und ausgesägt...

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Das Loch für die Angel ist ausgebohrt und muss noch passend gemacht werden.

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Probates Mittel, um die Struktur eines Holzgriffs herauszuarbeiten ist Königswasser.

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Den Griff bekommt man durch Abflämmen schön kontrastreich.

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Leinöl ist bäh, Leinölfirnis dagegen super zum Einlassen...

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Qualitätskontrolle

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Ich nehme an, dass der Griff bereits abgespült wurde und man im Bild die Nachbehandlung des angeätzten Holzes sieht.

Ich glaube nicht, dass er im gezeigten Bild den Griff mit einem königswassergetränkten Tuch behandelt.

Königswasser hochverdünnen bringt nicht viel, für die entscheidende Bildung des Chlors und Nitrosyls müssen konzentrierte Säuren verwendet werden.
 
Ich kann es nur wiedergeben, was JJT gemacht hatte: Ein paar Tropfen von dem Zeug auf einen Lappen und dann über den Griff gerubbelt und schwupps hatte sich die Maserung des Holzes gezeigt.
Er meinte auch, dass das ziemlich giftig ist. Man kann ja auch auf dem entsprechenden Bild kleine Fasern sehen, die vom sich auflösenden Vlies herrühren. Ergo: Don't try this at home!
 
Beim vorletzten Mal durfte ich JJT beim Schmieden einiger kleinerer Klingen zuschauen. Er hatte Rohlinge für einige Folder, die er für die Messe in Olching bei München im Oktober anbieten wird, sowie ein Petty geschmiedet.

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JJT hat sich eine kleine Schmiede bei sich zu Hause eingerichtet. Die funktioniert mit Holzkohle. Ist vielleicht primitiv, aber unabhängig von Gas und unschlagbar günstig! Und hey: Sie funktioniert super!

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Zunächst wird die Angel ausgeschmiedet, dann widmet sich JJT der Ausarbeitung der eigentlichen Klinge.

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Die Temperatursteuerung funktioniert ausgezeichnet nach Sicht und viel Gefühl für die Farbe der Flamme ganz altmodisch durch einen durch ein mit einem Blech geschützten Blasebalg. Archaisch. Einfach. Geil.

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Wenn alles auf entsprechende Temperatur ist, kommt der Schmiedehammer (natürlich selbst hergestellt) zum Einsatz...

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Hier ist gerade ein Petty am Werden...

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Ein Rohling sieht dann in etwa so aus. Ich finde es brachial, dass er Taper und die Geometrie bereits im Schmiedeprozess grundlegend festlegt.
Auf diese Weise hat er beim Schleifen deutlich weniger Mühe und Materialverschleiss.

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Vieles funktioniert nach den Prinzipien: Können, Erfahrung und Wissen. So auch das kontrollierte "Abschrecken" ;-)
JJT's Kommentar zu diesem Bild: Das muss ich mal dem Marco (Guldimann) schicken...

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Ein ausgeschmiedener Rohling sieht dann der Schablone eins Folders schon ziemlich ähnlich!

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Hier mal ein Vergleich zwischen Rohling und finalem Messer (Letzteres hat übrigens einen extremst glücklichen Besitzers gefunden: Den Sous-Chef des "Les Deux*" in München (btw: Mein Stammhalter).

Note: Hier wird jetzt leider nach diesem Beitrag ein wenig Ruhe einkehren, da sowohl JJT als auch ich in den kommenden Wochen unterwegs sein werden.
Ende Oktober wird es hoffentlich neue Eindrücke und Erfahrungen geben. Bis dahin werde ich Roman Landes' Buch lesen...
 
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Es geht mit einem Spoiler weiter: Der Rohling ist aus Federstahl, war mal ein 60x30x5mm Block, ich habe ihn heiß gemacht und durfte ihn schlagen, klopfen, hauen, verfluchen und derangieren. Er steht seit seit gestern Abend zum Entfetten im Essigbad...und ich hab Muskelkater im rechten Unterarm

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Diese Schwarzweißfotos sind meisterhaft. Ganz großes Kino/Foto. Darf ich fragen wie die Fotos entstehen? Ich nehme nicht an auf Film, sondern mit Digitalkamera. Nimmst du die in Farbe auf und stellst dann in der Bildbearbeitung auf schwarzweiß um, oder nimmst du die gleich als Schwarzweißfoto auf? Das Schwarzweiß eignet sich wirklich hervorragend um die Grauschattierungen und Struktur der Rohlinge einzufangen. Man glaubt fast sie anfassen zu können. Toll.

Warum ist Leinöl Bäh? Firnis ist ja im Prinzip dasselbe, bloß dass es gekocht wird und Sikkative zugesetzt werden. Leinöl dauert einfach länger bis zum Trocknen/Aushärten. Aber das kann ja kein "Bäh" rechtfertigen. Gibt es da ein mir unbekanntes Argument?
 
Leinöl braucht mehrere Wochen zum Aushärten, wo man dann jede Menge klebrige und schleimige Zwischenstadien hat, Staub darauf haften bleibt und dauerhaft dran klebt, und mit etwas Pech bekommt man auch noch bakteriellen Abbau und/oder Ranzigwerden.

Leinölfirnis braucht unter optimalen Bedingungen (nicht sikkativfrei, warm, viel direkte Sonneneinstrahlung, dünn aufgetragen) nur ein, zwei Tage und selbst wenn das nicht erfüllt ist (sikkativfrei, kühle Werkstatt, kein UV) nur einige Tage.
 
früher wurde Leinöl gekocht, habe damit aber keine Erfahrung, aber die Alten waren nicht dumm... Also evtl. kochen und dann auftragen?
 
Das willst Du bestimmt nicht auf Deinen Messern haben.
Klar will ich das auf meinen Messern haben, sogar bevorzugt. Ich kaufe zu diesem Zweck mit Absicht Leinöl das reduziert ist und dessen Haltbarkeitsdatum fast abgelaufen ist. Und dann steht es bei mir auch noch eine Weile im Schrank. Das nennt sich übrigens "Standöl" und das heißt so, weil man es im Sonnenlicht stehen ließ und dadurch setzte die Polymerisation ein, was wiederum nichts anderes ist als ranzig werden oder umgekehrt. Heute wird die Polymerisation durch Erhitzen erreicht. Wenn das Öl ausgehärtet ist, gibt sich der Geruch. Ranziges Leinöl wegzuschmeißen ist reine Verschwendung. Zur Holzimprägnierung ist das noch super.

@valentian: Man lässt nicht soviel Leinöl auf dem Griff stehen, damit dieser schleimige klebrige Zwischenstadien entwickeln kann. Man lässt das Öl einziehen und lässt ganz am Anfang etwas Öl drauf stehen, weil es in der ersten Zeit dann noch vom Holz aufgenommen wird. Wenn das aber länger drauf stehen bleibt, nimmt man es ab und lässt das Öl erstmal aushärten. Nach ein paar Wochen wiederholt man das, weil beim Aushärten Volumenänderungen stattfinden. Beim zweiten Ölen wird schon viel weniger Öl aufgenommen. Beim zweiten Mal lässt man kein Öl mehr drauf stehen, weil es sonst klebrig wird. Ich hab das auch schon mit Firnis gemacht. Das Aushärten geht schneller, aber das Endergebnis ist dasselbe.
 
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Ranzigwerden ist keineswegs identisch mit der Polymerisation von Öl. Zumindest ein wichtiger Teil des Ranzigwerdens, nämlich die Autoxidation der ungesättigten Fettsäuren, ist im Gegenteil konkurrierend mit der Polymerisation
 
ich hörte (als nebenbei-info in einem YT Video), dass das heute eben nicht mehr gekocht angeboten wird, auch wenns drauf steht (?). Evtl. kannst dus kurz erklären mit den "Sikkativen" (was ist das?), damit ich diese "Nebeninfo" besser einordnen kann?
Die wird mitunter durchaus gekocht, zum Beispiel diese hier.

Zusätzlich oder alternativ (billiger) können bestimmte Metallsalze oder -komplexverbindungen zugesetzt werden, um denselben Effekt zu erzielen oder ihn beträchtlich zu beschleunigen (chemische Katalyse). Diese Verbindungen werden im Kontext von Hartölen eben als Sikkative bezeichnet. Manche davon sind gesundheitlich mehr oder weniger unbedenklich (man trinkt das Zeug ja nicht, sondern nimmt allenfalls geringste Mengen auf), manche erst nach vollständigem Aushärten, manche niemals (weil es sich zum Beispiel um akut und chronisch giftige Bleiverbindungen oder krebserregende Cobaltverbindungen handelt).

Falls du noch mehr Details willst: Sikkative haben einen Wikipediaartikel, schau dir den mal an. Wenn du dazu konkrete Fragen hast, beantworte ich diese gerne.
 
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