Naja, war schon klar, daß ein paar versuchen werden, wegen meiner Aussagen auf mich einzuschlagen. Macht nix, also werde ich, trotz der zu vermutenden Vergeblichkeit, versuchen, das Ganze hier und da noch weiter zu verdeutlichen.
Der Anschliffwinkel bei konvexem Schliff ist in aller Regel (und trotz der erheblich stabileren Klinge die hinter der Schneide steht) steiler und daher besser eindringend und schneidend als beim Flach- und Hohlschliff. Das rührt daher, daß bei Messern beim Hohlschliff niemals und beim Flachschliff nur höchst selten tatsächlich bis zur Schneide durchgeschliffen wird. In beiden Fällen wird immer an der Schneide eine Fase angeschliffen, was beim konvexen Schliff nicht der Fall ist.
Ralle, selbstverständlich macht sich jeder ernsthafte Werkzeugmacher, auch ich, vorher Gedanken über die Anforderungen an das herzustellende Werkzeug. Das Problem ist, daß ein Gebrauchsmesser für alle Tage eben sehr vielfältigen Anforderungen ausgesetzt werden kann. In der Schmiede in der ich arbeite geht das z.B. vom Brot schmieren bis zum Entgraten von Stahlkanten. Es wäre natürlich, wie in Deinem Beitrag erwähnt, sehr wünschenswert, für jeden speziellen Zweck auch ein spezielles Werkzeug in der Tasche zu haben. Aber für jemanden, der sich, wie z.B. ein Jäger oder Wanderer in Feld oder Wald bewegt und seinen Kram schleppen muß, ist das leider nicht möglich.
Im Übrigen, die Anlagerung von weichem Material erfolgt dabei eben NICHT bei jeder Klingenform. Die Materialführung beim konvexen Schliff verhindert dies auch bei weichem Material. Geh mal in eine beliebige Metzgerei und laß Dir zeigen, womit der Handwerker dort am liebsten arbeitet. Und Fleisch und Fett sind zumindest in meinen Augen ziemlich weiche Materialien. Verwunderlich ist, daß die gleiche Industrie, die es schafft, dem Sammler immer wieder Hohlschliffe anzudrehen, nicht in der Lage ist, die gleichen Schliffe dem echten Praktiker zu verkaufen.
Deine Argumentationen scheinen mir übrigens an vielen Stellen etwas merkwürdig. Hinweise wie "....oder wie hier im Forum über den Sammelgegenstand..." und "...nehme ich dafür..kein..Sammlerstück" scheinen mir jedenfalls darauf hinzudeuten, daß Du Deinen Schwerpunkt weniger in der Fertigung von Gebrauchsgegenständen und Werkzeugen siehst, was bei mir eben anders ist. Ich setze mich in erheblichem Maß mit den Praktikern auseinander, habe kostenlos etliche Messer (meiner Produktion, aber auch aus meiner Referenzsammlung industriell und handgefertigter Messer, auch mit Hohl- und Flachschliff) an verschiedene Leute zum Testen abgegeben und verbringe danach sehr viele Stunden damit, mit den gleichen Personen über die Anwendung und die Ergebnisse zu diskutieren. Die Resultate gehen immer und immmer wieder in die gleiche Richtung. Und die heißt: Vergiß den Hohlschliff für Universalmesser.
Der Test mit dem Holz im Schraubstock ist nicht unsinnig, sondern zur Verdeutlichung der Fähigkeiten der unterschiedlichen Schneidgeometrien extrem aussagefähig. Natürlich ist das kein Praxistest, d.h. ein Test, der eine in der täglichen Anwendung auftauchende Situation wiederspiegelt. Aber Zerreißtests, die mit Industriegütern gemacht werden sind das schließlich auch nicht, oder? Ich habe noch ein paar ähnlich praxisferne aber aussagekräftige Tests auf Lager, bei denen z.B. nicht ein Holzbalken, sondern ein Blatt Papier verwendet wird. Übrigens, Günter, hoffentlich hast Du Dich mit Deiner Aussage über den abzuhebenden und kräuselnden Holzspan nicht in die Nesseln gesetzt. Bei dem Versuch, das sauber mit einer hohlgeschliffenen Klinge zu produzieren wirst Du nämlich gegen die Wand fahren. Oder hast Du schon mal ein Hobelmesser mit Hohlschliff gesehen? Warum bloß nicht?
Übrigens, wie es der Zufall wollte, kam gestern ein flüchtiger Bekannter mit verschiedenen Messern zum Schärfen vorbei, der aktiv jagt. Dabei hatte er auch das Messer eines Freundes. Das war ein Jagdmesser eines alteingesessenen, bekannten Solinger Herstellers, der nicht billig ist und mit dem Titel "handgemacht" wirbt. Der Freund hatte das Messer, das eine hohlgeschlffene Klinge aufweist, zum Zerwirken einer frisch geschossenen Wildsau benutzt.
Die Fotos von der Klinge, wie gesagt nagelneu, nur einmal benutzt, möchte ich Euch nicht vorenthalten. Ein Bild sagt nun mal mehr als tausend Worte.
Übrigens: ein äußerst aufschlußreicher Artikel zum gleichen Thema von jemandem der sicher mehr Messer von mehr Machern in der Hand gehalten und getestet hat als jeder von uns (Ken Warner) steht im Knives 1997. Geht in die gleiche Richtung wie meine Feststellungen.
Nix für ungut.
Achim