Servus,
ich glaube nicht, das wir den Begriff "Qualität" auf einen gemeinsamen Nenner bekommen. Es scheint jeder eine bestimmte Vorstellung davon zu haben, was ein Messer "qualitativ" über ein anderes hebt. Ich bewerte chinesische Messer ziemlich emotionslos und weitgehend vorurteilsfrei. Für Leute wie mich, sind chinesische Kochmesser nicht wirklich interessant, weil sie mir nichts neues anbieten können, das Interesse oder einen Kaufreiz auslösen würde. Klar bin ich ein Sonderling, ein Suchender nach neuen Ansätzen in der Fertigung und Lösung bestehender funktioneller Wirkungsweisen, die Handhabung und Funktion verbessern, erleichtern oder einfach faszinierend perfektionieren.
All diese "Innovationen" findet man beim Kauf eines chinesischen Messers nicht. Was man finden kann, ist eine besondere Aufmerksamkeit für Arbeitsschritte, die in Europa vernachlässigt werden. Das optische Finish ist aufwendiger und wertiger, teils auch mit schönen Hölzern und Zierpins, viel Glanz und glatten Flächen und Kanten, ohne Spalten, Grate oder Überstände. Verglichen mir europäischer Massenware. Und das zu
noch tief angesetzten Preisen. Wer also eine bestimmte Kategorie Messer sucht und Solinger Produkte mit chinesischen vergleicht, wird sich nur aus Solidarität mit der hiesigen Gesellschaft für ein teureres Produkt mit sorgloserem Finish entscheiden.
Zieht man einen Vergleich mit japanischen Messern, dann muss man etwas differenzieren. Wer einen bestimmten japanischen Stil sucht, der an einen Schmied gebunden ist, wie z.B.
Jiro Nakagawa, wird das Original kaufen. Selbstverständlich in dem Bewusstsein, das dieses Messer seinen Wert nicht über die Funktion bezieht, sondern über viele Eigenheiten, die dem Messer ein unverwechselbares "Gesicht" geben. Dieses Unverwechselbare, das jeder Kochmesserfreak sofort als ein Jiro identifiziert, wenn es vor einem auf dem Tisch liegt, ist eingepreist. Es sind also die Individualisten unter den Schmieden, die aus Holz und Shirogami/Eisen besondere Messer erschaffen. Die Materialien sind einfach und günstig und haben keinen Einfluss auf den Preis. Ist dieses Messer qualitativ hochwertig einzustufen?
Am andern Ende der Welt sitzt
fifty50knives mit einer 200.000$ CNC-Fräs-Anlage und fertigt hochtechnische Messer mit FR-optimierten Geometrien. Auch hier einfache Stähle und Griffmaterialien und man möchte glauben, die Teile purzeln fertig vom Fliessband, nur gibt es in diesem Segment der Fertigungsmethode enorme Problemstellungen, was die Vibrationsreduktion beim Hartfräsen betrifft und der Einsatz von teuren Fräsen. So einfach ist die Produktion per CNC für ein funktionell ausgereiztes Kochmesser also auch nicht, wie allgemein angenommen. Sind dieses Messer als qualitativ hochwertig einzustufen?
Wir schreiben hier in einen kleinen Ecke eines großen Fachforums und wer sich abseits einer Kaufberatung hier einfindet und bleibt hat ein tieferes Interesse an Kochmessern. Welcher Art dieses Interesse ist oder welche Form der Spezialisierung hier so ausblüht, ist einerlei.
Ich interessiere mich für den chinesischen Kochmessermarkt solange nicht wirklich, bis ich was live zu sehen bekommen, das mein spezialisiertes Interesse weckt. Bei Folder und Fixed bin ich schon angefixt, das machen die hochtechnisierten Produktionsstätten, die top Produkte abliefern.
Empfehlen kann ich ein "chinesisches" Kochmesser nur schwerlich, so wie ich kein "deutsches" oder "französisches" empfehlen kann, eine bestimmte Marke allerdings schon, z.B, ein K-Sabatier 200/8,
da hatte ich schon viele in der Hand und die Messer wurden von vielen Freaks getestet und für gut befunden. Das fehlt mir bei chinesischen Kochmessern einfach. Keine Marke und davon eine bestimmte Serie wurde ausgiebig getestet.
Das Verweisen auf bestimmte Marken aus China ist mir zu allgemein.
@tiffel
Kannst du mir erklären warum du über Alibaba die dort vertretenen chinesischen Marken so sehr befürwortest? Das ist eine ernstgemeinte Frage. Ich kenne keine Vorstellung eines Messers aus China von dir, kann also nur deinen Argumenten lauschen, aber woher kommen diese? Wenn sie aus dem Vergleich über die Preis-Leistung mit hiesigen Produkten kommen, so ist das zumindest auf den ersten Blick verständlich.
Die Messer aber für sich genommen, sind sie qualitativ hochwertig?
Kochmesser und das liebe Geld ist ein weites Feld, aber ob es über die Qualität definierbar ist, da traue ich mich nicht, mich festzulegen. Jedes 10,-Euro Messer kann jemand, der weiß was er macht, an den Kunden anpassen. Wenn ich mir dann ein Kunstwerk von Xerxes um 4500,- Euro kaufe, das eine gleichwertige Schneidfähigkeit hat, mach ich mich dann nicht lächerlich oder zum Narren? Sind dieses Messer als qualitativ hochwertig einzustufen? Wenn ja, worin besteht diese Qualität, wie machen wir sie funktionell erkenn und erklärbar? Es gibt keine zu beurteilende Mechanik, keine bewegende Teile, wie bei einem Folder.
Gut, ich habe ein zerlegbares Gyuto von Xerxes, hier leuchtet die handwerkliche Qualität hell und gleißend, aber findet sie Ausdruck auch in der Funktion?
Ich persönlich habe einen ganz speziellen Anspruch an Qualität, wenn wir die Summe aller Eigenschaften so nennen wollen, ich weiß aber nicht wie das von anderen gesehen wird.
Gruß, güNef