Mehrere Fragen zur Patina (entfernen, erzeugen)

Ich grabe den Thread mal aus um noch ein Patina-Thema in den Raum zu werden.

Die hier genannten Method erzeugen die Patina durch säurehaltige Substanzen, so wird diese immer dunkel grau bis schwarz. Um allerdings die wunderbare blau-bunt schimmernde Patina zu bekommen sollen Proteine helfen. Heißt Fleisch, Geflügel, Fisch aber auch Tofu können diese erzeugen. Da es aber in festem Schnittgut schwer ist die ganze Klinge „ziehen zu lassen“, habe ich überlegt einen Proteinshake zu erhitzen und die Klinge darin zu tränken. Hat jemand von euch so etwas schon mal gemacht?

Das ist für mich übrigens eine reine Spielerei. Finde das Thema sehr unterhaltsam.

Appropos unterhaltsam, kennt ihr Nekonoshoben? Eine angeblich traditionell japanische Methode um Messer mittels Katzenurin zu patinieren. Das ist deutlich ungefährlicher als einiger der hier genannten Substanzen. Es gibt ein paar sehr lustige englischsprachige Threads in denen das heimische Katzenstreu ausgedrückt wird um an das Wundermittel zu kommen.
Was tut man nicht alles für eine schöne Patina, ich kann es nachvollziehen! (Bin mit aber noch nicht ganz sicher ob das nicht ein großer Scherz ist)
 
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Ich kann von jeder Art chloridhaltiger Medien (also Kochsalz) nur abraten. Chlorid ist eines der am stärksten korrosionsfördernden Elemente. Es lagert sich anstelle von Sauerstoff in die aus Oxiden bestehende Patina ein und destabilisiert sie. Selbst nichtrostende Cr-Ni-Stähle widerstehen dem nur bedingt und beginnen unter Chloridbelastung zu rosten. Gut geeignet für stabile Patinaschichten sind Phosphate, also Salze der Phosphorsäure. Auf deren Basis funktionieren diverse Schmiermittel für Metalle, die auch konservierens wirken. Also besser Cola aus 🐈 pipi.
 
Ich kann von jeder Art chloridhaltiger Medien (also Kochsalz) nur abraten. Chlorid ist eines der am stärksten korrosionsfördernden Elemente. Es lagert sich anstelle von Sauerstoff in die aus Oxiden bestehende Patina ein und destabilisiert sie. Selbst nichtrostende Cr-Ni-Stähle widerstehen dem nur bedingt und beginnen unter Chloridbelastung zu rosten. Gut geeignet für stabile Patinaschichten sind Phosphate, also Salze der Phosphorsäure. Auf deren Basis funktionieren diverse Schmiermittel für Metalle, die auch konservierens wirken. Also besser Cola aus 🐈 pipi.
Verstehe den letzten Satz nicht ganz. Aber Phosphate sind doch auch in Fleisch oder? Könnte es daran liegen, dass das so gute (schöne) Patina bildet?
 
Ich habe nun mit Kaffee meinen ersten Versuch mit einem preiswerten 1066 Carbonstahl Messer gemacht. Eine Konservendose und ein Teelicht zum Warmhalten über Nacht. Zwischendurch 2x gereinigt. Nach 4-5 Stunden konnte man eigentlich aufhören, es passiert nicht mehr viel. Gleichmäße dunkelgraue Färbung war das Resultat. Die ursprüngliche Spiegelglanz-Politur blieb auch gut erhalten. Zum Schluß eingeölt mit Ballistol. Fertig. Das Messer wirkt jetzt, als hätte ich es von meinem Großvater. Gott hab ihn selig. Bin sehr zufrieden. :)

Bild (in einem anderen Thread)
 
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ich habe mich zwischenzeitlich ebenfalls mit Patinaerzeugungsvarianten beschäftigt und fasse das mal zusammen:

- Kaffee: angenehm einfach in der Erzeugung und hat auch bei 80CrV2 zu einem recht guten, wenn auch nicht perfekt gleichmäßigen Ergebnis geführt. Der Test auf Abriebfestigkeit hat mich aber ernüchtert und nicht überzeugt. Die Schicht ließ sich relativ leicht beschädigen und es war absehbar, dass dies bei einer normalen Nutzung relativ schnell passieren wird. Also habe ich die Variante verworfen. Optisch aber schon sehr ansprechend.

- Schnellbrünierung: kenne ich von Nachbesserung nach Optikmontagen schon lange. Einmal etwas Sorgfalt bei Umgang damit beim Auftragen des Mittels und beim Abwischen, danach ist das Ganze sehr moderat gefährlich. Sehr vorsichtigen Zeitgenossen sollten es vlt. sein lassen, denn die meist selenhaltigen Mittel werden nicht uneingeschränkt für den Kontakt mit Lebensmitteln empfohlen.
Mich würde es nicht wirklich abschrecken, wenn das Ergebnis stimmt. Optisch bekommt man schon ein gutes Ergebnis hin, aber auch hier überzeugt mich die Abriebfestigkeit nicht - auch wenn es besser als bei Kaffee ist.
BTW: auch Stähle mit mehr als ein oder auch drei Prozent Chrom lassen sich behandeln - es kommt immer auch darauf an, ob das Chrom beim Härten in der Grundmatrix gelöst ist oder als hartes Karbidteilchen vorliegt. Meine Vanadis 4-Klinge reagierte trotz der rund 5% Chrom nicht anders auf die Brünierung wie nahezu unlegierte Gewehrlaufstähle. Also ausprobieren.

- Cold Steel Blueing. Nach den Berichten im Netz dazu war ich sehr angetan und die Videos dazu sahen super aus. Gesundheitlich absolut unbedenklich und keine Schicht, die aufgebaut wird, sondern das Forcieren der natürlichen, rostmindernden Patinabildung. Zudem sah das im Netz sehr gleichmäßig aus; wesentlich gleichmäßiger als bei der natürlichen Bildung im Lauf der Nutzung.
Nur lief das so bei meinem Versuch nicht. Der Aufwand war jetzt nicht klein, aber machbar an einem Sonntag. Aber gleichmäßig war da gar nichts, wie meine Versuche an Vanadis 4 zeigen:
https://www.messerforum.net/media/img_20211003_193933-jpg.239633/
bei naher Betrachtung kommen dann weitere Zweifel auf, ob das eine gute Idee war:
https://www.messerforum.net/media/img_20211003_193951-jpg.239635/
Das sieht eher böse aus und beim Entfernen bestätigt sich diese Vermutung:
https://www.messerforum.net/media/img_20211003_203921-jpg.239636/
...ich habe durch die Mischung aus NaCl und Wasserstoffperoxid als Beschleuniger der Reaktion ungleichmäßige, tiefe Rostnarben produziert, die sicherlich nicht förderlich für die Lebensdauer einer Klinge sind. Sicher war das nur ein erster Versuch und es gab bzw. gibt auch sicher Leute, die das besser hinbekommen, aber ein Bedarf an Versuchen in diese Richtung ist fürs erste gedeckt. Ganz so easy wie i Netz des Öfteren zu sehen scheint das Ganze zumindest nicht zu sein. Die Schicht ist aber auf jeden Fall 'echt' und sehr abriebfest - ich musste zurück auf Korn 120 um das wieder zu richten und hat mich bei der gehärteten Klinge einige Stunden Arbeit gekostet ;

- milde Ätzung mit einem Mittel, dass auch zur Ätzung von Wootz-Klingen genutzt wird. Hier kommt ein Extrakt aus dem Granatapfelbaum zum Einsatz. Was es genau ist, kann ich nicht sagen. Ich hatte vor vielen Jahren einmal Zugriff auf eine kleine Menge von dem Zeug. Erst nach mehrmaliger Anwendung kommt allmählich und auch eher grau eine Patina zustande:
https://www.messerforum.net/media/img_20210922_180135-jpg.239617/
Also eher grau denn schwarz - aber sehr gleichmäßig und der Glanz der Politur bleibt erhalten. Zudem Abriebfest. Sehr edle Optik aus meiner Sicht und somit für ich mit die schönste Variante der Färbung. Nicht giftig obendrein. Nur kommt man an das Zeug nicht eben ran....

Allen Varianten gemein ist, dass man sorgfältig entfetten muss und auch die Politur vorher möglichst gut sein sollte - Fehler und Ungleichmäßigkeiten treten durch die Behandlung eher hervor als dass sie kaschiert werden.

Fazit für mich: eine Ätzung mit milden Mittel ziehe ich nach wie vor in Betracht, aber viel Energie stecke ich da nicht hinein sondern lasse der natürlichen Patinabildung in der Regel ihren Lauf. Dies auch vor dem Hintergrund, dass meine Klingen von Zeit zu Zeit sowieso eine Überarbeitung der Schneidflanken bekommen und dann eine machbare Neuerzeugung der künstlichen Patina notwendig wird.
Die natürliche Patinabildung hat sich für mich bisher als effektivste und praktikabelste Lösung gezeigt.

Viele Grüße,
Torsten
 
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