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Die Vorschrift dient primär dazu, sozial inadäquaten Gebrauch von Messern mit relativ großer Rechtssicherheit für den jeweiligen Beamten aus dem Verkehr ziehen zu können.
Die Vorschrift hatte primär den Zweck, die Gewaltkriminalität von Jugendlichen einzudämmen.
"Des Weiteren wird auch das Führensverbot für Hieb- und Stoßwaffen und bestimmte Messer als Ordnungswidrigkeit eingestuft. Dies schafft für die Polizei die Voraussetzung, bereits im Vorfeld einer Gewalttat bei provokativem Verhalten gewaltbereiter Jugendlicher deren mitgeführte Messer einzuziehen. Liegt ein berechtigtes Interesse am Führen dieser Gegenstände vor, ist der Bußgeldtatbestand nicht verwirklicht. So wird sichergestellt, dass das Mitführen nützlicher Gebrauchsmesser für sozial-adäquate Zwecke (z. B. Picknick, Bergsteigen, Gartenpflege) auch weiterhin nicht beanstandet wird."
Bundesdrucksache 16/8224
So wurde das Ding verkauft. Tatsache ist aber, dass die Polizei schon vor der Neuregelung des WaffG natürlich die Möglichkeit und das Recht hatte, Gegenstände im Vorfeld einzuziehen, wenn zu vermuten ist, dass diese für Straftatten oder Ordnungswidrigkeiten benutzt werden. Das geben die jeweiligen Polizeigesetze der Länder her, für Bayern eben das PAG. In den anderen Ländern gibt es entsprechende Regelungen.
Und man kann und sollte sich regelmässig das Zustandekommen des Gesetzes in Erinnerung rufen. Damit man auch weiss, in welchem Gedanklichen Umfeld es entstanden ist:
"Es ist doch so: Genau die Waffenproduzenten, die Sie in Ihrer Rede hier verteidigt haben, haben auf das Verbot der gefährlichen Butterfly-Messer reagiert. Diese Einhandkampfmesser wurden entwickelt, um das Waffengesetz zu unterlaufen und um einen bestimmte Zielgruppe – über sie reden wir hier – zu bedienen: Es sind Jugendliche. Jugendliche, die bestimmten Gangs angehören. Diese Jugendlichen bedrohen in den Straßenbahnen Menschen. Vor Diskotheken stechen sie andere Jugendliche ab – anders kann man es nicht mehr ausdrücken –, weil ihre Freundinnen schief angeschaut worden sind. Ich finde es total richtig, dass wir jetzt darauf reagieren; denn das ist nicht hinnehmbar."
Silke Stokar von Neuform in der 146. Sitzung des Bundestags
Und Du darfst Dir gerne die Wortprotokolle der Konferenzen der Innenminister zur Ausarbeitung der WaffG Novelle durchlesen, der Duktus ist der gleiche. Wo stand das nochmal mit dem Machotum, dem man entgegentreten muss
Jetzt weisst Dus also. Du bist kein Anwalt, sondern ein gefährlicher Macho und Mitglied einer gewaltbereiten Jugendgang, und die Solinger Hersteller verdingen sich als Ausrüster potentieller Mörder. Das latent ausländerfeinfliche Bild, was da beschworen wird, überlese ich mal galant.
So ein Gesetz entsteht ja nicht im luftleeren Raum. Dahinter stehen politische Interessen: Berlin und Hamburg kommen mit der Jugendkriminalität nicht klar, dahinter steht, dass sie mit der sozialen Situation nicht klar kommen, und dabei spielt wiederum der hohe Anteil an Gewaltkriminalität von Ausländern eine Rolle - was man aber nicht thematisieren will. Dann lieber alle, die ein Messer tragen, als gewaltbereite Spinner abtun.
Und man weiss natürlich auch genau, dass sich solch einfache "Lösungen" wunderbar in der Presse unterbringen lassen, die willfährig über die Entschlossenheit berichtet, mit der der Gesetzgeber endlich mal gegen diese marodierenden Horden vorgeht.
So - und dann wieder zurück, bleibt eben schon die Frage, was das Gesetz soll. Hat ein Polizist auch nur den geringsten Verdacht, dass eine Straftat vorbereitet wird - der Maßstab an die Gefahrenabwehr ist ja nun nicht sehr hoch - dann konnte er schon immer, und kann weiterhin Tatwerkzeuge einziehen.
Bleiben also die, die nicht vorhaben, mit einem Messer etwas gesetzwidriges anzustellen. Nun, die hat man jetzt auch am Sackerl.
Es gibt hier halt einige, mich eingeschlossen, die die Entstehung des Gesetzes einigermaßen verfolgt haben. So man das aus den offiziellen Quellen eben kann. Und den dicken Hals habe zumindest ich nicht primär deswegen, weil man mir ein Spielzeug wegnehmen will - das spielt eine Rolle, ist aber nicht der Punkt. Sondern weil das Ausmaß an Blödheit, Verlogenheit und Naivität beim Zustandekommen des Gesetzes einen Umfang hatte, den ich nicht für möglich gehalten habe. Was mich, falls das das Standardniveau bei Gesetzesvorhaben ist, einigermaßen erschreckt.
Dass man als Messerliebhaber, - benutzer, -besitzer, -träger in eine Ecke mit Gewaltverbrechern, Zuhältern und Drogendealern gestellt wird, von der Presse lanciert, und von der Politik benutzt - , macht einen auch nicht lustiger.
Pitter