Ich denk passt ein wenig zur Diskussion auch wenns um Schwerter geht....
Ich lade euch ein, auf einen kleinen Einkaufsbummel auf einer Messershow. Die Personen sind frei erfunden und Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind möglicherweise erwünscht.
Es ist ein Samstag auf einer sehr bekannten europäischen Verkaufsveranstaltung für Messer und eine menge guter Messermacher und - Schmiede sind angetreten sich mit ihren neuesten Werken dem fachkundigen Publikum zu stellen.
Auch Herr C. ist gekommen und freut sich schon auf einen erlebnisreichen Tag. Er hat auch sein ganzes Sparschwein geschlachtet, um sich heute endlich sein Traummesser zu kaufen. Im Vorfeld hat er sich schon Schlau gemacht und hat fleißig Zeitschriften und Bücher gekauft und gelesen und Internetseiten studiert. Er hat sich auch lange mit seinen Freunden von denen viele auf die Jagd gehen unterhalten was sie denn für Messer haben und welchen Stahl, Griff und Macher sie den für sein Messer empfehlen würden.
Einer seiner Freunde ist ein etwas querer Vogel und der erzählt auch meist bei solchen Fragen genau das Gegenteil von dem, was die anderen meinen. Dieser Freund ist ein besonderer Liebhaber der japanischen Küche und hat sich dazu auch einige japanische Messer gekauft mit denen er in der Küche arbeitet. Auch zwei Messer des Schmiedes X nennt er sein eigen, diese hatte er vor etwa 3 Jahren speziell für sich gestalten und anfertigen lassen.
Nun, Herr C. hatte daraufhin diesen Freund mehrmals besucht und hatte auch irgendwie gefallen daran gehabt wie gut diese Messer arbeiten. Er ist neugierig auf diesen Messerschmied und freut sich schon auf die Messe.
Das was er so von seinen Freunden gehört hat, macht ihn ehrgeizig und wenn er sich ein Messer kauft dann schon was richtiges.
In der letzten Ausgabe der Messerzeitschrift wurde der neue Superstahl X 1000 JoJo V75T der pudermetallurgisch spezialgepresst wurde, vorgestellt und als das Ultimative für Messer dargestellt, seit Tagen träumt er nur noch davon ein Messer aus diesem Stahl zu besitzen, denn das hat nicht mal sein Freund mit den queren Ansichten.
Mit diesen Informationen bewaffnet steht Herr C. nun an der Eingangspforte zur Messermesse und fängt an in die mit seiner Runde durch die Messerwelt. Er ist völlig fasziniert und möchte am liebsten alle Messer auf den Tischen sofort mitnehmen. Er schlendert von Tisch zu Tisch und beobachtet andere Interessenten bei der Begutachtung der schönen Stücke und hört aufmerksam zu wenn die „Messerprofis“ über Material und Verarbeitung referieren. Nach ca. 1/3 der besuchten Tische steht er plötzlich vor dem Tisch des ihm empfohlenen Messerschmiedes. Und siehe da er hat wirklich sehr schöne Messer dort liegen. Genau die Form die Herr C. gefällt. Auch die Preislage der Stücke sagt ihm zu und sogleich beginnen beide ein Gespräch. Der Messermacher erzählt ihm das was er auf dem Tisch noch liegen hat, sei leider schon Verkauft aber er würde jedem Kunden sein ganz persönliches Messer fertigen. Nun damit unterscheidet er sich nicht wesentlich von den anderen Machern und Schmieden. Die Form die Herr C. sich vorstellt, ist eine sehr gefällige Form und ist in ihrer Abwandlung auf vielen Tischen auf dieser Ausstellung wieder zu finden. Er erzählt dem Messerschmied von seinem Freund und den Messern die er für ihn gemacht hat und der Messerschmied kann sich auch gut daran erinnern.
Herr C. ist nun sehr neugierig geworden und fragt, ob er ihm auch ein Messer machen könne. Der Schmied bejaht dies und bietet ihm an das Messer auf ihn zu zuschneidern. Damit das auch wirklich gut wird, sind dazu aber einige detaillierte Fragen notwendig, sagt der Messerschmied.
Herr C. fühlt sich geschmeichelt und legt sich schon einige Anforderungen die sein Messer haben soll im Kopf zu Recht. Nun nach dieser Form die das eine da hat, solle vor allem der beste Stahl sein den es gibt für sein Messer und Schneiden soll es genauso, nein natürlich besser, als die Messer seines queren Freundes.
Gerade als Herr C. tief Luft holt und seine speziellen Wünsche vortragen will, beginnt der Messerschmied kundenbewusst und seinem technologischem Wissen entsprechend mit seinen Fragen.
Messerschmied: „Für was soll den nun das Messer genau sein?“
Herr C. (etwas aus seinen Träumen gerissen und belustigt): „Zum Schneiden natürlich, was den sonst“
Messerschmied: „Was genau wollen Sie damit schneiden?“
Herr C. (etwas verwundert): „Was genau will ich damit schneiden, ja alles halt! Aber vor allem scharf muß es sein und schneidhaltig!“
Messerschmied: „Damit das richtig gut scharf und schneidhaltig wird, müssen Sie mir das schon genauer beschreiben was Sie da Schneiden wollen. Wichtig ist, dass Sie das Gebiet eingrenzen in dem Sie das Messer verwenden wollen. Sie sollten sich da schon entscheiden, sonst wird das nichts mit richtig scharf und schneidhaltig.“
Herr C (im Gedanken seinen Freund mit den scharfen Messern und an dem Superstahl aus dem letzten Artikel der Messerzeitschrift): „Wie, ich muss mich entscheiden?“
Herr C: „Nehmen Sie einfach den Stahl X 1000 JoJo V75T und machen Sie ihn ordentlich scharf.“
Messerschmied: „Nun wenn ich Ihre Wünsche nach besonders scharf und schneidhaltig erfüllen soll, dann muß ich ihnen von diesem Stahl abraten, der wird auf dem Niveau wie sie es bei dem Messer Ihres Freundes kennen weder scharf noch schneidhaltig sein. Ich brauche schon die Information für was sie das Messer verwenden wollen, dann kann ich ihnen auch genau den richtigen Stahl dazu heraussuchen und dann die Form die Schneidengeometrie und die anderen Eigenschaften die Sie sich von dem Messer wünschen mit ihnen festlegen.“
Herr C. (Im Gedanken empört): „Ich glaub‘s nicht. Der will nicht den besten Stahl für mich verwenden.“
Messerschmied (emotionslos): „Sehen Sie das ist so. Den Stahl muss man nach dem Einsatzgebiet des Messers auswählen und das hängt in der ersten Linie von ihrem Verhalten als Anwender und dem was Sie damit schneiden wollen ab. Und, je genauer Sie sagen können, für was sie das Messer verwenden und wie sie es behandeln, umso besser lässt sich eine Auswahl treffen. Weiterhin ist es vielleicht für Sie zu wissen so, daß je mehr die Klinge gleichzeitig können soll, umso weiter entfernen Sie sich von einem wirklich effektiven Werkzeug.“
Herr C.(Im Gedanken stark erregt) : „Dass ist ja wohl die Höhe, der sagt mir doch dass ich nicht in der Lage bin mit meinem Messer richtig umzugehen und es richtig zu behandeln. Der hält mich wohl für einen Idioten! Ich will ein Messer mit dem besten Stahl und das sollte ich hier auch für mein Geld bekommen. Der Mann hat keine Ahnung und will mich hier um mein Traummesser bringen!“
Herr C.: „Aha! Und wie ist das jetzt, mit dem Behandeln und so?“
Messerschmied: „Nun, aus der Erfahrung heraus werden die meisten Messer nur zu ca. 30% aufgrund eines schlechteren Stahles oder Wärmebehandlung stumpf und ca. 70% eigentlich eines nicht angepassten Umgangs mit dem Werkzeug.
Kurz, Stahl und das ganze, birgt nur ca. 30% des Leistungspotentials eines Messers. Daher biete ich auch einen Anwenderkurs für meine Kunden an, so dass jeder selbst in der Lage ist, sein Messer gut zu Pflegen und damit richtig umzugehen. Dann kann er dann auch das Potential seines Messers, viel besser nutzen.
Herr C. (Im Gedanken, wutentbrannt): „...nicht angepasster Umgang... Jetzt wenn er weiter redet und mich weiter so beleidigt, dann...“.
Herr C.: „Ja, daß ist ja interessant!“
Messerschmied: „Sehen Sie so einfach ist das! Also was ich jetzt brauche, ist wie gesagt eine genaue Beschreibung dessen, was Sie mit dem Messer machen wollen. Setzen Sie sich doch einfach hier neben mich und wir arbeiten das gemeinsam aus.“
Herr C. (Im Gedanken): „Ich bringe ihn jetzt gleich um, diesen arroganten Schnösel. Keine Ahnung von nix und mir auch noch erzählen wollen, was ich zu tun habe.“
Herr C.: „Äh, ja äh ich glaub, äh ich muss das erst mal überlegen... zu hause!“
Messerschmied: „Ja machen Sie das und kommen Sie dann wieder auf mich zu. Ich helfe Ihnen gerne bei der Entscheidung.
Herr C.(völlig genervt): „Ja, hmm ja auf wiedersehen!“
Messerschmied: „Wiedersehen!“
Der Messermacher in der Reihe hinter dem Messerschmied hat das Gespräch verfolgt. Er freut sich schon auf den Kunden, denn er hat vom Design her relativ ähnliche Messer wie das, welches Herr C. im Visier beim Messerschmied hinter ihm hatte.
.....10 Minuten Später:
Messermacher: „Guten Tag“
Herr C.: „Guten Tag“
Messermacher: „Sie können ruhig eines anfassen!
Herr C.: „Danke! ...Und hebt genau das Messer auf, von dem der Messermacher dachte, dass es das richtige sein müsste“
Messermacher: „Das ist eines meiner besten Stücke. Halbintegral!“
Herr C.: „Mhm! Und was ist das für ein Stahl“
Messermacher: „X 1000 JoJo V75T, 89 HRC, das Beste was man bekommen kann, wenn man es bekommt. An das Zeug kommt nicht jeder. Ich bekomme, das immer über einen guten Freund der arbeitet in der Raumfahrtindustrie. Kostet auch ein „Schweine Geld“!“
Herr C.: „Ja, hab ich schon gehört! Und was ist so ihre Erfahrung?“
Messermacher: „Einfach „das Beste“ was ich bis jetzt in den Fingern hatte „top of the line“ das Ultimative! Und glauben Sie mir, ich mache schon seit 23 Jahren Messer und bin professioneller Werkzeugmacher.“
Herr C.(Im Gedanken): „Ich hab‘s doch gewusst. Der andere da, mit seinem Gefasel von der Stahl macht nur 30 % der Leistung aus! So ein Idiot, keine Ahnung hat der.“
Messermacher: „Außerdem ist er pudermetallurgisch erzeugt und Vakuumverhärtet und mit Dylierium beschichtet, also vom allerfeinsten. Brutal verschleißfest!“
Herr C.: „Ja, genau!“
Messermacher: „Ich lasse dann noch von einem anderen Freund die Klingen mit einer superharten hauchdünnen Schicht überziehen. Der arbeitet in der Optischen Industrie und hat da Zugang zu einem neuen High- Tec Verfahren aus der Schweiz „Dylieriumnite“, damit beschichten die Bohrer usw. härter als Diamant!“
Herr C.(begeistert): „Pohh, nicht schlecht!“
Messermacher: „Was heißt hier nicht schlecht, wo bekommen sie schon so ein Messer?“
Herr C.(völlig eingeschüchtert): „Äh, ja, äh klar, und was soll das kosten?“
Messermacher: Nun, Sie wissen ja Qualität hat bekanntlich ihren Preis, Drölftausend!
Herr C. (Schluckt, im Gedanken): „oh je doppelt soviel wie das andere und auch mehr als ich ausgeben wollte. Was soll’s, dafür kann‘s ja auch alles, eben Superstahl,......“
Herr C.: „Gibt’s da auch eine Scheide dazu?“
Messermacher: „Ja klar, eine aus Supratex, unzerstörbar und kugelsicher die Amerikanischen Ledernacken haben Schutzwesten daraus. Und wenn‘s mal wirklich stumpf wird, dann schicken Sie das Messer einfach an mich zurück und ich mach es Ihnen kostengünstig wieder scharf.“
Herr C.(Freudestrahlend): „Nehm ich!“
Zwei Wochen später....
Herr C. ist wieder bei seinem queren Freund und hat zum gemeinsamen Kochen das neu erstandene Messer zum Arbeiten mitgebracht. Er schwärmt in den höchsten Tönen von der Qualität und den besonderen Materialien und Verfahren die alle das Messer so unübertrefflich gut machen. Teuer war‘s schon aber dafür hab ich auch das Beste bekommen was es gibt, sagt er stolz. Sein Freund nickt und lächelt. Er stellt ihm eine Schüssel mit Zwiebeln und Kartoffeln hin die er schälen und aufschneiden soll. Nebenan legt er „rein zufällig“ die Messer die genau dafür vom Messerschmied gemacht wurden.
Herr C. Macht sich ans Werk mit seinem neuen Stolz. Nach einiger Zeit merkt der quere Freund, dass sich Herr C. scheinbar ein wenig schwer tut mit seiner Aufgabe. Die Tränen stehen ihm von den zerteilten Zwiebeln im Gesicht und er müht sich gerade ab eine Kartoffel zu schälen. Bei den großen Stücken die er abschneidet bleibt kaum noch was von der Kartoffel über, denkt sich der Freund.
Freund (begutachtet das Messer): „...Die Klinge hat wegen des hochlegierten Werkstoffes einen sehr steilen Schneidenwinkel und ist an der Schneide auch gut 0,5mm dick und ist das nicht besonders gut für diesen Zweck.“ Meint er.
Herr C. (empört): „Das ist „das Beste“ was man bekommen kann für Geld! Superstahl und Kugelsicher.....!!!“
Freund: „Das mag schon sein, daß das „das Beste“ ist aber für welchen Zweck!“
Herr C.: „Unsinn, das ist nur nicht richtig scharf. Gib mir mal deine Steine zum Schärfen das werden wir gleich haben!“
Nach einer erfolglosen halben Stunde verzweifelter Anstrengung das Superstahlmesser auf eine Schärfe gleich den Messern seines Freundes zu bringen, gibt er auf. Als er sich wieder beruhigt hat, nimmt er mit Zähneknirschen die Messer seines Freundes und schält in windes Eile die Kartoffeln und schneidet auch die restlichen Zwiebeln...