Vergleich D2 (Böhler K 110) in zwei Wärmebehandlungszuständen - ein Ringversuch

Danke, Danke, die Herren für die Anerkennung meines Versuchs, aus wenig etwas zu machen :irre: 🙏

Ehhh was mich noch interessiert hätte: Weinkorken, wie ging das? Rot? Weiß? Welche Sorten/Reben/Jahrgänge/Lagen?

Ich habe mich in diesem Falle für einen Korken aus recyceltem Kork entschieden, da diese ja bekanntermaßen eine maximale Schnittresistenz Rs von >14 haben. Auch weil diese Grobstruktur dem Weinstein erlaubt, entlang der Krümelgrenzen den ganzen Korken zu durchziehen.

Deswegen fiel auch die Wahl auf einen Rotweinkorken, da Rotwein-Weinstein-Kristalle kleiner sind als Weißwein-Weinstein-Kristalle und diese sich dadurch homogener im Korken verteilen, aber auch wegen der Einbindung von Rubin-Molekülen (deswegen ist der Wein auch rot), die ja ziemlich hart sein sollen, wie ich irgendwo gelesen habe!

Aus Nachhaltigkeitsgründen habe ich mich für ein lokales Bioprodukt entschieden, da es keine, für diesen Test kontraproduktiven, Weichmacher enthält. Die Harte des Weins und damit seines Weinsteins und damit die Härte des Korken, lassen sich schon am Namen erkennen: Rubino, klick

Als Cuvée erübrigt sich die Frage nach Jahrgang, Sorte und Lage - es ist einfach der härteste Wein, den ich finden konnte.

Ich hoffe du bist über 18 Jahre alt, damit du ihn dir bestellen kannst - wirklich ein gutes Tröpfchen!

Hope this helps, herbert, my dear :hehe:

Greetz

Virgil
 
Ojeh auf was habe ich mich da eingelassen
Mein Testen wird weder so Informativ wie bei RR noch so amüsant wie bei Virgil ;)

Aber ich werde mir Mühe geben

Tag 1 - der ja eigentlich schon mein Tag 5 ist


die beiden Messer waren zwischenzeitlich aber noch beim Herrenschneider Nestor und haben dort neue von holsterbau.de gesponsorte Anzüge bekommen.

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Da Material ist kein Kydex sondern Holstex in Lederoptik einmal in schwarz und einmal in braun, noch schnell zwei Multilok Gürtelhalterungen verschraubt und es kann losgehen.
Hunderundenzeit!

Vorher schnell die beiden Messer noch einmal über den Keramikschärfer des Work Sharp Guide Sharpening Systems und über den Lederstreichriemen gezogen.
Danach waren die Haare am Arm bei beiden Messern kein Problem


Da ich jedoch nicht wie der Räuber Hotzenplotz durch den Wald rennen wollte
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Habe ich heute zunächst nur ein Messer mitgenommen.

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Dornenranken und Brennnesseln stellten kein Problem dar.

Morgen darf dann das mit der schwarzen Holstexscheide mit auf Hunderunde.
 
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Heute Tag 2

das Messer mit der schwarzen Scheide durfte mit auf die 8km Hunderunde
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Hat die anfallenden Arbeiten - Brombeerranken auf dem Weg in ihre Schranken zu weisen - hervorragen ausgeführt.
Ich habe bei dieser Arbeit jetzt keine großen Unterschiede bei den beiden Messern bemerkt.
Ich werde weiter testen und Lotta hilft mir dabei.
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Heute ist mein letzter Tag mit den Zwillingen
Durch das feuchte saarländische Wetter und die ich bin bei jedem Wetter draußen Hunderunden haben die Schneiden beider Messer etwas gelitten.
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Bevor ich die Messer heute beim Mini MFODT an Nick übergebe muss ich wohl was tun.

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Beim Warten im Wald die Zeit fürs Messer Spa genutzt

Mein Fazit nach ungezählten Hunderunden
Beide Messer schneiden, liegen gut in der Hand.
Haptik und Optik sind klasse.
Große Unterschiede beim Stahl habe ich weder beim Schneiden noch beim Schärfen bemerkt.
Gewundert hat mich das schnelle schwarze Anlaufen der Schneiden bei beiden Messern.
Bei anderen Messern in D2 kenne ich die Problematik nicht in diesem Ausmaß.
 
Ein Ringversuch – der Laientest​


Moin zusammen,


nach erfolgreicher Übergabe auf dem diesjährigen MFODT fand ich im Paket von Dominik zwar keine Ringe, dafür aber zwei wunderbare Messer vor, für die der Begriff „Testmesser“ nun wahrlich die Auszeichnung „Untertreibung des Jahres“ verdient.

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Optik, Haptik und Verarbeitung sind hervorragend gelungen, die Geometrie der Klingen unter dem genannten Gesichtspunkt der einfachen Nachschärfbarkeit sinnvoll.

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Die Handlage passt für meine recht kleinen Hände nicht optimal, die formschöne Konturierung des Griffs drückt bei mir beim festen Greifen in die Hand.

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Die Klingen selbst weisen einen leichten Recurve auf, bei dem Messer mit Padouk etwas ausgeprägter als bei der Version mit Palisander. Das Griffholz gefällt mir bei beiden Messern sehr, wunderbare Maserung und Farbgebung.

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Gewöhnlich bin ich klar Freund von Lederscheiden, bei diesen Messern gefielen mir die nachträglich von Kanji gestifteten und von Nestor gefertigten Kydex-Scheiden allerdings besser, da sie die Mitnahme der für mich doch eher großen Messer durch die schlanke und angepasste Bauweise erleichterten und auch optisch super zu den Messern passen. Danke Dominik und Alfred für diese tolle Erweiterung des Sets!

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Teil 2:

Als erwiesener Laie in Sachen Metallurgie, der zwar die Ausführungen und Expertisen zu dem Thema spannend findet, aber maximal ein Viertel davon auch versteht, habe ich mir den Luxus erlaubt, die Messer einfach zu benutzen, ohne mich tiefer in der Theorie mit der Materie der Wärmebehandlung zu beschäftigen.
Nachdem ich die Messer in meiner ersten Urlaubswoche für gewöhnliche Aufgaben wie Schneiden von Lebensmitteln, Stöckchen schnitzen u.ä. verwendet habe und dabei keinen spürbaren Unterscheid feststellen konnte, erinnerte ich mich an Herberts kluges Leitmotiv „divide et impera“ (teile und herrsche, endlich ergibt das große Latinum nach fast 30 Jahren mal Sinn) und entschied mich für einen laienhaften aber möglichst organisierten und „standardisierten“ Test:

Ich schärfte beide Klingen mittels Sharpmaker auf 20° pro Seite (dabei konnte ich keinen Unterschied feststellen) bis beide Klingen problemlos Armhaare rasierten und ruckelfrei Papier schnitten.
Dann wartete ich auf die Gelegenheit: An einem Donnerstagmittag regnete es schließlich, sodass Frau und Kinder die wohlverdiente Mittagspause innerhalb des Ferienhauses genossen und ich mich gut gerüstet auf die (teilweise) überdachte Terasse zurückziehen konnte. Von müde lächelnden Blicken der Familie begleitet begab ich mich mit den Messern, einem Schneidbrett und 10 Metern an 8mm starkem Juteseil ins Unwetter, um wenigstens im Ansatz meiner angedachten Rolle als „Messer- und anlassbezogener Stahltester“ nachkommen zu können.

Idee war nach einer jeweils identischen Abfolge von gerade geführten Schnitten über die möglichst gesamte Schneidenlänge zum einen festzustellen, ob und wie sich das Schneiden an sich unterschied sowie mittels Papierschnitt zu schauen, ob hier Unterschiede festzustellen wären.

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Die beiden Messer wurden mit dem aufgelegten Daumen auf dem Klingenrücken je vollständig durch das doch sehr faserige und raue Juteseil geführt und nach identischer Anzahl von Schnitten in das Papier geschnitten. Das Ergebnis danach ausführlich und valide dokumentiert, hüstel...

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Die Rasurschärfe hatten beide Messer ab 100 Schnitten eingebüßt, ins Papier schnitten beide problemlos und ruckelfrei. Nach diesen ersten 100 Schnitten in drei Etappen, die keinerlei Unterschiede ergaben, entschied ich mich die Etappen auf je 50 Schnitte auszuweiten.

Ab 200 Schnitten bemerkte ich ganz leichte Unterschiede. Das Padouk-Messer glitt gefühlt leicht weniger gut sowohl durch das Seil als auch das Papier.
Nach 300 Schnitten erfolgten zwei Erkenntnisse:

Den Urlaubern im Nachbarhaus fehlt anscheinend jedwedes Verständnis, warum man seinen Urlaub, mittlerweile umgeben von einem Haufen Juteseil-Abschnitten, im Regen mit mehreren Messern auf der Terrasse verbringt. Die Blicke ähnelten denen der Restfamilie, jedoch noch verstörter. Banausen.

Die zweite Erkenntnis war: Nicht die Klingen, aber der Tester lässt am stärksten nach, weswegen erstmal ein „Nachschärfen“ in Form einer kleinen Brotzeit anstand…. :steirer:

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Ab 400 Schnitten ergab sich ein deutlich feststellbarer Unterschied zwischen den beiden Klingen. Palisander schnitt spürbar leichter durch das Seil und auch in das Papier, beim Padouk-Messer fiel es zunehmend schwerer, das Seil mit einem Zug sauber zu durchtrennen. Optisch und per Daumennageltest fielen keinerlei Ausbrüche o.ä. der Schneiden auf.

Ab 500 Schnitten hatten beide Klingen per Daumentest einen Schärfegrad erreicht, der für meinen persönlichen Geschmack den Zustand „muss geschärft werden“ entsprach, wobei die Schneide des Palisander-Messers gefühlt noch etwas mehr Biss hatte.

Die nächsten Schnitte mit Padouk erforderten deutlich mehr Kraft und es war auch nicht mehr möglich, das Seil mit einem Schnitt zu durchtrennen, weswegen ich bei 540 Schnitten aufhörte.

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Palisander war im Vergleich zum Start des Tests auch deutlich abgestumpft, schnitt aber spürbar leichter durch das Seil und trennte insgesamt mehr Stücke ab als dass es das Seil nur einschnitt. Bei 550 Schnitten beendete ich auch den Test mit Palisander. Zudem hatte ich genug Füllstoff für was weiß ich was produziert. :steirer:

Im Papier fühlte sich Padouk etwas ruckeliger an, beide Klingen schnitten aber noch recht sauber ein.



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Nach Rücksprache mit Bukowski schärfte ich die Klingen nicht nochmal neu, sodass er hier mit der eigenen Methode frisch ans Werk gehen wird.

Resultat:

Ich habe einen Unterschied feststellen können und das Palisander-Messer als schnitthaltiger erlebt. Ob das auf unterschiedliche Wärmebehandlung zurückzuführen ist wage ich nicht einzuschätzen. Die Faktoren leichte Unterschiede in der Klingenstärke hinter der Wate, unterschiedliche Kraftausübung des Testers und vor allem die untrainierte Hand- und Unterarmmuskulatur desselben haben mit Sicherheit auch zu den Unterschieden beigetragen.

Für meine persönlichen Vorlieben dürften die Klingen noch deutlich dünner ausgeschliffen sein, bei der Klingengeometrie dürften um 0,3mm hinter der Wate für noch mehr Schneidfreude sorgen.

Ich bin jedenfalls gespannt auf die endgültigen Erkenntnisse und bedanke mich, dass ich die Gelegenheit hatte, als Amateur im Kreise der Experten eine Halbzeit mitzuspielen.


Vielen Dank insbesondere an Herbert und Matthias für die Idee, Organisation und Realisierung dieser beiden Klingen und der Testreihe, auch und vor allem weil sie die hohe Qualität dieses Forums nochmal bereichert.

Zum Abschluss das, was mir neben dem Test am meisten Freude gemacht hat:

Auf Wanderungen immer mal wieder stehen zu bleiben und ein paar Bilder dieser ausgesprochen fotogenen Messer zu knipsen (natürlich begleitet vom oben bereits erwähnten Augenrollen der mitwandernden Familie :argw::D).



Nick

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Hallo Nick,

vielen Dank für deinen sehr schönen Bericht und die tollen Bilder! :super:

Die Idee mit dem Schneiden von Juteseil finde ich sehr gut. Interessant ist auch, dass Du schließendlich zu einem ähnlichen Ergebnis kommst wie Peter. Da werden wir später noch einiges zu diskutieren haben, ich freue mich schon darauf!

Du bezeichnest dich bezgl. der Metallurgie als Laien, das bin ich auch aber das tut der Sache keinen Abruch, da wir ja Profis mit an Bord haben. Die wesentlichen Informationen gewinnt man durch den Einsatz der Messer und das hast Du umgesetzt und entsprechende Erkenntnisse daraus gewonnen, die Du hier sehr schön präsentiert hast.

Das Lesen und Anschauen deines Berichts hat mir viel Freude gemacht!

Gruß
Matthias
 
Ich möchte kurz über den Sachstand im Projekt berichten.

Die Tests sind zwischenzeitlich abgeschlossen. Bukowski, der abschließende Tester, hat die Testmesser an mich zurückgesendet. Ich war überrascht wie gut die Testmesser die teiweise harten Tests überstanden haben. Bis auf ein paar kleinere Kratzerchen, (die ich größtenteils schon entfernt habe) ist nichts passiert. Für den überlegten, angemessenen und sachgerechten Umgang mit den Testmessern möchte ich mich bei allen Testern ganz herzlich bedanken. Wobei es auch kein Problem gewesen wäre, wenn es zu größeren Schäden gekommen wäre - es sind ja Testmesser.

In Kürze wird der Testbericht von Bukowski erfolgen. Danach können wir dann die Ergebnisse der Testberichte und die von Herbert veranlassten Gefügebilder diskutieren und wir werden auflösen welche Klinge wie wärmebehandelt wurde. Es wird sicherlich noch einige Überraschungen geben.

Herbert und ich freuen uns schon sehr auf die Diskussion und die weitere Entwicklung im Projekt.



Viele Grüße
Matthias
 
Es folgt mein Testbericht zum …

Vergleich D2 (Böhler K 110) in zwei Wärmebehandlungszuständen - ein Ringversuch

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Prolog
Das Wichtigste Vorweg: Vielen Dank an die beiden Organisatoren Matthias @Taperedtang und @herbert für all die Mühe, die ihr auf euch genommen habt um diesen Ringversuch zu ermöglichen und für das Vertrauen, das ihr den Mittestern entgegenbringt. Neben dem wissenschaftlichen Aspekt des Versuchs verdient aus meiner Sicht ebenso die positive forumsbelebende Wirkung ein ausdrückliches Lob.

Ich für meinen Teil hatte noch nie zwei Wärmebehandlungen an ein und demselben Stahl bewusst miteinander verglichen und war daher gespannt auf die Resultate.

Die Probanden
Wird der Begriff „Testmesser“ im Zusammenhang mit einem Vergleich zweier Wärmebehandlungszustände genannt, hätte ich vor meinem geistigen Auge eigentlich zwei Vollstahlrohlinge mit Bandschleiferflachschliff, allerhöchstens noch mit Plastikgriffschalen versehen, um Blessuren an den Händen zu reduzieren :D

Matthias hat mich eines Besseren belehrt. Unglaublich, welche Mühen er in die Herstellung der beiden Messer investiert hat. Dass der Begriff „Testmesser“ im Zusammenhang mit den beiden Probanden eher wie ein Scherz wirkt, wenn man die Messer denn ansieht und in Händen hält, wurde von meinen Vorredner bereits in Wort und Bild – inklusive detaillierter Messdaten – besser zur Geltung gebracht, als ich es je könnte, daher möchte ich nur kurz meine persönlichen Eindrücke schildern.

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Die Messer liegen durch den wohlproportionierten, sauber gerundeten und sich zur Klinge hin leicht verjüngenden Griff sowie das geschmeidige Finish der wunderschön gemaserten Holzgriffschalen und die spalt- und kantenfreie Passung der Metallparts exzellent in meiner Hand. Die Sheepfoot-Klinge ziert ein feinsatiniertes Längsfinish. Die Linienführung gefällt mir insgesamt sehr. Sheepfoot ist mein bevorzugtes Klingenprofil für die Holzarbeit, allerdings weniger für den „EDC-Bereich“, da bevorzuge ich etwas Bauch.

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Vorbereitung
Die Messer kamen, wie mit Nick besprochen, ungeschärft und relativ stumpf zu mir. Er hat mit seinem Test ganze Arbeit geleistet.

Aus der Lektüre der Testberichte war mir bereits bekannt, dass die Schneide nicht ganz gerade, sondern leicht nach innen gewölbt verläuft („Recurve“) und mich das mit meiner Schleifmethodik (winkelgeführt auf Banksteinen) vor „Probleme“ stoßen wird. Ich hatte im Vorfeld bei den beiden Organisatoren angefragt und dankenswerter Weise die Rückmeldung erhalten, dass ich die Messer so schleifen kann, wie ich es zur Durchführung der Tests für zweckmäßig erachte.

Wer schonmal versucht hat, mit einem winkelgeführten System auf der planen Fläche eines Banksteins einen Recurve zu schleifen, wird festgestellt haben, dass die Schneidkante erst dann vollständig durchgeschliffen werden kann, wenn die hervorstehenden Bereiche des Recurves vollständig abgetragen und der Schneidenverlauf – wie es das Schleifmedium vorgibt – eine nahezu gerade Linie bildet.

Deswegen habe ich bei beiden Messern den Recurve winkelgeführt in einem Schleifwinkel von 17,5° (35° Gesamtschneidenwinkel) auf einer Atoma 400 Diamantplatte vollständig ausgeschliffen.

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Das war tatsächlich ein kleiner Kampf für meine alte Atoma und mich, die mich ein paar Schweißperlen gekostet hat :D Die Schneidfase war danach erwartungsgemäß insgesamt und insbesondere im vorderen und letzten Drittel des Schneidenverlaufs erheblich breiter.

Natürlich hätte ich den Messern und mir diese Prozedur (passender wäre „Tortur“) ersparen und z.B. mit einem runden oder ovalen Schleifmedium schärfen können. Mir war allerdings wichtig, dass die angewandte Schleifmethode zu maximal vergleichbaren Ergebnissen im Rahmen meiner eigenen Möglichkeiten führt.

Danach habe ich den Schleifwinkel auf 18° erhöht um die in die Schneidkante ragenden Riefen der Diamantplatte mit dem Shapton Pro 1k möglichst vollständig zu entfernen.
Die eigentliche Schneidfase habe ich dann in einem Schleifwinkel von 18,5° mit der Progression Shapton Pro 2k, 5k, 8k und jeweils 50 Schüben pro Klingenseite angeschliffen.

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Padouk:
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Palisander:
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Teststrategie
Bei der Auswahl der Schnittgüter für die Testläufe habe ich versucht, die Aufgaben, die meine eigenen Messer im Alltag bewältigen müssen, in etwas abstrahierter Form auch in den Tests abzubilden.

Daher habe ich Getränkeflaschen aus Polyethylenterephthalat (PET) stellvertretend für Verpackungsmaterial aller Art, dickwandige Umzugskartons stellvertretend für Versandpakete und Knüppel aus Buchenholz stellvertretend für das Schnitzen einheimischer Hölzer gewählt.

Um die Resultate nach den Testläufen vergleichen zu können, wurden – anders als in der privaten Messerrotation – mit den Testmessern ausschließlich identische Mengen in gleicher Handhaltung mit möglichst vergleichbarem Kraftaufwand und auf identischer Schneidunterlage geschnitten.

Nach jedem Testlauf wurde das Ausmaß der Beschädigungen im Verlauf der Schneide nach identischen Kriterien überprüft:
  • Daumennagelprobe
  • Sichtkontrolle
  • Gleitfähigkeit durch Standard Druckerpapier
  • Armhaarrasur
  • Kontrolle des Schneidenverlaufs unter einem optischen Mikroskop mit 200facher Vergrößerung (immer vom Ricasso in Richtung Spitze fotografiert)
Im nächsten Beitrag geht es weiter mit dem ersten Test …
 
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Test 1 – PET

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Bei meinem ersten Test habe ich mit beiden Messern jeweils eine 0,5-Liter PET-Getränkeflasche in 60 möglichst gleichgroße Teile zerschnitten. Dabei wurde zunächst der Flaschenboden abgetrennt, die Flasche in vier gleichbreite Teile zertrennt und diese dann wiederum in Streifen geschnitten. Den störrischen Ausguss hatte ich schon vorher mit einer Konditorsäge abgetrennt.

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Kontrolle
Nach dem Test zeigten beide Messer sowohl kleine Ruckler auf dem Daumennagel als auch kleinere Chips und umgelegte Stellen bei der Sichtkontrolle im gesamten Verlauf der Schneide. Bei Palisander war im letzten Drittel vor der Spitze allerdings ein größerer Einschlag zu spüren/erkennen, der auch dazu führte, dass Palisander den Papiertest nicht wie Padouk relativ sauber abschloss. Armhaarrasur ging mit beiden Messern mit etwas Druck noch akzeptabel.

Mikrobilder

Padouk:
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Palisander:
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Hier ist der große Einschlag deutlich zu erkennen.

Zwischenfazit

Wenn man so will hatte Palisander bei diesem Test aufgrund des größeren Einschlags im letzten Drittel vor der Spitze das Nachsehen. Da die Messer ansonsten aber gleich auf lagen und ich menschliches Versagen als Ursache für diese eine Delle nicht ausschließen kann, war das Ergebnis für mich an dieser Stelle noch nicht ausreichend klar.

Nachbereitung
Um die Schneide wieder zu schließen habe ich in einem Schleifwinkel von 19° mit der Progression Shapton Pro 1k, 2k, 5k, 8k und jeweils 50 Schüben pro Klingenseite die Fase erneuert.

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Padouk:
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Palisander:
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Im nächsten Beitrag geht es weiter mit dem zweiten Test …
 
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Test 2 – Buchenholz

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Für den zweiten Test habe ich mich in einen nahegelegenen Wald aufgemacht, mir einen durchgetrockneten Buchenstamm von möglichst gleichbleibendem Durchmesser sowie wenigen Verästelungen gesucht und ihn in vier gleichlange Knüppel gesägt.

Teil 1
Mit jedem Messer habe ich dann in Rock’n’Roll Manier jeweils eine Hälfte der beiden Knüppel von Rinde befreit und geglättet. Wie die frisch geschärften Sheepfoot-Klingen die Rinde runterhobelten war eine wahre Freude.

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Kontrolle
Nach dem Schnitzen zeigte ein kurzer Vergleich vor Ort keine relevanten Unterschiede an den beiden Schneiden: Auf dem Daumennagel waren leichte Unsauberkeiten aber keine tiefergehenden Ruckler spürbar. Eine Armhaarrasur war nur noch an den weniger beanspruchten Stellen der Schneide im Bereich der Spitze und vor dem Ricasso möglich. Im Licht sah die Schneidkante minimal wellig aber nicht beschädigt aus.

Teil 2
Weil die Ergebnisse mich nicht zufrieden stellten, beschloss ich die Klingen noch etwas weiter an ihre Leistungsgrenze zu bringen.

Ich hielt einen der Knüppel schräg auf einem Baumstumpf mit glatter Oberfläche und begann mit leichtem senkrechtem Hacken eine Spitze zu formen. Dies tat ich ebenso mit dem anderen Messer und dem anderen Ende des Knüppels.

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Kontrolle
Nach dem Test zeigte Padouk starke Ruckler über die gesamte Schneide und rasiert nur noch mit Druck an wenigen Stellen im Bereich kurz vor der Spitze. Kurz davor, im letzten Drittel der Schneide, offenbarte die Sichtkontrolle zwei umgelegte Stellen. Papier ging mit leichten Unsauberkeiten bis zu besagter Stelle, danach ruckelte es spürbar.

Palisander hingegen zeigte auf dem Daumennagel nur leichte Ruckler im vorderen und letzten Drittel der Schneide und rasierte mit Druck im Bereich vor der Spitze noch etwas flächendeckender und geschmeidiger als Padouk. Bei der Sichtkontrolle waren zwei kleine Chips im letzten Drittel vor der Spitze als Lichtreflexion wahrnehmbar. Papier schnitt Palisander mit minimalen Unsauberkeiten sogar noch in Kurven.

Mikrobilder

Padouk:
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Kleinere Beschädigungen im ersten Drittel der Schneide, die wohl noch durch das Schnitzen entstanden sind. Dabei wird der Bereich vor dem Ricasso aufgrund des durch die Hand ausgeübten Drucks am stärksten belastet.

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Im mittleren Drittel der Schneide sind die ersten Beschädigungen durch das Hacken zu sehen.

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Hier beginnt der durch das Hacken am stärksten belastete Bereich des letzten Drittels. Die Schneide hat – wie auch auf den nachfolgenden Bildern zu sehen – stark gelitten.

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Palisander:
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Im mittleren Bereich ist die Schneide weitestgehend intakt.

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Am Übergang zum letzten Drittel der Schneide sind die ersten Einschläge durch das Hacken zu sehen.

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Insgesamt weist die Schneide im letzten Drittel jedoch geringere Beschädigungen auf.

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Zwischenfazit
Kontrollergebnisse und Mikrobilder deuten – zumindest bei der durch Schnitzen und Hacken entstehenden Belastung der Schneide – auf einen Vorteil für Palisander im Hinblick auf die Schnitthaltigkeit hin. Unter dem Mikroskop sah die Schneide von Palisander über weite Teile im mittleren Drittel noch annähernd geschlossen aus. Auch im letzten Drittel war sie bis auf wenige Einschläge noch intakt, während hier bei Padouk eine sprichwörtliche Kraterlandschaft zum Vorschein kam. Dieser Eindruck wurde durch die manuellen Kontrollen bestätigt.

Nachbereitung
Um die Schneide wieder zu schließen habe ich in einem Schleifwinkel von 20° mit der Progression Shapton Pro 1k, 2k, 5k, 8k und jeweils 50 Schüben pro Klingenseite die Fase erneuert.

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Padouk:
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Palisander:
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Im nächsten Beitrag geht es weiter mit dem dritten Test und dem Gesamtfazit …
 
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Test 3 – Umzugskartons

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Zum Abschluss der Testreihe war ich hoffnungsvoll, dass der absolute EDC-Klassiker „Kartons“ die bisherigen Ergebnisse in eine klare Richtung lenkt und den Sack zumacht.

Hierzu bin ich im Grunde ähnlich vorgegangen wie beim ersten Test und habe einen doppelwelligen Umzugskarton in insgesamt 130 möglichst gleichgroße Teile zerschnitten. Der Karton wurde dabei zunächst halbiert, die beiden Hälften jeweils in sechs lange Bahnen geteilt und diese dann gegen den Verlauf der Wellen in Streifen geschnitten.

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Kontrolle
Bei Padouk ruckelte es auf dem Daumennagel deutlich spürbar im ersten Drittel der Schneide und blieb auch danach noch hakelig. Die Sichtkontrolle offenbarte insgesamt drei kleinere Beschädigungen der Schneide – zwei im ersten Drittel, eine im letzten. Beim Rasurtest wurden nur noch mit Druck einzelne Haare abgetragen. Der Papiertest verlief etwas hackelig ab dem letzten Drittel vor der Spitze und insgesamt relativ „laut“.

Bei Palisander ruckelte es auf dem Daumennagel im ersten und letzten Drittel der Schneide noch stärker als bei Padouk. Der mittlere Bereich hingegen glitt sanfter über den Nagel. Die Sichtkontrolle offenbarte insgesamt fünf Beschädigungen der Schneide – drei im ersten Drittel, zwei im letzten – die optisch größer wirkten als die Beschädigungen bei Padouk. Der Rasurtest verlief wiederum etwas angenehmer als bei Padouk, mit etwas Druck wurden noch auf einigen Bereichen der Schneide Armhaare abgetragen. Auch Palisander hakte beim Papiertest im letzten Drittel vor der Spitze, glitt insgesamt aber etwas leiser/sanfter durchs Papier.

Mikrobilder

Padouk:
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Palisander:
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Der Mikroskopvergleich zeigt hier aus meiner Sicht leider keinen klaren Vorteil für eine der beiden Schneiden.

Zwischenfazit
Ehrlicherweise fiel es mir schwer, bei diesem Versuch einen klaren Testsieger zu küren. Betrachte ich allerdings den Indikator, der für mich ausschlaggebend ist, also den Erhalt der Schärfe, tendiere ich – weniger deutlich als zuvor aber erneut – zu Palisander, da sowohl Armhaare als auch Papier nach dem Test besser geschnitten wurden.

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Gesamtfazit
Was ist nun mein Gesamteindruck nach der Testreihe? Würden wir uns in der Welt des Sports bewegen, wäre es platt gesagt wohl ein 2:1 für die Wärmebehandlung von Palisander.

Im Verlauf der Tests habe ich den Eindruck gewonnen, dass die testspezifische Art der Belastung einen signifikanten Einfluss auf das Verhalten der Schneidkante und somit auf die Bewertung der Wärmebehandlung hat:

Wird das Schnittgut durch eine direkt aufgelegte Schneide mit starkem Druck vertikal durchtrennt, wie beim ersten und letzten Test und handelt es sich wohlmöglich noch um abrasives Schnittgut (Karton), wird der Unterschied der beiden Wärmebehandlungen nicht allzu deutlich. Beide Schneiden scheinen etwa gleichermaßen unter der „Abrasion unter vertikalem Druck“ zu leiden.

Wird die Belastung allerdings inhomogener und punktuell stärker, wie beim zweiten Test (Schnitzen und Holzhacken), scheint die Wärmebehandlung von Palisander ihre Vorteile deutlicher ausspielen zu können, was aus meiner Sicht auf eine höhere Kerbschlagzähigkeit hindeutet.

Hinzu kommt, dass ich die Schärfbarkeit, das Verhalten des Stahls auf den Steinen und die angenommene Schärfe bei Palisander als insgesamt spürbar angenehmer empfunden habe.

Im Ergebnis würde ich daher der Wärmebehandlung von Palisander den Vorzug einräumen.

Abschließend möchte ich mich bei Matthias und Herbert für die Möglichkeit der Teilnahme an diesem hochinteressanten Ringversuch, das mir entgegengebrachte Vertrauen und bei allen Beteiligten für die investierte Mühe herzlich bedanken.

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@Bukowski

Du hast mit riesigem persönlichem und technischem Aufwand, mit guten Ideen (was für den abschließenden Tester, nach all den Tests eine Herausforderung ist) und fantastischen Bildern einen tollen Abschluß der Testserie präsentiert!

Besonders bedanken möchte ich mich dafür, dass Du trotz deines Umzuges und deiner Erkrankung (ich hoffe Du bist wieder komplett fit) im Testzeitraum, mit so hohem Engagement das Projekt unterstützt hast.

Du kommst mit deinen Tests zu ähnlichen Ergebnissen wie Rock`n´Roll und Nick. Auch wenn die Unterschiede der beiden Wärmebehandlungen nicht extrem groß sind, sind sie doch feststellbar. Das wird sicherlich noch zu interessanten Diskussionen führen.

Vielen Dank, für diesen wunderbaren Testbericht, der mir beim Studieren viel Freude bereitet hat!

Viele Grüße
Matthias
 
Servus,

ich möchte mich als interessierter Leser ebenfalls herzlich bei dem Veranstalter, der Organisation und für die exzellenten Testberichte bedanken, die über weite Strecken eine fast unheimliche, fachliche Qualität abliefern. So muss und soll MF sein. :super::super::super:

Gruß, güNef
 
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