Vergleich D2 (Böhler K 110) in zwei Wärmebehandlungszuständen - ein Ringversuch

Das ist wirklich ein wunderschönes und sehr sauber gearbeitees Messer geworden - als ich zwischenzeitlich die Spuren von Richten gesehen habe (dass das überhaupt bei der Harte gut geklappt hat, finde ich bemerkenswert - es wäre auch jammerschade gewesen bei der Arbeit, wenn dem nicht so gewesen wäre!), habe ich Matthias nicht beneidet. Aber das ist super geworden und man sieht dem fertigen Messer nicht an, dass da einiges an Korrektur gelaufen ist ;)

....Kompliment an Dich, Matthias, - und meine Freude ist mit Dir, Herbert!

Auf die Diskussion zum Gefüge und SHM freue ich mich schon.

Viele Grüße,
Torsten
 
Herbert hat natürlich Recht, irgendwie hat sich bei den technischen Daten ein Fehler bei der Härteangabe eingeschlichen. Es sind im Mittel tatsächlich 63° HRc und nicht 61° HRc. Ist jetzt korrigiert. :giggle:
 
so, an die Gefügejunkies: Ich hatte das ganz aus den Augen verloren, dass ich ja noch die Gefügebilder schuldig bin. Die letzte Zeit ging es bei mir beruflich drunter und drüber, Termine, Messen, und Beratung bis zum geh-nicht-mehr. Das ist das Schicksal des Freiberuflers, ihm steht es frei, sich selbst nach eigenem Gutdünken auszubeuten (Jammermodus on und gleich wieder off.
Die Gefügebilder in 100facher Vergrößerung (KAS bedeutet angelassen wie ein Kaltarbeitsstahl): siehe Anhang, die Vergleiche 200fach, 500fach, 1000fach im zweiten Anhang.

Diskussion erwünscht! Und, wie bereits gesagt, die Härte wurde zu 62-63-63 im Labor bestimmt.
Erste Tests ergaben keine Ausbrüche, war aber eigentlich nur Küchenarbeit, das "harte Leben" kommt auch noch. Ich werde dann auch Aufnahmen mit dem Mikroskop machen.

Dass das Messer mir zunächst viel zu schade vorkam zum Benutzen liegt an der exzellenten und super sorgfältigen Verarbeitung von Matthias. Danke noch mal dafür.
einfach ein schöner Versuch mit einem für mich sehr erfreulichen Ergebnis.

Was mir am meisten Spaß gemacht hat, ist die bisweilen launige und auch sorgfältige Testerei durch die "Auswerwählten" und der rege Zuspruch. Und was ich auch zu schätzen weiß, ist die sofortige Bereitschaft einiger Forumiten, sich an den Kosten der Untersuchung zu beteiligen.
Das konnte ich jedoch nicht annehmen, da ich ja ein super Messer bekommen haben. Dennoch: herzlichen Dank für Euer Interesse.
 

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Ach so, ja, die WB:
Klinge bei 330°C in den Ofen
ab 1050°C 30 Minuten gehalten
Abgeschreckt in heißem Öl bei 70°C
KEINE TK! (beim SHM nicht nötig)
2h bei 525°
Abkühlen
2h bei 500°C
Der Vollständigkeit halber. Wie man sieht, kompromißlos auf SHM abgestimmt.
 
Die 100x und 200x Reihe sehen sich verblüffend ähnlich. Interessant sind die karbidfreie Zone beim alten Versuch und die zeilige Verteilung beim neuen. Der KAS scheint mehr feine Karbide zu haben, ohne erkennbare Ordnung. Die maximale Größe der Karbide könnte geringer sein.

Bei höherer Vergrößerung wirken die Karbide des KAS besser verteilt und kleiner. Das wäre mein Favorit.

Aber wie kommt es zu der zeiligen Anordnung? Wie entwickelt sich das Gefüge beim Anlassen im SHM? Wie sieht es mit Zähigkeit aus? Ich habe da noch tausend Fragen. So frei nach Roman kann man mit ausreichend hoher Austenitesierungstemperatur Primärkarbide lösen und im SHM feiner ausscheiden. Das dürfte aber besser bei HSS Legierungen mit reichlich Sonderkarbiden funktionieren. Was soll der Vorteil von anlassen im SHM bei Messern aus D2 sein? Und warum lässt man HSS im SHM an?

Btw, ist KAS 500 im Vergleich zu 1k gespiegelt?
 
Klar geht das mit HSS besser, diese Stähle sind ja dafür gemacht. Was sollte das bei D2 bringen? War ein Versuch, da es halt geht. Die Perlenschnurartige Ausscheidung hängt wohl auch mit der Vorgeschichte der Verformung zusammen, die kleinen Karbide lagern sich bevorzugt an. Höher geht nicht.
Das Lösen der Primärkarbide ist so eine Sache, man landet bei höheren Legierungen leicht bei Anschmelzungen.
Ich schau mir die Bilder nochmal an, nicht dass ich bei der ewigen rumkopiererei da was verwechselt habe.

Ja, gut bemerkt, @natto das Bild ist beim Einfügen und verkleinern gespiegelt worden. Macht aber nichts aus bei der Gefügebeurteilung.
 
Klar geht das mit HSS besser, diese Stähle sind ja dafür gemacht. Was sollte das bei D2 bringen?
Wegen der großen Karbide? Das hätte K110 heißen sollen. Mir ist nicht klar welche Vorteile eine WB im SHM bringen sollte. Mit ein paar grundlegenden Kenntnissen der WB komme ich hier nicht weiter.

Oder denke ich zu kompliziert? Geht es um ein paar zusätzliche feine Karbide, Karbidwachstum, und in Folge ein wenig mehr Härte? Und das Gefüge wird nur ein wenig zäher und weicher?
 
Von der Zusammensetzung entspricht K110 dem D2. Früher wurde oft diskutiert, ob man das SHM nutzen sollte. Man baut den Restaustenit ab (ganz, wenn man es richtig macht) und macht die normalerweise auftretende Entfestigung durch die im Idealfall feindispers ausgeschiedenen sehr kleinen Sonderkarbide wett. Wenns gut läuft hat man eine höhere Härte mit einer bei dieser Härte höheren Zähigkeit.

Hier bitte die Zähigkeit nicht mit der bei Larrin Thomas ermittelten dynamischen Bruchzähigkeit gleichsetzen.

Das ganze war ein Versuch und der metallurgischen Neugier geschuldet. Das sollte der Versuch bringen.

Wenn man wie im ersten Versuch auf gleiche Härte abzielt, geht man nicht ins Optimum des SHM.
Sieht man auch am Gefüge.
Ob das messertechnisch viel bringt, weiß ich (noch) nicht.
Das SHM ist hinreichend ausgeprägt, allerdings macht man das bei diesem Stahl normalerweise nicht. Bei HSS ist es die WB der Wahl.

Oder bei z.B 1.2895, daraus hab ich ein Nesser im SHM, das sich bestens bewährt.

Unterm Strich: alle haben herumgerätselt, wir habens mal aus reiner Neugier gemacht.
Beim ersten mal hat es nicht überzeugend geklappt, was sich auch in den Reviews wiederspiegelt.

War eine arbeitstechnisch (bei Matthias und Jürgen Schanz und bei den Reviews) und auch finanziell aufwändige (Untersuchungen) Aktion.
Gruß
h
 
Ich finde den Versuch und den Einsatz der Beteiligten weiterhin super.

Als Ergebnis der Testerei ist ja im Großen und Ganzen heraus gekommen, dass sich nur geringe (wenn überhaupt) Unterschiede zwischen KAS und SHM in der Praxis zeigen.

Was die Aufnahmen des Gefüges angeht, kann ich da keine eindeutigen Schlüsse ziehen. Man sieht Unterschiede, aber deren Beurteilung ist nicht einfach.

Ausgangspunkt ist, dass es sich um Material aus einer Charge handelt. Dies vor dem Hintergrund, dass die Primarkarbide (die großen, weißen Klunker) in Größe und Verteilung bei allen drei Proben identisch sind.
Es sind aber deutliche Unterschiede sichtbar - sowohl, was die Größe anbelangt, als auch das Auftreten einer Zeiligkeit (bei der zweiten SHM-Probe) bzw. einem primärkarbidfreien Streifen bei der ersten SHM-Probe.
Das kann eigentlich unmöglich durch die WB entstanden sein, oder?
Nach meinem Kenntnisstand werden die Primarkarbide (deshalb heißen sie ja so) beim Erstarren aus der Schmelze ausgeschieden und in die umgekehrte Richtung auch dann erst wieder in Richtung Schmelze gelöst - der Einfluss auf diese Karbide bei den gängigen Härtetemperaturen sollte nicht nennenswert gegeben sein.
Wenn also der Einfluss bei über 1000°C schon nicht gegeben ist und die Karbide nicht nennenswert in Lösung gebracht werden können, ist mir nicht klar, wie dann die unterschiedliche Verteilung und Große mit dem Anlassen zu tun haben soll.

Einzige Erklärung (wenn mein Kenntnisstand nicht lückenhaft und oder falsch ist): das Gefüge ist im Anlieferungszustand schon sehr unterschiedlich in Bezug auf die Primärkarbide, deren Größe/ Verteilung und auch Zeiligkeit.

Wenn dem so ist, muss man diesen Aspekt aus der Beurteilung von Unterschieden in der WB rausnehmen und sich auf das konzentrieren, was sonst noch sichtbar ist.
Da sehe ich zum einen beim KAS eine ungerichtete Ausprägung der Martensitplatten sowie hellere und dunklere Platten.
Und beim SHM klar sichtbar die feinen dunklen Ausscheidungen von Anlasskarbiden.
Das Gefüge der SHM-Proben hat eine wesentlich gleichmäßigere Graufärbung. Das sieht für mich homogener aus. Von der Zeiligkeit der Primarkarbide abgesehen, scheint es keine Ausrichtung zu haben.
Ich würde die Grundmatrix, wie schon gesagt, homogener (möglicherweise auch bzgl. Abbau von Restaustenit - denn darauf kann die unterschiedliche Grautönung beim KAS hindeuten) einstufen.
Und: ich würde diese WB bevorzugen.

Dieser an sich positive Effekt hat sich beim Testen aber nicht als praxisrelevant herausgestellt. Ich vermute, dass der Einfluss der Primarkarbide diesen Effekt überlagert hat und wesentlicher auf die Leistung Einfluss nimmt.

ich kann mir bei anderen Stählen/ Legierungen mit kleinerer Größe und homogenerer Verteilung der Primärkarbide gut vorstellen, dass sich das Anlassen im SHM durchaus merklich positiv bemerkbar macht - zumal die Restaustenitbeseitigung nahezu vollständig gelingen sollte.

Viele Grüße,
Torsten

Edit: die Primarkarbide lassen sich allenfalls thermomechanisch (Schmieden) 'zertrümmern' - was meines Wissens von der Genauigkeit der Prozessführung und dem Umformgrad nicht per Hand sondern nur mit industriellen Mitteln möglich ist.
 
Hallo Thorsten,
die erste SHM-Behandlung ist wohl sicherlich nicht befriedigend gelaufen, da wir auf gleiche Härte gezielt hatten. Bei der zweiten kompromisslos auf SHM. Das Ausgangsgefüge sollte gleich sein, da es ein relativ kleiner Streifen war, aus dem lediglich die drei Klingen und ein paar Probestücke gefertigt wurden.
die dritte WB ist noch nicht hart in der Praxis getestet worden.
Sicher ist D2 bzw. K110 nicht der ultimative Stahl für SHM, da sollte man in Richtung HSS gehen. Wenn sich in der Praxis nicht ein super Verhalten zeigt (hohe Härte und gute Zähigkeit, keine Ausbrüche etc.) dann kann man sich den doch erheblichen Aufwand bei D2 sparen.
Aber schaun wir mal.
 
Hallo Herbert,

Ja, ich bin da bei Dir: wenn sich in der Praxis keine merklichen Unterschiede zeigen, dann kann man sich das sparen. Ich bin sehr gespannt....

Bist Du, was meine Thesen zu den Primarkarbide angeht, meiner Meinung oder erklärst Du Dir die Unterschiede auf den Aufnahmen anders?

Was das Anlassen im SHM generell angeht, halte ich das für die bessere WB - ich denke, nicht umsonst wird dies schon bei Stahlen unterhalb von D2, nämlich Sleupner, Tenasteel und auch Vanadis 4 als Standard empfohlen. Warum bei D2 nicht? Wahrscheinlich in Richtung Messer, um die eh schon eingeschränkte Rostträgheit nicht noch weiter herabzusetzen und in Richtung srumpfwinkliger Werkzeuge, weil die großen Primärkarbide vorrangig wirken, der Zähigkeitsgewinn keine große Rolle spielt und die feinen Anlasskarbide ebensowenig.

Rein nach dem Ansatz 'Restaustenit ist immer Mist' und 'feine Karbide in der Schneidkante sind gut für unsere Zwecke' sehe ich Anlassen im SHM inzwischen als einen Hebel, um das Optimum bei den dafür in Frage kommenden Stahlen herauszuholen. Sobald mein Ofen die 1000°-Marke knacken kann, werde ich mit RWL, Tenasteel und Sleipner entsprechend behandeln und dann weiter sehen.

Viele Grüße,
Torsten
 
@xtorsten noch eine Bemerkung zu dem dunkleren Grundton bei dem zweiten Versuch: die winzigen feindispers ausgeschiedenen Sonderkarbide färben das Bild dunkel. Insofern ist das Experiment geglückt. Primärkarbide kann man nur in der Schmelze wieder lösen, aber beim Erstarren sind sie dann wieder da. Und stabil sind sie. Beim hohen Anlassen kriegt man kein C in die Sonderkarbide, das muß bei der hohen Härtetemperatur in der Matrix sein.
 
Und damit sind wir dann bei meiner Aussage, dass die großen hellen Flecken in den Aufnahmen zwar unterschiedlich sind, aber dieser Unterschied nicht über eine unterschiedliche WB und schon gar nicht Anlasstemperatur zu erklären sind - korrekt so?
 
Na ja, ein bisschen ändert sich schon aufgrund der hohen Härtetemperatur und der Diffusion, aber im Wesentlichen hast Du Recht, die großen Karbide fängt man sich wegen der Legierung ein, und die bleiben Dir erhalten, Thorsten.
 
Ich habe auch noch eine Frage.
Die Klingen und Probestuecke sind alle aus dem selben Streifen Stahl entstanden, oder? Kann man dann davon ausgehen, dass alle Stuecke das gleiche Ausgangsgefuege hatten?
Dann wuerde mich interessieren, wie z.B. die zeilenartige Struktur beim zweiten Versuch im SHM zustande kommt, die sieht man ja in den anderen Proben nicht. Koennte man durch geeignete Waermebehandlung diese Zeile Struktur "aufloesen" und so z.B. den karbidfreien Streifen im ersten SHM-Versuch erzeugen?

Gruss
Thomas
 
Ich habe mir das alles noch einmal angesehen.
die Zeiligkeit hängt - wie könnte es anders sein - mit der thermomechanischen Behandlung zusammen, und damit also mit der Herstellung der Blechstreifen.
Beim ersten Mal waren die Schliffe sozusagen mit Blick auf die Längsrichtung der Blechstreifen gerichtet, beim zweiten Versuch könnte die Lage anders gewesen sein. Damit würde sich das Ganze erklären.
Die Orientierung der Blechstreifen beim Kauf ist eher zufällig (hängt davon ab, wie das Halbzeug geschnitten wurde), und die Probenentnahme folgte, wie ja auf den Bildern der fast fertigen Klingen zu sehen ist, quer zur Längsrichtung der Streifen. Die genaue Lage der Proben für den zweiten Lauf müssen wir nochmal klären. Im Zweifelsfall würde das noch eine Untersuchung in der senkrecht stehenden Ebene erfordern.
Wir forschen nach.
 
So, die Sache ist klar. Probenentnahme. Da hab ich nicht aufgepasst. Macht aber nichts, sonst hätten wir die Zeiligkeit nicht entdeckt. Ich bin schon über das Ausmaß erstaunt.
Also neues Schliffbild um 90 grad gedreht. Und Ausgangsgefüge längs und quer.
Dann wissen wir mehr.
Gruß
H
 
Um die Bleche soweit wie möglich homogen zu Fertigen, sind die Bleche bei Böhler soviel ich weiß immer Kreuzgewalzt. Zumindest bei dem M390 und N690 den ich mal direkt bei Böhler gekauft hatte war es so bescheinigt.
Insofern wundert mich die zeilige Anordnung der Karbide bei dem K110 doch.
Weiß jemand wie das Blech gewalzt wurde?
 
Danke, Herbert.
Jetzt noch zum Verständnis: willst Du nochmal Aufnahmen machen???
Oder wie war das gemeint mit neues Schliffbild um 90° gedreht? Und längs und quer?

Grundsätzlich wurde deutlich, dass der Stahl eine erhebliche Inhomogenitat in Bezug auf Zeiligkeit/ richtungsabhängige Gefügestruktur aufweist.
Ist aber auch nicht verwunderlich - bereits Stähle wie A8 zeigen solche Ansätze.

Ich denke, dass in den meisten Fällen D2 solche zeiligen Ausprägungen hat - und viele andere Stähle auch, worauf unterschiedliche Zähigkeitswerte im Bruchversuch bei Längs- und Querprobe hinweisen.

Erst mit PM wird's besser.
 
@recurveman das Kreuzwalzen ist schon mal ganz gut, aber die Zeiligkeit wird es nicht beseitigen. Ich hab mich auch gewundert.
@recurveman und @xtorsten
da ich mich auch über die Zeiligkeit gewundert habe, und das aufgeklärt werden sollte, denke ich an folgende weitere Untersuchungen:
a) 2 Schliffe am Ausgangszustand längs und quer
b) den Schliff mit der 2. SHM-Behandlung wiederholen, d.h. die Probe ausbetten und in Querrichtung betrachten
c) Die beiden anderen Zustände auch nochmal in Querrichtung

Das sind dann 7 Aufnahmen. Mal sehen, das geht dann schon ins Geld. Aber mindestens die beiden alten Zustände in der Querrichtung, das geht dann fürs erste.
Solche Zeiligkeiten erwarte ich eigentlich von Schnellarbeitsstählen.....
 
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