Vergleich D2 (Böhler K 110) in zwei Wärmebehandlungszuständen - ein Ringversuch

Servus,

ungemein aufwendiger Test in gewohnter Qualität. Diese Testzeit muss man bereitstellen können und zum Tagwerk über Tage machen, dann kommen solche Berichte zustande.

Ausgezeichnet! Ich freue mich über weiteren Lesestoff.

Gruß, güNef
 
Moin,

sehr umfangreicher Bericht auf höchsten Niveau - klarer Punktevorsprung für das portugiesische Testzentrum.

Bei der Qualität beider Klingen würden sich bei meinem Hartwursttest vermutlich keine Unterschiede aufzeigen lassen - bestenfalls ab 3 laufenden Metern. :irre:

Bin sehr gespannt auf das Kommende.

grüsse, pebe
 
Sehr aufwendig getestet.

Ob die Messer "ein Ding an sich" oder das Ganze noch von praktischer Bedeutung ist kann man dann an Ende nicht sagen.

Ein Vergleich mit einfachsten Messer z.B. von Uldanov kann dann mindestens ein Ausgangspunkt geben.
 
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Der Doppeladler ist gelandet! :super:

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Das ging ja auch wieder super schnell. Viel Spaß, Virgil, und wo entsorgst Du das ganze Korkmehl? Oder mach Scheibchen für Messergriffe……
 
Ich arbeite gerade an der Definition einer Schnitzchallenge und hoffe mit einer Weich-Hart-Weich-Weich-Oszillation die Messer dazu zu bringen, ihre Unterschiede zu offenbaren ...

Weinkorken -> Titan Grade 2 -> Rebstecken -> Schifili-Knochen ... :unsure:

Des wird luschdig! :irre:

Virgil
 
Salut Virgil,

ich hätte ja vorgeschlagen Du schnitzt Excalibur zwecks Messertest wahlweise ein Winter- oder Slickprofil in seine Pneus, wo er doch gerade da ist - allerdings bleibt er dann länger. :irre: :irre: :irre:

Lasst‘s Euch gut gehen.

grüsse, pebe
 
Liebe Forumit_Innen und PA-Junkies,

hier nun mein Bericht zum Achtsamkeitsblindtest "Wer spürt das Sekundärhoch?".

Erstmal natürlich herzlichen Dank an die beiden Organisatoren und Masterminds hinter diesem PA und ganz besonders an Taperedtang, der die beiden Messer dafür entwarf und herstellte.

Meine beiden liebsten Tätigkeiten mit Messern - nach dem Schneiden - ließen sich bei dieser Aktion leider nicht umsetzen: Auseinanderbauen (keine Schrauben zu finden) und Batoning (mein Fäustel ist gerade auf Malle), aber man muß seine Ansprüche auch mal zurückschrauben können – das gilt vor allem für die Leser dieser Zeilen.

Immer noch eingeschüchtert durch R'n'R's epochalen Bericht, der kaum Luft zum Atmen lässt, habe ich mich also auf folgendes konzentriert:
  • Geometrie-Check und Handling (zarte Bürohände)
  • Föddili (ohne Mine)
  • Schneidgut-Alternativen (Eukalyptus-frei)
  • Beobachtungen (ohne Mikroskop) und Schärfen

Ziel war ja festzustellen, ob es einen erfassbaren Unterschied zwischen den beiden unterschiedlichen Wärmebehandlungen der Klingen gibt, deswegen auch die Beschränkung auf Schneid-relevante Themen.


Handling und Geometrie-Check

Erst die harten Fakten!

Gewicht, Größe etc. spar ich mir, da dies schon anderweitig dokumentiert wurde.

Hier meine Messungen "hinter der Wate" in mm, jeweils vor der Schleifkerbe, - ca. mittig - vorne an der Spitze

Palisander: 0,65 – 0,5 - 0,7
Die dünnste Stelle der Klinge liegt etwa 1/3 hinter der Spitze

Padouk: 0,6 – 0,5 – 0,7
Die dünnste Stelle der Klinge liegt ziemlich in der Mitte

Trotz der leichten Recurveform der Klingen (siehe Foto oben von R'n'R) liegt die 1-mm-Klingendicke-Linie 3,5 mm oberhalb der Schneide und verläuft recht gerade.

Chapeau für die Gleichmäßigkeit der Klingengeometrie! :super:

Beim Handling fiel mir hauptsächlich das für mich sehr hohe Gewicht negativ auf – bei jedem In-die-Hand-Nehmen. Ein paar Bohrungen im Erl oder ein bisschen "tapern" (nomen est omen!) zur Gewichtsreduzierung wären mir, als bekennendem Leichtmesserträger, entgegengekommen.

Der abfallende Griff liegt gut in den Hand – für mich etwas zu füllig, vor allem im hinteren Bereich auf der Unterseite. Hotspots fand meine Hand keine - ein paar scharfe Ecken an den Backen, die aber beim Schneiden nicht stören.


Föddili

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Ein sehr schönes Zwillingspärchen :love:


Schneid-Erfahrungen

Was könnte man noch so schneiden (regional, saisonal), das die Klingen etwas herausfordert, vielleicht sogar Unterschiede ans Tageslicht fördert und das Sekundärziel erfüllt, keine Blutblasen, Sehnenscheidenentzündungen oder andere Verletzungen zu provozieren?

Ich entschied mich für folgende Testreihe mit steigendem Schwierigkeitsgrad: Fleisch – Karton – Buchs - Gedöns

Das Design der beiden Kandidaten empfiehlt sie nicht wirklich für die Verwendung in der Küche, aber wir haben hier ja einen Test am Laufen, also dienen solche Erfahrungen auch der Abgrenzung.

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Größtes Problem beim Zerteilen des Fleisches war dann tatsächlich auch die Form der Klinge und da wir keine höheren Profibretter haben, um den Schneidprozess etwas zu optimieren, musste ich mitten im Test auf das kleine Cottage Craft Chef wechseln, um d'Cheffi nicht unnötig zu auszubremsen in der Küche, da ich in diesem Fall nur Zuarbeiter war.

Es hat schon einen Grund, warum Küchenmesser anders aussehen... :irre:

Nächstes Herausforderung: Karton.

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Hier konnten die Zwillinge endlich zeigen was in ihnen steckt. Kartons zerschneiden als Unterdisziplin des samstäglichen Männer-Dreikampfs (Rasenmähen – Recyclinghof – Getränkemarkt) spricht Frauen meiner Erfahrung nach nicht so ganz direkt an – aber wir können zeigen, was in uns bzw. unseren Hosentaschen steckt!

"Zellulose statt Zombies" – muss reichen für den Hausmann.

Padou und Pali schlugen sich tapfer – man merkte ein leichtes Nachlassen der Schärfe im hinteren Bereich der Klinge, mit dem hauptsächlich gearbeitet wurde.

One level up: Buchs - unser dichtestes, europäisches Gehölz, drei Jahres gelagert, aus dem Vorgebirge der Pyrenäen, angenehm im Griff und samtig im Abgang.

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Bei dieser Challenge hab ich zwei Jungs von meiner Gang mit reingenommen: "Toothpick" von Fred Perrin und "Puukko" von Pasi Hurttila (beide so wunderbar leicht ... hach!).

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Buchs schnitzen ist ein mühseliges Geschäft – nur Eukalyptus soll schlimmer sein und natürlich saarländische Lyoner.

Aber auch hier zeigten sich unsere beiden Hübschen durchaus fähig zu spänen – keiner hatte die Nase, bzw. Backe vorn, zumindest für mich nicht spürbar.

Der Zahnstocher war auch nicht schlecht, aber der beste Buchs-Bezwinger war dann doch Puukko – wie zu erwarten, bei dem Schliff.

Eine Überprüfung der Schneiden nach diesem heftigeren Einsatz ergab: stumpfer aber stabil. Der DST (Daumennagel-Schnell-Test) zeigt keine Ausbrüche oder ähnliches, Armhaare rasieren funktionierte leidlich nur noch im vorderen Bereich und beim Papierschnitt ging erst etwas ab Mitte der Klinge

Vor der letzten Prüfung nochmal kurz frisch machen: ein paar Züge mit dem Sinter, denn jetzt geht's in die letzte Kategorie "Gedöns", sprich Stöckchen, Kork und Leder (macht mich bitte nicht verantwortlich für die ablaufenden Assoziationsketten in euren Köpfen!)

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Nirgends kein Problem nicht, ebenso wenig Unterschiede im Schneidverhalten - aber es zeigt sich wieder, daß Lederbearbeitung den Schneidwerkzeugen ordentlich zusetzt.

Den letzten Test an Excaliburs Autoreifen, wie von Pebe empfohlen, konnte ich leider nicht durchführen, da sich P&P bereits auf dem Weg ins Saarland befinden, wenn der Express "Bergerac – Thiers – Berlin" hier durchrauscht – sorry, Pebe. 🤷‍♂️


Beobachtungen und Schärfen

Auf einer Unterlage schneiden ist mit dieser Klingenform und der mangelnden Fingerfreiheit nicht komfortabel und effizient - dafür gibt es andere Messer.

Ich konnte keinen Unterschied zwischen den Klingen in ihrem Schneidverhalten feststellen – sollte meine Frau doch Recht haben, und ich bin wirklich unsensibel?

Auch die von R'n'R anfänglich erfahrenen Ausbrüche traten bei mir nicht auf. Ich vermute, es liegt an der etwas gröberen Schneidengeometrie mit 40 ° Gesamtwinkel und an der von R'n'R abgearbeiteten und damit fehlenden "Defektschicht" – Danke!

Oder bin ich doch eine Memme und traue mich nicht die Messer richtig ranzunehmen, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, was für ein Aufwand in so solch einem Messer steckt. Um mich jetzt nicht in die FU-Ecke zu platzieren (Feiger User), schiebe ich es mal auf meinen Respekt vor dem Werkzeug, den mein Vater mir versucht hat beizubringen - so'n Messer ist schließlich auch nur ein Mensch ....


Beim finalen Schärfen galt es etwas zu tricksen – klar, dem Sinter ist der Recurve egal, aber ich finde, er läßt die Spitzen leiden. Unter Einbeziehung der Kanten der beiden Banksteine klappte es einigermaßen, auch ohne den Zauberstab.

Da es nur um das Auffrischen der von R'n'R exzellent vorbereiteten Schneiden ging, kam ich mit dem dargestellten Trio ganz gut zurecht, um die Messer für den nächsten Tester vorzubereiten.

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Das rote Ding ist ein plattgefahrener Sinterrubin (so zumindest angepriesen und von der Feinheit her mit dem Siegerstab vergleichbar) für die erste Runde, der Feinschliff erfolgte auf einem Black Surgical Arkansas von RH Preyda und zum Schluss noch ein paar Mal über den Lederriemen – feddich (ich will nix hören, @kanji , gelle!)


Wie geht's weiter?

Nach Rücksprache mit herbert machen sich die beiden nun auf den Weg ins Auen ... äh, Saarland, wo sie in kanjis Wäldern die wahren Herausforderungen des Waldläuferlebens kennenlernen werden.

Und beim großen Hobbit-Treffen Anfang August, aka MFODT, übernimmt Nick, als Vertreter der Nordhobbitse, den Schatz, äh, die Messer für die geplanten Gemetzel an Grützwurst und Heidschnucken ... (hm, es ist spät, ich sollte wohl aufhören).

Aber nicht ohne ein finales Management Summary (steht halt jetzt leider am Ende des Posts, sorry, liebe Manager):
  • kein Unterschied zwischen beiden Messern bzgl. der Schneideigenschaften von mir festzustellen
  • die schön gemachten Zwillinge Padou & Pali haben die gestellten Aufgaben ohne Mucken und Macken gemeistert
  • Sheepfoot-Klingen sind nicht mein Ding, da der Einsatzbereich recht eingeschränkt ist – ein bisschen Bauch muss sein!
  • Ich will auch so'n Mikroskop-Teil

Bonne soirée

Virgil
 
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@Virgil4
Da hast du einen sehr umfangreichen und unterhaltsamen Bericht eingestellt! (y)
Ich weiß das sehr zu schätzen und sage mal: Vielen Dank!
Matthias wird sich ebenfalls freuen. Bei der Klingenform ist es eben so eine Sache. Ich habe kein einziges Fixed mit einer solchen Klinge.
Neugierig wäre ich schon. Ich teile aber deine Bedenken. Dass die Stähle sich beide gut schlagen hatte ich geahnt.
Oder bin ich doch eine Memme und traue mich nicht die Messer richtig ranzunehmen, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, was für ein Aufwand in so solch einem Messer steckt - um mich jetzt nicht in die FU-Ecke zu schieben (Feiger User), schieben ich es mal auf meinen Respekt vor dem Werkzeug, den mein Vater mir versucht hat beizubringen - so'n Messer ist schließlich auch nur ein Mensch ....
Du kannst dir dessen gewiss sein, dass ich mit dir fühle! Da bin ich ganz bei dir!
rocco26
 
Vielen Dank für diesen erfrischenden Bericht Virgil! Du hast mit Humor, Ehrlichkeit, guten Hinweisen und deiner gewohnten Präzision einen tollen Bericht abgeliefert, der mir viel Freude macht.

Dieser Bericht ist alles, nur kein Standard! Ich stelle fest, das hohe Niveau der Berichte setzt sich fort! :super::super::super: Nochmals danke dafür. :)

Interessant ist auch, dass Du bei deinen "Schneidübungen" keinen Unterschied bei der Leistungsfähigkeit den Klingen festgestellt hast. Ich bin gespannt wie sich die Testreihe fortsetzt.

Gruß
Matthias
 
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Virgil, genau wie Taperedtang gesagt hat: erfrischender Bericht, und sehr aufschlußreich. Ich habe den Bericht mit Vergnügen gelesen, und er ergänzt das Bild, das sich herausstellen wird. Normalschneiden ist ja auch eine Disziplin, und dass da keine Unterschiede feststellbar sind, ist sehr interessant. Herzlichen Dank nochmal, und jetzt kommen die Burschen ja in den Wald, und es wird sich ja die Gelegenheit ergeben, an der sagenhaften Saarländischen Lyoner Qualitäten auszuspielen. Soll wohl eine der härtesten Disziplinen sein :LOL::LOL::LOL:
 
Zuletzt bearbeitet:
Herrlich launiger Bericht in Virgil typischer umfassender und präziser Qualität.

War klar, dass das mit hardusefähigen Messern kein leichtes Unterfangen wird, zumal für Rebstockschnitt der falsche Zeitpunkt ist und das Schnittmuster in Excaliburs Pneu die Messerfreundschaft ganz sicher überstrapaziert hätte. 🤣🤣🤣

Ich hab‘s bei einem doppelten Kaffee sehr genossen.

Merci bien mon ami.

grüsse, pebe
 
Ehhh was mich noch interessiert hätte: Weinkorken, wie ging das? Rot? Weiß? Welche Sorten/Reben/Jahrgänge/Lagen?
Das mit den Reifen hätte ich gern noch gesehen, schade, aber da wartet ja noch die Lyoner....
 
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