Hallo,
das obige Zitat des §1 reicht m.A.n. in diesem Zusammenhang nicht aus. Die Tatsache, dass Nicker im Gesetz nicht explizit genannt werden, heißt in meinen Augen noch nicht, dass sie keine Waffen sind.
In §42 heißt es:
"
§ 42 Verbot des Führens von Waffen bei öffentlichen Veranstaltungen
(1)
Wer an öffentlichen Vergnügungen, Volksfesten, Sportveranstaltungen, Messen, Ausstellungen, Märkten oder ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen
teilnimmt, darf keine Waffen im Sinne des § 1 Abs. 2 führen.
(2) Die zuständige Behörde kann allgemein oder für den Einzelfall Ausnahmen von Absatz 1 zulassen, wenn
1. der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 5) und persönliche Eignung (§ 6) besitzt,
2. der Antragsteller nachgewiesen hat, dass er auf Waffen bei der öffentlichen Veranstaltung nicht verzichten kann, und
3. eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nicht zu besorgen ist."
Der unter (1) genannte §1 Absatz 2 wurde ja bereits zitiert. Weiter heißt es dort:
"(4)
Die Begriffe der Waffen und Munition sowie die Einstufung von Gegenständen nach Absatz 2 Nr. 2 Buchstabe b als Waffen, die Begriffe der Arten des Umgangs und sonstige waffenrechtliche Begriffe
sind in der Anlage 1 (Begriffsbestimmungen) zu diesem Gesetz näher geregelt."
Anlage 1 unterscheidet nun zwei verschiedene Arten von tragbaren Gegenständen: die nach §1 Absatz 2 Buchstabe 2a und die nach Buchstabe 2b. Unter 2b fallen Spring-, Fall-, Faust- und Butterflymesser.
Tragbare Gegenstände nach 2a sind dagegen unter anderem:
"1.1 Hieb- und Stoßwaffen (Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, unter unmittelbarer Ausnutzung der Muskelkraft durch Hieb, Stoß, Stich, Schlag oder Wurf Verletzungen beizubringen),[...]"
Und hier liegt meines Erachtens der entscheidende Unterschied zu den allgemeinen Bestimmungen des §1, da hier nicht mehr von der Verwendung gegen Menschen allein die Rede ist, sondern vom Wesen der Gegenstände, welches primär die Beibringung von Verletzungen vorsieht.
Hierunter könnte man eben auch die Nicker einordnen: schmale, längliche Klinge, relativ gerader Klingenrücken, primär dazu bestimmt, Tieren tödliche Stichverletzungen beizubringen.
Bleibt die Frage, wer denn nun bestimmt, was das Wesen eines Gegenstandes ist. §2 Absatz 5 sagt hierzu:
"(5) Bestehen Zweifel darüber, ob ein Gegenstand von diesem Gesetz erfasst wird oder wie er nach Maßgabe der Begriffsbestimmungen in Anlage 1 Abschnitt 1 und 3 und der Anlage 2 einzustufen ist, so entscheidet auf Antrag die zuständige Behörde. Antragsberechtigt sind
1. Hersteller, Importeure, Erwerber oder Besitzer des Gegenstandes, soweit sie ein berechtigtes Interesse an der Entscheidung nach Satz 1 glaubhaft machen können,
2. die zuständigen Behörden des Bundes und der Länder.
Die nach Landesrecht zuständigen Behörden sind vor der Entscheidung zu hören. Die Entscheidung ist für den Geltungsbereich dieses Gesetzes allgemein verbindlich. Sie ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen."
Solche Einstufungen wurden schon für einige Schusswaffentypen vorgenommen, soweit mir bekannt z.B auch für Fallmesser mit Rettungsklinge, aber meines Wissens nach nicht für Nicker.
Als Fazit würde ich für mich ziehen:
Das Gesetz liefert keine einheitliche Definition bezüglich Jagdmessern und der Einstufung als Hieb- und Stichwaffe. Allerdings geht der ursprünglich angesprochene Sachverhalt (Tragen eines Nickers auf dem Oktoberfest) darüber hinaus, das Hausrecht des Veranstalters wurde bereits angesprochen. Man müsste sich informieren, ob für diese Veranstaltung eine Genehmigung zum Führen von Hieb- und Stichwaffen vorliegt, um auf der sicheren Seite zu sein.
Soweit mein Senf zu der Sache. Bitte um Veröffentlichung weitergehender Kenntnisse und Berichtigungen!
Sven