Der Clan des BÖKER-Sport

Wir kommen der Ahnengalerie und den Genen des Sportmessers vermutlich wieder etwas näher.

@cut hat dankenswerterweise beginnend mit seinen Katalogbildern den Blick auf die spezielle Humpback-Form gelenkt. Die entscheidende Frage nach "Huhn oder Ei, was war erst?" hatte ich mir bisher gar nicht gestellt: Kam mit dem Sportmesser aus einem Designwurf diese Buckelform? Oder existierte sie schon, wurde also ins Sportmesser übernommen?

Dieser interessante Fund dürfte die zweite Version bestätigen. Das Messer ist wesentlich älter als die hier beschriebenen Sportmesser, dazu ein lupenreines Humpback - und ebenfalls "Sportmesser"!

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Kein Herstellerstempel, evtl. englisch, 85 mm Griff, Hauptklinge 65 mm, Hirschhorn, Neusilberbacken, Messingliner. Einst 10 Teile, Zahnstocher und Pinzette fehlen. Neuzeitliche Dosenöffner und Kapselheber brauchte es nicht, dafür u.a. Bohrer für die Pfeife der feineren Lebensart. Die Klingen wurden reichlich benutzt, ebenso der Schrauber oder der etwas wacklige Korkenzieher. Ich mag sowas, denn es zeigt Wertschätzung durch Nutzung.

Die Tools der Sportmesser haben sich über die Jahre verändert, geblieben sind hoffentlich "Spaß, Vergnügen, Sportsmänner", also das, was "Sport" im angelsächsischen auch bedeutet.

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"Sportmesser" in ihrer Entwicklung? auf einem Bild:
- das alte no-name
- das ursprüngliche, fette Böker Sportmesser (bevor es seinen Namen abgeben musste)
- das Wandermesser, was später zum Dauerbrenner Sportmesser Typ 182 werden sollte (Details s. #23 von cut)

Es nimmt kein Ende, und das ist gut so 👍😁

Abu
 
Glückwunsch zum Fund eines noch älteren Stückes. 😃👍
Besonders interessant finde ich die Altersbestimmung über die Werkzeuge.
Überhaupt nicht mein Sammlungsgebiet und faszinierend mitzulesen. Danke fürs Zeigen und Schreiben.
 
In post #148 hatte ich von dem nicht mehr existierenden Solinger Messerhersteller Friedrich von der Kohlen ein „ungewöhnliches mehrteiliges "humpback" Jagdmesser“ … mit Abbildung verlinkt, „dessen rundlicher Griff mit insgesamt 6 Funktionsteilen sicherlich eine stärkere Nähe zu dem "Sportmesser-Design" aufweist …“ (als die bis dahin beschriebenen 1-3-teiligen „humpback“ Messer mit sehr eckigen Griffen.
Zu diesem Messermodell stieß ich zufällig auf ein fast identisches "humpback"-Jagdmesser-Modell in einem Katalog der Stahlwarenfabrik „BALKE & SCHAAF“, bei dem alle Funktionsteile besser erkennbar sind:

Balke & Schaaf humpback.jpg


Grüße
cut
 
Was für ein großartiges Messer, so etwas würde real in jede Sammlung passen. Bei mir auch noch in die Federdrücker, wenn ich das richtig sehe: Feile als Drücker! Also Augen auf - obwohl ich von dem Hersteller noch nie was gesehen hab.

Gruß
Abu
 
Böntgen & Sabin ("BONSA") ist bereits zu Beginn dieses umfangreichen threads als Hersteller (?) / Händler (?) eines humpback-Sportmessers erwähnt worden.

Hier eine Werbung der nicht mehr existierenden Solinger Firma aus dem Jahr 1954,
Quelle: "Made in Germany - Cuteleria"

b&s Sportmesser 1954.jpg


Grüße
cut
 
Hallo zusammen,

könnt ihr mir bei der Altersbestimmung dieses Böker Sportmessers helfen?

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Meine bisherigen Recherchen haben ergeben, dass das Messer wahrscheinlich vor 1974 gefertigt wurde. Außergewöhnlich finde ich, dass das Messer keinen Fangriemenbügel besitzt. Ich habe das Messer in einem alten Messergeschäft gefunden. Könnte es sein, dass der Fangriemenbügel nachträglich entfernt wurde?

Viele Grüße und vielen Dank im Voraus
Philipp
 
Hallo Philipp,

bei den Varianten von Böker fällt mir eine Altersbestimmung inzwischen eher schwer. Besonders, wenn dein gezeigtes Messer wieder Besonderheiten aufweist.
Es gibt ein recht umfangreiches Buch über Böker von N. Punchard, aber dein Stempel ist tatsächlich NICHT darin enthalten!!! Stattdessen ähnlich mit BOKER, also ohne Umlaut, Verwendung ca. 1960.
Weiterhin scheint das Messer keine schwarzen Griffschalen aus dem üblichen Delrin zu haben, sondern gefärbten, strukturierten Knochen. Nahe der oberen Backe sehe ich Farbe. Hat Böker gemacht, ist aber nicht die typische Serie. Genau wie der fehlende Bügel eine Variante ist.
Also etwas speziell dein Sportmesser, ein guter Fang!

Gruß
Abu
 
Hallo Philipp,

bei den Varianten von Böker fällt mir eine Altersbestimmung inzwischen eher schwer. Besonders, wenn dein gezeigtes Messer wieder Besonderheiten aufweist.
Es gibt ein recht umfangreiches Buch über Böker von N. Punchard, aber dein Stempel ist tatsächlich NICHT darin enthalten!!! Stattdessen ähnlich mit BOKER, also ohne Umlaut, Verwendung ca. 1960.
Weiterhin scheint das Messer keine schwarzen Griffschalen aus dem üblichen Delrin zu haben, sondern gefärbten, strukturierten Knochen. Nahe der oberen Backe sehe ich Farbe. Hat Böker gemacht, ist aber nicht die typische Serie. Genau wie der fehlende Bügel eine Variante ist.
Also etwas speziell dein Sportmesser, ein guter Fang!

Gruß
Abu
Hallo Abu,
vielen Dank für deine Hilfe! Es freut mich sehr dass dieses schöne Messer auch noch etwas Spezielles ist. Mir ist die Färbung zwar aufgefallen aber ich habe daraus nicht geschlussfolgert, dass es sich um echten Knochen handeln könnte. Hier sieht man die Färbung nochmal deutlicher:

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Nochmals vielen Dank!
Philipp
 
.... bei den Varianten von Böker fällt mir eine Altersbestimmung inzwischen eher schwer. Besonders, wenn dein gezeigtes Messer wieder Besonderheiten aufweist.
Es gibt ein recht umfangreiches Buch über Böker von N. Punchard, aber dein Stempel ist tatsächlich NICHT darin enthalten!!! Stattdessen ähnlich mit BOKER, also ohne Umlaut, Verwendung ca. 1960.
Weiterhin scheint das Messer keine schwarzen Griffschalen aus dem üblichen Delrin zu haben, sondern gefärbten, strukturierten Knochen. Nahe der oberen Backe sehe ich Farbe. Hat Böker gemacht, ist aber nicht die typische Serie. Genau wie der fehlende Bügel eine Variante ist.
Also etwas speziell dein Sportmesser, ein guter Fang!

Gruß Abu

Die Griffschalen aus gefärbtem und mit hirschhornähnlicher Struktur bearbeitetem Knochen sind sicherlich eine andere Modellvariante zu den 'üblichen' schwarzen Delrin-Schalen bzw. der Böker-Modellvariante "182 Hh. R" mit Griffschalen aus Hirschhorn.

BOK 182 Hh R x.jpg


Die Nutzung der beiden zweifelsohne renommierten US-amerikanischen Quellen (Zaleski - Knife World Vol.35 No.11 / 2009 zum 140. Böker-Firmenjubiläum sowie Punchard & Ray - "BOKER ... " ) zur Datierung von Böker Messern ist sicherlich mit Unsicherheiten behaftet: die Autoren haben verständlicherweise vorrangig mit schriftlichen Quellen und Messern aus den USA gearbeitet. Dies wird deutlich z.B. in der Tatsache, dass diverse in Deutschland veröffentlichte Publikationen mit interessanten Hinweisen und weiteren Klingenmarkierungen zu Böker garnicht berücksichtigt sind und dadurch auch ergänzende Markenzeichen fehlen.
Deshalb verwundert es mich nicht, dass z.B. in der Veröffentlichung von Zaleski die 4-zeilige Angabe "BOKER SOLINGEN GERMANY INOX" beschrieben wird mit "c. 1960s No umlaut over O".
Ich kenne bei deutschen Sammlern diverse Taschenmesser mit praktisch identischer Markierung jedoch mit Umlaut "Ö" .
Diese Markierung erscheint mir bei in Deutschland vertriebenen Böker-Messern keinesfalls eine Besonderheit zu sein.

Ebenfalls erscheint mir der fehlende Bügel KEINE Besonderheit zu sein, allenfalls ist er wohl eine nachträgliche Änderung.
Eine Vernietung der Klingen am oberen Griffende mit offenbar abgeschnittenem Nietdraht und "ohne Kopf" erweckt einen sehr unprofessionellen Eindruck, insbesondere da am anderen Griffende die Vernietung bündig mit den Griffbacken ausgeführt ist.

Grüße
cut
 
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@cut
Deine Ausführungen zum Stempel sind allgemein sicherlich richtig. Aber bezogen auf Sportmesser fällt doch auf, dass keines der bisher gezeigten Messer jenen Stempel aus #170 besitzt, insofern eine Besonderheit. Warum also nicht auch beim Bügel? Auch wenn die Stiftenden im ergänzenden Bild #172 nicht den höchsten Qualitätsansprüchen genügen. Immerhin wurde das (neu aussehende) Messer direkt in einem alten Messergeschäft erworben. Im Zusammenhang mit dem rund 100jährigen Böker-Sport halte ich mich inzwischen an die alte IKEA-Werbung: „Entdecke die Möglichkeiten !“

Gilt auch für die Färbungen der Knochenschalen, im Grundton von grün, braun, rot. @Phil-Special, deines scheint die rötliche Variante zu sein.

Gruß
Abu
 
'Humpback" Taschenmesser mit ihrem ausgeprägten Höcker am Griffrücken sind hier bereits neben den "Sportmessern" in mehreren anderen Vartanten aus historischen Messerkatalogen vorgestellt worden.

Hier ein weiteres Exemplar in "schlichter, gerader Griffform" aber diesmal mit außergewöhnlich dekoriertem Griff ... in den die Marke des Herstellers geschickt integriert worden ist:

Spitzer, C. Gustav humpback.jpg


Grüße
cut
 
Im "Nieten-Taschenmesser-Thread" zeigte sich Abu über die Vielfalt außergewöhnlicher Messerkligen-Formen erstaunt.
Bei den hier vorgestellten "Sportmesser"-Modellen ist handelt es sich praktisch ausnahmslos um ein fast identisches Messer, Unterschiede sind im wesentlichen nur bei den Herstellermarkierungen und im Griffmaterial erkennbar.

Bei den "humpback"-Messerformen bin ich bei einem Solinger Anbieter auf diese ungewöhnlich massige Messerklinge gestoßen:

Berns, Gebr. humpback.jpg


Gebrüder Berns, ca. 1920er Jahre

Grüße
cut
 
@cut
…und auch hier nimmt mein Staunen kein Ende. Unendliche Vielfalt!
Bei #175 rätsel ich immer noch über den Hersteller. Ich sehe Arabesken, Lilien und bei den rechten Modellen Löwen: Berns???

Gruß
Abu
 
@gunch
Danke für die Erklärung. Ich hatte zwar mal gelesen, dass die ersten Einhandmesser für Kriegsversehrte entwickelt wurden, aber keine reale Vorstellung davon.

Abu
 
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