Interessanter Artikel zu Notwehr und Verhältnismäßigkeit

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Hallo siggi,

Du schreibst von "Möglichkeiten", sind das auch alles Maßnahmen, die ohne weiteres auch bei "Kleinkram" (also nicht nur bei Organisiertem Verbrechen und Terrorismus ;)) auf meinen Wunsch als Zeuge so ergriffen werden, oder liegt das im Ermessen des Richters? Kann ich mich wirklich drauf verlassen, dass der Täter und sein Umfeld unter keinen Umständen an meine Personalien kommen, wenn ich das Telefon zücke?

Hi David!

Deine Zweifel sind angebracht. Hintergund dieser Schutzmechanismen
sind grundsätzlich der Schutz des Zeugen, aber auch im Sinne der
Verhältnismäßigkeit. Bei einer Verhandlung die nur einen Owi-Streitwert
zur Grundlage hat, ist das schon fragwürdig. Auf der anderen Seite
ist auch auch nicht immer notwendig im Hauptverfahren (Gerichtsverhandlung)
den Zeugen nochmals zu hören.

Der Beschuldigte hat grundsätzlich ein recht bei der Zeugenvernehmung zugegen zu sein. Aber wenn du glaubhaft machst,
dich durch deine Aussage in gefahr zu bringen, musst du zwar trozdem
aussagen, aber nicht Beisein des beschuldigten oder unter Angabe deiner Personalien oder in der Hauptverhandlung oder oder oder...:D

Bei diesen Maßnahmen gibt es ja auch Abstufungen und im Bereich
OK greift dann schon das Zeugenschutzprogramm...

Allet klaaa? ;)
 
Aber wenn du glaubhaft machst,...

Ja, alles klar. Keine weiteren Fragen. :eek:

Wie das mit dem "glaubhaft machen" läuft, wissen doch auch die hier anwesenden spätestens seit dem Gummi-Paragraphen zur "sozial adäquaten Ausrede zum Mitführen eines Einhandmessers".Wenn ich "glaubhaft mache, mehr als die Allgemeinheit gefährdet zu sein", kriege ich auch einen Waffenschein. Steht doch im Gesetz, oder? Und wer's glaubt, wird selig. :glgl:
 
Wenn ich mich verteidige (worauf ich mich noch weniger "vorbereite" als auf das Gegenteil) dann soll ich mir das vorher überlegen?

Quark, das schreibe ich weiter oben doch selber.

Aber lass es mich anders sagen:

Ich persönlich lasse, wenn ich vorhabe, saufen zu gehen, mit Sicherheit mein Messer zu Hause, um eben nicht in Versuchung zu kommen, es in einem Zustand der bedingten Zurechnungsfähigkeit falsch einzusetzen.
Wie schon gesagt, hätte er den anderen Typen erstochen, würde ich mir an seiner Stelle schon die Frage stellen, ob ich die Situation ohne Messer bzw. nüchtern hätte auch anders lösen können.
 
Ich persönlich lasse, wenn ich vorhabe, saufen zu gehen, mit Sicherheit mein Messer zu Hause, um eben nicht in Versuchung zu kommen, es in einem Zustand der bedingten Zurechnungsfähigkeit falsch einzusetzen.
Wie schon gesagt, hätte er den anderen Typen erstochen, würde ich mir an seiner Stelle schon die Frage stellen, ob ich die Situation ohne Messer bzw. nüchtern hätte auch anders lösen können.

Ich gehe seit 15 Jahren mit Messer einen trinken. Meist, weil ich am Anfang des Abends noch gar nicht weiß, ob es 2 oder 12 Pils werden.
Warum sollte ich mein Werkzeug zu Hause lassen?
Wenn ich das Gefühl habe, mich mit allen Mitteln wehren zu müssen, dann ist es mir auch egal, ob ich mein Messer zücke, oder dem Angreifer erst mal mit der Flasche meines Wegbieres zu Leibe rücke.
Und meine Boots lasse ich auch nicht zu hause.
In vorliegendem Fall wird überall die geringe Größe des Messers erwähnt. Zur SV hat er es also wahrscheinlich nicht dabei gehabt.

Nüchtern kann man Situationen schon allein deshalb oft besser entschärfen, weil man besser zu Fuss ist. Aber wenn man nicht nüchtern ist, nützt einem die theoretische Möglichkeit ja nicht viel.;)

Ab einem Gewissen Punkt sage ich einfach mal: Mit dem falschen angelegt, von Darwin aussortiert. Wenn man in Überzahl einen Fremden angreift, dann muss man schon mit einer etwas extremen Reaktion rechnen. Erst recht, wenn man offensichtlich angetrunkene Personen angreift.
Wenn man einen unschädlich gemachten Angreifer weiter traktiert, dann ist das sicher keine Notwehr mehr. Aber eine Gefahr für Leib und Leben mit möglichst wenig Risiko für sich selbst zu entschärfen halte ich für legitim.
Man sollte das mildeste zur Verfügung stehende Mittel anwenden, klar. Aber manchmal kann der Einsatz einer tödlichen Waffe eben jenes Mittel sein. Bei einem aufgezwungenen Kampf im Suff kommt man wohl schwerlich glimpflich davon (genug Agressionspotential beim Angreifer vorrausgesetzt. Das unterstelle ich dann aber gern mal, wenn ich der angegriffene bin).
Es hilft bei der Bewertung der Situation natürlich schon etwas, wenn man nicht jede Schubserei oder Kneipenschlägerei für einen neuen Weltkrieg hält und etwas Erfahrung mit heiklen Situationen hat. Die meisten Leute in meinem Umkreis haben das, man kann es aber wohl nicht vorraussetzen. Deshalb muss man die Situation auch immer aus dem Blickwinkel des Betroffenen (Angegriffenen) betrachten.
Die oben geschilderte Situation kann von uns sowieso keiner bewerten, aber grundsätzliche Gedanken sollte man sich schon machen.

Irgendwie beschleicht mich manchmal auch das Gefühl (auch aus mir bekannten realen Fällen), dass es in Deutschland ein Anspruchsdenken der Täter gibt, dass sich ein Opfer gefälligst auch wie ein Opfer verhalten soll. Auf die Idee, dass sie mal an den Falschen geraten könnten, kommen einige scheinbar gar nicht. Und hinterher ist das Geheule groß.

stay rude
braces
 
Irgendwie beschleicht mich manchmal auch das Gefühl (auch aus mir bekannten realen Fällen), dass es in Deutschland ein Anspruchsdenken der Täter gibt, dass sich ein Opfer gefälligst auch wie ein Opfer verhalten soll. Auf die Idee, dass sie mal an den Falschen geraten könnten, kommen einige scheinbar gar nicht. Und hinterher ist das Geheule groß.
Der Eindruck stellt sich bei mir auch ganz massiv ein. Dass nämlich stillschweigend davon ausgegangen wird, dass derjenige, der am Ende noch steht, der Täter sein muss und der andere das Opfer. Eine erfolgreiche Gegenwehr passt mit diesem Weltbild einfach nicht zusammen, weil dann der Angegriffenen im Idealfall am Ende unverletzt ist, der Angreifer allerdings durchaus mehr oder weniger stark verletzt sein kann. Das wird dann anscheinend sehr schnell als "exzessive Gewaltanwendung" ausgelegt, nach dem Motto "Du bist doch noch am Leben, der Angriff kann doch so schlimm gar nicht gewesen sein, dass das gerechtfertigt war!" :argw:

Klar muss dann in jedem Fall die Staatsanwaltschaft ermitteln, aber meiner subjektiven Meinung nach findet dann vor Gericht häufig eine Verzerrung zuungunsten des Verteidigers statt (das könnte natürlich auch dran liegen, dass nur über besodners kontroverse Fälle berichtet wird, man weiss es nicht). Unser Notwehrrecht ist auf dem Papier eigentlich ein sehr gutes, nur müsste es auch entsprechend angewendet werden. Und wenn die Anwendung nicht funktioniert, wie sie soll, muss man das Gesetz halt entsprechend ändern, da sind doch unsere Politiker sonst ganz schnell mit zur Hand. :rolleyes:
 
Mahlzeit,

wenn ich "hinterher" noch die Gelegenheit dazu habe, hab ich erst mal für mich das Richtige getan.

Wie das dann (viel) später von Richter beurteilt wird, ist schwer im Voraus zu beurteilen.

Genau so sehe ich das auch.
Der Herr Richter kann sich ja in der Verhandlung Zeit lassen mit der Abwägung Notwehr/keine Notwehr. Vorort bin ich alleine und unter Zeitdruck, Polizei ist meistens weit weg und Kameras sind auch nur Gaffer.
Wo mich der Herr Richter hinstecken kann komm ich irgendwann wieder raus, da wo mich ein Aggressor evtl. hinbefördert u.U. nicht mehr.
Hab ich da die Wahl ?:eek:

BTW: So ist das mit dem Messertragen, wird man in so eine Geschichte verwickelt ist man immer der A...., denn versucht mal hinterher - den mit Sicherheit vom Staatsanwalt unterstellten - Vorsatz zu entkräften.....:mad:
Da wird dein Werkzeug das bisher nur Äpfel und Stöckchen gesehen hat - selbst wenn Du es gar nicht benutzt hast und auch nicht wolltest - zu einem Problem.
 
BTW: So ist das mit dem Messertragen, wird man in so eine Geschichte verwickelt ist man immer der A...., denn versucht mal hinterher - den mit Sicherheit vom Staatsanwalt unterstellten - Vorsatz zu entkräften.....:mad:
Da wird dein Werkzeug das bisher nur Äpfel und Stöckchen gesehen hat - selbst wenn Du es gar nicht benutzt hast und auch nicht wolltest - zu einem Problem.

Naja aber das ist ja nun wirklich eine Pauschalierung und nicht mehr
als eine Vermutung. Wenn du ein Messer mit dir führst, es jedoch
nicht einsetzt (egal in welcher Situation), kann ein Vorsatz darüber
auch nicht begründet werden.

Das wird dann wieder so eine "nur weil ich ein Messer dabei habe,
bin ich immer der Böse" Diskussion...das ist Schubladendenken. Sorry!
 
Ja und?

Äpfel und Birnen...:)
Hier begehe ich bereits eine Straftat bzw. habe dies
vor. Dann gilt ein Messer, welches ich mit mir führe als gefährliches
Werkzeug, egal ob es zum Einsatz kommt oder nicht.

Ein Messer konstruiert jedoch nicht automatisch den Vorsatz einer
Tat, wenn ich dieses mit mir führe. Im vorgenannten Fall auch auf die
Notwehrsituation bezogen. Das ist einfach realitätsfern.
 
@siggi Wieso?

Diebstahl mit Messer in der Hosentasche = Bewaffneter Raubüberfall.
Notwehr mit mitgeführtem Taschenmesser = Geplanter Angriff mit Tötungsabsicht.

Andererseits kann Angreifern die wiederholt Messer bei sich geführt und eingesetzt haben keine Tötungsabsicht unterstellt werden.

Ciao Sven
 
@siggi Wieso?

Notwehr mit mitgeführtem Taschenmesser = Geplanter Angriff mit Tötungsabsicht.

Ciao Sven

Ja genau. Ist also gleichbedeutend mit:

Wenn mich jemand mit einer Schusswaffe bedroht, eine Notwehrsituation
also vorliegt, und das Verwenden eines Messer zur Abwehr der drohenden Gefahr,
nach herrschender Rechtmeinung absolut verhältnismäßig ist, ist die
Notwehr mit mitgeführtem Taschenmesser = ein geplanter Angriff
mit Tötungsabsicht? :D

Ein mitgeführtes Messer, begründet einen Vorsatz ja? Also darf ich ja
nie in einer Notwehrsituation ein Messer mit mir führen, da ich sonst immer
mit Vorsatz handle (auf welche Stratat auch immer bezogen :)) und
quasi nie in Notwehr somit handeln kann.

Willst du mich eigentlich gerade veräppeln? :confused: ;)

Das ist rechtlich falsch (zu 100%) und nicht haltbar!

Andererseits kann Angreifern die wiederholt Messer bei sich geführt und eingesetzt haben keine Tötungsabsicht unterstellt werden.

Du bringst hier aber mal so einiges durcheinander. Ich bin in einer Notwehr kein Angreifer, sondern verteidige mich. Zumindestens geht es
hier in diesem thread darum. Und noch weniger macht es mich zum Täter
nur weil ich ein Messer mit mir führe. Und noch viel weniger schließt
es eine Notwehrsituation aus, selbst wenn ich es benutze um mich
zu verteidigen. Das kommt immer auf den Einzelfall an.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zuerst musst Du mal in der Lage sein "Notwehr" zu beweisen.
Auch ist es nicht ausgeschlossen das man in Panik "unverhältnismäßig" reagiert.
Leute wie ich, die mit SV nix zu tun haben werden sich einfach nur ihrer Haut wehren ohne sich Gedanken über irgendwelche juristischen Spitzfindigkeiten zu machen.
Beim führen eines Messers - ich rede bewußt nicht von benutzen - wird man Dich vor Gericht gleich mal anders einstufen, man wird davon ausgehen das Du nur aktiv geworden bist weil Du ein Messer dabei hattest.:hmpf:
Ist die "Notwehr" dann nach mehrmonatiger Betrachtung durch Staatsanwalt und Richter wackelig - wie schon gesagt sind die ja nicht dabei wenn's für Dich um die Wurscht geht - heisst's Gute Nacht.
 
Leitsatz des Gerichts:
Ein Taschenmesser ist grundsätzlich ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 I Nr. 1 Buchst. a StGB;

Wenn du also ständig einen gefährlichen Gegenstand mit dir führst und in eine Situation kommst in der es am Ende nur noch einen einzigen Zeugen (dich) gibt oder du mehrere Zeugen gegen dich hast (wir wollten doch nur spielen), dann bist du plötzlich in der blöden Situation das du erklären musst mit welcher Absicht du die Tatwaffe bei dir hattest.

Ciao Sven
 
.... "nur weil ich ein Messer dabei habe,
bin ich immer der Böse"

Nun wir reden ja nicht über eine Kontrolle auf'm Grillfest, sondern das ein Messerführender nach einer - zumindest aus seiner Sicht - Notwehrsituation wie auch immer polizeilich behandelt wird, und das u.U. zu einem Verfahren führt - .....und da sieht das eben so schwarz aus.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ab einem Gewissen Punkt sage ich einfach mal: Mit dem falschen angelegt, von Darwin aussortiert.

Irgendwie beschleicht mich manchmal auch das Gefühl (auch aus mir bekannten realen Fällen), dass es in Deutschland ein Anspruchsdenken der Täter gibt, dass sich ein Opfer gefälligst auch wie ein Opfer verhalten soll. Auf die Idee, dass sie mal an den Falschen geraten könnten, kommen einige scheinbar gar nicht. Und hinterher ist das Geheule groß.

stay rude
braces

Wir reden über verschiedene Dinge. Ich habe soviel Respekt vor einem Menschenleben, dass mir die reine Kategorie "Täter" und "Opfer" viel zu oberflächig ist.
Das heisst nicht, dass ich mich nicht versuchen würde zu wehren, je nach Situation auch mit allen Mitteln, für mich die beste Verteidigung aber die Vermeidung einer solchen Eskalation darstellt. Und dazu kann ich auch selber beitragen, ab einem gewissen Punkt natürlich nicht mehr.
Vielleicht bin ich auch einfach nicht abgebrüht genug, um den evtl. Tod eines anderen Menschen schlicht mit darwinistischer Therorie zu begründen und damit bereits meinen Frieden gemacht zu haben.
Mein "Werkzeug" soll auch so eines bleiben, und im betrunkenen Kopf benutze ich es halt nicht, ebensowenig wie ich dann Auto fahre.
 
Irgendwie beschleicht mich manchmal auch das Gefühl (auch aus mir bekannten realen Fällen), dass es in Deutschland ein Anspruchsdenken der Täter gibt, dass sich ein Opfer gefälligst auch wie ein Opfer verhalten soll. Auf die Idee, dass sie mal an den Falschen geraten könnten, kommen einige scheinbar gar nicht.

Aus genau diesem Grund erscheint Tätern das Täter sein auch so attraktiv, der - sagen wir mal - eigene Risikoanteil ist in der Regel gering.;)

Ich habe soviel Respekt vor einem Menschenleben, dass mir die reine Kategorie "Täter" und "Opfer" viel zu oberflächig ist.
Vielleicht bin ich auch einfach nicht abgebrüht genug, um den evtl. Tod eines anderen Menschen schlicht mit darwinistischer Therorie zu begründen und damit bereits meinen Frieden gemacht zu haben.

Man muss den Tätern da schon auch ein gewisses Mass an Eigenverantwortung abverlangen....;)
Mein Respekt vorm Gegenüber geht kein bißchen weiter als der Respekt meines Gegenübers vor mir.
....Und wenn's um meine körperliche Unversehrtheit geht bin ich ein waschechter Egoist.:cool:

Warum benimmt sich mancher in der U-Bahn wie die wilde Sau ?
Weil er's kann ! Weil er weiss er kann dann einfach den Ort des Geschehens verlassen.
Selbst solche Erbsenhirne würden kapieren, das "Leute zusammentreten" uncool ist, wenn sie sicher sein könnten das alle, die das nicht cool finden, die Ausgänge verstopften.

Ok, einige wohl nicht...., aber da wären wir dann wieder bei Darwin.
 
Wenn du also ständig einen gefährlichen Gegenstand mit dir führst und in eine Situation kommst in der es am Ende nur noch einen einzigen Zeugen (dich) gibt oder du mehrere Zeugen gegen dich hast (wir wollten doch nur spielen), dann bist du plötzlich in der blöden Situation das du erklären musst mit welcher Absicht du die Tatwaffe bei dir hattest.

Ciao Sven

Ochhhh jetzt ist ma gut.

1. Lies dir ma bitte den § 244 StGB durch, da geht es nur um eine
begehbare Straftat in Form des Diebstahls! Dann ist dieser Leitsatz maßgebend.
Und nur dann!

2. Und das Messer ist schon keine Tatwaffe, wenn es zur Begehung
der Tat nicht verwendet wurde und auch i.S.d. § 244 I StGB führt
es lediglich zur Erhöhung des Strafmaßes, ist aber kein Tatmittel.

Ich find das echt nicht gut, wenn du hier sowas schreibst. Tut mir
leid, dass ich das so sage, aber stiftet doch nur Verwirrung...:(
 
Zu 1. Okay es ist also ein Diebstahl mit Waffen obwohl er keine Waffe verwendet sondern nur ein Taschenmesser in derselben hatte.

Zu 2. Wenn nach einem Zwischenfall nicht das Ausmaß des Angriffs und die Verhältnismäßigkeit meiner Massnahmen geklärt werden kann und ich vor Gericht aussage, dass ich eigentlich immer ein 11,9cm Fixed bei mir trage... was meinst du was dann passiert.

Um noch mehr Verwirrung zu stiften.

§ 227 StGB: Beteiligung an einer Schlägerei

Ist durch eine Schlägerei oder durch einen von mehreren gemachten Angriff der Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung (§ 224) verursacht worden, so ist jeder, der sich an der Schlägerei beteiligt hat, schon wegen dieser Beteiligung mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe zu bestrafen, falls er nicht ohne sein Verschulden hineingezogen worden ist.

Ab welchem Punkt ist die Notwehr gegen mehrere Personen eine Schlägerei?

Ciao Sven
 
Zur Verdeutlichung der Verhälnisse, was vor deutschen Gerichten alles möglich zu sein scheint, mag man sich diesen Artikel der FAZ zu gemüte führen. Wir erinnern uns, die Protagonisten aus den eingangs erwähnten Fällen haben ~4 Jahre ohne Bewährung für unterstellte Notwehrüberschreitungen gekriegt. Hier geht es um wirklich barbarische Gewaltexzesse, und es wird offensichtlich als strafmindernd ausgelegt, dass die Täter behaupten, nicht gewusst zu haben, was Tritte gegen den Kopf eines am Boden liegenden anrichten können.

Irgendwo hören die Erklärungsmöglichkeiten einfach auf, tut mir Leid. Und ich denke nicht, dass das Problem die Gesetze sind, eher die Umsetzung vor Gericht. Mein Vertrauen, dass dort "Gerechtigkeit" hergestellt wird, sinkt mit jedem Tag. Dass sich sowas dann auch auf die Zivilcourage und den Einsatz für das Gemeinwesen allgemein auswirkt, sollte eigentlich keinen denkenden Menschen wundern. So langsam scheint es aber auch die "gemäßigte" Presse spitz zu kriegen, dass da irgendwas nicht so ganz stimmt.

Dass die erwähnte Zeugin offensichtlich nicht anonym geblieben ist und den Tätern am nächsten Tag auf der Straße begegnen könnte bleibt da nur eine Fußnote.



FAZ schrieb:
"...Als der zweite Verhandlungstag gegen die U-Bahn-Schläger in Berlin-Moabit zu Ende geht, leeren sich auch auf anderen Gerichtsfluren die Säle. Man sieht es den muskelbepackten Männern an, wie ihre Prozesse ausgegangen ist. Zwei Hünen mit hoch ausrasierten Nacken, denen gerade ihr Urteil verkündet worden war, klatschen zufrieden die Hände aneinander. Wieder mal ein knappes Jahr auf Bewährung. Und so schnell, wie das gegangen ist! Eine junge Frau, sie war Zeugin, schreit empört: „Was sind denn das für Gesetze?“, ihr Freund meint nur, er habe es ihr gleich gesagt, so was regelt man selbst. Sie aber ist das große Risiko eingegangen, die in ihrem Viertel und der Justiz gut bekannten Schläger zu identifizieren. Am Ende des Ganges verschwindet eine schmale Gestalt, krumme Schultern, Kopf gesenkt. Das ist das Opfer. Der Junge ist gerade siebzehn geworden; seit er die Fußtritte der Hünen dank der Kunst der Ärzte überlebt hat, verursacht ihm die Metallplatte in seinem Kopf unerträgliche Schmerzen. Sein Selbstwertgefühl, sagt die Zeugin, sei sowieso am Boden, und jetzt erst recht."
 
Ab welchem Punkt ist die Notwehr gegen mehrere Personen eine Schlägerei?

Ciao Sven

In dem Punkt, in dem du die Notwehr überschreitest und dies nicht aus
Panik, Angst oder Verwirrung (§ 33 StGB). Du handelst also mit deiner
Handlung rechtswidrig. Trozdem, wenn ein Messer, dass du bei dir führst,
nicht zum Einsatz kommt, ist es kein Tatmittel und kann dir nicht zum Nachteil
ausgelegt werden. Es kommt doch auf die Umstände an. Man kann das
nicht so
einfach pauschalieren. Dafür ist das Recht zu schwierig und einzelfallbezogen. Ich
kann deine Bedenken aber grundsätzlich verstehen.

@David

Ja du hast Recht. Auch deine Skepsis ist anhand deiner angeführten
Beispiele nicht unberechtigt, aber wo soll das denn hinführen? Letztendlich
werden doch wieder die Negativbeispiele aufgezählt, um aufzuzeigen wie
schlecht alles ist. Aber was ist tatsächlich passiert? Klar werden auch in der
Urteilsfindung Fehler gemacht, obgleich die Konsequenzen krass sind und keinem
zu wünschen.
 
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