Ohne den genauen Hergang des Geschehens beurteilen zu können, diese beiden passagen reichen mir schon:
BGH-Beschluss schrieb:
Dieser stach dem Angreifer, weil er dessen Verhalten nicht weiter hinnehmen wollte, mit bedingtem Tötungsvorsatz mit einem Messer in den vorderen linken Halsbereich, ohne dies zuvor angekündigt oder auch nur auf den Besitz des vom Geschädigten nicht bemerkten Messers hingewiesen zu haben.
Es wird also von mir erwartet, dass ich jemanden, der grade dabei ist, auf mich loszugehen, exakt über meine Möglichkeiten zur Verteidigung in Kenntnis setze? Vielleicht damit derjenige die Gelegenheit hat, sein ggf. vorhandenes Messer (oder sonstige Gerätschaften) zum Einsatz zu bringen, damit die Auseinandersetzung wieder "fair" ist?
Meinem Verständnis nach dient eine Waffe grade dazu, den Nachteil in der Durchsetzungsfähigkeit, die die Rolle des Verteidigers immer mit sich bringt (der Verteidiger muss auf den Täter reagieren, der Täter ist i.A. Herr der Situation und entschlossener als das Opfer etc.) zu kompensieren. Ganz abgesehen von den praktischen Problemen, einen Angreifer ordnungsgemäß vom Vorhandensein eines Messers in Kenntnis zu setzen, während es die ersten Faustschläge hagelt. Ich hätte zu gerne eine praktische Demonstration der betreffenden Richter, wie sie sich ein "korrektes" Verhalten in so einer Situation vorstellen, das weder auf den Friedhof, ins Krankenhaus noch in den Knast führt?
BGH-Beschluss schrieb:
Obwohl der Angeklagte die Möglichkeit erkannte, S. tödlich verletzt zu haben, flüchtete er ohne Weiteres.
Wir erinnern uns: Den Vorliegenden Informationen zufolge (ja, nur aus Zeitungsartikeln) war der Angreifer einer aus einer Gruppe von
fünf Jugendlichen. Den Gedanken, ob es zumutbar und unter Beachtung des beim Menschen doch allgemein vorhandenen Selbsterhaltungstriebes zu erwarten ist, dass der Beklagte sich nach der "Tat" weiterhin am Ort des Geschehens aufhält, darf jeder für sich zu Ende spinnen.
Für mich kann ich aus solchen Fällen nur die Folgende Lehre ziehen: Wenn man selber angegriffen wird, hat man ein Problem, entweder mit der eigenen körperlichen Unversehrtheit oder mit der Justiz. Um es polemsich auszudrücken: Wer aus so einer Situation heil herauskommt, weil er sich verteidigt hat, landet im Knast, wer im Leichensack weggetragen wird, kriegt ein Bundesverdienstkreuz.

Was davon einem lieber ist, muss man individuell entscheiden. Was aber diese heuchlerische moralische Verurteilung von Umstehenden angeht, die "nicht eingegriffen haben" kann ich nur sagen: Wenn der Staat schon auf sein "Gewaltmonopol" besteht und Selbsthilfe derart bestraft (bzw. die geeigneten Mittel dazu von vorneherein verbietet), dann soll er es von mir aus behalten! Ich lasse mich nicht von der Politik erst nackt ausziehen und dann dazu auffordern, doch bitte Zivilcourage zu zeigen. Die Konsequenzen kann sich die Politik selbst zuschreiben, aber bitte nicht den "gleichgültigen" Bürgern.