Repliken mittelalterlicher Schwerter.

......
Der eine findet eine Sparta aus 7 Einzelteilen hergestellt absolut toll und erfreut sich an Ihrem Anblick und der andere fährt voll auf eine musterlose Klinge ab welche aber eine vermutlich sehr fein polierte Oberfläche zeigt ab.

Hmm ich finde beides toll. Und beides wurde ja auch hier in Europa schon sehr früh hergestellt. Und die dritte mögliche Variante, aus Tiegelstahl, steht den erstgenannten in nichts nach, stammt aber geographisch aus anderen Sphären.

Womit wir einen weiteren Punkt in Sachen Stahlschmelze hätten. Unbekannt war das Schmelzen des Materials der Menschheit ja nicht. Vielmehr gibt es frühe Beispiele aus dem 4. Jahrhundert, die zeigen, dass das zumindest im Tiegel schon zu dieser Zeit gemacht wurde. Witzigerweise macht man das für sehr hochwertige Stähle heute quasi immer noch, oder besser wieder?
 
In der Diskussion geht jetzt aber einiges durcheinander.
Linkhanddolche oder Klingenbrecher sind sicher nicht zum Brechen von Schwertklingen eingesetzt worden, sondern gegen Degen- und Florettklingen. Ein Hiebschwert kann man damit noch nicht einmal parieren, geschweige denn brechen. Man kann den Linkhanddolch allerdings aus der kurzen Distanz als Stichwaffe einsetzen, wenn man nahe genug herankommt.

Eigentliche Schwerter sind aus der Mode gekommen, als durch den Langspeer des Fußvolks-entgegen herkömmlicher Meinung weniger durch die Schußwaffen Armbrust und Feuerwaffen- der gepanzerte Krieger-Ritter - vom Schlachtfeld verschwand.

In dem Augenblick wo die Panzerung wegfiel, war ein relativ schweres Hiebschwert den schnelleren Degen und Florett unterlegen.
Als Katzbalger hielt sich bei den Lanzknechten noch ein einschneidiges Kurzschwert ähnlich einem Buschmesser oder einem großen primitiven Sax.
Das ist aber nicht das Thema.

Die Vorstellung, daß man so ab dem 14. Jhdt Stahl verwendet hat, der in den Hochöfen erschmolzen wurde, ist schlicht falsch.
Was im Hochofen schmilzt, nimmt soviel C auf, daß es in diesem Zustand unbrauchbar ist- es würde sich um einen recht unreinen Guss mit ca 4 % C handeln.
Das ist bei zu hoher Temperatur im Rennfeuer teilweise auch passiert und man hat dieses Material meist weggeworfen, oder wieder eingeschmolzen- oder-sehr clever- im Tiegel mit Eisenfeilspänen erhitzt, an die es seinen überhohen C-Gehalt abgegeben hat. Dies wurde, soweit man weiß, an der Seidenstraße -Funde bei Merv- ausgeführt, in unserem Kulturkreis nicht.

Man sollte sich auch von der Wahnvorstellung befreien, daß die technische Entwicklung geradlinig vom Guten zum Besseren geht.

Alle Stähle des Altertums bis auf die Wootzstähle, die hier keine Rolle spielen, sind Verbundstähle aus dem Rennfeuer.
Hatte man homogenes Material aus einer Erzquelle, zeigten sie kein erkennbares Muster, hatte man zufällig Stähle aus verschiedenen Herkommen, konnten Muster erscheinen.
Wir würden heute von Raffinierstahl und Damast sprechen.

Gut gemachte Raffinierstähle mit passendem C-Gehalt sind technisch hervorragend und deshalb auch bis nach 1900 hergestellt worden. Sie sind nicht aus Qualitätsgründen, sondern aus Kostengründen aus den Programmen genommen worden. Von der Leistung sind sie kaum zu übertreffen.

Tiegelstahl- also erschmolzener Stahl- ist in unserem Kulturkreis in England von Huntsman Siebzehnhundertsonstwas endeckt und eingeführt worden. Sein Vorteil gegenüber dem durch Aufkohlen und Verschweißen entstandenen Raffinierstahl = Zementstahl bestand nicht in besseren mechanischen Eigenschaften, sondern in der größeren Homogenität und Voraussagbarkeit der Ergebnisse.

Zurück in die Geschichte: Die Römer machten in großem Umfang guten Raffinierstahl- ebenso, wenn sie wollten- Damaszenerstahl.
Im Nydamfund sind Schwertklingen enthalten, die mit unterschiedlichen Techniken hergestellt waren. (Zeitraum ca 200 nach Chr.)
1. Damastklingen mit Klingencorpus aus tordierten Damastbahnen mit aufgesohlten Schneidleisten aus Raffinierstahl- diese werden von den Altertumsforschern merkwürdigerweise für die hochentwickelsten gehalten. Technisch sind sie in Wahrheit schlechter als die beiden übrigen Typen.
2. Auf einen weichen Klingenkern aufgedeckte Damastfurniere mit aufgesohlten Schneidleisten.
3. Ein durchgehender harter Klingenkern, der auch die Schneiden bildet und weichere Seitenlagen. Das gibt optisch am wenigsten her, ist aber technisch die einfachste und beste Lösung von den drei Typen.
Das ist alles zur gleichen Zeit gefertigt worden und es gibt sicher weiter viele Varianten.

Ihren Zweck erfüllten alle drei Konstruktionen.

Die ganz überwiegend einfachen Raffinerstahlklingen der Römerzeit werden in der Völkerwanderung und im frühen Mittelalter mehr und mehr durch Damastklingen ersetzt, die sicher qualitativ nicht besser waren, aber eben gut genug, um alle Anforderungen zu erfüllen.
Hier spielt ganz sicher auch der Spieltrieb und der Wunsch nach Auffälligem eine Rolle. Auch eine Rolle spielt, daß in Beschreibungen und Abbildungen öfter das für wertvoll Gehaltene erwähnt wird, als das Alltägliche.
Der mehrfach erwähnte Stefan Mäder ist nach seinen neuesten Untersuchungen der Meinung, daß die Damastmuster in den Hohlkehlen wurmbunter Klingen esoterisch- magische Bedeutung hatten- dem würde ich nicht unbedingt widersprechen, technisch machten sie wenig Sinn.

Ab dem 11 Jhdt beherrschte man den Umgang mit größeren Rennöfen und lernte den erzeugten Stahl ganz exakt nach dem Bruchaussehen zu sortieren und zueinander passende Stücke miteinander zu verschweißen.
Es handelte sich dabei immer noch um Raffinierstahl aus dem Rennfeuer, aber eben mit präzise eingestelltem C-Gehalt (ca 0,8 %). Eine zusätzliche Möglichkeit ergab sich durch das Zementierverfahren, bei dem sauberes Eisen- wieder aus dem Rennfeuer- zu passenden Stangen ausgeschmiedet wurde und in großen Kisten aus Ton oder Stein mit Holzkohle aufgekohlt wurde. Die Stangen wurde dann feuerverschweißt und ergaben einen technisch vorzüglichen Stahl.
So blieb es und mußte bis zur Entdeckung des Tiegelstahls-zur Erinnerung nach 1700- auch so bleiben.

Das hat jetzt mit der Frage nach mehr oder weniger aufwändigen und gelungenen Polituren oder Feinstschliffen nichts zu tun.
Da kann ich gut damit leben, daß bei uns nicht so extrem fein geschliffen wurde, wie in Japan-wozu auch ?
Einen Hamon und dergleichen gab es in der Regel nicht und es machte deshalb nach der Damaszenerstahlzeit keinen Sinn, feinst zu schleifen.

Speziell für Gregorios: Ich hatte Dir und Unsel zum Thema zwei wissenschaftlche Aufsätze aus dem "Archiv für das Eisenhüttenwesen" genannt, wo viele hier behandelte Fragen beantwortet sind.
Mit freundlichen Grüßen
U. Gerfin
 
......daß bei uns nicht so extrem fein geschliffen wurde wie in Japan - wozu auch? Einen Hamon und dergleichen gab es in der Regel nicht und es machte deshalb nach der Damaszenerstahlzeit keinen Sinn, feinst zu schleifen.....
Ich meine mich zu erinnern, dass die in Japan geschliffene Spatha von Stefan Mäder durchaus einen HAMON hatte, und dass das wohl auch nicht als Einzelfall angesehen wurde - differenzielle Härtung war wohl eher die Regel als die Ausnahme. Aber die europäische Politur hat diesen Härtebereich (eigentlich YAKIBA) wohl nicht darstellen können oder keine Notwendigkeit dafür gesehen.

Gruß

sanjuro
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bedanke mich nochmal bei allen die bisher an diesem Thread mitgewirkt haben. Er ist nämlich mit Abstand der Informativste, den ich aus dem gesamten Internet bisher kenne. :super:
 
Guten Tag Sanjuro !
Da reden wir nicht von dem gleichen Gegenstand. Stefan hat einen Sax in Japan feinschleifen lassen.
Ich meine dagegen eine römische Spatha, die er selbst geschliffen hatte.
Er hat sie zusammen mit einer Degenklinge aus dem 16. Jhdt und einer modernen Schwertklinge von Arno Eckhardt bei einem Treffen der IGDF vorgeführt.
Die Spatha hatte die feinste Struktur der drei Klingen, Hamon und dergleichen hatte sie eindeutig nicht.
Etwas Hamonähnliches würde natürlich entstehen bei den Klingen mit einer harten Kernlage und weicheren Außenschichten, also bei Sorte drei der Nydamklingen.
Die Außenschichten sind im Bereich der Schneide weggeschliffen und geben den harten Kern frei. Das sieht man schon ohne Ätzen und bei recht oberflächlichem Schliff.
Ganz deutlich werden solche Erscheinungen, wenn man mit weich gebundenen Schleifmitteln arbeitet. Die greifen nämlich die weichere Schicht stärker an und mattieren sie, während die Kernlage ihren Glanz weitgehend behält.
Das hat mit differenziertem Härten nichts zu tun und diese Technik wäre bei solchen "Dreilagenklingen" auch sinnlos.

Ich spiele in letzter Zeit öfters mal mit Lehmabdeckungen beim Härten. Nicht daß ich mir davon Wunder verspreche, aber womit soll ich denn sonst noch spielen ?.
Das Erstaunliche dabei ist, daß oft nicht eine Härtelinie entsteht, sondern mehrere deutlich voneinander abgesetzte Zonen. Wirklich erklären kann ich das nicht, da es nur Spielereien sind, ist es mir auch nicht so wichtig.
Freundliche Grüße
U. Gerfin
 
@ Ulrich

ich freue mich schon mal auf unsere nächste Begegnung im realen Leben.:)
Dann werde ich Dir mal was zeigen, passend zum Thema selektiv gehärtete "römische Schwertklingen". Bin gespannt was Du dann sagst.

Was Stahlschmelzen angeht so hat Achim mit dem Hinweis auf Wootz natürlich völlig recht in einem gewissen Sinn. Das Material ist ebenfalls schon recht früh bekannt gewesen (Dank an Ann Feuerbach zu Ihrem sehr interesanten Vortrag beim Kongress).
Bleibt man jetzt aber hier bei uns im Europäischen Raum so fällt das aber erst mal flach ....zumindestens in der Antike bis zum Hochmittelalter.
 
Zuletzt bearbeitet:
......Ich meine dagegen eine römische Spatha, die er selbst geschliffen hatte.
Er hat sie zusammen mit einer Degenklinge aus dem 16. Jhdt und einer modernen Schwertklinge von Arno Eckhardt bei einem Treffen der IGDF vorgeführt.
Die Spatha hatte die feinste Struktur der drei Klingen, Hamon und dergleichen hatte sie eindeutig nicht......

Ergänzend sei hinzugefügt, dass diese Spatha, laut Stefan war es eine Reiterspatha aus dem 4. Jahrhundert, zudem eine Klinge aus drei verschiedenen Abschnitten und Komponenten besaß. Direkt vor dem Griff bestand die Klinge für etwa 10 cm aus einem relativ weichen Stahl. Der mittlere, längste, Teil war federhart, was Stefan bei der Vorstellung des Schwertes auch demonstrierte. Nur die Spitze bestand aus ca. 20 cm sehr hartem Stahl, da dies ausschließlich der Teil war, mit dem vom ferd aus der Hieb ausgeführt wurde. Es war auch der einzige Teil, der Scharten aufwies. Die drei Klingenteile waren jeweils mit einer überlappenden Feuerschweißung zusammengefügt, so dass die o.a. Längenangaben nur Cirka-Werte sind, weil die Schweißung auf einer Seite zwangsläufig weiter reicht als auf der Anderen.

Aufgrund dieser Konstruktion hätte eine selektive Härtung der Klinge entlang der "Schneid-"Kanten auch wenig Sinn gemacht und wäre der Funktionalität eher abträglich gewesen.
 
Achim , verzeih die Frage, aber was heisst ,....überlappende Schweissung?
Angeschrägt/Stumpf, mit überlappenden Aussenlagen aneinandergeschweisst?

Gruss unsel
 
Zuletzt bearbeitet:
Und wieder mal bin ich auf Interessantes gestoßen, aus der Rubrik "Innenaufbau der Schwerter aus Hoch- und Spätmittelalter"

Die folgende Site beschäftigt sich mit dem Problem der Härte der historischen Schwerter.

http://www.myarmoury.com/feature_bladehardness.html

Dort finden sich auch grobe Angaben über den Aufbau der besagten Schwerter, die offensichtlich der dort unten aufgelisteten Literatur entnommen wurden. Ich zitiere:
9th to 13th Century Group
This subgroup consisted of 13 swords. The range of hardness in the group ran from 93VPH (no Rc equivalent) to 650VPH (~58Rc), and these blades all demonstrated a range of hardness in different areas of each blade. There were indications of several different construction methods, including core-wrapping, pattern-welding, piled and edge application.

14th to 16th Century Group
This group numbered seven blades and ranged in hardness from 136VPH (>20Rc) to 650VPH (~58Rc). These blades showed piled, billet, core-wrapped and carburised iron construction.


Für die meisten Schwerter ist hier die Konstruktionsart "core-wrapped" angegeben, also vermutlich die Ummantelung eines (weichen?) Kernes mit Schneidenstahl. Diese Aussagen stützen sich auf eine Vielzahl vom Autoren, wobei sehr viel Literatur von (durch ihre Wootz-Theorien berüchtigten) David Edge und Alan Williams stammt. Ich will eigentlich nicht an den Quellen zweifeln, denn es scheinen ja durchaus seriöse Untersuchungen zu sein, aber "core-wrapped swords" aus dem Spätmittelalter sind irgendwie... :argw:

Was meinen denn unsere Experten dazu?
 
Mit dem umwickeltem Kern ist wohl ein weicher Kern gemeint der völlig mit hartem Stahl umgeben ist.
Wie die Rekonstruktion von Peter Johnson im Solinger Klingenmuseum. Einfach um Stahl zu sparen.

Bei der Tabelle in deinem Link sind auch ungehärtete Klingen.
Da würde ich annehmen, dass die noch nicht fertig gestellt waren.
 
Mit dem umwickeltem Kern ist wohl ein weicher Kern gemeint der völlig mit hartem Stahl umgeben ist.
Wir hatten ja in diesem Thread die Diskussion gestartet wie die mittelalterlichen Schwerter wirklich beschaffen waren. Laut einschlägigen Quellen hörte im 10 Jh die Damaszierung weitgehend auf, und im 12 Jh. bestanden die Schwerter angeblich größtenteils aus einem einzigen Stück Raffinierstahl (Verweis; Arno Eckhardt). Die Schwerter des 13 Jh. wurden also mehr oder weniger "homogen". Und jetzt lesen wir in dem vom mir verlinkten Artikel dass laut Untersuchungen selbst im 14 bis 16 Jh. die Herstellungsweise "core-wrapped" nachgewiesen wurde! Und diese beiden Sichtweisen widersprechen sich nun mal grundlegend.
Wie die Rekonstruktion von Peter Johnson im Solinger Klingenmuseum. Einfach um Stahl zu sparen.
Das heißt Peter Johnsson baut museumstaugliche Repliken genau in diesem "harte Schale-weicher Kern" Schema. Dann muss er die Lehrmeinung des von mir verlinkten Artikels vertreten.

Das verwirrt mich aber jetzt... Die Quellen von myarmoury.com sprechen also eindeutig von Kompositaufbau der europäischen Klingen, welcher im gesamten Mittelalter Verwendung fand. Diese Ergebnisse scheinen auch aus seriösen Untersuchungen zu stammen. Jedoch kollidiert dies mit der Theorie dass es ab dem 12 Jh. NUR homogener Raffinierstahl verwendet wurde. Wer hat nun recht :confused:
 
Da wohl nur wenige alte Schwerter zerschnitten und untersucht werden und wurden sehe ich da keinen großen Wiederspruch.
Die Schwerter sehen von außen nun mal nach einem Stahl aus.
Wenn man die nicht durchschneidet wird man einen weichen Kern nur selten sehen.
Außerdem ist beides Rafinierstahl.
 
Ich gehe noch mal auf den Artikel ein.

Der Verfasser legt seinen Ausführungen zahlreiche Autoren, ich zitiere; "Several different researchers have tested the blades that I will be referencing here over the last twenty years; I have tried to use those examples with multiple spots tested per blade." Die Untersuchungergebnisse von einem Schwert verm. aus dem 12 Jh. sind hier dargelegt worden:
"The most definitive characteristic that we can see from the hardness testing that has been done on original swords is the fact that the hardness varies dramatically throughout a piece, not just surface to core or edge to mid blade, but literally in the span of the material the hardness will fluctuate through quite a range. As an example, an 11th to 13th century sword in the Hofjagd und Rustkammer shows a range of hardness from 119 to 520 VPH"
http://www.myarmoury.com/images/features/pic_mow_bladehardness01_s.jpg

Es wird alo bei den meisten Schwertern zwischen solidem, schichtartigem, damasziertem und weichkernigem Aufbau unterschieden. Diese werden (mit Verweisen auf die Autoren der angewendeten Fachliteratur) bis ins 16 Jh. datiert. Und dann kommt die Härteverteilung - könnte denn eine solche ungelichmäßige Härteverteilung am nichteinheitlichem Klingenmaterial liegen? Ich vermute mal dass die modernen C-Stähle sehr gleichmäßig durchhärten und deswegen relativ vorhersehbare Ergebnisse liefern. Es "könnte" also so sein dass diese ungelichmäßigen Härteverteilungen (siehe obiges Bild) doch etwas mit einem Kompositaufbau zu tun haben. Vermute ich mal. Ich bin kein Fachmann.

Das Ganze werte ich an der Stelle vorläufig als ein (möglicher) Beweis des praktizierten Kompositaufbaus im gesamten Spätmittelalter.
 
Die geringe Anzahl der hier untersuchten Schwerter würde ich jetzt nicht für eine all umfassende Meinung heranziehen.
Ich stelle jetzt mal in den Raum das es möglich ist das es Klingen aus homogenen Material gibt und auch andere Klingenkonstruktionen vorkommen können.

Bitte nicht den Fehler machen ohne ausreichende Reihenuntersuchungen alles in einen Topf zu werfen. Bloß sowas habe ich noch nirgends gesehen. Bisher nur Einzeluntersuchungen. Aus dem Grunde halte ich mich da jetzt auch so bedeckt.

Ich weiß das die Formulierung "möglich" gerne dazu verleitet den Spruch : Bemannte Raumfahrt ist auch möglich...... abzulassen.:rolleyes:

Mehr als Beispiele von untersuchten Klingen hier eventuell als Beleg für die eigenen Meinung zu bringen wird hier nicht möglich sein.
Interessanter Weise gab es ja auch in der Historie nachweisbar teilweise auch Qualitätsschwankungen in den Klingen bedingt durch schlechtes Material. Worin jetzt genau die Mängel bestanden wird aber leider in den Quellen nicht genannt. Beispiel sind hier die Klingen aus Passau.
Nachzulesen in " Die Passauer Wolfsklingen" von Heinz Huther.
Hatte den Autor mal kennengelernt und gerade den Punkt mal speziel nachgefragt .......Antwort war das die historischen Quellen sich da nicht genauer auslassen.
Ist zwar schade aber nicht zu ändern.

Von daher sollte man vieleicht bei den Möglichkeiten bleiben.
 
Ich weiß nicht, warum man sich so gar nicht von der Vorstellung der Fortentwicklung der Stahltechnik und der notwendigen Gleichheit der Schwerter in einer bestimmten Zeit freimachen kann.
Sogar hochdekorierte Wissenschaftler glauben, daß man beispielsweise aus der Abfolge unterschiedlicher Damastmuster auf die Zeit der Herstellung schließen kann: erst kommt ein einfaches Muster, 50 Jahre später hat man die Herstellung eines komplizierteren Musters entdeckt und wieder 100 Jahre später kommt das ganz komplizierte.
Daß eine solche Vorstellung Unfug ist, sollte eigentlich jedem denkenden Menschen einleuchten.
Merkwürdigerweise werden aber einerseits wissenschaftliche Quellen nicht gelesen- ich erinnere nur an die von mir öfters zitierten Arbeiten von Clemens Böhne, die viele hier gestellte Fragen klar und begründet beantworten- andererseits neigt man dazu, "neue, sensationelle Erkenntnisse der Wissenschaft", wenn sie nur hinreichend autoritär und verbrämt auftreten, kritiklos hinzunehmen.

Wenn man die Zeiten passieren läßt, so ergibt sich etwa folgendes Bild als plausibel:

In der Zeit der späten Republik und in der römischen Kaiserzeit -ca 200 vor Chr. bis ca 400 nach Chr. bestand ein großer Bedarf an hochwertigen Schwertern, gladius bei der Infanterie, längere, schlankere spatha bei der Kavallerie.
In der Kaiserzeit waren ständig mehr als 10 Legionen unter Waffen, es mußten also für ca 50.000 Legionäre ständig gladii bereitgehalten werden.
Die konnten nicht von Schmiedchen hinten im Wald gemacht werden, sondern wurden in gut ausgerüsteten, großen Werkstätten gefertigt.
Es gab mit Sicherheit eine Abnahme und Qualitätskontrolle und die Techniken des Sortierens des Stahls nach dem Bruchaussehen war mit Sicherheit bekannt, ebenso selbstverständlich Härten und Anlassen.
Für die Gebrauchswaffen dieser Zeit kann man also von einer gewissen Gleichförmigkeit und gleichmäßigen Qualität ausgehen: schmucklos, funktional und qualitativ gut.
Man konnte aber auch Luxuswaffen fertigen. Die aus dem Nydam-Fund stammenden Schwerter waren durchaus unterschiedlich aufgebaut, teilweise einfach, funktionell und gut-harter Kern mit ca 0,8 % C und weiche schmucklose Seiten, teilweise mehr auf die Optik abzielend mit Damastkern und aufgesohlten Schneiden oder ähnlichen Konstruktionen.

In der Völkerwanderung sind diese Kenntnisse mit Sicherheit nicht völlig verschwunden, das oströmische Reich blieb ja letztlich bis in das 15.-16. Jahrhundert in Takt und auch im westlichen Europa ist nicht alles kurz und klein geschlagen worden. Die germanischen Stämme wollten nicht in erster Linie zerstören, sondern an der höheren Zivilisation mit ihren Annehmlichkeiten teilhaben.
Immerhin bestand auch in der Völkerwanderungszeit ein hoher Bedarf an Waffen, eher noch mehr als in der Römerzeit. Der wurde aber sicher nicht mehr von wenigen großen Werkstätten gedeckt, sondern mehr von lokal arbeitenden Schmieden.

Daß in dieser Zeit Schwerter mit Damastmuster hoch im Kurs standen und häufig auftauchen-es gibt eine spezielle wissenschaftliche Arbeit über merowingische Schwerter, die überwiegend Damastmuster zeigen- hat sicher mehrere Gründe: Dem barbarischen Geschmack der weniger hoch zivilisierten Völker entsprach die eindrucksvolle Musterung, vielleicht spielten sogar mystisch-esoterische Gedanken mit- Stefan Mäder spielt mit dem Gedanken, daß die wurmbunten Klingen eben aus diesem Grund gefertigt wurden, und gut waren sie ja auch.

Der Rückgang damaszierter Klingen und ihre Ersetzung durch musterlose Raffinierstahlklingen mag auch wieder auf einer Änderung im Geschmack-einfach ist schön- und auf der besseren Ausbeute größerer Rennfeuer beruhen, die ein Zusammenstückeln des Stahls aus verschiedenen Chargen nicht mehr nötig machte.

Wenn man sich aber klarmacht, daß Europa von Spanien bis Ungarn, von Norwegen bis Süditalien zwar ein relativ einheitlicher Kulturraum war, aber doch viele lokale Besonderheiten aufwies, so ist klar, daß es einen einheitlichen Schwerttyp nicht geben konnte- und eben auch keine einheitliche Qualität. Irgendwo saß sicher ein Meister, vielleicht sogar später eine Gruppe exzellenter Handwerker und anderswo halt auch ein Pfuscher oder eine ganze Gruppe von Pfuschern.

Daß dabei alle möglichen Techniken angewandt wurden, ist eigentlich selbstverständlich, sodaß man sich über eine Vielzahl mehr oder weniger gelungener Konstruktionen nicht zu wundern braucht.

Hier wurde das "core-wrapping" angesprochen. Ja, warum soll man das nicht mal versucht haben?

Für Besteckmesser aus dem späten Mittelalter und der Renaissance ist eine solche Herstellungstechnik bekannt: Der Schmied fertigt sich eine offene Tülle aus weichem Eisen und steckt eine passende Rundstange Stahl hinein. Beim Verschweißen quillt ein Teil des Stahls aus der Tüllenöffnung heraus und man hat eine Klinge mit weichem Rücken und weichen Seiten und einer harten Schneide.
Für ein zweischneidiges Schwert wäre diese Technik nicht wirklich geeignet, für einen Säbel dagegen gut und auch für Degen und Rapier möglich.

Wenn man also eine entsprechend große Zahl von Schwertern "aus dem Mittelalter"-immerhin ein Zeitraum von ca 1000 Jahren- untersuchen würde, fände man eine Vielzahl von Konstruktionen und eine Vielzahl von Qualitätsabstufungen.

Freundliche Grüße
U. Gerfin
 
Ich weiß nicht, warum man sich so gar nicht von der Vorstellung der Fortentwicklung der Stahltechnik und der notwendigen Gleichheit der Schwerter in einer bestimmten Zeit freimachen kann.

Hier wurde das "core-wrapping" angesprochen. Ja, warum soll man das nicht mal versucht haben?

Für Besteckmesser aus dem späten Mittelalter und der Renaissance ist eine solche Herstellungstechnik bekannt: Der Schmied fertigt sich eine offene Tülle aus weichem Eisen und steckt eine passende Rundstange Stahl hinein. Beim Verschweißen quillt ein Teil des Stahls aus der Tüllenöffnung heraus und man hat eine Klinge mit weichem Rücken und weichen Seiten und einer harten Schneide.

Wenn man also eine entsprechend große Zahl von Schwertern "aus dem Mittelalter"-immerhin ein Zeitraum von ca 1000 Jahren- untersuchen würde, fände man eine Vielzahl von Konstruktionen und eine Vielzahl von Qualitätsabstufungen.
Eigentlich teile ich ebenfalls deine Meinung. Es geht mir aber um die zahlreichen kursierenden Klassifikationen. Beispiel; Oakeshott-Klassifikation. Es wird oft so wahrgenommen, dass der Typ XIIIa im 13 und 14 Jh. existierte, und dann "ausstarb" um Platz für neue und "bessere" Designs zu machen. Genauso der Schwertstahl - es werden Grenzen gesetzt, wann was gemacht wurde, und ab wann nicht mehr.

Der (im Artikel bezeugte) Nachweis von Kompositaufbau in Spätmittelalter und das massenhafte Auftauchen von homogegen Raffinierstahlklingen ab dem 12 Jh. ohne sichtbare "Laminatmuster" beweist eigentlich auch nur dass es scheinbar ALLES gab, abhängig von der Rohstoffverfügbarkeit, Mode, Verwendungszweck, Klingendesign und regionalen schmiedetechnischen Besonderheiten.

Ich persönlich kann mir sehr gut vorstellen dass die "Drei-Lagen-Technik" bei den langen Schwertern des 14 Jh. (Typen XV, XVI, XVII) erwünscht und sinnvoll war; der Kern und die Schneiden aus einem einzigen Stück Raffinierstahl (0,6-0,8%C) und an den flachen Seiten der Klinge deutlich weicherer Stahl - es wurde ja beim Kämpfen bevorzugt mit der flachen Seite "gebunden" und "versetzt" (siehe: Deutsche Schule begr. v. Johannes Liechtenauer). Eine "Schutzhaut" aus weicherem Stahl, die zudem Risse vorbeugen dürfte, wäre doch ganz logisch. Die "Drei-Lagen-Technik" ist ja aus dem frühen Mittelalter bekannt, wo Saxklingen (wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht hat man bei frühmittelalterlichem Schneidenstahl metallographisch hohe Phosphor-Werte nachgewiesen - und Phosphor macht Stahl brüchig) ebenfalls offenbar zwecks Stabilität so gebaut wurden. Getreu dem Motto "Form Follows Function". Warum sollte man so einen Aufbau bei hoch beanspruchten Klingen des 14 Jh. auch nicht machen? Eine (teilbeplattete) Rüstung ist für ein Schwert doch eine erhebliche Belastung.

Es ist also (meiner bescheidenen Meinung nach) unlogisch anzunehmen dass so etwas kein spätmittelalterlicher Schmied gemacht hat. Ich kann also persönlich mit der "Artenvielfalt" innerhalb der mittelalterlichen Klingen sehr gut leben.

Beste Grüße

Gregorios
 
Sogar hochdekorierte Wissenschaftler glauben, daß man beispielsweise aus der Abfolge unterschiedlicher Damastmuster auf die Zeit der Herstellung schließen kann: erst kommt ein einfaches Muster, 50 Jahre später hat man die Herstellung eines komplizierteren Musters entdeckt und wieder 100 Jahre später kommt das ganz komplizierte.
Daß eine solche Vorstellung Unfug ist, sollte eigentlich jedem denkenden Menschen einleuchten.

Sehr wahr. Als ich mit den Werken über Illerup Adal in Frankreich auftauchte, herrschte blankes Entsetzen bei einigen Wissenschaftlern, vor Allem aber bei vielen (Damast-)Schmieden wie z.B. Henri Viallon, deren wunderbare Welt der Musterentwicklung auf einmal zusammenbrach. :D
 
Also wenn ich das Alles so richtig verstehe was in diesem wirklcih interessanten thread bisher geschrieben wurde kann man bei folgender Aussage landen :
Egal ob es um Muster oder Schmiedetechniken geht : Man kann maximal den frühsten Punkt des Auftauchens belegen. Eine Reihenfolge über die Technik / Musterung aufgrund der Komplexität ist nicht möglich, genausowenig wie eine Aussage das die Technik irgendwann verschwunden sei.
Wenn man dann noch die hübsch kleine Zahl der Studienobjekte dazu addiert : Irgendwie stecken wir noch nicht mal forscherisch in den Kinderschuhen..da bleibt noch sehr viel Arbeit und Spaß an Klingen für Generationen.
 
Egal ob es um Muster oder Schmiedetechniken geht : Man kann maximal den frühsten Punkt des Auftauchens belegen. Eine Reihenfolge über die Technik / Musterung aufgrund der Komplexität ist nicht möglich, genausowenig wie eine Aussage das die Technik irgendwann verschwunden sei.
Amen. :)
So lassen sich verschiedene Lehrmeinungen doch relativ schlüssig zusammenfassen: ab etwa 300 v.u.Z. lassen sich erste Schweißdamaste im keltisch-römischen Raum belegen (grobe Einordnung). Ab Spätantike und Völkerwanderungszeit sind komplexe Torsionsdamaste belegt. Ab 700 tauchen die ersten "Schwerter" auf die sich deutlich von der standardmäßigen germanisch-römischen Spatha unterscheiden. Es gibt sowohl homogene Raffinierstahlklingen als auch komplexe Damaste (wie die Schwerter aus dem Nydam-Fund bereits belegen). Und ab dem 10 Jh. kommt spektakulärer Torsionsdamast aus der Mode. Im Hochmittelater verwendet man nun alle Konstruktionsmethoden entsprchend dem Kosten-Nutzen-Faktor. Also Schichtdamast ("Dreilagentechnik"), homogene Klingen, Weichkern-Mantel-Konstruktionen, usw., je nachdem wofür das Schwert gebraucht wird. So ergeben die homogenen Raffinierstahlklingen des 12 Jh. und Weichkern-Schwerter des z.B. 14 Jh. theoretisch keinen Widerspruch.

Ich bin kein Fachmann, das sage ich von vornhererin, aber ich halte es für plausibel dass die Schmiede der damaligen Zeit die Konstruktion jeweils dem Einsatzzweck der Waffe anpassten. Drei-Lagen-Klinge für harten Fechtbetrieb (Schutz der flachen Seite), Weichkernklingen für flexible leichte und preiswertere Hiebschwerter (Turniere, Duelle mit Schwert & Buckler, pers. Seitenwaffe zur Bekämpfung von ungepanzerten Gegnern) und homogener Raffinierstahl für zähe, schwere und robuste "Ringpanzer-Bekämpfer". Nur ein Paar Überlegungen diesbezüglich... :irre:

Ich bedanke mich noch einmal bei allen Fachleuten des Messerforums für das Zusammentragen von wertvollen Informationen bezüglich der historischen europäischen Schwerter!
 
Ich weiß nicht, warum man sich so gar nicht von der Vorstellung der Fortentwicklung der Stahltechnik und der notwendigen Gleichheit der Schwerter in einer bestimmten Zeit freimachen kann.

Hier wurde das "core-wrapping" angesprochen. Ja, warum soll man das nicht mal versucht haben?

Wenn man also eine entsprechend große Zahl von Schwertern "aus dem Mittelalter"-immerhin ein Zeitraum von ca 1000 Jahren- untersuchen würde, fände man eine Vielzahl von Konstruktionen und eine Vielzahl von Qualitätsabstufungen.

Ulrich hat das ja schon sehr schön zusammengefasst.
Und ich stimme ihm da völlig zu.
Eine feste Reihenfolge in den Kontruktionsarten ist nahezu unmöglich festzulegen ...so gerne wir das auch immer machen möchen...schön brav der Reihe nach ...erst 1 dann 2 usw......alles auf einmal ? Nein, kann nicht sein es muß doch immer eine Entwicklung da sein....

Geht man nur mal in einen scheinbar überschaubaren Zeitraum hinein, Ulrich hatte es schon angesprochen, stößt man auf eine Vielzahl von Konstruktionen sowie Wärmebehandlung. Hier ist gerade das römische Imperium mit seinen gesamteuropäischen Dimensionen so ziemlich das vielseitigste was es gegeben hat. Eben aus den Gründen welche Ulrich schon geschrieben hat.....das waren nicht nur Einzelanfertigungen von einem einsam im Wald arbeitenden Schmied.
Und es besteht kein Grund zu glauben das es in späteren Zeiten anders gewesen sein soll.

Und auch "core-wrapping" ist absolut nichts unbekanntes oder zeitlich festlegbare Konstruktion. Siehe Janet Lang , Roman Gladii, Das Schwert des Tiberius.....sehr schön dokumentiert und mit Schliffbildern nachgewiesen.

Hier liegt auch etwas begraben .......das lesen von vorhandener Literatur.... welche vorzüglich ist.....nicht immer ist alles für den absoluten Laien verständlich ....aber man kann doch nachfragen.
Problem ist nur das man diese Einzeluntersuchungen erst mal aufspüren muß.

Hier muß ich Ulrich meinen Dank aussprechen....er war so freundlich mir vor 6 Jahren ,glaube ich , mal die Untersuchungen von Clemens Böhne usw. mal zu kopiern und in die Hand zu geben.

Wenn man dann etwas in Bibiliotheken sucht findet man eine ganze Reihe von Untersuchungen. ......Katalog vom Zeughaus in Graz z.B. eine komplette bebilderte metallurgische Untersuchung eines "Landwehrsäbels".....selektiv gehärtet.....zu finden in der Bibiliothek des Klingenmuseums in Solingen...
Es ist alles da.
Nur im Internet zu suchen bringt bis jetzt sehr wenig meiner Erfahrung nach. Ausnahmen gibt es natürlich schon.

Einfach mal über seinen Tellerrand schauen.....
@ Achim
Die Bücher von Illerup Adal und die erstaunten überraschten Gesichter kenne ich in ähnlicher Form von einem Winterschmiedetreffen bie Markus Balbach :D Da staunten einige nicht schlecht was da zu sehen ist....Der Witz ist dann aber das man das auch schon seid Mitte der 70 iger Jahre von Joachim Emmerling kennen könnte.
 
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