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Richtig, Dimm, und auch Klausdm, auch wenn der Stahl innerhalb der erlaubten Schranken hinsichtlich seiner Elemente liegt, gibt es Unterschiede im Resultat. Viele Firmen veröffentlichen in ihren Datenblättern sogenannte Härtestreubänder, in denen sich das widerspiegelt. Je enger die Toleranzen, umso weniger fällt das ins Gewicht. Ich gehe der Frage mal nach, wie das aussieht mit den Ergebnissen und den Analysenunterschieden.

Ich hatte mal bei einem Arbeitgeber das Problem, dass dort der gängige Vergütungsstahl 42CrMo4 in großen Mengen verwendet wurde, und ohne mein Wissen wurde das nicht in einem Stahlwerk geordert, sondern von Händlern gekauft, die dann Material anlieferten, das natürlich die Vorgaben einhielt, aber manche lagen an der unteren Legierungsgrenze, manche an der oberen. Das konnte man deutlich an den erreichten Härten sehen.

Wenn man einen Stahl hat, der empfindlich reagiert auf Temperaturen, dann muss man bei Chargenwechsel prüfen.

Noch eine Bemerkung zu Öfen: klar halten gute Öfen konstant, aber was ist ein guter Ofen? und wer sagt, dass die Ofensteuerung linear arbeitet? Je nachdem, bei welchen Temperaturen man arbeitet, macht sich eine Erhöhung um 10°C am Einstellrad stärker bemerkbar oder weniger.

Die auf wissenschaftlichen Methoden aufbauenden Werten stellen das Modell dar, und wie gut man sich daran halten kann, ist nicht zuletzt eine Frage des Equipments.
Ich hatte mal einen ganz einfachen Härteofen, den habe ich mit Thermoelementen vermessen an verschiedenen Stellen und in verschiedenen Zyklen. Interessante Ergebnisse!

Dimm, Du hast Recht, wenn Du ausführst, dass man aufpassen muss wo man mit der Härtetemperatur liegt, damit man nicht "wieder abrutscht". Dann hat man Restaustenit, und bei zu langen Haltezeiten noch andere Sauereien. Da hilft nur Messen und die Anlassbehandlung anpassen.
Die Temperaturen liegen so, dass man hinreichend Legierungselemente lösen kann, ohne zu Überzeiten. Das Überzeiten kann den Stahl ruinieren.

Ach ja, das mit den 5 bis 10° unterschreibe ich so wie geschildert nicht, siehe Kommentar zur Temperatursteuerung. Aus dem Härtediagramm kann man prima ablesen, worauf man achten sollte.
 
5 bis 10°: wenn Du damit auf dem runtergehenden Ast der o.g. Kurve landest, dann ists vorbei mit Spaß- schneiden.
Du arbeitest nicht mit Temperatur direkt, sondern mit T-Härte-Kurve, die Du bekommst. Lässt sich die Kurve genau wiederholen- (mit einer gleichen Stahlfertigung und gleicher Stahlsorte), dann passt das Ofen gut.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hat jemand verlässliche Angaben zu den Toleranzen in der chemischen Zusammensetzung von Stählen von Böhler, Crucible, Carpenter, usw.? Ich bin bisher einfach davon ausgegangen, dass die so eng sind, dass es praktisch keine Rolle spielt, aber da kann ich natürlich auch falsch liegen.

5 bis 10°: wenn Du damit auf dem runtergehenden Ast der o.g. Kurve landest, dann ists vorbei mit Spaß- schneiden.
Zu hoch, bzw zu lange sollte man sicher nicht erwärmen, aber dass 10° Unterschied so extreme Auswirkungen hat finde ich nicht einleuchtend. Hast Du da vllt. eine Quelle?

Wenn man mal in diesem Bild die Kurve bei 400°F Anlasstemperatur nimmt, und den Verbindungslinien zwischen den Datenpunkten glaubt, dann hat der Stahl bei 1470°F Austenitisierungstemperatur ein Härtemaximum. Bei + und - 10° hat man jeweils die selbe Härte, welche nichtmal 0,5HRC unter dem Maximum liegt. Ohne genauere Untersuchungen kann man natürlich keine weiteren Angaben machen, aber ich zweifle daran, dass solche Unterschiede im Alltag bemerkbar wären.
Für PM-Stähle mal das Beispiel Vanadis 4 Extra, die Folien 33 und 34. Hier resultieren z.B. die Wärmebehandlungen "1020+525/2x2h" und "1150+540/2x2h" in sehr ähnlichen Verschleisswiderständen und Zähigkeiten bei deutlich unterschiedlicher Härte. Der Test ist natürlich nicht 1:1 auf Messer übertragbar, zeigt aber meiner Meinung nach schön, dass Verschleissbeständigkeit von der Menge an Karbiden oder der Härte kommen kann (bzw. einer Kombination aus beiden). Die Verschleissbeständigkeit allein sagt auch noch nichts über die Qualitäten einer Messerklinge aus.
Die beiden Graphen zeigen auch den Einfluß der Anlasstemperatur bzw. Anzahl an Anlassvorgängen. Auch hier bin ich nicht sicher ob +-10° Härtetemperatur den Unterschied zwischen "gut benutzbar" und "taugt nichts" ausmachen.
Wie gesagt ist das nur meine Meinung, und ich lasse mich auch gern vom Gegenteil überzeugen, falls jemand entsprechende Quellen hat.
 
Hier als Beispiel die Legierungsbestandteile von Böhler M390 und den Äquivalenten von Carpenter (CTS 204P) und Crucible (CPM 20CV) (Quelle: zknives):

Böhler M390 Microclean: C: 1,90 Mn: 0,30 Si: 0,70 Cr: 20,00 Mo: 1,00 V: 4,00 W: 0,60

Carpenter CTS 204P: C: 1,90 Mn: 0,35 Si: 0,60 Cr: 20,00 Mo: 1,00 V: 4,00 W: 0,65

Crucible / Latrobe DuraTech CPM 20CV: C: 1,90 Cr: 20,00 Mn: 0,30 Si: 0,30 Mo: 1,00 V: 4,00 W: 0,60 %

Toleranzen liegen - wenn vorhanden - eher in den jeweiligen Fertigungsverfahren.

R'n'R
 
Danke fuer die Antwort. Das sind die offiziellen Legierungsbestandteile. Mich wuerde interessieren, wie exakt die eingehalten werden. Wenn ich bei Boehler eine Tonne M390 bestelle, hat der dann exakt 1,90000...% Kohlenstoff, oder liegt das irgendwo zwischen 1,8% und 2%, oder zwischen 1,5% und 2,3% usw. Ebenso fuer die anderen Legierungsbestandteile.
 
Noch zu den Toleranzen in der Stahlproduktion:

Abgesehen von den möglichen Toleranzen der chemischen Bestandteile von Stahl, die sich bei ein und demselben Produzenten ergeben mögen, weitet sich das Spektrum, wenn man verschiedene Produzenten in die Betrachtung einbezieht. Wenn ich z.B. den Stahl AISI O2 betrachte, dann gibt es eine Reihe von Stahlherstellern.

zknives sammelt ja die verfügbaren Daten akribisch und es zeigt sich die folgende Bandbreite, im folgenden gezeigt an den Beispielen AISI O2, Böhler K720, Carpenter O2 und Thyssen-Krupp Thyrodur2842:

AISI O2.jpg


Böhler K720.jpg


Carpenter O2.jpg


Thyssen-Krupp Thyrodur2842.jpg


Wenn wir nur mal Vanadium herausgreifen, dann kann - nach offiziellen Angaben - von 0,3 % bis gar nichts drin sein. Abgesehen von den nicht genau spezifizierbaren Toleranzen, die sich noch bei ein und demselben Hersteller ergeben mögen.

R’n‘R
 
Austenit, Ferrit, Perlit, Ledeburit, Zementit, Seigerung, Diffusion, eutektoidisch, untereutektoidisch, übereutektoidisch, Eisen-Kohlenstoff-Diagramm, Stahlherstellungsverfahren, Martensitbildung, Wärmebehandlung, Einfluß von Legierungselementen …

Wer sich diesbezüglich weiterbilden möchte, dem kann ich das folgende Skript des Herbsttrimesters 2020 für das Bachelor-Studium an der Universität der Bundeswehr München (Institut für Werkstoffe des Bauwesens): "Chemie und Eigenschaften metallischer Werkstoffe" nahelegen.

Die ersten Kapitel befassen sich mit Grundlagen, dann wird es allerdings speziell und geht um Baustähle.

Wohl bekomms, R’n‘R
 
1)Hat jemand verlässliche Angaben zu den Toleranzen in der chemischen Zusammensetzung von Stählen von Böhler, Crucible, Carpenter, usw.? Ich bin bisher einfach davon ausgegangen, dass die so eng sind, dass es praktisch keine Rolle spielt, aber da kann ich natürlich auch falsch liegen.


2)Zu hoch, bzw zu lange sollte man sicher nicht erwärmen, aber dass 10° Unterschied so extreme Auswirkungen hat finde ich nicht einleuchtend. Hast Du da vllt. eine Quelle?
1) Ja, da liegst Du falsch. Besonders bei Crusible

2) Dazu hab ich schon praktisch alles geschrieben. Ob 10°C eine entscheidende Wirkung hat hängt davon ab, wo Du auf Temperatur-Härte-Kurve dich befindest. Dort, wo es keine entscheidende Wirkung hat, befindest Du dich im Spyderco-und co.-Bereich. Wozu produziert man dann die Sachen, die schon im Überzahl gefertigt werden, ist mir nicht klar.

Mit 10°-Unterschied kannst Du schon die Kurven-Spitze überspringen und auf runtergehendem Ast landen.
 
Wenn interessiert sich hier irgendwas zu belegen, der kanns machen. Ich würde niemanden irgendwas belegen- wenn jemand Info braucht, muss er sich Mühe geben und Messermacher dafür bitten- anders geht nicht. Rede mal mit Roman von OwlKnife. Geh aber davon aus: Du brauchst was von ihm, nicht er von Dir...
 
Es bleibt bei sehr guten Messer, sehr guten Schleifsystemen, die Spaß machen.
Und gerade meine Frage war: wie erkennt man, dass die Spitze der Kurve T-Härte
gerade minimal überschrittenn wurde?

Und man teilt keine praxisrelevante Info mit und möchte immer mehr zurück bekommen.
 
Wenn interessiert sich hier irgendwas zu belegen, der kanns machen. Ich würde niemanden irgendwas belegen- wenn jemand Info braucht, muss er sich Mühe geben und Messermacher dafür bitten- anders geht nicht.
Es müssen ja nichtmal Infos von Messermachern sein. Firmen in der Kunststoffindustrie, die größere Mengen abnehmen, werden wohl auch eine chemiche Analyse beigelegt bekommen.
Es kann ja auch sein, dass ein freundlicher Mensch, mit den nötigen Infos, hier mitliest und auf eine höfliche Frage antwortet.
Du hast wohl eine bessere Übersicht als ich. Hat OwlKnife so viele Tonnen Stahl verarbeitet, dass sie Aussagen mit einer statistischen Aussagekraft machen können?
Dass Du nichts belegen willst ist ja in Ordnung, aber dann sind es eben unbelegte Behauptungen. Wenn ich ein Paper veröffentlichen wollte und statt Quellenangaben schreiben würde "Wer wissen will wo die Info herkommt muss halt selber suchen", käme ich wohl durch kein Review :)
 
Ja, aktuell ist ehemalige Sowiet Union Ländern die Hauptabnehmer von Crusible-Produktion (nach ggf. d. USA), im Segment Handmade besonders. Also die bestmögliche Statistik ist dort zu finden (und in der USA)- das ist wohl logisch.
 
Also, mal klargestellt: wir reden hier mit Dimm offenbar über Anlasstemperaturen. Der sogenannte "heat response" solcher Stähle hängt aber auch noch von den gewählten Austenitisierungstemperaturen ab und von der Anzahl der der Anlassvorgänge und ev. Tiefkühlen.
Also: die berühmten 10° beim Anlassen gelten für
a) welchen Stahl mit welcher Analyse
b) welche Austenitisierungstemperaturen
c) welche Anlassvorgänge
ohne diese Angaben ist das Ganze ein ziemliches Rumeiern, und ich kann die 10° NICHT unterschreiben. Ohne Daten ist das alles Murks und keine Diskussion mehr.

Übrigens, die typischen Breiten der Legierungsanteile liegen für C bei +/- 0,05%, für Cr bei etwa +/- 1 % bei den rostfreien, Mo +/- 0,1 und V bei +/- 0,025 als Beispiele für die Stähle 1.41...als erlaubte Analysenbreiten nach Norm. Vielfach werden ja nur Richtanalysen angegeben, die liegen dann jeweils in der Mitte der Bandbreiten. Ist aber nicht überall gewährleistet, sollte aber der Normalfall sein.

@klausdm: GENAU
 
Wir reden über Härten. Wie mit steigenden (Härte)Temperaturen zuerst die Härte steigt, danach runter geht.
 
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