Das ist das was mir Sorgen macht
Und auch das die 8,5cm Waffen Ja/Nein Regel nun plötzlich auf alle Messertypen anwendbar sein soll ist merkwürdig.
Ja
Bei der Bewertung des Papieres empfehle ich zu beachten, daß bei der Erarbeitung INNENministerien beteiligt waren und z.B. jemand wie Körting oder dessen Lakaien beteiligt waren. Am Tisch saßen außerdem Landesregierungen, die von Koalitionen oder Parteien getragen werden, die sich die "Entwaffnung" der Bevölkerung in Deutschland auf die Fahnen schreiben und deren Akteure gerne und oft ein Weltbild vertreten, in dem niemand ein Messer, geschweige denn Waffen braucht. Von daher finde ich es im realistischen Rahmen positiv, daß die Formulierung grade was die Führungsbeschränkungen angeht, eher in Richtung der Positionen von Akteuren wie dem bajuvarischen Innenmisiterium gehen.
Das hast Du vollkommen korrekt dargelegt. Ich hatte vorhin ein längeres Gespräch mit demjenigen im Referat des Bayerisches Staatsministerium des Innern, der sowohl bei der Ausarbeitung der VV beteiligt war und von dem auch wesentliche inhaltliche (!) Teile (nicht die Formulierungen) kommen.
1. Wie von polaris bemerkt, wurde diese VV von den Innenministerien aller Bundesländer gemeinsam erarbeitet. Sie hat Lücken - und zwar an genau den Stellen, an denen sich die Ländervertreter nicht einig wurden. Denn die Interessen der einzelnen Länder gehen teilweise sehr weit auseinander. Stadtstaaten, wie Bremen, Berlin oder Hamburg haben - was das WaffG angeht - weit mehr Interesse an weitreichenden Verschärfungen, als Flächenstaaten wie etwa Bayern.
Das heißt, die VV ist der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich alle Länder haben einigen können. Dass darin nicht weiter reichende Verschärfungen - etwas zur Definition eines Bedürfnisses, der Waffenaufbewahrung etc. - konkretisiert wurden- ist *den* Ländern zuzuschreiben, die darin keine Notwendigkeit sehen. zB Bayern. Gäbs die nicht, sähe die VV anders aus.
2. Die Lücken werden, wie üblich, dann von den Ländern gefüllt, zB über entsprechende Dienstanweisungen Überall anders, es lebe der Förderalismus - besonders wenn man in Bayern lebt. Und wenns ums Waffengesetz geht.
3. Eine Beteiligung der Judikative fand nicht statt. Ob das gegen das GG verstoßen würde, wie oben angesprochen, oder auch nicht - sie fand nicht statt. Natürlich waren Juristen in Fachgremien beteiligt, aber eben keine, die im Dienst der Judikative stehen.
4. Wie wird die VV in der Praxis zur Kenntnis genommen: Die VV richtet sich an die jeweiligen Waffenbehörden der Länder. Das sind - in Bayern - zum Beispiel die Landratsämter. Nicht aber die Polizeibehörden. In BaWü ists wieder anders, dort sind die Polizeibehörden auch die Waffenbehörden. Der Weg geht, wie man das erwartet, von oben nach unten, sprich, es werden erst die übergeordneten Behörden informiert. Und die informieren - etwa über Schulungen, Informationsveranstaltungen oder ganz banal über einen mailverteiler - untergeordnete Dienststellen.
5. Wie kommt der Polizist vor Ort an die Information: Er benutzt google und lädt sich das PDF herunter. Zum Beispiel, so ganz banal. Für Dienststellen oder einzelne Beamte, die sich schwerpunktmäßig mit dem Waffenrecht beschäftigen, gibt es auch zB auch Schulungen, ausgerichtet vom Innenministerium. Das gilt für Bayern - wie gesagt, das ist in jedem Bundesland anders.
Jedenfalls ists nicht so, dass die VV am schwarzen Brett hängt oder an jeden Polizisten ausgedruckt verschickt wird. Die VV hat auch nicht den Streifenpolizisten im Blick, sondern die Verfahrensweise der Waffenbehörden.
6. Einschub: die VV hat keine bindende Wirkung für die Judikative. Ist klar, ich erwähne es eben nochmal.
7. Zu den "85mm" - also das, was ab Seite 179 der VV zu Anl.I-A1-UA2-1.1 steht (BTW, als Verwaltungsbeamter hätte ich mich vermutlich irgendwann erschossen oder wäre in der Klappse):
Der Kontext ist nicht §42 WaffG, sondern die Abgrenzung von Messern zu den Hieb und Stoßwaffen. Das Waffengesetz krankt - wenn es um Messer geht - grundsätzlich daran, dass eine Trennung zwischen Waffe und Gebrauchsgegenstand schwer zu formulieren ist. Und grundsätzlich passt es natürlich nicht zur Systematik eines Waffengesetzes, Gegenstände zu behandeln, die explizit keinen Waffencharakter haben.
Der Passus soll also die Abgrenzung von Messern die Werkzeug/Gebrauchsgegenstände sind zu den "Hieb- und Stoßwaffen" im Sinne des WaffG (Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr. 1.1) weiter konkretisieren. Hat ja auch teilweise geklappt
, Macheten, Jagdnicker werden ja explizit genannt. Fahrtenmesser auch - da fängts aber schon an, mehr als schwammig zu werden.
Und weitergelesen wird es bescheuert, das war dann aber nicht mehr Inhalt meines Gesprächs.
Wir erwarten: verständliche, saubere Formulierungen.
Die Sachlage ist: Im Rahmen der Diskussion um das WaffG oder die VV interessiert das Thema Messer marginal. Und die, die den Sermon letztlich abnicken sollen, werden idR nicht alle 207 Seiten einer VV lesen. Es interessiert einfach keine Sau. Und Deutsch kann auch keiner mehr. Deswegen kommt da so ein Schmonsens raus. Ganz banal IMO.
Ich habe schlicht keine Ahnung, wie man mit dem Mist umgehen soll. Denn auch nach zigmaligem Lesen steht da für mich: Für Messer, egal welcher Art, spielt die Klingenlänge eine Rolle bei der Frage, ob sie Waffeneigenschaft haben oder nicht. Und das heißt für mich, in dem Moment, in dem ich irgendein Messer mit einer Klingenlänge von über 85mm habe, ist die Nicht-Waffeneigenschaft schon aufgrund der Klingenlänge zweifelhaft.
Passt "perfekt" zum vorangegangenen Absatz, in dem Fahrtenmesser explizit als Werkzeuge, und eben nicht als "Hieb- und Stoßwaffen" aufgeführt werden. Ohne Angabe einer Klingenlänge.
Und nu? Was ist jetzt mit einem Fahrtenmesser mit einer 100mm Klinge. Waffe oder nicht?
Das einzige, was mir im Moment dazu einfällt ist, warten, bis die VV wirksam ist, und dann bei den jeweiligen Behörden nachfragen. Aber dann bitte koordiniert und keine Spammeraktion - damit macht man sich nur zum Deppen.
Pitter