Bundesratsinitiative vom 14.06.2024 zu den Themen „Messerkriminalität" und Waffenrechtsnovelle

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Du solltest Dir mal James Joyce „Ulysses“ zur Hand nehmen. Der Schlusssatz geht tatsächlich über 40 Buchseiten😉

Gruß Excalibur
Ich bewundere aufrichtig Dein Durchhaltevermögen. Ich habe es bei diesem Klassiker der Weltliteratur nur bis Seite 4 (oder so) geschafft. Da war der erste Satz auch erst zur Hälfte herum.
 
Reagiert nicht vielleicht vielmehr "die Bevölkerung" (vorausgesetzt man würde die genannten Umfragen tatsächlich als belastbar werten) auf die Art der Berichterstattung und die politische Aufarbeitung der Thematik?
Das kann dir niemand beantworten. Die Medien tragen aber sicherlich ihren Teil dazu bei. Alles, was sich gut klickt ...

Mein Punkt war aber eigentlich der, dass eine evidenzbasierte Politik (so, wie du sie in dem Fall forderst) nicht mehr erfolgsversprechend erscheint. Das ist wohl auch dem steigenden Populismus zu verdanken.
 
Daran ändert auch eine tel. Befragung von 1.000 Rentnern nichts.
😀😀😃 bin ja auch einer, nutze Handy und würde nie an so einem Unsinn von Umfrage teilnehmen. Man muss viel überflüssige Zeit haben - und sich übertölpeln lassen.

Wenn ich mit Bekannten spreche, dann sind (waren) die auch eher für Verbote, bis ich deren SAK mit über 6 cm Klinge ins Spiel brachte. Jetzt möchte sich keiner mehr seine Rechte wegen jener Kriminellen einschränken lassen. Umfragen ohne die Kehrseite zu benennen, sind nichts wert.

Was ich damit sagen will: Die Befragten sehen nur die bärtigen Messerträger, aber auch die zustimmenden AfD-Sympathisanten wären betroffen. 🫣 Und nein, aus solchen Umfragen werden keine Gesetze! Wenn sich Pro-Verbotspolitiker damit Rückendeckung holen wollen, gerne. Ich schreibe sie dann aber ebenso gern und sehr süffisant an, dass sie aufgrund ähnlicher Umfragen gar nicht mehr an der Regierung wären! Die Zeit habe ich….😂

Abu
 
Daher lenkt man insbesondere bei solchen Ereignissen schnell ein.
Ich habe den Eindruck, dass einige noch immer nicht ganz verstehen, dass die aktuellen Ereignisse und Statistiken ("Messergewalt") nichts mit den geplanten und bereits umgesetzten Waffenrechtsverschärfungen zu tun haben. Wenn dem so wäre, müssten Statistiken berücksichtigt werden, welche Arten von Messern bei den einzelnen Fällen eingesetzt wurden.
Solche Statistiken gibt es aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gar nicht.
Es gibt mMn eine Agenda, der Bevölkerung alles, was potentiell als Waffe eingesetzt werden kann, wegzunehmen oder den Umgang damit stark zu beschränken.
Das ein härteres Waffenrecht nichts zur allgemeinen Sicherheit beiträgt, haben wir in Deutschland bereits zur genüge gesehen, aber auch in anderen Ländern (UK, Dänemark).
Auch der Verweis auf die Schusswaffentoten in den USA hilft hier nur bedingt, da hier oftmals vieles außer Acht gelassen wird, was die Zahlen bedingt relativiert.
Man mag unserer Regierung einiges unterstellen und ich zweifle auch oftmals an der Intelligenz und Fachkompetenz der entsprechenden Personen,
ein Bekannter von mir hat hat es aber mal so ausgedrückt: "So blöd können die gar nicht sein." Und da hat er mE Recht. Auch Blödheit hat ihre Grenzen.
 
Das Inneministerium in NRW hat ein Konzeptpapier zur „Bekämpfung der Messergewalt im öffentlichen Raum“ veröffentlicht. Interessante Lektüre:

Bekämpfung Messergewalt in NRW

Hier der Innenminister zu dem Konzept in der "Welt"

„Kraut und Rüben“ – Reul kritisiert Messer-Debatte und legt Zehn-Punkte-Plan vor

Die zehn Punkte in der Zusammenfassung der Welt:

  1. Aktionstage zur Bekämpfung der Messergewalt
  2. Präventionskonzept an Unterbringungseinrichtungen
  3. Waffentrageverbote
  4. Einrichten von Waffenverbotszonen
  5. Strategische Fahndung
  6. Verstärkter Einsatz mobiler Videobeobachtung
  7. Intensivtäterkonzepte
  8. Bericht an die Straßenverkehrsbehörde
  9. „Niederschwellige“ Vernehmungen
  10. Netzwerkarbeit mit kommunalen Partnern

Grundlage des Plans sind die Daten, die dem Innenministerium für 2023 vorliegen. Gemäß dem bundesweiten Trend ist auch die Messerkriminalität in NRW um mehr als 40% gestiegen. Kinder, Jugendliche und Heranwachsende haben einen großen Anteil daran:

Nahezu die Hälfte (47,9 %) der polizeilich ermittelten Tatverdächtigen war unter 21
Jahre alt (Kinder, Jugendliche, Heranwachsende). 8,4 % waren Kinder (0-13 Jahre),
25,6 % waren Jugendliche (14-17 Jahre) und 13,9 % waren Heranwachsende (18-
20 Jahre).
Konzeptpapier, S. 7

93,4% der Tatverdächtigen waren männlich. Gemessen am ihrem Bevölkerungsanteil (16%) waren Nichdeutsche überrepräsentiert:

In Bezug auf die Staatsangehörigkeit der Tatverdächtigen ließ sich feststellen, dass
es sich bei 45,0 % (1.440) um „nichtdeutsche“ und bei 55,0 % (1.757) um deutsche
Tatverdächtige handelt. Tatverdächtige Personen mit mehreren Staatsangehörigkei-
ten, die über eine deutsche Staatsangehörigkeit verfügen, werden dabei als deutsche
Tatverdächtige erfasst.
ebd.

Im Prinzip also nichts Neues. Bemerkenswert finde ich aber, dass das Innenministerium NRW trotzdem nicht ins Horn einer weiteren Verschärfung des Waffenrechts bezüglich Messertypen und Klingenlängen stößt, sondern zumindest versucht, die Bekämpfungsmaßnahmen der Datenlage anzupassen. Sinnvoll erscheinen mir hier insbesondere geplante Waffentrageverbote für Intensivtäter. Das müsste sich halbwegs kontrollieren lassen, die betreffenden Personen sind ja bekannt.

Auch bezüglich der demographischen Zusammensetzung der Tatverdächtigen werden Konsequenzen in der Präventionsarbeit gezogen:

Im Spektrum der Messergewalt im öffentlichen Raum hat die kriminalfachliche Analyse
ergeben, dass ein Großteil der Tatverdächtigen junge Männer sind, die zudem mit
Blick auf ihren Bevölkerungsanteil überproportional häufig nicht über die deutsche
Staatsangehörigkeit verfügen. Zudem handelt es sich bei einem relevanten Anteil
(39,3 %) der Tatverdächtigen um Zuwanderer. Deshalb wurde als Reaktion auf die
problematische Fallzahlenentwicklung eine speziell auf diese Bevölkerungsgruppe zu-
geschnittene Präventionskampagne entwickelt.
ebd., S. 13

Im Zentrum soll eine mehrsprachige Plakat- und Flyeraktion "Besser ohne Messer" in Flüchtlingsunterkünften stehen, begleitet durch eine digitale Kampagne in Sozialen Netzwerken. Persönlich hege ich Zweifel an der Effektivität so einer Kampagne, aber schaden wird sie wahrscheinlich auch nicht. Das gleiche gilt für die geplanten Aktionstage zur Bekämpfung der Messergewalt.

Repressive Maßnahmen sieht das Konzept dann u.a. mit der Einrichtung weiter Waffenverbotszonen vor (neben Köln und Düsseldorf jetzt auch in Hamm). Alles in allem nicht ohne, vor allem auch die Punkte 6 und 8. In den 80ern wären wir ob der Übergriffigkeit des Staates an die Decke gegangen, heute wäre man froh, wenn es nicht schlimmer käme.

Mir scheint in Reuls Konzept zumindest ein Bemühen vorhanden, zielgruppenspezifische und datenbasierte Maßnahmen auf den Weg zu bringen, anstatt einer Verbotskultur zu huldigen, welche in Reaktion auf die kriminelle Energie weniger die Freiheit aller einschränkt. Immerhin etwas in der aktuellen Debatte.
 
Zuletzt bearbeitet:
dass das Innenministerium NRW trotzdem nicht ins Horn einer weiteren Verschärfung des Waffenrechts bezüglich Messertypen und Klingenlängen stößt,

Ja, das ist eine Abkehr vom einstimmigen Beschluss der Innenministerkonferenz. Hermann aus Bayern hat bei der IMK auch für Verschärfung gestimmt, um das dann später als Symbolpolitik abzutun.

Abu
 
Meine amtliche Quelle mit Statistik vom Bundeskriminalamt aus dem Nachbarthread sagt was anderes..

„Die Tatverdächtigen sind in der Regel Männer (in knapp 90 Prozent der Fälle) und überwiegend Erwachsene über 21 Jahre.

In den Bundesländern, die die Nationalität der Tatverdächtigen in der polizeilichen Kriminalstatistik erfassen, sind zwischen einem Drittel und der Hälfte von ihnen nicht deutsch und damit überrepräsentiert.“

Zumindest, wenn es um die Messerdelikte mit tatsächlicher Verletzung geht - die reine Drohgeste ist sicherlich nicht harmlos, aber dennoch eine andere Nummer.

Und dies sollte dann auch korrekt dargestellt werden, sonst werden schon hier die falschen Schlüsse gezogen.

grüsse, pebe
 
Bemerkenswert ist ja, daß nicht mal wieder das Thema "Entzug der Fahrerlaubnis" als kontextlose Strafe wiedergekäut wird sondern Delinquenz mit Gewaltdelikten administrativ als Indiz für mangelnde charakterliche Eignung zum Führen von betriebsgefährlichen Kfz gewertet werden soll. DAS erscheint mir ja schon seit vielen Jahren bzw. Jahrzehnten überfällig. Fordert aber vermutlich erhebliche administrative Ressourcen in der zustehenden Verwaltung.
Sind Intensivtäterkonzepte denn in NRW etwas so Neues? Hier in HH hat seit längerem ein entsprechendes und ressortübergreifendes Konzept in der Anwendung zumindest die Rückfallquoten zumindest bei jugendlichen bei Intensivtätern deutlich gesenkt, auch wenn es zwangsläufig erst mit einer gewissen Verzögerung wirkt. Eine stark zunehmende Zahl an solchen Tätern bringt allerdings Kapazitätsprobleme ...
Punkt 5 wirft für mich die Frage auf, warum bisher denn unstrategisch gefahndet wurde?

Auffällig finde ich auch, daß dieses Konzept im eigenen(!) Zuständigkeitsbereich des Landesministeriums bzw. der Landesregierung ansetzt, das setzt sich ja deutlich von z.B. dem BMI ab, dort dominieren ja seit längerem Ideen und Vorschläge für Aktivitäten außerhalb der eigenen Zuständigkeit ...
 
„Die Tatverdächtigen sind in der Regel Männer (in knapp 90 Prozent der Fälle) und überwiegend Erwachsene über 21 Jahre.

In den Bundesländern, die die Nationalität der Tatverdächtigen in der polizeilichen Kriminalstatistik erfassen, sind zwischen einem Drittel und der Hälfte von ihnen nicht deutsch und damit überrepräsentiert.“
Ein Problem dieser Zahlen ist immer, daß die PKS eine Tatstatistik ist, d.h. wenn z.B. ein und derselbe Täter 10 mal eine Straftat verübt, wird er in der Statistik als 10 einzelne Täter mit identischen Merkmalen abgebildet. Je nachdem, wie mit dieser Darstellungsverzerrung im Weiteren umgegangen wird, kommen dann sehr sehr widersprüchliche Zahlen raus. Bei Gewaltdelikten mit eine stets hohen Zahl an bekannten Tatverdächtigen und hoher Aufklärungsquote wirken sich Mehrfachtäter dabei noch besonders verzerrend aus, im Ggs. zu Delikten mit unbekannten Tätern und besonders niedrigen Aufklärungsquoten.

Grade bei Gewaltdelikten kommt noch das Problem hinzu, daß kriminologisch die Dunkelziffern zum statistisch abgebildeten Hellfeld i.d.R. zwischen dem 2-4-fachen des Hellfeldes geschätzt wird, besonders natürlich bei Delikten wie Bedrohungen oder Rauben ohne meldepflichtige Verletzungen. Für das Erleben der Bevölkerung und teilweise auch für das subjektive Bedrohungsempfinden sind aber auch die Dunkelfeldfälle relevant.
 
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Meine amtliche Quelle mit Statistik vom Bundeskriminalamt aus dem Nachbarthread sagt was anderes..
Reine Verständnisfrage: Bezieht sich der Widerspruch auf die Statistik, welche das Inneministerium in NRW für das Land NRW veröffentlicht hat?

Ich beziehe mich auf folgende Passage, mit der du das BKA zitierst:

„Die Tatverdächtigen sind in der Regel Männer (in knapp 90 Prozent der Fälle) und überwiegend Erwachsene über 21 Jahre.

In den Bundesländern, die die Nationalität der Tatverdächtigen in der polizeilichen Kriminalstatistik erfassen, sind zwischen einem Drittel und der Hälfte von ihnen nicht deutsch und damit überrepräsentiert.“

Das ist ziemlich deckungsgleich mit der NRW Statistik. Den Männeranteil gibt das Konzeptpapier aus NRW allerdings noch etwas höher an.

Bezüglich des Anteils der Erwachsenen Im Jahr 2023 waren in NRW 47,9% der Tatverdächtigen unter 21 Jahren. Es überwiegen also wie in der BKA-Statistik Erwachsene über 21 Jahren, nämlich in NRW mit 52,1%.
Den Anteil von nicht-deutschen Tatverdächtigen sieht das BKA laut deinem Zitat zwischen einem Drittel und der Hälfte der Tatverdächtigen. NRW nennt diesbezüglich eine Zahl von 45%. Deckt sich doch auch.

Insgesamt ist also auch in NRW die Mehrheit der Tatverdächtigen erwachsen, männlich und deutsch.

Inwiefern wären die Zahlen aus NRW dann inkorrekt? Oder, wie schon gefragt, habe ich da etwas falsch verstanden?

Ich will jetzt hier auch keine Zahlenhuberei lostreten und bin mir bewusst, dass die Statistiken aus den einzelnen Bundesländern mittels unterschiedlicher Erfassungskriterien erstellt werden. Der von mir oben verlinkte Artikel in der Berliner Zeitung beleuchtet dieses Problem schön (leider jetzt hinter Bezahlschranke).

Die Zahlen des BKAs bezüglich der Messerangriffe hält die Berliner Zeitung übrigens für zu niedrig und gibt dafür folgenden Grund an:

Der Grund: Das BKA weicht, indem es nur gefährliche und schwere Körperverletzung sowie Raub mit einem Messer zählt, von der seit 2020 geltenden Definition für „Messerangriffe“ ab. Die Schwere der Verletzungen wird dort nicht als Kriterium genannt. Schon wenn ein Mensch mit einem Messer nur „unmittelbar“ bedroht wird, handelt es sich dieser Definition zufolge um einen Messerangriff.

Warum diese Abweichung? Ein Sprecher des Bundeskriminalamts teilt auf Anfrage mit, dass „weiterer Harmonisierungsbedarf“ bei der Erfassung der Angriffe festgestellt worden sei. Aufgrund „mangelnder Validität“ seien die Daten zu Messerangriffen „nicht vollumfänglich veröffentlicht“ worden. Das Bundeskriminalamt traut also der Datenerhebung in den Bundesländern noch nicht. Und hat sich deshalb entschieden, für das Jahr 2023 nur die schweren Fälle zu zählen.

Auch das Innenministerium in NRW hielt die Zahlen der Polizeilichen Kriminalstastik nicht für ausreichend tranparent und hat eine genauere Untersuchung durchgeführt:
Die Entwicklung von Gewaltdelikten im öffentlichen Raum unter Verwendung von Messern ist aus der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht ohne weiteres ablesbar. Hierzu war
eine aufwändige Sonderauswertung erforderlich, die sich auf die sogenannten „Opferdelikte“ konzentriert und bestimmte Tatörtlichkeiten gesondert einbezieht, nämlich
„Gastronomie“1, „Nachtleben“2 und „öffentlicher Personenverkehr“ (ÖPV)3. Opferdelikte sind Delikte gegen höchstpersönliche Rechtsgüter (Leben, körperliche Unversehrtheit,
Freiheit, Ehre, sexuelle Selbstbestimmung), die in der Polizeilichen Kriminalstatistik gesondert erfasst werden. Im Ergebnis konnte eine umfangreiche Datenbasis
zu „Gewaltdelikten im öffentlichen Raum unter Verwendung des Tatmittels Messer“ geschaffen werden.
Konzeptpapier, S. 5-6

Meiner - natürlich unmmaßgeblichen - Einschätzung nach stehen zumindest die Zahlen aus NRW damit auf einer validen Basis. Ich persönlich begrüße den Schritt Reuls, Licht ins Dunkel zu bringen und damit zu beginnen, vor der eigenen Tür zu kehren, statt deutschlandweit pauschale Messerverbote zu fordern.
 
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@Atlantik

Im deutschen Sprachgebrauch wird überwiegend zumeist mit hauptsächlich im Sinne deutliche Mehrheit gleich gesetzt.

Selbst für die peniblen Juristen ist das eine Zahl jenseites der 60% Marke.

Im Quellbericht ging es in diesem Kontext eben darum, Jugendliche als nicht relevante Gruppe für schwere Körperverletzung mit Messern zu belegen. Das wäre bei mir jedenfalls eine Zahl deutlich kleiner 25%.

Meine Schlussfolgerung hieraus war, dass unter 21 Jahren Imponiergehabe „überwiegt“ und eine Alterbeschränkung mit spürbarer Strafe bei Verstoß neben Kontrollen bei entsprechend passenden Anlass schon wirksam sein könnte.

grüsse, pebe
 
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Ich sehe im Moment jedoch wenig Indizien dafür, dass die Breite der Bevölkerung ganz anderer Meinung ist.

Sehe ich auch nicht. Ist nur die Frage, was das heißt. Es gab auch eine Mehrheit für den Brexit.

Ist schon mal die Frage, auf welcher Basis solche Mehrheitsentscheidungen entstehen - aktuell lese ich viel über Angriffe mit Messern. Man könnte glauben, dass das heute mehr sind, als irgendwann früher. Könnte aber auch sein, dass nur die Berichterstattung eine andere ist. Und das Geschwurbel auf Social Media kommt noch on Top. Da stell ich mir halt schon die Frage, welchen Wert eine Mehrheitsmeinung hat.

Erstens.

Zweitens: Wenn die Mehrheit entscheidet, was in einer Gesellschaft funktioniert, ist das keine Demokratie, sondern eine Diktatur der Mehrheit.
 
Interessantes Beispiel mit dem Brexit.
Hinterher, bzw. als auf der Insel nach und nach klarer wurde, welche Folgen die Aktion haben wird, nahmen die ablehnenden Stimmen deutlich und stetig zu. Der Grund war, dass hauptsächlich ältere Insulaner deutlich oberhalb der 30 für den Brexit waren. Die Ablehner waren mehrheitlich die, die sich vor und während Referendum nicht mit dem Thema befasst hatten und plötzlich von "Weihnachten und Ostern zugleich" überrascht waren. Das waren ausschließlich Personen, die ihr Leben noch vor sich haben, Altersgruppe war 16 - 29. Sie waren selbst schuld, sie wurden gefragt, haben sich aber nicht dafür interessiert. Ziemlich genau die Stimmen, die den Brexit im Referendum für ein NEIN gefehlt haben, waren die Stimmen derer, die es vorher nicht für nötig oder für comedy hielten...

Hier ist es seit den entscheidenden Änderungen prinzpiell komplett entgegengesetzt gelaufen:
Die, die sich für das Thema interessieren, sind nie ernsthaft gefragt worden und wenn sie sich dazu geäussert haben, wurden sie abgebügelt. Es war nicht gewollt war, andere Blicke auf das Thema zuzulassen. Dass die, die sich dafür interessieren, zahlenmäßig deutlich zu wenig sind, ändert nichts daran, dass offiziell immer nur in eine Richtung gelenkt und kommuniziert wurde und immer noch wird. Mit mehr Vertrauen und Zutrauen in eine vernunft- und sachbezogene, nüchterne Kompetenz, hätte es anders laufen können und würde anders laufen. Selbst jetzt, nachdem man die Fehler der Vergangenheit und falsche Vorgehensweise kleinlaut eingesteht, aktuelle Stimmen die damals verweigerte Sachlichkeit "laut denken", ist man offenbar wieder nicht bereit, noch gewillt, diesen Fehler wenigstens ansatzweise zu korrigieren, geschweigedenn ergebnisoffen und vor allem ehrlich "zu evaluieren".

Ich hasse diesen Begriff, weil er für mich aus anderen Gründen gern als Vorwand zum Aussitzen missbraucht wird. Erst werden Zahlen gefordert, die dann immer und immer wieder als unvollständig oder zweifelhaft vermeldet werden, nur um dann weiter "zu evaluieren". Im Grunde ist der Begriff in Verwaltung gleichbedeutend mit "prokrastinieren" - klingt schmutzig und versaut, ist es aber nicht
Prokrastination - ja, ich kenne auch Fremdworte... :whistle:
 
Die überwiegende Mehrheit ist von einem Messerverbot kaum bis gar nicht betroffen.

Wenn dann ein Messerverbot als Lösung propagiert wird, stimmt eine Mehrheit freudig zu. Problem gelöst, ohne eigenen Obolus.

Wenn ab morgen kontinuierlich in der Presse steht, mit einem SUV Verbot auf deutschen Straßen wird das Weltklima gerettet, passiert auch dieses.

In beiden Fällen wird ein minimalistischer Beitrag als Lösung propagiert.

morgendliche grüsse, pebe
 
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Ich hatte das Konzeptpapier aus NRW so verstanden, daß die nicht einfach nur nackte PKS-Zahlen gecopypastet haben sondern eine vertiefte Auswertung in Kombination mit anderen Daten (möglicherweise Verurteilungsstatistiken mit nähreren Erkenntnissen zu Tätern und Tatverlauf?) gemacht haben und das ganze noch kriminologisch Interpretiert haben. Ich hoffe das die da Recht hatten, das wäre in diesem Kontext ein Novum und wirklich informativ. NRW hatte ja mit ihrem Analyseprojekten NAFRI und Casablanca zu Phänomenen "halborganisierter" Straßenkriminalität schon mal neuartige Erkenntnisse geliefert, die ja nach den Neujahrsvorfällen 2016 viel zur Versachlichung der Debatten beitragen konnten.
Abweichungen zu den (unvollständigen) Zahlen des BKA erklärten sich dadurch.
Zweitens: Wenn die Mehrheit entscheidet, was in einer Gesellschaft funktioniert, ist das keine Demokratie, sondern eine Diktatur der Mehrheit.
Deshalb ist ja der demokratische Rechtsstaat eine wesentliche Fortentwicklung des Demokratieprinzips, weil Minderheiten geschützt werden, die Staatsorgane an das Verhältnismäßigkeitsprinzip gebunden sind und sich die geteilten Gewalten gegenseitig kontrollieren. Nach gewissen Erodierungen während Corona scheint mir das insgesamt auch wieder ganz gut zu funktionieren ...

Bei allen "repräsentativen Umfragen" ist ja immer die entscheidende Frage, wie denn gefragt wurde und in welcher Gesamtbefragung. Das wird ja seltenst genau angegeben, obwohl dadurch fast jedes
bestellte oder erwünschte Ergebnis final erzielt werden kann.
 
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Fantastische Idee. Niemand muss mehr mit einem Auto durch die Stadt fahren. Autos mit mehr als 50 PS braucht niemand, wir leben ja nicht mehr im 20. Jahrhundert.
Schöne neue Welt.
 
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