Verschiedene Stähle im praktischen Einsatz – Passaround

Dass der 440B so gut abschneidet wunder mich nicht. Das war vor etwa 25 Jahren ein Geheimtipp von Peter Herbst, den ich bei einer Waffenbörse in der Meistersinger Halle in Nürnberg getroffen habe. Damals sage er "der schneidet gut und ist sehr zäh" seiner Meinung nach waren es die Karbide, die nicht zu groß und nicht zu klein waren.
 
Seit ich vor zwei Jahren Filetiermesser aus 1.4112 gebaut habe, hat sich mein Bild vom 1.4112 stark verändert. Ich war überrascht wie flexibel und zäh der 1.4112 ist. Es hat schon seinen Grund warum einige Messermacher vom 1.4112 sehr überzeugt sind. Auch in der Industrie wird der 1.4112 häufig eingesetzt, fast jeder Stahlhersteller bietet ihn an. Der Stahl ist sehr rostträge, zäh, schnitthaltig und preiswert ist er auch, was will man mehr. Ich will diesen Stahl jetzt nicht hypen, aber unterdurchschnittlich ist er sicher nicht. Ich habe mir auf jeden Fall, schon vor längerer Zeit, einen kleinen Vorrat angelegt. Bei Recknagel im Resteshop gab es damals ein Angebot, dem ich nicht widerstehen konnte. :D::
 
@agentdan Vielen Dank für den nicht nur gut zu lesenden, sondern auch sehr umfassenden Test der Messer von @Taperedtang.
Wie schon mehrfach hier erwähnt, bin ich von dem guten Abschneiden des 440B überrascht. Das der Stahl so gut performt liegt für mich auf jeden Fall an der guten Wärmebehandlung von @Taperedtang.
Vermutlich ist der Stahl auch wirklich besser, als sein Ruf. Hätte die Industrie, die den Stahl vor allem bei eher günstigen Messern verwendet und verwendet hat, diesen gut wärmebehandelt, wäre der Ruf sicherlich ein anderer (meine persönliche Spekulation).

Nicht überrascht hingegen bin ich von dem guten Abschneiden des 3V. Den Stahl habe ich schon lange auf dem Radar, leider ist er schwer zu bekommen, bzw. auch recht teuer.

Aber am Ende ist, wie @Taperedtang schreibt, vor allem die Geometrie wichtig. Ich würde noch ergänzen wollen: und die Wärmebehandlung.
 
EDC und ein kleines Fazit
Mit ordentlich Verspätung nun das versprochene Fazit.

Da mir bewusst war, dass es im Alltag schwierig werden würde objektive Unterschiede bei den Messern festzustellen, bin ich bei den Tests eher wissenschaftlich vorgegangen. Im Anschluss habe ich jedes Messer mindestens einen Tag als EDC geführt und auch im Haushalt eingesetzt. Selbstverständlich haben hier alle Messer überzeugt. Auch abends in der heimischen Küche haben sie, aufgrund der Geometrie und des durchgehenden Flachschliffs eine gute Figur gemacht. Bei Haptik, Schneidfreude und Brauchbarkeit waren keine Unterschiede spürbar.

Für den täglichen EDC-Gebrauch nutze ich üblicherweise Fixed mit Klingenlängen deutlich unter 10 Zentimetern, bzw. mit einer Gesamtlänge unter 18 cm. Hier waren die Testmesser tatsächlich etwas überdimensioniert. Eventuell könnte eine schmal geschnittene Kydex im Alltag den Transport erleichtern. Die gut gemachten Lederscheiden sind eben eher für den Outdoorbereich geeignet, wo man das Messer am Gürtel trägt. Im urbanen Umfeld ist das bekanntermaßen leider heutzutage eher problematisch.

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Hierzu noch ein kleiner „Fun-Fact“ aus meinem persönlichen Arbeitsumfeld. Ein Fixed, das man ohne Scheide im Pausenraum nutzt wird, solange es nicht offensichtlich eine martialische Optik hat, als „Küchenmesser“ oder „Vespermesser“ wahrgenommen und erregt eigentlich keine Aufmerksamkeit. Das gleiche Messer aus einer Scheide gezogen, sorgt für kritische, bzw. besorgte Blicke, bzw. Nachfragen. Ich denke das hat psychologische Gründe. Ein Fixed im Küchenumfeld ist gut und wird automatisch als Küchenmesser registriert. ein Fixed, das man außerhalb der Küche in einer Scheide führt, wird automatisch als Waffe wahrgenommen. Zumindest von Menschen, die gewohnt sind im Alltag mit Schlüsseln, Kugelschreibern, Zähnen und dergleichen Umschläge und Pakete zu öffnen.

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Fazit:
Bei einem Messer ist der Stahl nicht allein entscheidend. Vielmehr kommt es auf die ideale Geometrie, angepasst an den Einsatzzweck und die Qualität der Wärmebehandlung an. Ein guter Koch wird aus einfachen Zutaten immer die bessere Mahlzeit zaubern, als der schlechte Koch aus den erlesensten Komponenten. Es war eine gute Entscheidung die Stähle quasi blind zu testen um nicht voreingenommen zu sein. Der persönliche AHA-Effekt war so nämlich umso größer. Hier hat natürlich besonders der 440B überrascht.
Eine weitere Erkenntnis für mich persönlich habe ich bei der Nachschärfbarkeit der einzelnen Stähle gewonnen. Bisher hatte ich immer die Befürchtung, dass ich hoch gehärtete Stähle mit meinen bescheidenen Mitteln nicht mehr so scharf bekomme, wie sie im Ausgangszustand waren. Das hat meine persönliche Stahlwahl bei neuen Messern immer beeinflusst. Diese Befürchtungen kann ich wohl nach den Tests auch ablegen, denn alle Testmesser habe ich mit dem Sharpmaker und Leder wieder ordentlich scharf bekommen.
Vor dem Passaround habe ich Matthias geschrieben, falls er das Messer mit den grünen Schalen nach Abschluss verkaufen würde, nehme ich es gerne. Nachdem ich nun die Messer getestet habe, würde ich eins der drei anderen vorziehen, besonders das Raffir, gefolgt von Python und Holz.

Zum guten Schluss bleibt mir noch Matthias zu danken für die Möglichkeit der Teilnahme und den verbleibenden Testern viel Freude zu wünschen.
 
Servus,

danke für den Abschlussbericht. (y) Was mir auffällt ist die Tiefe mit der du deine Leidenschaft "Messer" betreibst. Jetzt abgesehen von deinem umfangreichen Testprozedere, sehe ich beim betrachten der Bilder auch die ästhetische Komponente in Form perfekt abgestimmter Scheiden zu den jeweiligen Griffmaterialien deiner eigenen Messer. 😍

Für mich eine schöne Facette zum technischen Teil deines Berichtes! :super:

Gruß, güNef
 
@agentdan
Das Fazit rundet deinen Bericht sehr schön ab. Vielen Dank dafür! Du hast es treffend auf den Punkt gebracht. Geometrie und eine auf den Stahl abgestimmte Wärmebehandlung schlägt die Stahlauswahl, zumindest bei den von mir ausgewählten Stählen. Die relativ geringen Unterschiede beim praktischen Einsatz der Messer machen das deutlich (ich lasse hier den CPM 3V Mal außen vor). Das bringt mich auf den Gedanken, einen Vergleich mit „Highend-Stählen“ wie z.B. K390 und Magnacut und „Durchschnittsstählen“ wie z.B. 14C28N und Niolox oder N690 durchzuführen. Vielleicht mache ich das irgendwann einmal. Aber Eines nach dem Anderen. Jetzt bin ich auf den nächsten Testbericht von excalibur gespannt und ob sich die Testergebnisse mit den bisherigen decken werden.

Gruß
Matthias
 
Das bringt mich auf den Gedanken, einen Vergleich mit „Highend-Stählen“ wie z.B. K390 und Magnacut und „Durchschnittsstählen“ wie z.B. 14C28N und Niolox oder N690 durchzuführen. Vielleicht mache ich das irgendwann einmal.
Vielen Dank Matthias.

Solltest du das mal angehen, wär ich gerne wieder Tester. Vielleicht wäre es noch spannender, wenn du die Stähle erst nach einem möglichen Passaround bekannt gibst. 👍
 
Hierzu noch ein kleiner „Fun-Fact“ aus meinem persönlichen Arbeitsumfeld. Ein Fixed, das man ohne Scheide im Pausenraum nutzt wird, solange es nicht offensichtlich eine martialische Optik hat, als „Küchenmesser“ oder „Vespermesser“ wahrgenommen und erregt eigentlich keine Aufmerksamkeit. Das gleiche Messer aus einer Scheide gezogen, sorgt für kritische, bzw. besorgte Blicke, bzw. Nachfragen.
Ja das stimmt! Ging mir auch so 🤷‍♀️
 
Ich lese die Tests mit großem Genuss :)
Auch wenn ich selbst eher zu nicht-rostfreien Stählen greife habe ich nie bezweifelt, dass Stähle wie 440B eine erstklassige Wahl sind.
Ein direkter Vergleich in der hier dargestellten Art ist schon was besonderes. Und regt auf jeden Fall zum nachdenken an. Kein anderes Messerdetail ist so mit Vorurteilen behaften, wie der Klingenstahl...

Gruß, Andreas
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Andreas,
falls Du doch einmal ein rostträges Kochmesser bauen möchtest, kann ich dir einen ausgezeichneten Stahl empfehlen. Böhler N360 (1.4108, Cronidur30) ist ein sehr feinkörniger Stahl, der eine herausragende Schärfe annimmt (steht den Kohlenstoffstählen nicht nach). Er ist sehr rostträge und nimmt eine Härte von ca. 58° HRc bis 61° HRc an. Er lässt sich gut wetzen, verfügt über eine ganz ordentliche Schnitthaltigkeit und lässt sich sehr gut bearbeiten. Mich hat dieser Stahl absolut begeistert, da er unter den rostträgen sicherlich einer der Stähle ist, der die höchste Schärfe erreicht. :)

Gruß
Matthias
 
Kleine Wasserstandsmeldung- die vier Adler 🦅 🦅🦅🦅 haben heute in Schöneberg aufgehorstet 🪹
Jetzt beginnt das Knobeln nach sinn- oder weniger sinnvollen Testrubriken.
@ an alle: es geht darum die vier unterschiedlichen Stähle zu vergleichen- wenn Ihr Ideen für ( realistische ) Tests habt, schreibt mir doch gerne via PN an mein Postfach.
Danke Excalibur
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