Horl Rollschleifer

Ein größerer Schleifwinkel hilft gegen einen der beiden Hauptmechanismen beim Abstumpfen eines Messers (Mikroausbruch) und ist kontraproduktiv beim anderen (abrasiver Verschleiß). Die Schneidfähigkeit leidet in jedem Fall, daher willst du den Schleifwinkel so gering wie möglich wählen, ohne dass es zu Ausbrüchen kommt. Wie gering das ist, hängt vom Stahl, vor allem dessen Härte und Korngröße (unlegierter Carbonstahl vs. Carbidmonster), vom Schnittgut (Nüsse vs. Fischfilet), der Schneidunterlage (Weichholz vs. Granitarbeitsplatte) und der Scheidtechnik (Bewegung senkrecht zur Schneide) ab.

Beim Schleifwinkel ab Werk würde ich sagen, dass da die Marketingabteilung genauso viel wie die Produktentwicklung zu sagen hat und man das individuelle Messer betrachten sollte. Eher robuste Klopper wie z. B. ein Wüsthof mit entsprechendem Sorglos-Anwendungsspektrum auf vergleichsweise filigrane 14,5 Grad zu schleifen ist jedenfalls wenig durchdacht.

Die meisten hier im Forum - oder zumindest die, die sich regelmäßig dazu äußern - schleifen eher konservativ und würden 15 Grad schon als eher spitzen (kleinen) Schleifwinkel bezeichnen. Ist aber nur so ein Gefühl von mir.

Einhorlen spitz (kleiner Winkel) auf Stumpf (großer Winkel) geht sehr schnell (wenige Minuten, höchstens), wenn du damit leben kannst, dass die alte Fase nicht komplett weg ist. Für stumpf (großer Winkel) auf spitz (kleiner Winkel) musst du zwangsläufig die alte Fase komplett rausschleifen, das erfordert die Geometrie.
 
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Beim Schleifwinkel ab Werk würde ich sagen, dass da die Marketingabteilung genauso viel wie die Produktentwicklung zu sagen hat und man das individuelle Messer betrachten sollte.
Mir ist bei Burgvogel noch nicht aufgefallen, dass mit dem Winkel geworben wurde. Und 15° ist jetzt auch nicht über-empfindlich.
Was ich aber bestätigen kann ist, dass die Schärfe der Burgvogel Messer bei Auslieferung beispielhaft ist.
Unter den vielen Küchenmessern, die ich besitze waren überhaupt nur zwei, mit deren Schärfe ich bei Auslieferung glücklich war.
Das war ein Takamura Migaki und ein Burgvogel Natura Line.

Gruß, Andreas
 
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Ne, mir bei Burgvogel auch nicht. Hab extra die 14,5 von Wüsthof genannt, weil ich mir da ziemlich sicher bin, dass die Marketingabteilung ein halbes Grad unter der durchschnittlichen Solinger Konkurrenz bleiben möchte und die Nachkommastelle besondere Präzision suggerieren soll. Und wer mit so einem Messer dann alles machen will, inklusive Huhn zerlegen, Nüsse hacken und Selleriestrünke halbieren, der ist mit ein paar Grad mehr vielleicht besser bedient.
 
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Einhorlen spitz auf stumpf geht sehr schnell (wenige Minuten, höchstens), wenn du damit leben kannst, dass die alte Fase nicht komplett weg ist. Für stumpf auf spitz musst du zwangsläufig die alte Fase komplett rausschleifen, das erfordert die Geometrie.
Ist es nicht genau anders herum? Wobei wir bei Scheidwinkeln genau genommen immer von spitzen Winkeln sprechen müssten, denn stumpfe Winkel sind >90°.
 
Genau. Wenn man spitz (kleiner Winkel) auf stumpf (großer Winkel) schleift, hat man erstmal eine Mikrofase, die man dann so weit durchschleifen kann, wie man aus welchen Gründen auch immer möchte. Ich würde es nicht tun, wenn überhaupt, aus ästhetischen Gründen. Oder wenn jemand nachts in meine Wohnung eingebrochen ist und mein Fleischhackmesser aus 1.4416 auf 10° umgeschliffen hat.

Wenn man Stumpf (großer Winkel) auf spitz (kleiner Winkel) schleift, trägt man erstmal nur die "Schultern" zwischen der Primärfase und der alten, spitzwinkligen Sekundärfase ab, bis letztere verschwunden ist, erst dann erreicht man die Schneidkante. Ein häufiger Anfängerfehler übrigens, glaube ich, man weiß nicht so genau, wie dieser Grat, von dem man mal gelesen oder auf Youtube gehört hat, sich überhaupt anfühlt. Aber man schleift das Supermarktmesser mit >20° in ganz spitzem (kleinem) Winkel, denn dann wird das Messer ja viiiel schärfer! In der Folge gibt man auf oder geht auf einen feineren Stein, obwohl man noch keine neue Schneidkante geschliffen hat, dabei müsste man einfach nur den Vorschliff weiter durchziehen.
 
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Aber ein „stumpfer Winkel“ ist doch größer als ein „spitzer Winkel“ - oder ist das nur in meiner Welt so?

Dann ist eine Mikrofase (also schnelles Schärfe-Auffrischen) ein stumpfer auf einem spitzen Winkel. Und dann trägt man gerade nicht die Schultern ab.

Auszug aus meinem Buch:
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* unter der Vorgabe, dass wir mit „stumpfer“ einfach „größer“ meinen und nicht mathematisch > 90°.
 
Ihr scheint ein Missverständnis in der Formulierung zu haben. Valentinian meinte, wenn man eine spitze Schneide auf einen stumpferen Winkel umschleift.
Ihr meint also beide das Gleiche, nur andersherum formuliert.
 
So ist es. Das Buch hab ich natürlich gelesen ;)

Ich hab auch mal überall "kleiner" bzw. "großer" Winkel ergänzt (und nicht nur ersetzt, damit der Kontext der Antworten darauf nicht verloren geht).
 
Ah, jetzt habe auch ich es verstanden. Ich bin da der Tücke der deutschen Sprache erlegen und habe „auf“ im Sinne von „oben drauf“ interpretiert.
Sorry für die Irrungen und Wirrungen ;-)
 
Wenn ich geschrieben hätte: "kleinen auf großen Winkel umschleifen", hätte das nicht passieren können....

Manchmal klingen Sätze im Kopf des Senders eindeutiger, als sie beim Empfänger ankommen.
 
Hallo Leute
Ich durfte mal wieder "Messerdoktor" spielen.
Unser Junior gab mir 5 Messer zum "schnell schärfen". Pustekuchen
Ich hatte schon einige Messer an der Lehre, aber so abgerockte noch nie.
Beim Blick durch das Mikroskop kam kurz Schnapatmung auf.
Zuerst hab ich die Klingen mit feinem Schmiergel etwas aufgehübscht.
Bei dem total zerkratzten musste erst etwas gröberes ran.
Bis auf das Ko-Santoku, das nur eine unregelmäßige Fase hatte, durften alle zuerst auf die 400er Diaplatte.
Es wäre auch nur mit dem Horl Diamanten gegangen, hätte aber ewig gedauert.
Alle bekamen eine stabile 20° Fase.
Danach hab ich alle zuerst mit der 400er, 1.200er und 3.000er Diascheiben geschliffen.
Dann noch mit der 3.000er und 6.000er Korrund die Fasen geglättet, fertig.
Hab die ganze Aktion auf 3 Tage verteilt, damit mich die Lust nicht verlies.
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