Hallo Leute, vielen Dank nochmal für eure rege Beteiligung und Wastl, nochmal danke für die Videos!
Ich möchte nun mal eine Sache in eigener Sache ansprechen. Ich hab eine Weile darüber nachgedacht, wie ich das am besten rüberbringen kann. Ich möchte nämlich nicht, dass das falsch aufgefasst wird. Ich möchte hier nichts rechtfertigen oder jemanden Vorwürfe machen. Trotzdem liegt es mir auf dem Herzen das einfach mal loszuwerden und da der Umgang hier sehr positiv und offen ist, habe ich mich entschieden einfach mal offen zu sagen was ich denke.
Ich habe den Eindruck, dass die Resonanz und „Begeisterung“ für dieses Projekt nach der Bekanntgabe der vorläufigen Preise etwas zurückgegangen ist. Sollte mich dieser Eindruck täuschen, so tut es mir leid. Wenn nicht so kann ich es zum Teil verstehen. Gucken wir uns z.B. mal das Santoku mit 190mm Schneidenlänge (Walkschliff/Workhorse) für 290,00 Euro Brutto an. Das ist erstmal eine Stange Geld für ein „einfaches“ Küchenmesser. Besonders wenn dieses noch nicht einmal „handgeschmiedet“ ist sondern nur aus dem Flachmaterial geschliffen wurde. Vergleicht man es nun mit einigen der vermeintlich handgemachten Messer japanischer Herkunft, dann erscheint der Preis tatsächlich recht happig. Wie kommt es aber nun zu diesen Preisen und warum sind andere Messer so viel günstiger.
Dazu möchte ich euch einmal offenlegen, wie ich die Messer kalkuliere und woraus sich der letztendliche Verkaufspreis zusammensetzt.
Als erstes mal sind da die Materialkosten: Der Stahl für das Santoku kostet in etwa 10 Euro Brutto (Ich rechne hier mal alles in brutto, weil euch ja interessiert, was ihr später wirklich zahlen müsst). Dazu kommen je nach Griff etwa 10 Euro für Griffholz, Horn, Kleber, Schmiergelpapier, Stahlwolle, Öl/Wachs. Dann sind da die Verschleißmaterialien. Bei einer Klinge dieser Größe brauche ich für den Grundschliff vor dem Härten ein Qualitätsschleifband, danach ist es soweit stumpf, dass ich es nur noch zum Schleifen der groben Konturen verwenden kann. Das kostet 7 Euro. Für das Ausschleifen der gehärteten Klinge benötige ich nochmal zwei Schleifbänder. Dazu kann ich nämlich nur wirklich scharfe Bänder verwenden, weil sich die Klingen sonst trotz Wasserkühlung zu stark erwärmen und weil die Bearbeitungszeit sonst exorbitant ansteigt und es nicht mehr wirtschaftlich wäre. Sind also nochmal 14 Euro. Ach ja, Versandkosten für das Material bezahl ich natürlich auch, kann man aber bei entsprechend großen Bestellungen vernachlässigen. Macht also schonmal Materialkosten von 41 Euro.
Dann kommt meine Arbeitszeit: Ich berechne einen Nettostundenlohn von 50 Euro, das heißt für euch, dass ihr für eine Stunde meiner Arbeit 60 Euro bezahlen müsst. Jetzt wird der ein oder andere schon mal aufstöhnen. Soviel verdient ja nicht mal ein Arzt oder Ingenieur. Ich kann euch beruhigen, ich auch nicht;-) Mein Stundenlohn setzt sich wie folgt zusammen. Erstmal bezahle ich davon die Miete und Nebenkosten meiner Werkstatt, zusätzlich Betriebshaftpflicht und BG. Dazu laufende Kosten wie Internet und Telefon, Website, gewerbliche Mitgliedschaft im MF, Instandhaltung von Maschinen (Nicht zu unterschätzen) etc. Auf das Geld was dann übrig ist zahle ich Steuern, und zwar etwa 20%. Und was dann übrig ist, ist dann meins? Pustekuchen. Von dem Geld was dann übrig ist zahle ich erstmal Geld an die Bank für die Finanzierungen die ich für die notwendigen Umbauarbeiten und Maschinen in meiner Werkstatt aufgenommen habe. Dann zahle ich meine Kranken- und Rentenversicherung. Aber dann ist der Rest meins? Schön wärs…
Von meiner ganzen Arbeitszeit ist nur ein gewisser Teil bezahlt. Und zwar die Zeit die ich wirklich effektiv an einem Produkt arbeite. Immer wenn ich Anfragen beantworte, im Internet recherchiere, Material einkaufe, meine Buchführung mache, mich im Internet präsentiere, Pakete zur Post bringe, Messer fotografiere und vieles mehr, immer dann arbeite ich. Und das ist notwendig aber dafür bekomme ich kein Geld. Das heißt, dass die 60 Euro brutto auch die Zeit finanzieren, in der ich arbeite aber nichts verdiene. Von dem Rest lege ich etwa ein Viertel bis ein Drittel als Sicherheiten für die Firma weg. Wenn z.B. wie letzten Monat unerwartet sowohl der Lufthammer, die Drehmaschine und der PC kaputt gehen und ich dadurch unerwartete Kosten und einen nicht unerheblichen Arbeitsausfall habe. Nicht vergessen, ich habe in der Zeit gearbeitet indem ich meine Maschinen repariert habe. Nur eben nichts verdient. Ach ja, die Sicherheit ist auch dafür da, wenn ich mal krank werde. Dann verdiene ich nämlich auch kein Geld.
So, und der Rest ist nun wirklich meins, davon bezahle ich also meine Miete und kaufe mir Essen und Kleidung und was man sonst so macht;-) Urlaub z.B… Der bestand bei mir in den letzten fünf Jahren übrigens darin, dass ich in den Sommermonaten auf Museumsveranstaltungen gegangen bin um dort Eisen zu verhütten, welches ich dann als Rohstoff für weitere Schmiedearbeiten verwende.
Bitte versteht das nicht falsch! Auch wenn sich dass vielleicht ein bisschen gefrustet anhört. Nein, dass bin ich nicht. Ich liebe meinen Job und ich habe mich bewusst dazu entschieden. Ich wusste was auf mich zukommt und ich beschwere mich nicht. Im Gegenteil, ich genieße es genau das tun zu können, was mir Freude macht. Auch wenn das bedeutet, dass ich mehr arbeite und weniger verdiene als die meisten Durchschnittsverdiener.
So, zurück zum Messer. Bei 41 Euro Materialkosten und einem Stundenlohn von 60 Euro Brutto habe ich also etwas mehr als vier Stunden Zeit um das gesamte Messer zu fertigen. Nur dann rechnet es sich für mich. Ach ja, diese vier Stunden beinhalten auch die Gespräche mit den Kunden, das Schärfen und Verpacken, ggf. Fotografieren und Einstellen der Messer im Netz, Rechnung schreiben, etc. Also wirklich das komplette Messer bis es fertig verpackt bei der Post liegt und ich wieder in der Werkstatt bin. Bei einer Einzelanfertigung ist das nicht möglich. Das geht nur, wenn man alle Arbeitsschritte optimiert, Rüstzeiten verringert und standardisierte Modelle hat, bei denen jeder Handgriff Routine ist! Und ja, dann klappt das. Gerade so. Das soll heißen, dass es mit gerade so viel Sicherheit klappt, dass ich auch einen gewissen Ausschuss kompensieren kann. Auch ich verschleife mich mal oder lasse etwas fallen oder eine Klinge bekommt beim Härten Risse. Das muss ich einplanen sonst bleibe ich darauf sitzen. Und nochmal, dann klappt das. Gerade so.
Und nochmal eine kleine Anmerkung zum Thema „Handgeschmiedet“. Vielleicht hat der ein oder andere etwas romantische Vorstellungen vom Messerschmieden. Die Klinge wird stundenlang geschmiedet und bei Vollmond in Jungfrauenblut gehärtet. Zum Schluss setzt man ein paar Mal die Feile an und das Messer ist fertig. Dem ist nicht so. Wenn ich ein Messer dieser Größe aus Monostahl fertige und die Klinge schmiede, dann beläuft sich das reine Schmieden auf 5-10% der gesamten Arbeitszeit!!! Ich gebe einmal im Monat einen Messerschmiedekurs für vier Kursteilnehmer in meiner Werkstatt. Auch wenn ich vor Beginn immer ausdrücklich darauf hinweise sind die meisten Kursteilnehmer doch immer wieder überrascht wie wenig tatsächlich geschmiedet wird. Der Kurs dauert drei komplette Arbeitstage von je 8 Stunden. Davon werden 3 Stunden geschmiedet und davon sind 2 Stunden Übungsarbeiten und nur etwa eine Stunde arbeiten die Teilnehmer an ihrem Rohling. Natürlich beinhaltet die restliche Arbeit auch einige Theoriephasen aber es ist trotzdem bezeichnend. Der Rest besteht aus Wärmebehandlung, Schleifen und Feilen, dann Schleifen und Feilen, dann Schleifen und Feilen und dann nur noch Schleifen, Schleifen, Schleifen… Jeder der schonmal eine große Küchenmesserklinge nach dem Härten langsam und Wassergekühlt auf Null ausgeschliffen hat, weiß wovon ich rede!
Aber wie machen es dann die Japaner? Da bekommt man „handgeschmiedete“ Messer für viel weniger Geld. Und zwar sogar in San-Mai oder mit Damast-Außenlagen! Nun ja, zuerst möchte ich sagen, die kochen auch nur mit Wasser! Ich habe nach dem Zivi fast ein Jahr in Japan gelebt und gearbeitet. Da hatte ich leider nie die Gelegenheit selber bei einem Messerschmied zu arbeiten aber ich habe so manchen über die Schulter geguckt. Die meisten der Messer die als „handgemacht“ oder „handgeschmiedet“ angepriesen werden, sind dies nicht. Drei Lagen Material (auch mit Damast-Seitenlagen) gibt es als industriell gefertigtes Halbzeug. Schon fertig in Messerform und teilweise mit vorgeschliffener Primärfase. Des Weiteren sind viele Griffe industriell vorgefertigt. Wenn man nun so einen Rohling nochmal kurz warm macht und ein paar Hammerschlägen aussetzt, damit die Mittellage nicht mehr wie gewalzt aussieht, dann ist das meiner Meinung nach nicht als „handgeschmiedet“ zu bezeichnen. Unterlässt man es nun nach dem Überschmieden die Klinge zu normalisieren, so spart man damit nochmal Zeit, geht aber das Risiko ein, dass das Gefüge nicht optimal eingestellt ist. Was z.B. die immer wieder angesprochenen Qualitätsunterschiede niedrigpreisiger Messer erklären könnte. Fakt ist, wenn man in einem Land mit einem ähnlichen Lohnniveau wie unserem Messer zu solch niedrigen Preisen anbieten möchte, dann sind diese entweder nicht vollständig „handgemacht“ oder es leidet massiv die Qualität oder das Finish oder alles zusammen. Sowohl für das Eine als auch für das Andere bin ich mir zu schade. Bitte versteht das nicht falsch. Es gibt in Japan wirklich ganz ausgezeichnete Handwerker die Klingen allerhöchster Qualität vollständig in Handarbeit herstellen. Diese Messer kosten dann aber auch entsprechend.
Dennoch, 290 Euro für ein Küchenmesser bleiben 290 Euro! Das muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er oder sie bereit ist so viel Geld für ein Messer auszugeben. Das einzige was ich euch garantieren kann ist, das meine Messer absolut ausgereift und von ausgezeichneter und gleichbleibender Qualität und zu 100% handgemacht sein werden. Im wörtlichen Sinne sind sie absolut preiswert. Sie sind ihren Preis wert!
Gruß Jannis